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Frankreich: Arbeitszeitüberschreitung bei Olympia… und nun auch im Weinbau

Frankreich: Arbeitszeitüberschreitung bei Olympia (Foto vom Protest der CGT 93)„… Was von der Olympia-Saison bleibt, sind jedoch auch rechtliche Ermittlungen, die derzeit wegen vollkommen unzulässiger und potenziell gesundheitsschädlicher Überschreitung der Höchst-Arbeitszeiten bei Mitarbeiter/inne/n während der Spiele laufen. Diese, oft mit befristeten Verträgen eingestellt, wurden während der Saison zwischen Mitte Juli und Mitte August dieses Jahres zum Teil mit 60-, ja sogar 64-Stunden-Wochen eingestellt. Maximal zulässig sind jedoch laut EU-Recht Arbeitswochen von bis zu 48 Stunden, und auch diese nur, wenn später im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ein Freizeit-Ausgleich genommen werden kann. (…) Dass die Problematik nicht isoliert dasteht, belegen nun jüngst sich häufende Berichte aus dem Weinbau, wo in diesen Tagen die Ernte begonnen hat. Auch dort berichteten nun mehrere Fernsehbeiträge in den letzten Tagen von erheblichen Überschreitungen jeglicher so genannter Normalarbeitszeit…“ Artikel von Bernard Schmid vom 11. September 2024 – wir danken!

Frankreich: Arbeitszeitüberschreitung bei Olympia.. ..und nun auch im Weinbau

In Frankreich ging die Olympiasaison definitiv zu Ende, mit dem Abschluss der Jeux paralympiques für Sportler/innen mit Behinderungen am Sonntag, den 08. September. Auch dieses Mal, wie bei den übrigen Sommerspielen rund einen Monat zuvor, waren auch wieder einige bewegende menschliche Schicksale bei Teilnehmer/inne/n wahrzunehmen. Man denke etwa an den syrischen Sportler, welcher infolge einer Bombenexplosion in Deir ez-Zor im Jahr 2012 schwer verletzt wurde, ein Bein verlor und in diesem Jahr für Griechenland – wo er seit 2014 wohnt – im Triathlon antrat. (https://www.lemonde.fr/sport/article/2024/08/31/jeux-paralympiques-2024-quand-tu-es-refugie-il-faut-en-faire-dix-fois-plus-que-les-autres_6300367_3242.html externer Link)

Was von der Olympia-Saison bleibt, sind jedoch auch rechtliche Ermittlungen, die derzeit wegen vollkommen unzulässiger und potenziell gesundheitsschädlicher Überschreitung der Höchst-Arbeitszeiten bei Mitarbeiter/inne/n während der Spiele laufen. Diese, oft mit befristeten Verträgen eingestellt, wurden während der Saison zwischen Mitte Juli und Mitte August dieses Jahres zum Teil mit 60-, ja sogar 64-Stunden-Wochen eingestellt. Maximal zulässig sind jedoch laut EU-Recht Arbeitswochen von bis zu 48 Stunden, und auch diese nur, wenn später im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ein Freizeit-Ausgleich genommen werden kann.

Die CGT, die diesen Beschäftigten zur Seite stand, beklagt, dass dafür zum Teil Arbeitszeit-Pauschalverträge abgeschlossen sind, wie sie für Führungskräfte und Spezialist/inn/en mit hohem Qualifikationsniveau – die sich im Prinzip ihre Arbeitszeit nur selbst einteilen können – unter der Bezeichnung forfaits-jours („Pauschalen nach Arbeitstagen“) grundsätzlich zulässig sind, jedoch dabei auch eine Mehrbezahlung erfordern, im deutschen Arbeitsrecht würde man sagen: ein übertarifliches Entgelt. Laut Angaben der CGT kam es jedoch in diesem Fall bei Personen, die durch das französische Olympische Organisationskomitee COJOP für eine mehrwöchige Dauer eingestellt wurden, für die Arbeitszeitüberschreitung keinerlei Zusatzbezahlung. Insgesamt beschäftigte das COJOP während der Spiele 3.200 Angestellte auf Zeit.

Die Arbeitsinspektion, die verwaltungs- und auch strafrechtliche Befugnisse aufweist, ermittelt dazu nun, wie die Onlinzeitung Mediapart am 29. August referierte.  Vgl. dazu:

Übrigens, am Freitag, den 06. September – also am vorletzten Tag der „Paralympischen Spiele“ – kam es noch zu Arbeitsniederlegungen von Beschäftigten der Olympia-Organisation. Dabei ging es auch just um die Arbeitszeitpauschaule. Der Verf. dieser Zeilen, an diesem Tag auf dem Rückflug von Warschau von Paris (wg. Podiumsdiskussion dort am Vorabend), wurde selbst Zeuge davon und traf am Freitag gegen 15 Uhr auf eine Protestkundgebung im Flughafen von Roissy in der Nähe von Paris. (Vgl. auch: https://www.politis.fr/articles/2024/09/des-salaries-des-jop-de-paris-2024-debrayent-contre-le-forfait-jour/ externer Link)

Dass die Problematik nicht isoliert dasteht, belegen nun jüngst sich häufende Berichte aus dem Weinbau, wo in diesen Tagen die Ernte begonnen hat. Auch dort berichtete nun mehrere Fernsehbeiträge in den letzten Tagen von erheblichen Überschreitungen jeglicher so genannter Normalarbeitszeit. In diesem Falle allerdings hatte die damalige Regierung (die noch immer amtiert, da Macron bislang nur einen neuen Premierminister in Gestalt von Michel Barnier nach fünfzig Tagen Wartezeit – die Vorgängerregierung trat am 16. Juli zurück – seit dem 05. September ernannt hat, jedoch noch kein neues Kabinett gebildet worden ist) eine eigene Rechtsgrundlage dafür geschaffen. Denn ein am 10. Juli publiziertes Dekret der Exekutive erlaubt es den Weinbaubesitzern „ausnahmsweise“, wenn es darum geht, dass die Ernte nicht verdirbt… nein, nicht zusätzliches Personal einzustellen (was allerdings auch nicht verboten ist), sondern 60-, in bestimmten Arbeitswochen auch 72 Wochenstunden im Sieben-Tages-Zeitraum schuften zu lassen. Auch kann der wöchentliche Ruhetag ausgesetzt bzw. hinausgeschoben werden, so dass sieben Tage am Stück hintereinander gearbeitet werden kann. Allerdings darf für die Sonderarbeitszeit insgesamt ein Zeitraum von dreißig Tagen nicht überschritten werden.

Rund 100.000 Personen sind jährlich allein in der ostfranzösischen Region Champagne an der Ernte für Wein und Schaumwein beteiligt. Vgl.:

Artikel von Bernard Schmid vom 11. September 2024 – wir danken!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=223153
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