Ein erwartbares „Sommermärchen“: Rassismus, Rechtsextremismus und die EM 2024

Dossier

Fußball und Nazis: "Euer Finale war am 8. Mai 1945 - keine Nachspielzeit für Nazis!"Viele Linke sind sich einig: Männerfussball ist ein Symbolsport des patriarchalen, nationalistischen und korrupten Kapitalismus. Kann das also weg oder sollte der Männerfussball aus linker Perspektive neu gedeutet werden? Im Rahmen der allgegenwärtigen Europameisterschaft entflammt die Frage nach dem richtigen Umgang mit der weltweit beliebtesten Sportart von neuem…“ Pro und Kontra von Jonas Frey und Simon Muster am 28.06.2021 in Das Lamm externer Link („Passt Links und Männerfussball zusammen?“) – schön waren die Zeiten, als dies die wichtigste Frage zu einer EM oder WM war… Aus weltweiten und europäischen aktuellen Anlässen stellt sich eher die Frage, nicht ob, sondern wie gut internationale Fußballwettbewerbe zum Rechtsrutsch passen – einigen (zu vielen) Beispielen widmet sich dieses Dossier:

  • Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte ein Video zur WM 2006 als Faktor beim Rechtsruck. Nach rechtem Shitstorm wurde es gelöscht. New
    „„Sind Poldi, Klinsi und Co schuld am Rechtsruck in Deutschland? Steile These. Aber da könnte doch was dran sein.“ So leitete Susanne Siegert, bekannte Bildungsinfluencerin gegen Rechtsextremismus, ein nicht ganz zweiminütiges Video ein. Im Schnelldurchlauf werden Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg, von Kennedys Berlin-Rede und vom Mauerfall zusammengeschnitten. Dann folgt ein Schnitt und wir sehen Szenen aus dem gemeinhin als deutsches Sommermärchen gefeierten deutschen Fußball-Patriotismus während der WM 2006. Am Schluss des Videos wird der Politikwissenschaftler und Antisemitismusforscher Clemens Heni mit seiner These zitiert, dass der deutsche Fußball-Patriotismus den Rechtsruck in Deutschland befördert habe. Das Video sollte in der Reihe „Politik raus aus den Stadien“ – wobei das Wort „raus“ durchgestrichen ist – auf der Homepage der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) stehen, war aber nach kurzer Zeit wieder gelöscht. „Die Veröffentlichung war ein Fehler. Das Video entspricht inhaltlich und in der Umsetzung nicht den Qualitätsansprüchen der Bundeszentrale für politische Bildung“, erklärte der Pressesprecher der BpB, Daniel Kraft, gegenüber der taz. Vorausgegangen war eine Kampagne rechter Medien. „Wie ein Politologe das Sommermärchen 2016 in Nationalismus umdeutet“, titelte das ultrarechte Onlinemagazin Nius, wo der Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt zwischen dem rechten Rand der Union und der AfD agiert und Stimmung macht gegen Migrant*innen, sexuelle Minderheiten und Linke. Die Wochenzeitung Junge Freiheit, Sprachrohr der Neuen Rechten, und auch die konservative Welt stimmten in die Kampagne gegen das Video ein und stellten sogar infrage, ob die BpB noch weiter mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden solle. (…) Nach diesen Veröffentlichungen war neben Heni auch Susanne Siegert einem rechten Shitstorm ausgesetzt. (…) Für eine Distanzierung sieht sie allerdings keinen Grund. „Ich stehe nach wie vor zu dem Inhalt und auch der Machart des Sommermärchen-Videos. (…) Clemens Heni bezeichnet es „als Zeichen des allgemeinen Rechtsrucks, dass die BpB das Video löscht, wenn Rechte eine Kampagne beginnen“…“ Artikel von Peter Nowak vom 9. Juli 2024 in der taz online externer Link („Vor den Rechten eingeknickt“)
  • EM 2024: Europa zu Gast bei den Guten
    „… Allenthalben wurde eine neue Stimmung festgestellt. Eine Stimmung, die „das Schwere“, sprich die Krise, „leicht macht“. Nur wessen Krise ist da gemeint? Tatsächlich fanden sich gemeinsam Millionen vor den Fernsehern ein, bei den vielen Public Viewings, in den Spielstätten, vor und in den Stadien. Aber haben all diese Leute die gleiche Krise zu bewältigen? Also Politiker, Kapitalisten, deren hoch bezahlte Manager, Banker, Wissenschaftler, Künstler und sonstige führende Vertreter des Staates so wie leitende und nicht leitende Angestellte, Arbeiter und Vorarbeiter, echte und Schein-Selbstständige, Alleinerziehende, Lang- und Kurzzeitarbeitslose, Minijobber, Mindestlöhner und Bürgergeld-Bezieher? (…)
    Ob ganz oben in der gesellschaftlichen Hierarchie oder ganz unten – alle Bürger befinden sich außerdem untereinander in ständiger Konkurrenz. Das ist eine systematische Krise.
