„Sicherheitspaket“ der Bundesregierung nach Solingen mit Gesichtserkennung, Big-Data-Analysen und anlasslosen Kontrollen: „Überwachung, wie sie Bürger erwarten“

Dossier

Kasperle-Theater zur "Sicherheit". Grafik von Jascha Buder zur Kampagne von DigitalcourageNach der Messerattacke von Solingen schlägt die Ampel einen Überwachungskurs ein. Sie plant ein Sicherheitspaket mit mehr Gesichtserkennung, Big-Data-Analysen und anlasslosen Kontrollen. Überraschend schnell hat sich die Bundesregierung auf ein sogenanntes „Sicherheitspaket“ nach dem Messerattentat in Solingen geeinigt. (…) Vor allem in drei Bereichen will die Regierung „mit der notwendigen Härte“ auf das Attentat reagieren, wie es in der Pressekonferenz am heutigen Donnerstag hieß. Erstens plant sie, das Waffenrecht zu verschärfen. Zweitens will sie den Islamismus stärker bekämpfen. Drittens strebt sie an, die Ausreisepflicht für abgelehnte Asylbewerber:innen zu verschärfen und stärker durchzusetzen. Bereichsübergreifend sollen die Polizei- und Ermittlungsbehörden sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mehr Befugnisse erhalten…“ Beitrag von Daniel Leisegang und Tomas Rudl vom 29.08.2024 in Netzpolitik externer Link („“Sicherheitspaket“ der Bundesregierung: Überwachung, wie sie Bürger erwarten“ –  siehe mehr dazu und Hintergünde:

  • Nach kosmetischen Korrekturen an Überwachungsplänen beschließt der Bundestag das Sicherheitspaket, die „Büchse der Pandora“ New
  • Ampel verkündet Einigung beim Überwachungspaket, das schon am 18. Oktober den Bundesrat erreichen soll – Überwachung des Gesetzespakets täte Not
    • Umstrittenes Gesetz: Ampel verkündet Einigung beim Überwachungspaket – Um welche Änderungen es sich handelt, sagt die Koalition bisher nicht.
      „Die Ampel-Regierung hat sich beim sogenannten Sicherheitspaket verständigt. Das teilten die Fraktionen am Freitagnachmittag mit. Das Gesetzespaket, das in der bekannten Version Verschärfungen in der Asylpolitik ebenso vorsieht wie einen Ausbau der biometrischen Überwachung und anlasslose Kontrollen durch die Polizei, hatte in einer Sachverständigenanhörung heftige Kritik ausgelöst. Zudem hatten sich zahlreiche Mitglieder und Abgeordnete der SPD gegen die Asylverschärfungen ausgesprochen. Bei den Grünen gab es Unmut wegen der ausufernden Überwachungsbefugnisse. Welche Art von Änderungen die Ampel nun am Gesetzespaket vorgenommen haben will, sagten Vertreter:innen der Koalition nicht. (…) Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) versandte ein Pressestatement, in dem es heißt: „Ich freue mich sehr über die Einigung in der Koalition, die wir in konstruktiven und guten Gesprächen erreicht haben. Unser Sicherheitspaket stärkt die innere Sicherheit unseres Landes. Es ist nach dem mörderischen Anschlag von Solingen die richtige Antwort auf die erheblichen aktuellen Bedrohungen insbesondere durch islamistischen Terrorismus. Auch den Schutz vor Gewaltkriminalität stärken wir erheblich durch Verschärfungen des Waffenrechts, durch stärkere polizeiliche Kontrollbefugnisse und durch die konsequente Ausweisung und Abschiebung ausländischer Gewalttäter.“ Laut der Erklärung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden will die Koalition die Änderungen am kommenden Mittwoch in den Innenausschuss des Bundestages einbringen und strebt einen Beschluss des Überwachungspakets im Bundestag schon in der kommenden Sitzungswoche an. So will die Ampel erreichen, dass der Bundesrat schon am 18. Oktober beraten kann. Nach kurzer Pause erhöht die Koalition damit wieder das Tempo. Zuvor hatten zivilgesellschaftliche Organisationen das Durchpeitschen des Gesetzes im Bundestag kritisiert. Beitrag von Markus Reuter vom 11. Oktober 2024 bei Netzpolitik.org externer Link
    • Siehe auch Statement vom 11.10.2024 externer Link von Notz/Wiese/Kuhle zur Einigung beim Sicherheitspaket der Bundesregierung: „… „Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben die parlamentarischen Beratungen zum Sicherheitspaket der Bundesregierung abgeschlossen. Die Regelungen zu Migration, zu neuen Ermittlungsbefugnissen für die Sicherheitsbehörden des Bundes und zum Waffenrecht werden im Lichte der Sachverständigenanhörung im Bundestag geändert. Die Koalition wird die Änderungen am kommenden Mittwoch in den Innenausschuss des Bundestages einbringen und strebt einen Beschluss im Bundestag in der kommenden Sitzungswoche an, sodass der Bundesrat am 18. Oktober erreicht werden kann.“…“
