Abzocke bei Klimahilfen: Arme Länder erhalten Kredite zu hohen Zinsen oder als Gegenleistung für einseitige Handelsabkommen
„Ab Beginn nächster Woche treffen sich mal wieder Klimadiplomaten aus aller Welt in Bonn am Sitz des Sekretariats der UN-Klimaschutzkonvention. Wie jedes Jahr soll die im späten Herbst folgende UN-Klimakonferenz vorbereitet werden. Auf der Tagesordnung diesmal: Finanzen. Seit langem sind sich die Staaten einig, dass die reichen Länder den ärmeren bei der Anpassung an den Klimawandel und beim Aufbau einer nicht klimaschädlichen Energieinfrastruktur unter die Arme greifen müssen. 100 Milliarden US-Dollar jährlich wurden schon 2009 in Kopenhagen zugesagt, zu zahlen ab 2020. An der Umsetzung hapert es allerdings reichlich. 2015 wurde der Zahlungsbeginn auf 2025 verschoben, dafür sollte die jährliche Summe erhöht werden. Um wieviel ist bis heute hochumstritten, und diese Auseinandersetzung wird voraussichtlich die Gespräche in Bonn und sicherlich auch noch die Ende November im aserbaidschanischen Baku bei der Cop 29 dominieren…“ Artikel von Wolfgang Pomrehn in der jungen Welt vom 28. Juni 2024 und mehr daraus:
- Weiter im Artikel von Wolfgang Pomrehn in der jungen Welt vom 28. Juni 2024 : „… Ohne Frage ist indes, dass erheblich mehr als die zugesagten, aber noch immer nicht gezahlten 100 Milliarden US-Dollar jährlich notwendig ist. Ein von den Staaten in Auftrag gegebener Bericht kam 2021 zu dem Ergebnis, dass bis 2030 insgesamt eine Summe von rund sechs Billionen US-Dollar für Küstenschutz, Anpassung der Landwirtschaft und vieles mehr benötigt wird. Offiziell fließen bereits einige Gelder, auch aus Deutschland. Zwischen 2015 und 2020 kamen nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters aus Berlin 45,1 Milliarden US-Dollar (nach aktuellem Kurs 41,5 Milliarden Euro), die als Beitrag zum 100-Milliarden-Dollar-jährlich-Versprechen deklariert wurden. Allerdings zeigt eine jüngste Untersuchung, über die Reuters schreibt, dass ein erheblicher Teil der deutschen wie auch der Gelder anderer Industrienationen höchst eigennützig vergeben wurden. Unter die Lupe genommen hatte die Agentur Zahlungsströme in Höhe von insgesamt 141,5 Milliarden US-Dollar aus den USA, Frankreich, Japan und Deutschland. Mit 9,5 Milliarden US-Dollar erscheinen die USA am knauserigsten, und in der Tat verweigert sich Washington besonders lautstark einer Erhöhung des Zahlungszieles, solange sich China nicht beteiligt. Allerdings waren auch die anderen drei Länder nicht wirklich generöser, denn von der genannten Summe wurden 18 Milliarden US-Dollar lediglich als Kredite zu Marktzinsen vergeben, eine Maßnahme, wie sie in der Entwicklungshilfe eher unüblich ist. Auch die Bundesregierung bediente sich bei einem Betrag von knapp zwei Milliarden US-Dollar solcher Praktiken. Weitere elf Milliarden US-Dollar, fast ausschließlich aus Japan, wurden als vergünstigte Kredite vergeben, jedoch mit der Auflage, dafür Güter aus dem Geberland einzukaufen. Schließlich hat die Recherche der Reuters-Journalisten in den Daten der Weltbank und der OECD weitere 10,6 Milliarden US-Dollar identifiziert, die zwar als Finanzhilfen vergeben wurden, doch an die Bedingung geknüpft waren, Firmen oder Nichtregierungsorganisationen aus den Geberländern zu beschäftigen. Oder mit anderen Worten: Ein großer Teil des als Klimahilfe deklarierten Geldes fließt letztlich in die Volkswirtschaften der Geberländer zurück. Die angeblichen Hilfen sind also ziemlich eigennützig und bedeuten keinesfalls, dass die Industriestaaten die Verantwortung für den bereits angerichteten Klimawandel übernehmen, der fast ausschließlich auf ihre bereits in der Atmosphäre angereicherten historischen Emissionen zurückgeht. Inzwischen zeichnet sich allerdings ab, dass die reichen Länder mit dieser Haltung vor der internationalen Gerichtsbarkeit nicht länger durchkommen…“
Siehe auch unser Dossier: Was wurde aus TTIP, Ceta und den anderen Freihandelsabkommen?