    Die Politiker bekämpfen sich bis aufs Messer, wer die Regierung stellt. Die Kapitalisten konkurrieren um die Kaufkraft der Gesellschaft und treiben ihresgleichen in die Pleite oder kaufen sie auf. Die Menschen ohne Besitz hingegen strampeln sich ab, einen Arbeitsplatz zu bekommen, ihn zu behalten, Karriere zu machen und dabei die vielen anderen auszustechen. Bei der Fußball-Europameisterschaft waren wir alle vereint? Das kann angesichts der täglichen deutschen Wirklichkeit nicht stimmen. Jedoch schrieben und sendeten die Medien ohne Unterlass, dass genau dies eingetroffen wäre. (…)
    Die ökonomische Weltmacht Deutschland, die auf dem Weg ist, auch eine militärische zu werden, hat da einen weit höheren Anspruch, als, sagen wir mal, Schottland, Ungarn oder Dänemark. Natürlich ist diese Macht nicht gefährdet, wenn die Mannschaft keinen Erfolg hat. Aber ihr Auftreten sollte Ausdruck einer starken Nation sein. Noch dazu bei einem Heimturnier, das der Welt einen möglichst perfekten Staat zeigen sollte. Das hätte auch beinahe geklappt mit modernen Stadien und auf freundlich programmierten Einheimischen gegenüber einfallenden Horden von Ausländern – denen man sonst skeptisch bis ablehnend begegnet. (…)  Es kommt eben auf die richtige Einstellung an, dann fluppt das auch mit dem Nachbarn – und mit dem Erfolg der Nation. Das sollte sich jeder Deutsche hinter die Ohren schreiben.
    Und: „Nicht in Problemen denken, sondern in Lösungen“ (Julian Nagelsmann). Vor allem diese Leute, die immer lamentieren über zu wenig Geld, kaputt machende Arbeit, kaum Zeit und Mittel für Lebensgenuss! Das ist ja nicht zum Aushalten. Einfach sich mit dem Nachbarn zusammensetzen, mit ihm seine Hecke schneiden, und dann in Lösungen denken. Vielleicht in die Richtung: Schluss mit dem sich Abrackern für fremden Reichtum und einen Staat, der einen mit Gewalt dazu zwingt und dafür auch noch Begeisterung erwartet
    .“ Beitrag von Björn Hendrig vom 13. Juli 2024 in Telepolis externer Link, siehe auch:

  • Tausende türkische Fans zeigen den Wolfsgruß im Berliner Olympiastadion – und auch in London attackieren frustrierte „Graue Wölfe“ u.a. ein kurdisches Zentrum
    • Brisantes EM-Viertelfinale in Berlin: Türkische und niederländische Fans geraten auf Fanmeile aneinander
      Am Samstagabend unterlag die Türkei in Berlin gegen die Niederlande. Der Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan, Wolfsgrüße und ein Zusammenstoß auf der Fanmeile bleiben am Sonntag in Erinnerung. Die Polizei zählt über 60 Festnahmen….“ Ticker von Julius Geiler, Alexander Fröhlich, Julian Graeber, Lea Becker und Daniel Friedrich Sturm vom 7.7.24 im Tagesspiegel online externer Link
    • Berliner Polizei stoppt türkischen Fanmarsch
      Weil viele türkische Fußball-Anhänger den faschistischen Wolfsgruß gezeigt haben, hat die Berliner Polizei den Fanmarsch vor dem EM-Viertelfinale gegen die Niederlande angehalten. Die selbsternannten Wölfe skandierten auch Parolen gegen Flüchtlinge. (…) Bei der Partie um 21:00 Uhr wird nun auch Erdoğan im Berliner Olympiastadion erwartet. Kurdische, internationalistische und antirassistische Gruppen haben derweil unter dem Motto „Erdogan Not Welcome: Ob Kurdistan oder Deutschland – Kampf dem Faschismus!“ eine spontane Kundgebung am Hermannplatz angekündigt…“ Meldung vom 6. Juli 2024 bei ANF externer Link
    • London: „Graue Wölfe“ attackieren kurdisches Zentrum
      Aus Frust über die Niederlage der türkischen Nationalmannschaft beim Viertelfinalspiel gegen die Niederlande haben Anhänger der „Graue Wölfe“ in London das Kurdish Community Centre attackiert. Auch in Berlin rasteten türkische Hooligans aus.