  • Welches Land fehlt? Umfassendes Sicherheitspaket (nach NRW) auch in Baden-Württemberg beschlossen, von schnelleren Abschiebungen bis Anti-Terror-Zentrum
    • Reaktion auf Tat von Solingen:  Baden-Württemberg will Anti-Terror-Zentrum aufbauen
      Für viele war der mutmaßlich islamistische Messeranschlag von Solingen eine Zäsur – und für die Landesregierung in BW Anlass, ein Maßnahmenpaket zu schnüren. Darin ist auch ein neues Anti-Terror-Zentrum vorgesehen. (…) Mit einer Reihe von Maßnahmen will die Regierung vor allem für eine bessere Überwachung von potenziellen Extremisten und schnellere Abschiebungen von Straftätern und abgelehnten Asylbewerbern sorgen. (…) Demnach will die Landesregierung ein neues Staatsschutz- und Anti-Terrorismuszentrum, kurz SAT BW genannt, unter dem Dach des Landeskriminalamts (LKA) schaffen. Hier sollen Informationen über mögliche Gefährder zusammenlaufen und die Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden koordiniert werden. Darüber hinaus soll die Polizei künftig mehr Möglichkeiten bekommen, um Künstliche Intelligenz bei der Auswertung von Daten einsetzen zu können.
      Regierung will Abschiebungen beschleunigen
      Die Regierung will außerdem den „Sonderstab Gefährliche Ausländer“ im Ministerium für Justiz und Migration stärken, erfuhr der SWR. Der Sonderstab ermittelt unter anderem die Identität krimineller Ausländer, um diese dann schneller abschieben zu können.  Grüne und CDU planen zudem eine weitere Asylkammer, um die langwierigen Verfahren um Asyl und Abschiebungen nochmal zu beschleunigen. Erst im Juli hatte das Land an den vier Verwaltungsgerichten in Stuttgart, Tübingen, Karlsruhe und Sigmaringen auf Asylfälle spezialisierte Kammern geschaffen. (…)
      Gemeinsam mit der schwarz-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will Baden-Württemberg zwei gemeinsame Bundesratsinitiativen im Bereich der Migrations- und Sicherheitspolitik starten. NRW hatte bereits wenige Wochen nach dem Anschlag von Solingen, bei dem drei Menschen getötet wurden, ein Maßnahmenpaket vorgelegt, Schleswig-Holstein war dem wenig später gefolgt. Die Regierung in Baden-Württemberg hatte schon nach der Messerattacke von Mannheim Ende Mai, bei der ein junger Afghane einen Polizisten tötete, über verschärfte Maßnahmen beraten. 
      Die drei Länder fordern nun zum Beispiel, im Kampf gegen islamistische Terroristen auf Verkehrsdaten zugreifen und diese auch länger speichern zu können. Das helfe nicht nur Straftaten zu verhindern oder aufzuklären, sondern auch „Netzwerke aufzuspüren und konspirativ agierende Täterinnen und Täter zu identifizieren“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag
      …“ Meldung vom 24.09.2024 in tagesschau.de externer Link
    • Umfassendes Sicherheitspaket beschlossen
      Die Landesregierung hat ein umfassendes Maßnahmenpaket verabschiedet, um in Baden-Württemberg die Sicherheit zu stärken, die Migration zu ordnen und der islamistischen Radikalisierung vorzubeugen. Der Ministerrat hat am Dienstag, 24. September 2024, ein umfassendes Sicherheitspaket externer Link verabschiedet, auf das sich die Spitzen der grün-schwarzen Regierungskoalition am Vorabend verständigt haben. Das Paket verfolgt drei Ziele: Sicherheit stärken, Migration ordnen und der islamistischen Radikalisierung durch mehr Prävention und Aufklärung vorbeugen. Dazu gehören unter anderem eine personelle Stärkung der Polizei und des Verfassungsschutzes, die Einrichtung eines Staatsschutz- und Anti-Terrorismus-Zentrums in Baden-Württemberg (SAT BW), mehr Befugnisse für die Ordnungsbehörden sowie der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI)…“ Pressemitteilung vom 24.09.2024 in baden-wuerttemberg.de externer Link
    • Schwarz-Grün ohne menschenrechtliche Bodenhaftung?
