Nach 12 Jahren und 18 befristeten Arbeitsverträgen verklagt Julia Schmidt die Ruhr-Uni Bochum – wir bitten um Unterstützung im Kampf gegen Befristungen

Dossier

Julia Schmidt beim Verdi-Streik 2023 an der RUBNach über 15 Jahren an der RUB, erst als Studentin/wissenschaftliche Hilfskraft und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät und seit 2012 als Verwaltungsangestellte, hat Julia Schmidt mit Hilfe des ver.di Rechtsschutzes den Mut gefasst und ihren Arbeitgeber, die Ruhr-Universität Bochum wegen andauernder Kettenbefristung verklagt. Eine Institution, die sich trotz neuem Claim auch der bisherigen Wertetrias menschlich – weltoffen – leistungsstark verschrieben hat … Am 30.06.2024 mit Ende ihrer Amtszeit im Personalrat, lief die letzte Befristung aus und am 05.07.2024 wurde vom DGB Rechtsschutz Klage beim Bochumer Arbeitsgericht eingereicht, denn nach § 307 BGB ist „durch das Abschließen von 16 befristeten Aufstockungsverträge die Unangemessenheitsgrenze erreicht“ (Zitat aus der Klageschrift). Im gemeinsamen Kampf gegen Befristungen rufen wir zur Solidarität mit Julia auf. Der Gütetermin findet am Freitag, den 23.08.2024 ab 10:40h vor dem Bochumer Arbeitsgericht statt – siehe mehr Informationen:

  • #IchBinHanna alias Julia Schmidt: Güteverhandlung am 23.8. ohne Bewegung der RUB, am 21.11.24 geht es weiter, ebenfalls in Bochum New
    Wir waren etwa 20 Unterstützer:innen, teilweise in Ver.di-Warnwesten. Der Sitzungsraum war ganz schön klein, sodass zunächst unklar war, ob wir überhaupt alle mit reinkommen können (es gab nur 5 Sitzplätze für Gäste). Aber wir haben uns dann in die Ecken gestellt, dadurch war es sehr eng im Raum.“ So lautet eine Zuschrift an die Redaktion. Und Julia Schmidt richtet ein herzliches Dankeschön an alle Unterstützer*innen aus: Ob live heute vor dem Arbeitsgericht oder durch liebe mails… Ein Bericht von ihr erscheint voraussichtlich am morgigen Dienstag, 27.8., wir bitten um Geduld
  • 12 Jahre Kettenbefristung an der RUB – Solidarität mit Julia Schmidt
    Wir alle wissen, dass Kettenbefristungen an Hochschulen leider keine Seltenheit sind und sicherlich schleppen sich auch viele von euch von Befristung zu Befristung. Welche Ausmaße diese annehmen können, zeigt ein aktueller Fall an unserer eigenen Universität: Nach über 15 Jahren an der RUB, erst als Studentin bzw. wissenschaftliche Hilfskraft und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät und seit 2012 als Verwaltungsangestellte, hat Julia Schmidt mit Hilfe des ver.di Rechtsschutzes den Mut gefasst und ihren Arbeitgeber, die Ruhr-Universität Bochum wegen andauernder Kettenbefristung verklagt. In den 12 Jahren ihrer haupttätigen Anstellung an der RUB hat Julia 16 befristete Arbeitsverträge erhalten – mit Laufzeiten von jeweils 3 Monaten bis zu 2 Jahren. Begründet wurden die Befristungen entweder mit Vertretung oder Projekttätigkeit. (…) in den letzten drei Jahren hat Julia sich als (stellvertretende) Personalratsvorsitzende MTV auch unermüdlich für die Rechte anderer Angestellter an der RUB eingesetzt.
    Nun ist es an uns, Solidarität mit Julia zu zeigen: Am 30.06.2024, mit Ende ihrer Amtszeit im Personalrat, lief ihre letzte Befristung aus und sie reichte mithilfe des DGB Rechtsschutz daher am 05.07.2024 Klage beim Bochumer Arbeitsgericht ein
    …“ Solierklärung vom 21.08.2024 von und bei Ruhr-Uni Unbefristet externer Link
  • Zur Sache:
    Nach über 15 Jahren an der RUB, erst als Studentin/wissenschaftliche Hilfskraft und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät und seit 2012 als Verwaltungsangestellte, hat Julia Schmidt mit Hilfe des ver.di Rechtsschutzes den Mut gefasst und ihren Arbeitgeber, die Ruhr-Universität Bochum wegen andauernder Kettenbefristung verklagt. Eine Institution, die sich trotz neuem Claim externer Link auch der bisherigen Wertetrias menschlich – weltoffen – leistungsstark externer Link verschrieben hat …
    Der letzte Befristungsgrund lautet gemäß ihres Arbeitsvertrags „Wahlperiode des Personalrats für Beschäftigte in Technik und Verwaltung“ und kam aufgrund ihrer Wiederwahl zur PR-Vorsitzenden im November 2020 zustande. Denn mit den 24,92 Arbeitsstunden, die sie in 2020 hatte, ist sie als Vorsitzende eines fast komplett neu zusammengewürfelten Personalrates an einer der 10 größten Universitäten mitten in den Corona-Lockdowns und einem zeitgleichen Hackerangriff in Überstunden (natürlich war es „freiwillige Mehrarbeit“) untergegangen.
    Am 30.06.2024 mit Ende ihrer Amtszeit im Personalrat, lief diese Befristung aus und am 05.07.2024 wurde vom DGB Rechtsschutz externer Link Klage beim Bochumer Arbeitsgericht eingereicht, denn nach § 307 BGB externer Link  ist „durch das Abschließen von 16 befristeten Aufstockungsverträge die Unangemessenheitsgrenze erreicht“ (Zitat aus der Klageschrift). Diese Befristungen waren entweder zur Vertretung oder projektbezogen und dauerten zwischen 3 Monaten und 2 Jahren. Der letzte Änderungsvertrag war mit 3,5 Jahren hinsichtlich seiner Laufzeit der längste und so wie es derzeit aussieht, auch der Letzte für Julia Schmidt.
    Im gemeinsamen Kampf gegen Befristungen rufen wir zur Solidarität mit Julia auf. Der Gütetermin findet am Freitag, den 23.08.2024 ab 10:40h vor dem Bochumer Arbeitsgericht statt (Dauer angeblich nur 20min) Unterstützer*innen im und vor dem Gerichtssaal sind herzlich willkommen. Beachtet aber bitte die strengen Einlasskontrollen bei Gericht!
  • Zum Hintergrund der Politikwissenschaftlerin Julia Schmidt: »Auf Dauer extrem ermüdend«
    „Die Politikwissenschaftlerin Julia Schmidt hangelt sich als Verwaltungsangestellte an der Ruhr-Uni Bochum von einer halben Stelle zur nächsten. Die Unsicherheit setzt der Personalrätin sehr zu.
    Mal ist ihre halbe Stelle auf vier Monate befristet, mal auf ein Jahr. »Ich fühle mich«, sagt Julia Schmidt, Verwaltungsangestellte an der Ruhr-Universität Bochum, »als würde mir eine Möhre vor die Nase gehalten: Ich renne immer schneller, mache immer mehr Überstunden. In der Hoffnung, dass mein Vertrag beziehungsweise meine Stundenaufstockung verlängert wird.« In ihren elf Jahren als Mitarbeiterin in Technik und Verwaltung – kurz MTV – an der Uni zählt sie 16 Arbeits- und Änderungsverträge. »Das ist auf Dauer extrem ermüdend.« Die Unsicherheit macht ihr sehr zu schaffen. Mit Sorgen denkt sie an ihre Rente. (…)
    Ihren Traum von der Promotion gab Julia Schmidt auf, als sie die Chance bekam, vorübergehend im Gleichstellungsbüro auf eine volle Stelle aufzustocken. »Diesen Luxus – in Anführungszeichen – konnte ich mir nicht entgehen lassen.« Zumal sie ein Doktortitel alleine beruflich nicht weitergebracht hätte. »Außer etwas Schulterklopfen in der Familie hätte ich davon nichts gehabt.« Nach zwei Jahren wurde ihre halbe Stelle entfristet, immerhin – und blieb ihr erhalten, als sie später in die Studienberatung wechselte. Aktuell arbeitet die 41-Jährige für ein knappes halbes Jahr im Dekanat für Geowissenschaften, ihr Vertrag wurde zum Semesterstart kurzfristig um drei Monate verlängert. Wie es danach weitergeht? Weiß sie nicht. (…)
    elsenfest dazu gehört für Julia Schmidt ihr Engagement in ver.di. Die Gewerkschafterin ließ sich zudem in den Personalrat wählen, war zweieinhalb Jahre lang Vorsitzende des 15-köpfigen Gremiums und damit zuständig für über 2.000 Beschäftigte. »Das geht nicht nebenbei.« Deshalb wurde sie freigestellt, ihre halbe Stelle aufgestockt, jedoch wieder nur befristet. Die allermeisten Beschäftigten ohne Dauerstellen schrecken davor zurück, sich offen in der Gewerkschaft oder im Personalrat zu betätigen. Sie fürchten, es sich mit Vorgesetzten zu verscherzen und ihre Verlängerung aufs Spiel zu setzen. Julia Schmidt gehört nicht dazu. »Natürlich hat man es im Kopf«, sagt sie. »Für viele ist der Personalrat ein rotes Tuch. Aber ich lasse mich davon nicht behindern
    .“…“ Artikel von Kathrin Hedtke vom 28.09.2023 externer Link bei ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft

Siehe zum Thema Befristung  im LabourNet v.a.:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=222566
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