      Offenbar aus Frust über die Niederlage der türkischen Nationalmannschaft beim Viertelfinalspiel gegen die Niederlande am Samstagabend in Berlin attackierten Anhänger der faschistischen Bewegung „Graue Wölfe“ in London das Kurdish Community Centre. Die Gruppe zog grölend und den sogenannten Wolfsgruß zeigend vor das Gesellschaftszentrum im Stadtteil Harringay und rief rassistische Parolen. Einzelne Personen schwenkten die Türkei-Flagge sowie eine Fahne, auf der drei Halbmonde auf grünem Grund zu sehen waren. Die Fahne, die im Osmanischen Reich als Kriegsflagge diente, gehört ebenfalls zu den beliebten Symbolen rechtsextremer Türken. Die Londoner Polizei war mit vielen Kräften vor Ort und bildete einen Kreis um kurdische Aktivist:innen, die auf der Straße vor dem Verein einen Sitzstreik abhielten. Mehrmals gab es Versuche Grauer Wölfe, die Absperrung zu überwinden und in das Sit-in zu stürmen. Auf einem vom Journalisten Erem Kansoy auf der Plattform X geteilten Video sind mehrere der türkischen Randalierer zu sehen, wie sie Polizist:innen anpöbeln und attackieren. (…) Auch in Berlin rasteten Anhänger der türkischen Nationalmannschaft nach der Partie Türkei – Niederlande aus. Auf der Fanmeile kam es noch während des EM-Viertelfinales zu Auseinandersetzungen zwischen Fans beider Teams. Auf einem Video, das die „Berliner Zeitung“ bei X gepostet hat, ist zu sehen, wie Anhänger der Mannschaften aufeinander zurennen und schließlich von Ordnern und anderen Menschen getrennt werden, die schlichten wollen. Türkische Fans warfen Gegenstände und griffen Niederländer an. Sicherheitskräfte eines privaten Dienstleisters mussten einschreiten…“ Meldung vom 7. Juli 2024 bei ANF mit Fotos und Video externer Link
    • Türkische Polizisten in Uniform im Einsatz zusammen mit der Bundespolizei, aufgenommen am S-Bahnhof Charlottenburg. Sie haben Durchsagen über einen zivilen BuPo-Transporter gemacht, und Fotos mit Teilnehmern vom Fanmarsch. Der Wolfsgruß durfte da nicht fehlen. #NEDTURTweet von  Antifa Westberlin vom 6.7. externer Link
    • Nichts anderes als ein Fascho-Aufmarsch. Und anstelle zu handeln und Graue Wölfe endlich zu verbieten, gibt’s bestimmt wieder tolle Tweets von Faeser, Özdemir & co.“ Tweet von Katharina König-Preuss vom 6.7. externer Link zum Video von @RubenGerczi:
    • Der Fanmarsch wurde so eben von der Polizei vorzeitig beendet. Eine Gruppe schwarz gekleideter Hooligans hat sich permanent an die Spitze des Marsches gestellt. Sie zeigten dabei immer wieder den „Wolfsgruß“ und skandierten „Wir wollen keine Flüchtlinge in unserem Land.” #nedtur“  Tweet von Ruben Gerczikow vom 6.7. mit Video externer Link
    • Wer hart im Nehmen ist (und noch Zugang hat) möge sich den #BizimÇocuklar reinziehen…
  • Türkische Ultras rufen beim Viertelfinale gegen die Niederlande in Berlin zum Wolfsgruß während der Nationalhymne auf – Erdogan not welcome!
    • Erdogan: Not welcome!Die Fangruppe „Turkish Ultras“ ruft alle türkischen Fans, die am Samstag in Berlin im Stadion sein werden, dazu auf, während der Nationalhymne den türkisch-rechtsextremistischen #Wolfsgruß zu zeigen. #Erdogan und türkische Rechtsextremisten haben den Fußball immer instrumentalisiert. Jetzt werden wir in Berlin diese Machtdemonstration live im deutschen Fernsehen erleben.“ Tweet von Eren Güvercin vom 4.7.24 externer Link mit der Grafik des Aufrufs
    • Bei Viertelfinale gegen die Niederlande: Türkische Ultras: Fans sollen Wolfsgruß im Berliner Olympiastadion zeigen
      Das EM-Viertelfinale zwischen der Türkei und den Niederlanden ist politisch aufgeladen. Eine türkische Fangruppe startet einen brisanten Aufruf. Türkische Fußball-Ultras haben Fans im Berliner Olympiastadion beim EM-Viertelfinale ihres Teams gegen die Niederlande zum Zeigen des umstrittenen Wolfsgrußes aufgefordert. Alle Anhänger auf der Tribüne seien eingeladen, die Geste während der Nationalhymne zu machen, hieß es in einem Aufruf auf der Plattform X. (…) Inmitten der Aufregung um Demirals Geste hat Erdogan seinen Besuch beim Viertelfinale am Samstag in Berlin angekündigt. Ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei Berlin bezeichnete die Partie als ein „Nonplusultra-Hochrisikospiel“.Beitrag der Sportredaktion RND vom 05.07.2024 externer Link und:
    • Geplanter EM-Besuch in Berlin: Erdogan heizt die Wolfsgruß-Debatte an
      Der türkische Präsident Erdogan sollte am Samstag eigentlich nach Aserbaidschan reisen. Nun ändert er kurzfristig seine Pläne und will zum EM-Viertelfinalspiel nach Berlin. Grund ist wohl auch die Wolfsgruß-Debatte. Das Auswärtige Amt hat den türkischen Botschafter einbestellt…“ Artikel von Markus Decker vom 04.07.2024 in RND externer Link
  • Rechtsextremer Wolfsgruß nach EM-Spiel: Surprise, surprise!