      Flüchtlingsräte aus SH und NRW kritisieren den Wettlauf der asylpolitischen Schäbigkeiten der Landesregierungen in Kiel, Düsseldorf und Stuttgart. Presseerklärung vom 27. September 2024 externer Link
    • Siehe auch: NRW-Landesregierung missbraucht Solingen zur Aufhebung von Rechten ganzer Bevölkerungsgruppen
  • Nein zum europarechts- und verfassungswidrigen “Sicherheitspaket”!
    PRO ASYL fordert die Abgeordneten der Ampel-Koalition auf, das sogenannte Sicherheitspaket abzulehnen. Die vermeintlichen Sicherheitsmaßnahmen führen vor allem zur weiteren Entrechtung schutzsuchender Menschen. Sie beenden nicht die Unsicherheiten in unserem Land wie das Erstarken der Rechtextremen, extremistische Attentate und die Krisen innerhalb der Regierungsparteien…“ Pressemitteilung vom 26.09.2024 externer Link
  • „Sicherheits“gesetze als Überwachungspaket: Ampel will anlasslose Personenkontrollen und Durchsuchungen fast überall und erntet harte Kritik bei der Anhörung von Expert*innen
    • »Ein sicherheitsbehördlicher Supergau«. Experten zerpflücken Entwürfe für neue Sicherheitsgesetze der Bundesregierung
      „… Im Bundestag wurde erstmals vor knapp zwei Wochen über das Gesetz debattiert. Am Montag folgte eine Anhörung von Expert*innen aus Behörden, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Viele äußerten massive Kritik an den Vorhaben der Bundesregierung.
      Besonders prägnant kritisiert Dennis-Kenji Kipker, Professor für IT-Sicherheitsrecht an der Universität Bremen, das Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung. Der Gesetzentwurf will dem Bundeskriminalamt (BKA) zahlreiche neue Kompetenzen geben. Unter anderem soll es Daten aus dem Internet nach biometrischen Daten absuchen können. Auch erweiterte Analysemöglichkeiten soll das BKA bekommen. Kipker befürchtet, dass das BKA sich hier eine umfassende Datenbank zusammenstellen kann, ohne dass ursprüngliche Zweckbindungen eingehalten werden. Der Bremer Professor warnt vor einer »Vorfeldzusammenführung« zahlreicher Datensätze. In dem, was die Regierung plant, sieht er einen »sicherheitsbehördlichen Daten-Supergau«, gegen den die seit 20 Jahren umstrittene Vorratsdatenspeicherung »wie ein Spaziergang« wirke. Bei der Vorratsdatenspeicherung sei es immerhin nur um Verkehrsdaten gegangen, jetzt gehe es um biometrische Daten, die auch noch mithilfe künstlicher Intelligenz verarbeitet werden sollen. Dennis-Kenji Kipker hält den ganzen Gesetzesvorstoß für »unüberlegt und unausgereift«. Er vermutet, dass das Gesetz bei einer verfassungsrechtlichen Prüfung wegen seiner fehlenden Verhältnismäßigkeit durchfallen werde. (…) Die Bundesdatenschutzbeauftragte, Louisa Specht-Riemenschneider, bedauerte, bei so »gewichtigen« Gesetzänderungen nicht im Vorfeld von der Bundesregierung einbezogen worden zu sein. In der Anhörung erklärte sie, dass die Polizei natürlich »sinnvolle Werkzeuge« brauche, die Grundrechte aller betroffenen Personen aber auch gewahrt bleiben müssten. Specht-Riemenschneider befürchtet, dass mit den Sicherheitspaketen Grundlagen für intensive Eingriffe in Grundrechte geschaffen werden. Sie hält etwa die Normen für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware für zu unscharf formuliert. Auch die Zusammenführung von Daten in Super-Datenbanken bei BKA und Bundespolizei hält sie für gefährlich…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 24.09.2024 in ND online externer Link
    • Anhörung im Innenausschuss: Harte Kritik am Überwachungspaket
      Im Innenausschuss des Bundestages ging es heute um das „Sicherheitspaket“. Kirchen, Menschenrechtsverbände und die Beauftragte für den Datenschutz kritisieren die Maßnahmen als unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die wichtigsten Kritikpunkte im Überblick…“ Beitrag von Chris Köver, Martin Schwarzbeck und Markus Reuter vom 23.09.2024 in Netzpolitik externer Link