    Die Fußball-EM produziert nicht nur werbetaugliche, sondern auch menschenfeindliche Bilder. Die Empörung darüber ist berechtigt wie wohlfeil. (…) Gegen den 26-jährigen Demiral, der sein Geld in Saudi-Arabien bei Al-Ahli verdient, hat die Uefa nun ein Untersuchungsverfahren wegen Verdachts auf unangemessenes Verhalten eingeleitet, teilte der europäische Fußballverband am Mittwoch mit. Falls das zu einer Strafe führt, könnte Demiral im Viertelfinale gegen die Niederlande am Samstag in Berlin fehlen. Schon zuvor hatte die Uefa den albanischen Nationalspieler Mirlind Daku für zwei Spiele gesperrt, weil der nach dem Vorrundeinspiel gegen Kroatien durch ein Megafon nationalistische Schlachtrufe angestimmt hatte. Nationale Gefühle überkommen aber nicht nur Spieler, sondern auch Fans aus allen Ländern. Während Un­ter­stüt­ze­r:in­nen des türkischen Teams wie ihre Vorbilder immer wieder auf den Wolfsgruß zurückgreifen, singen die Ös­ter­rei­che­r:in­nen gerne: Bei einer TV-Schalte des Schweizer Fernsehens vor dem Viertelfinale in Leipzig fühlten sich österreichische Fans zumindest ein wenig ertappt, als sie begriffen, dass sie gefilmt werden. Denn sie sangen gerade die durch eine Feier auf Sylt überregional bekannt gewordene Neuinterpretation des Nazi-Hits „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus“. Ein Video, das in den sozialen Medien kursiert, zeigt mutmaßlich ebenso singende österreichische Fans, die noch ein bisschen kreativer waren: „Ihr seid nur ein Dönerlieferant.“ Beim Vorrundenspiel gegen Polen zeigten österreichische Fans im Berliner Olympiastadion zudem ein Transpi, auf dem der in der rechtsextremen Szene beliebte Satz „Defend Europe“ stand…“ Artikel von Volkan Agar vom 3.7.2024 in der taz online externer Link – siehe dazu:

    • Türkischer Rechtsextremismus: Torschütze Demiral zeigt bei EM Wolfsgruß – Österreichische Fans stimmten rechtsextreme Gesänge an
      Der zweimalige Torschütze Merih Demiral hat beim Sieg der Türkei gegen Österreich im EM-Achtelfinale den Wolfsgruß gezeigt – es ist das Symbol der türkischen rechtsextremen Organisation „Graue Wölfe“. Österreichische Fans stimmten rechtsextreme Gesänge an. (…) „Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun“, sagte der von der UEFA als „Spieler des Spiels“ ausgezeichnete Demiral bei der Pressekonferenz. „Deswegen habe ich diese Geste gemacht. Ich habe Leute im Stadion gesehen, die diese Geste auch gemacht haben.“ Es stecke „keine versteckte Botschaft“ dahinter. „Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein und das ist der Sinn dieser Geste. Ich wollte einfach nur demonstrieren, wie sehr ich mich freue und wie stolz ich bin.“ Es werde „hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, diese Geste zu zeigen“. (…)
      Türkisches Außenministerium verteidigt Demiral
      Rückendeckung bekam Demiral aus der türkischen Politik. Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, bezeichnete die Einleitung eines Verfahrens der UEFA gegen den Spieler als „Provokation“. Der Schritt sei „äußerst voreingenommen und falsch“. Auch das türkische Außenministerium verurteilte die Untersuchung der UEFA und bezeichnete diese als inakzeptabel. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine türkische diplomatische Quelle berichtete, habe das Außenministerium zudem den deutschen Botschafter in der türkischen Hauptstadt Ankara wegen der Diskussionen um den Wolfsgruß vorgeladen.
      Wolfsgruß bei Feiern von Fans zu sehen
      Schon in der Gruppenphase war der Gruß der „Grauen Wölfe“ sichtbar. Tausende türkischer Fans feierten nach den Siegen in zahlreichen Städten Deutschlands. „Der Wolfsgruß war bei Feiern in jeder größeren deutschen Stadt zu sehen. Aber er ist ein anti-demokratisches Symbol“, sagte der Autor Burak Yilmaz nach dem Spiel der Türkei gegen Georgien im Gespräch mit der Sportschau. Dass ein Nationalspieler den Wolfsgruß gezeigt hat, ist seiner Ansicht nach eine „Vollkatastrophe“. Die rechtsextreme Bewegung habe es dadurch leichter, neue Anhänger zu rekrutieren
      …“ Beitrag von Chaled Nahar vom 02.07.2024 in sportschau.de externer Link mit Video, aktualisiert am 3.6. in: „UEFA leitet Ermittlungen gegen Demiral wegen Wolfsgruß ein“, am Ende Links zu weiteren Berichten über Rechte während der WM
    • Türkische Nationalisten bei EM auf Nachwuchssuche
      Die türkischen Rechtsextremisten der Grauen Wölfe nutzen die Europameisterschaft in Deutschland als eigene Bühne.
      Im Juli 2023 sorgte ein Foto des ehemaligen deutschen Nationalspielers Mesut Özil für Aufregung. Er lächelte und gab den Blick auf eine Tätowierung frei: drei Halbmonde und ein heulender Wolf auf seiner Brust, ein Symbol der ultranationalistischen türkischen Bewegung Graue Wölfe. Mit 18 000 Mitgliedern gilt sie als größte rechtsextreme Bewegung in Deutschland.
      Bei der Fußball-Europameisterschaft bestritt das türkische Team am Dienstag in Dortmund gegen Georgien (3:1) ihr erstes Spiel. Im Ruhrgebiet sind die Grauen Wölfe gut vernetzt, und so waren rund ums Stadion viele ihrer Symbole zu sehen: auf T-Shirts und Flaggen. Etliche Fans erhoben zudem die Hände zum »Wolfsgruß«. An diesem Samstag spielt die Türkei abermals in Dortmund, dieses Mal gegen Portugal. Und Pädagoge Burak Yilmaz befürchtet: »Die Grauen Wölfe könnten im Stadionumfeld auf Jugendliche zugehen.« In seiner Heimat Duisburg war Yilmaz lange Schiedsrichter. Bei Jugendspielen sah er Trikots und Banner der Wölfe. Zudem hörte er völkische Marschlieder, die die türkische Nation über alle anderen stellen. »Trainer und Eltern stachelten die jungen Spieler auf und sprachen von Türkentum – als ginge es um eine Schlacht«, berichtet er. Schon hier wurde der Fußball als politische Bühne missbraucht
      …“ Artikel von Ronny Blaschke vom 21.06.2024 in ND online externer Link
    • KON-MED: Graue Wölfe und Fair Play im Fußball – Fair Play beginnt mit der Achtung der Menschenrechte – Graue Wölfe endlich verbieten!
      Die Türkei tritt morgen bei der Europameisterschaft im Männerfußball gegen Portugal an. Beim EM-Auftaktspiel der Türkei gegen Georgien am Dienstag traten bundesweit massenweise Anhänger der rechtsextremistischen Grauen Wölfe in Erscheinung. Zudem sind Polizist:innen aus der Türkei und anderen Nicht-EU-Staaten bei der EM in Deutschland als „Einsatzbeobachter“ im Dienst. Der kurdische Dachverband KON-MED fordert in diesem Zusammenhang, die Grauen Wölfe endlich zu verbieten. In einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung informieren die Ko-Vorsitzenden Ruken Akça und Kerem Gök über den Hintergrund:
      Fair Play beginnt mit der Achtung der Menschenrechte – Graue Wölfe endlich verbieten!
      Am vergangenen Dienstag fand in Dortmund das EM-Auftaktspiel der Türkei gegen Georgien statt. Das im Rahmen dieses Fußballspiels dokumentierte unsportliche Auftreten türkischer Fans, die vielerorts rechtsextreme Symbole der Grauen Wölfe zeigten, rechte Parolen skandierten und gewaltbereit auftraten, möchten wir als KON-MED, dem größten Dachverband kurdischer Vereine in Deutschland, nicht unkommentiert lassen. Wie die organisierte türkische Rechte großen Einfluss auf den Fußball nimmt, und warum es sich bei den Versammlungen türkischer Rechter am Dienstag nicht um harmlose Fußballfans handelt, wird im Folgenden erläutert.
      Nationalismus im türkischen Fußball
      Es ist allgemein bekannt, dass die türkische Fußballlandschaft unter starkem, langjährigem und vielschichtigem politischem Einfluss steht und sich gerne regierungstreu präsentiert. Der türkische Fußball ist auch ein Vehikel für die alltägliche antikurdische Praxis in der Türkei. Regelmäßig bejubelt der türkische Fußball Angriffskriege der Türkei in Kurdistan, und bekannte türkische Fußballvereine beteiligen sich an der öffentlichen Stimmungsmache für den Krieg in Kurdistan, indem sie Grüße und Kräfte an das türkische Militär schicken und Nationalspieler mit dem Militärgruß auf dem Rasen posieren
      …“  Meldung vom 21. Juni 2024 in ANF externer Link
    • Siehe auch unser Dossier: Ende der Schonfrist. Frankreich macht es vor: Ein Verbot der „Grauen Wölfe“ ist auch hierzulande längst überfällig
  • Bunt, Vereint, Hitlergruß: Bundesweit Nazi-Gesänge und Hitlergrüße beim Public Viewing
    Ein buntes Fest – „vereint im Herzen Europas“ – soll die Fußball-EM in Deutschland sein. Das Land will sich von seiner schönsten Seite zeigen. Beim Public Viewing sieht man aber immer wieder den Hitlergruß und hört Neonazi-Gesänge…“ Beitrag vom 04.07.2024 im Migazin externer Link
  • So viele rechtsextreme Vorfälle gab es bisher bei der Europameisterschaft
    Die Sicherheitsbehörden in Deutschland haben im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft dutzende Fälle von rechtsextremen Propagandadelikten und von Volksverhetzungsdelikten registriert. Wie das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut mitteilte, die Volksverpetzer vorliegt, wurden bis zum Stichtag 24. Juni – also innerhalb der ersten zehn Tage der EM – insgesamt 44 Propagandadelikte und 16 Fälle von Volksverhetzung verzeichnet. Davon 42 bzw. 14 im Phänomenbereich „rechts“ der politisch motivierten Kriminalität (PMK). Also der weit überwiegende Anteil. Insgesamt drei Delikte wurden in den Phänomenbereichen „ausländische Ideologie“, eines im Phänomenbereich PMK „links“ erfasst.