    • Ampel will anlasslose Personenkontrollen und Durchsuchungen fast überall – Polizei kann in Zukunft an sehr vielen Orten Menschen ohne Verdacht anhalten, befragen, kontrollieren und durchsuchen
      „In Demokratien können Menschen ohne Verdacht nicht einfach so von der Polizei kontrolliert und durchsucht werden. Die Polizei braucht bisher dafür einen Anlass, sie muss also begründen, warum sie einen Menschen kontrolliert. Die Idee dahinter: Unbescholtene Menschen sollen nicht Ziel von Kontrollen werden, denn den Staat geht es nichts an, wer sich auf der Straße bewegt und was unbescholtene Menschen in ihren Taschen dabei haben. Ausnahmen waren bisher nur Grenzgebiete des Landes, Teile der Verkehrsinfrastruktur wie Bahnhöfe oder besonders kriminalitätsbelastete Orte und Waffenverbotszonen. Dieses Prinzip will die Ampel-Regierung jetzt aufgeben und anlasslose Kontrollen fast überall erlauben. Vehikel für den Ausbau dieser „Schleierfahndung“ soll ein weitgehendes Messerverbot werden. (…) Im Überwachungspaket der Ampel werden die möglichen Kontrollorte quasi schrankenlos erweitert, wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) feststellt: „Erfasst sind zunächst sämtliche öffentliche Vergnügungen, Volksfeste, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkte und ähnliche öffentliche Veranstaltungen (§ 42 Abs. 1 WaffG) sowie sämtliche Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs (§ 42b WaffG-E), dazu – unter den Voraussetzungen des § 42 Abs. 5 und 6 WaffG-E – kriminalitätsbelastete Straßen, Wege und Plätze sowie – unabhängig von einer Kriminalitätsbelastung – bestimmte hochfrequentierte Straßen, Wege, Plätze, Gebäude, Flächen, Einkaufszentren sowie Jugend- und Bildungseinrichtungen. Die Auswirkungen auf das Leben der Menschen sind massiv, sagt die GFF: „Es ist dadurch faktisch unmöglich, sich dem räumlichen Anwendungsbereich der Kontrollbefugnisse auf Dauer zu entziehen, ohne sich aus weiten Teilen des öffentlichen Lebens zurückzuziehen.“ Oder einfacher: Wer nicht kontrolliert werden will, kann eben nur noch zuhause bleiben. (…) Klar ist auch, dass eine solche Kontrollbefugnis nicht nur „Messer“ zu Tage fördern wird. Jede harmlose Kleinkonsumentin von Partydrogen auf dem Weg nach Hause vom Techno-Rave muss sich in Zukunft Sorgen machen als Messer-Beifang in den Fokus der Polizei zu geraten. Jeder Heimwerker mit einer Sprühdose in der Tasche wird zum möglichen Sprayer und muss sich unangenehme Fragen gefallen lassen. Und wer auf dem Weg auf eine Demonstration oder ein Fußballstadion ist, kann in Zukunft davon ausgehen, dass die Taschen durchsucht werden. Aber es sind nicht nur Handwerker mit eventuell strafbaren Messern, denen Kontrollen zusetzen könnten. Es sind wir alle. Wer möchte schon seine privaten Handtascheninhalte durchforsten lassen, um sich Weinflaschen, Tampons, Sextoys, Bücher oder Unterwäsche von Polizist:innen befingern zu lassen. Niemand sollte sowas ohne Anlass erdulden müssen. (…) Eine Kontrolle in der Öffentlichkeit ist nicht nur ärgerlich, sondern stellt auch Passant:innen vor anderen bloß. Die GFF spricht hier von einem „hohen Stigmatisierungspotential“. Denn bereits durch die Auswahl einer Person bringe die Polizei zumindest nach außen zum Ausdruck, dass dieser Person in gesteigertem Maße zugetraut wird, gefährlich zu sein…“ Beitrag von Markus Reuter vom 23. September 2024 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Breite Front gegen Überwachungspaket der Ampel im Offenen Brief: Haltung zeigen: Menschenrechte verteidigen, biometrische Gesichtserkennung stoppen!
    • Haltung zeigen: Menschenrechte verteidigen, biometrische Gesichtserkennung stoppen!
      Zivilgesellschaftliche Organisationen wenden sich in einem offenen Brief gegen das Unsicherheitspaket der Bundesregierung. Der Brief kritisiert die Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden im digitalen Bereich, geht aber auch die Verschärfungen im Asylbereich ein.
      Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages, mit den Gesetzentwürfen zum sogenannten Sicherheitspaket schlagen die Fraktionen der Ampel-Koalition die Verschärfungen des Asylrechts und die Einführung massenhafter biometrischer Überwachung vor. Trotz schwerwiegender offener Fragen bezüglich der Effektivität der vorgeschlagenen Maßnahmen und ihrer Konformität mit EU-Recht und dem Grundgesetz soll dieses Paket in Rekordzeit verabschiedet und umgesetzt werden. Das Sicherheitspaket sieht Maßnahmen vor, die in keinem angemessenen Verhältnis zu dem vermuteten Gewinn an Sicherheit stehen. In einigen Bereichen besitzen die Regelungen reinen Symbolcharakter und werden die Sicherheitsbehörden im Vollzug mit neuen Aufgaben belasten, die sie davon abhalten, ihren eigentlichen Tätigkeiten nachzugehen. (…) Wir fordern Sie dazu auf, sich dem kopflosen Aktionismus, der mit dem Sicherheitspaket einhergeht, entgegenzustellen, Grund- und Menschenrechte zu schützen und für die Rechtsstaatlichkeit einzustehen
      …“ Offener Brief vom 23. September 2024 bei D64 externer Link – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V.
    • Von Amnesty bis Seawatch: Breite Front gegen Überwachungspaket der Ampel
      Der Protest gegen das Asyl- und Sicherheitspaket der Bundesregierung wird lauter. Nachdem in Berlin etwa 1000 Menschen demonstrierten, kritisieren jetzt namhafte Organisationen in einem offenen Brief die Pläne in scharfen Worten. Doch die Ampel prügelt das Gesetz weiter durch: Schon heute ist Anhörung im Innenausschuss…“ Beitrag von Markus Reuter vom 23.09.2024 in Netzpolitik externer Link
  • CCC: Zivilgesellschaft kritisiert Sicherheitspaket
    „… Das Gesetzespaket enthält eine Vielzahl an neuen Befugnissen für Ermittlungsbehörden, welche die Grundrechte von Millionen von Bürger:innen einschränken und insbesondere die Rechte von Rassismus betroffenen Menschen, Asylbewerber:innen und Geflüchteten aushöhlen. Matthias Marx, Sprecher des Chaos Computer Clubs kommentiert: „Die Bundesregierung lässt sich von den Faschisten treiben und schwenkt in Rekordzeit von ‚Anonymität wahren‘ zu ‚alle biometrisch überwachen‘. Es gibt aber keine technischen Lösungen für soziale Probleme. Wenn dieser Gesetzesentwurf verabschiedet wird, dann genügt es nicht mehr, schöne Stellungnahmen zu schreiben und alle drei Jahre eine Demo gegen die Vorratsdatenspeicherung zu organisieren. Künftig müssten wir dazu anleiten, Überwachungsmaßnahmen zu sabotieren und abzuschalten.“ Weiter kommentiert Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs: „Derzeit diskutieren wir intensiv über verfassungsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Demokratie und der Bevölkerung vor den Folgen einer von der AfD geführten Regierung. Dazu zählt auch, jegliche technischen Voraussetzungen zu verhindern, die früher oder später nicht nur zur Überwachung, sondern auch zur gezielten Unterdrückung genutzt werden können. Das Sicherheitspaket liefert alles, was es jetzt dringend zu verhindern gilt.