    Dunkelfeld dürfte erheblich höher sein
    Die auf Antrage der Bundestagsabgeordneten veröffentlichten Zahlen geben nur das Hellfeld wieder, das Dunkelfeld dürfte erheblich höher sein. Die veröffentlichten Zahlen seien aufgrund ihrer kurzfristigen Erhebung anlässlich der EM „noch vorläufig und können teilweise erheblichen Änderungen unterworfen sein“. Zur Strafverfolgung hat die Bundesregierung bisher keinen Überblick. Sie verwies dazu auf die Landespolizeibehörden bzw. die Justizbehörden der Bundeslä
    nder…“ Beitrag von Matthias Meisner vom 1.7.2024 in volksverpetzer.de externer Link
  • EM als Ventil für rassistische Desinformation
    Ein Gebetsraum für Muslime beim Fanfest, eine Nationalmannschaft, die nicht „deutsch genug“ ist – rund um die EM kursieren rassistische Fakes und antimuslimische Hetze. Das ist Teil der Strategie, die vom rechten Rand betrieben wird.  (…) „Extrem rechte Akteure verbreiten absichtlich Falschmeldungen, um das Thema Vielfalt zu diskreditieren. In ihrem ideologischen Fokus steht eine weiß und völkisch gedachte Nation, in der andere Identitäten und Gruppen ausgegrenzt und ausgebeutet werden“, erläutert Claus. „Mit der Verbreitung von Falschmeldungen erhoffen sie sich, größere Menschenmengen zu erreichen und gesellschaftliche Konflikte um Vielfalt und Migration zu eskalieren.“ Weil die deutsche Nationalmannschaft „zu bunt für rechtsextreme und rechtsradikale Kräfte sei“, versuchten entsprechende Kreise Ausweichthemen zu finden, um eben trotzdem einen Nationalstolz zu betreiben, der dann vielleicht nicht direkt die Fußball-Nationalmannschaft betrifft, sondern Dinge, die drumherum passieren, sagt der Politikwissenschaftler und Soziologe Özgür Özvatan…“ Beitrag von Julia Kuttner, ARD-faktenfinder, vom 01.07.2024 in tagesschau.de externer Link
  • Rassismus in Fan-Zone? TikTokerin: „400 Mal N-Wort gefallen“
    Eine Tiktokerin hat ein Video veröffentlicht, in dem sie über Rassismus in einer Düsseldorfer Fan-Zone spricht. Nun ermittelt der Staatsschutz. (…)
    In einem zweiminütigen Clip, den Alisha Kapli (auf TikTok „chili.sha“) nach dem Spiel zwischen Ungarn und Deutschland auf der Plattform TikTok veröffentlicht hat, berichtet die 24-Jährige selbst von ihren Erfahrungen auf der Düsseldorfer Fan-Meile. Statt Frieden und guter Laune hätte sie vor allem eins erfahren: Rassismus. Es sei nicht die erste Erfahrung gewesen, die die junge Frau mit Migrationshintergrund machen musste – „Es war aber tatsächlich das erste Mal, dass ich es in so einem Ausmaß erlebt habe“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion.
    Vorfall in EM-Fanzone in Düsseldorf: „Die ekelhaftesten Gespräche, die ich jemals gehört habe“
    In der Fan-Zone habe sie mitbekommen, wie eine Gruppe von Fans ausländerfeindlich über Spieler mit Migrationshintergrund in der deutschen Nationalmannschaft gesprochen hätten. Dabei sei auch häufig das „N-Wort“ gefallen. „Die ekelhaftesten Gespräche, die ich jemals gehört habe“, nennt die TikTokerin, die bis Ende letztens Jahres selber noch in Düsseldorf gelebt hat, das Gesagte. (…)Als sie die Zone nach dem Spiel verlassen wollte, habe sie mitbekommen, wie einzelne Fans die NS-Hymne gesungen haben sollen. Aufnahmen, die das Geschehene zeigen, hat Kapli auf Rückfrage unserer Redaktion nicht. (…) Auf Rückfrage der NRZ erklärt Polizeisprecherin Anja Kynast, dass der Fall nun überprüft wird. Auf Grundlage des veröffentlichten Videos hat man die Ermittlungen eingeleitet und an den Staatsschutz weitergeleitet. Dieser bewertet jetzt den Clip und ermittelt wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung auf sexueller Grundlage
    …“ Artikel von Anna Schlichting vom 28.06.2024 in nrz.de externer Link
  • Uefa: Vereint im Herzen Europas! Einige Deutsche so: Ausländer raus!
    Millionen Fußballfans machen aus der EM eine große, anständige Party. Gar nicht wenige aber singen rechtsextreme Texte zu „L’amour toujours“. Eine Karte der Vorfälle…“ Beitrag von Victor Meuche  vom 27. Juni 2024 in der Zeit online externer Link
  • Nationale Identität im Fussball: Internationale Länderspiele im Fussball und ihr Bezug zum Nationalismus
    Dieser Text befasst sich mit dem Thema Fussball und Nationalismus. Das Spiel mit dem Ball ist global zu einer der populärsten Sportarten überhaupt geworden. Sie wird sowohl in der Freizeit wie auch professionell millionenfach praktiziert. (…)
    Partypatriotismus
    Es ist eine Untergruppe des herkömmlichen Patriotismus und unterscheidet sich mit einem begrenzten Zeitraum, welcher im Partypatriotismus vorhanden ist. Er findet überwiegend im Zeitraum der internationalen Sportveranstaltungen statt und ist während den Weltmeisterschaften im Fussball oder den Olympiaden am ausgeprägtesten und sichtbarsten. Partypatriotismus lebt von der Zurschaustellung der Farben und Flaggen der Nation und ihren euphorischen Mitgliedern. In den Medien und von der Gesellschaft wird er meist verharmlost und im Übrigen noch gefördert mit konstanten täglichen Schlagzeilen und dem Angebot des Public Viewing und Strassen Dekorationen. Der legale Kauf von Feuerwerkkörpern in dieser Zeit, welcher eigentlich nur an Silvester und am Nationalfeiertag gilt, zeigt die Befürwortung und Unterstützung des Schweizer Staates gegenüber dem Partypatriotismus. An solchen Veranstaltungen oder in begrenzten Zeitspannen wird auf Kosten des Nationalstolzes konsumiert und euphorisch mitgefeiert. Viele sehen es als Spass, wenn sie im Supermarkt massenweise Materialien und Essen kaufen, welche in rot-schwarz-gold (im Falle von Deutschland) daher kommen. Es ist ein Akt der Zugehörigkeit während der kurzen Periode, welcher ausgenützt und ausgelebt wird. (…)
    Nationale Identität im Fussball
    Nationale Identität ist ein konkreter Unterbegriff der kollektiven Identität und hängt stark mit dem nationalistischen Gedankengut zusammen. Ihre Mechanismen beruhen auf den Gemeinsamkeiten der Zugehörigen und heben die Differenzen zu anderen hervor. Eine grosse Rolle spielt dabei das Wort «wir» und wer Teil dieser Nation ist. Fussball spielt in der Identitätspolitik eine grosse Rolle, wie auch Schily bereits sagt: «Kein anderer Bereich trägt in Deutschland mehr zur schichtenübergreifenden (Erlebnis-, Erzähl- oder Solidaritäts-) Gemeinschaft und zur nationalen Identitätsstiftung bei als der Fussball.» (…)
    Obwohl die Nation eine «vorgestellte Gemeinschaft» ist und somit alle Bewohner des Staates Angehörige sein sollten, wird im Fussball die Exklusion deutlich. (…)
    Partypatriotismus und Nationalismus – wo ist die Grenze
    Der Politikwissenschaftler Clemens Heni meint: «Ohne 2006 wäre es nicht in diesem Ausmass zu Pegida gekommen». 2006 fand das bekannte Sommermärchen in Deutschland statt. Damals wurden die Weltmeisterschaften das erste Mal in Deutschland ausgeführt, und obwohl die Deutschen für ihre Verhältnisse nicht gerade gut gespielt haben, war die Euphorie im eigenen Lande noch nie so hoch wie zu diesem Zeitpunkt. Es war die Wende für das deutsche Volk und sie erschufen ein neues Verhältnis zur eigenen Nation. Durch diese WM, konnten sie sich von der Nazizeit und der Bedeutung zur deutschen Flagge lösen und eine neue Wertschätzung aufbauen. (…) Eine ähnliche Aussage wie Heni macht auch der Nationalismusforscher Dario Bretin. Er sagt, dass ohne die Weltmeisterschaften im Jahre 2006 in Deutschland, die Afd niemals den Erfolg gehabt hätte, wie sie ihn zurzeit hat. Durch die Steigerung der Nationalen Identität, konnten Individuen dadurch vereint werden und fanden ihren Weg zu einem «unverkrampften» Patriotismus
    …“  Beitrag von Nina vom 25. Juni 2024 in untergrund-blättle.ch externer Link
  • Eure EM ist unser Albtraum. Olivier David über die Schattenseiten des laufenden Fußballturniers
    Ich bin Fußballfan. Und ich halte Großveranstaltungen wie die derzeit in Deutschland ausgetragene Europameisterschaft für die schlechteste aller Möglichkeiten, Fußball und Diversität zu feiern. (…)Wir brauchen aber nicht allein auf den Nutzen für Sicherheitsfanatiker in den Behörden schauen, um zu verstehen, dass sich das Konzept von miteinander konkurrierenden Nationalstaaten irgendwie nach brauner Sauce anhört. Hier eine lose Aufzählung ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Österreichische Fußballfans, die kurz vor Abpfiff des Spiels gegen Polen ein Banner mit den Worten »Defend Europe« hochhalten; ungarische Fans mit einer Botschaft an die gegnerischen Schotten: »Röcke sind für Frauen«; kroatische und albanische Fans, die zum Töten von Serben aufrufen; türkische Fans, die den faschistischen Wolfsgruß zeigen. Als Oasen der Gleichberechtigung haben sich Fußballländerspiele bisher ebenfalls nicht erwiesen, im Gegenteil.…“ Artikel von  Olivier David vom 25.06.2024 in ND online externer Link
  • Olé, Olé und SCHALala, liebe Freund:innen des stilvollen Angriffs! Seid ihr auch genervt vom Partypatriotismus in schwarz-rot-geil? Seid ihr genervt von enthemmten Besoffenen, die ihre Liebe zum Fußball immer dann entdecken, wenn Nationen konkurrieren? (…) Wir verstehen die Sehnsucht nach gemeinsamer Ekstase. Wir wissen aber leider auch, dass wir im Bestehenden nur die Zwangsgemeinschaft und Mogelpackung ‚Nation‘ angeboten bekommen…“ Thread von CAT – Communist Action & Theory vom  25. Juni 2024 externer Link
  • Rechte Parolen und Hitlergruß: Mehrere Vorfälle am Abend des EM-Eröffnungsspiels
    „Hitlergruß, Volksverhetzung und körperliche Angriffe. (…) Am Freitagabend, während des Eröffnungsspiels der Fußball-Europameisterschaft, kam es in mehreren Orten Deutschlands zu Polizeieinsätzen. Grund dafür waren rechtsextreme und volksverhetzende Parolen sowie Angriffe auf Polizeibeamte. Diese fanden in mindestens drei Bundesländern statt, nämlich Saarland, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. (…) Wegen rechtsextremer Parolen und volksverhetzendem Gegröle hat es im Saarland gleich zwei Polizeieinsätze gegeben. In St. Wendel alarmierte der Betreiber einer Gaststätte am Freitagabend die Einsatzkräfte, weil im Umfeld seines Lokals eine größere Gruppe volksverhetzende Parolen grölte, auch der Hitlergruß soll gezeigt worden sein. Außerdem skandierten in einer Gaststätte in Schiffweiler mehrere Personen in der Nacht zum Samstag rechtsextreme Parolen zur Melodie von „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino, wie die Polizei in Saarbrücken mitteilte. (…) Auch in Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern hat eine Gruppe von bis zu 15 Menschen das Lied „L’amour toujours“ gespielt und rechtsradikal umgetextet. Die Gruppe sang statt des ursprünglichen Refrains lautstark „Deutschland, den Deutschen. Ausländer raus!“, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Zudem riefen einige „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“. Die Täter seien der Polizei bisher unbekannt. (…) In Bremen zeigte ein Mann bei einer Public Viewing Veranstaltung den Hitlergruß und sang rassistische Texte zur Melodie des Party-Hits „L’amour toujours“. (…) In Warnemünde wurde eine 15-Jährige dabei beobachtet, wie sie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ brüllte. Das teilte die Bundespolizei am Samstag mit. Als Beamte die Personalien des Mädchens feststellen wollten, habe der 54 Jahre alte Vater körperlichen Widerstand angedroht. (…) Während die Einsatzkräfte Unterstützung anforderten, bestiegen die Tatverdächtigen eine S-Bahn. Die Beamten folgten ihnen und wurden von mehreren Menschen angegriffen. (…) Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des tätlichen Angriffs auf Polizeikräfte.“ Agenturmeldungen vom 15. Juni 2024 im Tagesspiegel online externer Link
  • Rassismus und die EM 2024: Wir Meister des Selbstbetrugs
    Ein Sommermärchen 2.0 soll diese EM werden, wenn es nach dem DFB geht. Da muss man schon ausblenden, wie viel seit 2006 gesellschaftlich gekippt ist.