“ Christian Mihr, stellvertretender Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: „Aktuell muss es darum gehen, die Menschenrechte hochzuhalten und sich nicht mit rassistischen Zuschreibungen und kopflosen Gesetzesverschärfungen zu überbieten. (…) All unsere Fotos oder Tonaufnahmen im Netz soll der Staat künftig mit Technologie für Stimm- und Gesichtserkennung durchsuchen dürfen, ob es nun Fotos vom Kindergeburtstag sind, unsere Urlaubs-Schnappschüsse oder ein selbst aufgenommenes Lied. Das verletzt die Privatsphäre der gesamten Bevölkerung. Auch das Recht auf Protest ist bedroht, wenn Menschen sich künftig fragen, ob Fotos von Demonstrationen mit Gesichtserkennung ausgewertet werden. Wir brauchen gerade jetzt eine aktive Zivilgesellschaft, die sich im wahrsten Sinne des Wortes traut, Gesicht zu zeigen – keine eingeschüchterte.“ Matthias Spielkamp, Geschäftsführer von AlgorithmWatch, kritisiert: „ (…) Dass KI-gestützte Datenanalysen und biometrische Erkennung von öffentlichen Bildern und Videos für mehr Sicherheit sorgen, ist ein falsches Versprechen. Keine einzige Straftat würde dadurch verhindert.“ Svea Windwehr, Co-Vorsitzende von D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt, kommentiert: „ (…) Wer nach verlorenen Wahlen auf billigen Populismus setzt, spielt den Rechtsextremen in die Hände. (…) “ Lotte Burmeister von Digitale Freiheit: „Ohne Freiheit keine Demokratie. Das unverhältnismäßige Einschränken der Grundrechte bringt weder mehr Sicherheit, noch ist es mit unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung vereinbar. (…) “ Teresa Widlok, Vorsitzende von LOAD e.V., kommentiert: „Auch wenn die Gesetzentwürfe nicht den kompletten Horrorkatalog aus der Wunschliste des Innenministeriums enthalten, sind sie absolut unhaltbar…“ Update vom 11. September 2024 vom und beim Chaos Computer Club (CCC) externer Link
  • KI-Verordnung und biometrische Überwachung: So ist das nicht gedacht 
    Die Bundesregierung will Polizeibehörden und auch das Bundesamt für Migration und Flucht mit neuen Befugnissen für die biometrische Gesichtersuche im Netz ausstatten. Aber darf sie das überhaupt? Mit den neuen EU-Regeln für den Einsatz von KI ist das kaum unter einen Hut zu bringen. (…)
    Als Teil der neuen Maßnahmen gegen Akte islamistischen Terrors wie in Solingen sollen Behörden mit Technologien ausgestattet werden, die wenige Tage zuvor noch umstritten waren, auch innerhalb der Ampel. Konkret: Ermittlungsbehörden sollen jetzt auch im öffentlichen Internet per biometrischem Abgleich nach Personen suchen dürfen – nicht nur nach Verdächtigen, sondern auch nach Zeugen oder vermissten Personen. Und auch das Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) soll die Technologie in ihrem Portfolio einsetzen dürfen. Per „biometrischem Abgleich mit Internetdaten“ soll es die Identität derjenigen überprüfen, die ohne Papiere ankommen und in Deutschland Asyl beantragen.