    Sommermärchen. Seit 2006 klebt dieses Wort am deutschen Fußball. Es steht für einen Sommer des Patriotismus, an dem sich eine ganze Nation berauscht hat – Fußballfans ebenso wie Feuilletonisten. Die Deutschen hatten sich damals selbst überrascht, als „Die Welt zu Gast bei Freunden“ war. (…) 18 Jahre später soll nun wieder alles so werden wie seinerzeit. (…) Nach der Migrationskrise 2015, nach unzähligen Brandanschlägen auf Asylbewerberunterkünfte, nach den rassistischen Morden von Hanau, nach dem Aufstieg einer Nazipartei zu einem Mitbewerber um die Macht? Der Hass gegen alles, was nicht schon immer deutsch war, durchdringt auch die Sphären des Fußballs. (…) Das Sommermärchen war schon damals ein Selbstbetrug. Es fiel in eine Zeit, als in der Bundesliga Affenlaute und Beschimpfungen mit dem N-Wort zum Alltag gehörten. Eine Langzeitstudie zeigte eine Zunahme „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ während des „Sommermärchens“ und dass eine gehörige Portion Trotz im vermeintlich lockeren Tanz mit der Deutschlandfahne mitschwang. Der Aufstieg der AfD, er könnte mit dem Sommermärchen begonnen haben. (…) Und knapp zwei Dekaden später? Da schickte sich die deutsche Junioren-Auswahl im November 2023 gerade an, den Titel bei der U17-WM in Indonesien zu gewinnen, der DFB sendete Bilder von gut gelaunten deutschen Nachwuchskickern via Social Media in die Welt. Was sich nun in den Kommentarspalten abspielte, war ohne Beispiel. Von Stolz auf die deutschen Jugendlichen, die in Zeiten einer der größten Krisen im deutschen Fußball einen WM-Titel für den DFB geholt hatten, war da nichts zu spüren. Unter einem Bild von Charles Herrmann, Almugera Kabar, Paris Brunner und Fayssal Harchaoui, die bis auf Letzteren bei Borussia Dortmund ausgebildet werden, standen Postings, die an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten waren und deren gemeinsamer Tenor war, dass es sich ja wohl bei den Abgebildeten schwerlich um Deutsche handeln könne. (…) Ja, der Fußball der Gegenwart ist in Teilen progressiver als damals. Dass der FC Bayern mit Vincent Kompany einen Trainer hat, dessen Vater aus dem Kongo nach Belgien emigriert ist, war bei der Vorstellung des Coachs kein Thema. Und der Kapitän zur Heim-EM heißt İlkay Gündoğan. Für die meisten ist das Normalität, auch wenn 17 Prozent der Deutschen offenbar lieber einen weißen Kapitän hätten, wie eine viel zitierte WDR-Umfrage kürzlich ergab. Die Anforderungen internationaler Wettbewerbsfähigkeit haben gesiegt, einerseits. Der Traum der Rassisten von „ausländerfreien“ Ligen und Nationalteams ist spektakulär gescheitert. Rassismus ist, andererseits, neoliberaler geworden. Ein Spieler of Color, der Deutschland nützt, wird akzeptiert, vielleicht sogar, wie Jamal Musiala, geliebt. Aber verschießt er einen Elfmeter und hat zuvor bei der Nationalhymne nicht mitgesungen, macht sich schnell Hass breit. Es ist dieser Rassismus, der so laut daherkommt, jener Rassismus in rechten Medienkanälen, bei denen ein gestreckter Zeigefinger von Antonio Rüdiger zum IS-Gruß umgedeutet wird, der zeigt, dass da etwas ins Kippen gekommen ist
    …“ Kommentar von Alina Schwermer und Andreas Rüttenauer vom 12. Juni 2024 in der taz online externer Link

Siehe zur EM24 auch unser Dossier: Fußball-EM 2024: Kritik an potenziellen Überwachungs- und sicheren Polizeimaßnahmen

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