    Gesichtserkennung als Aufregerthema
    Bislang sind die Ankündigungen tatsächlich nicht mehr als das: der Versuch einer Reaktion der Bundesregierung, um noch vor den Wahlen in Sachsen und Thüringen Härte und Entschlossenheit zu zeigen. Sie richtet sich vor allem gegen den neuen erklärten Gegner, den die politische Mitte von der AfD übernommen hat: Geflüchtete. Der Gesetzentwurf, der die Befugnisse regelt, befinde sich derzeit noch in der Abstimmung, teilt eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums mit. Genaueres könne man nicht mitteilen. (…)Und auch die Ampel-Parteien selbst hatten das in ihrem Koalitionsvertrag noch ausgeschlossen: „Flächendeckende Videoüberwachung und den Einsatz von biometrischer Erfassung zu Überwachungszwecken lehnen wir ab“, heißt es dort. Das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum sei zu gewährleisten. Auch auf Ebene der EU wollte man das ausschließen. Am Ende hat es für ein klares Verbot dann doch nicht gereicht. Die Regeln der KI-Verordnung zur biometrischen Identifikation kann man selbst mit besten Willen nur lasch nennen. Nicht einmal die als besonders gefährlich geltende Echtzeit-Überwachung ist komplett verboten: Für zahlreiche Ausnahmen wie die Suche nach vermissten Personen ist sie erlaubt. Bei Verdacht auf Terroranschläge sowieso. Noch lockerer sind die Verbote gefasst, wenn es um die nachträgliche Identifikation von Personen auf Video- und sonstigen Aufnahmen geht. In solchen Fällen dürften Menschen laut EU-Gesetz bereits dann biometrisch identifiziert werden, wenn sie einer einfachen Straftat verdächtigt sind – Bagatelldelikte wie einfachen Diebstahl eingeschlossen…“ Beitrag von Chris Köver vom 06.09.2024 in Netzpolitik externer Link
  • Siehe das „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung externer Link
  • Biometrischer Überwachungsexzess der Bundesregierung
    Das neue „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung beinhaltet gefährliche Überwachungsvorhaben. Die geplante biometrische Erfassung von Gesichtsbildern aus dem Internet ist ein Angriff auf die Privatsphäre aller – ohne klare Notwendigkeit oder Nutzen. Die gestrige Vorstellung eines Überwachungspakets in Reaktion auf den Anschlag in Solingen markiert einen neuen Tiefpunkt im fortwährenden Abbau von Grundrechten. Die Ampel-Koalition möchte faktisch Anonymität beenden und uns alle immer und überall identifizierbar machen…“ Meldung von CCC vom 30.8.2024 externer Link
  • Gesichtserkennung: Scharfe Kritik an Plan für „biometrische Rundum-Überwachung“​
    CCC, FIfF & Co. warnen vor dem neuen „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung. Die Ampel verfalle in blinden Aktionismus und wolle Anonymität faktisch beenden.​..“ Überblick von Stefan Krempl vom 30.8.24 in heise news externer Link
  • Messerkriminalität: Scharfe Debatte, stumpfe Argumentation
    Politik und Fachleute haben zahlreiche Ideen, wie sich die Zahl der Angriffe mit Messern verringern lassen soll. Nur die wenigsten wirken auch auf den zweiten Blick noch sinnvoll…“ Beitrag von Martin Schwarzbeck vom 29.08.2024 in Netzpolitik externer Link
  • Digitale Spähbefugnisse: »Die Zeitenwende ist schon eingetreten«
    Der Professor für IT-Sicherheitsrecht Dennis-Kenji Kipker zu deutschen Überwachungsgesetzen…“ Interview von Matthias Monroy vom 29.08.2024 in ND online externer Link
  • „Sicherheitspaket“: Nach Solingen will die Ampel die Asylpolitik verschärfen
    Nicht einmal eine Woche ist seit dem Messeranschlag von Solingen vergangen. Nun zieht die Bundesregierung Konsequenzen – bei Messern, Asyl und Sicherheitsbehörden. An Kritik mangelt es nicht – auch aus den eigenen Reihen der Regierungsparteien…“ Artikel von Martina Herzog und Michael Fischer vom 29.08.2024 im Migazin externer Link
  • Wie viel Lack muss man eigentlich saufen, um in der aktuellen Situation seine restliche Regierungszeit zu nutzen, um alles für nen schlüsselfertigen autoritären Staat vorzubereiten?Post von annskaja (Co-Chefredakteurin von Netzpolitik) am 29.8.2024 auf bsky externer Link

Siehe auch:

Zu asylpolitischen Fragen siehe unser Dossier: Härtere Regeln für Geflüchtete: Innenministerium will u.a. die Zahl der Abschiebungen erhöhen – auch nach Syrien/Afghanistan?

Und aktuell v.a. das Dossier: Mehr Gesichtserkennung durch Polizeibehörden – auch auf EU-Ebene mehr biometrische Daten

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=222809
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