Nach dem „Herrenberg-Urteil“ zur Scheinselbstständigkeit: GEW schlägt Tarifverträge in der Weiterbildung vor

Angestellte Lehrer in Berlin fordern unbefristete Verträge„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schlägt für die Weiterbildung tarifvertraglich gesicherte Beschäftigungsverhältnisse vor. Diese sollten auf dem Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) liegen – bei einer Unterrichtsverpflichtung von maximal 25 Einheiten pro Woche in Vollzeit. „Damit die Träger das leisten können, müssen Bund, Länder und Kommunen sie entsprechend refinanzieren. So werden ein qualitativ gutes Angebot und gute Arbeit möglich“, sagte Ralf Becker, GEW-Vorstandsmitglied für Berufliche Bildung und Weiterbildung, am Dienstag in Frankfurt a.M. „Bildung ist eine staatliche Aufgabe. Damit dort, wo staatliche Gelder fließen, auch gute Arbeitsbedingungen herrschen, setzt sich die GEW für ein Bundestariftreuegesetz ein, wie es die Ampelregierung im Koalitionsvertrag vereinbart hat. Dieses Gesetz soll die Vergabe von Aufträgen des Bundes an die Einhaltung repräsentativer Tarifverträge koppeln.“…“ GEW-Pressemitteilung vom 28. Mai 2024 externer Link und mehr daraus:

  • Weiter aus der GEW-Pressemitteilung vom 28. Mai 2024 externer Link: „Info: Hintergrund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Juni 2022 (Az. B 12 R 3/20 R) zur Scheinselbstständigkeit von Honorarkräften in der Weiterbildung. Die Entscheidung schlägt aktuell Wellen, weil die Deutsche Rentenversicherung (DRV) derzeit auf Basis des BSG-Urteils vermehrt Betriebsprüfungen im Weiterbildungsbereich durchführt, in denen es um Scheinselbstständigkeit geht. (…) Eine Vielzahl der Träger in der Weiterbildung (etwa Volkshochschulen, Integrationskursanbieter, Grundbildungszentren, Träger beruflicher Weiterbildung für die Bundesagentur für Arbeit (BA)) setzt aus Kostengründen überwiegend Honorarlehrkräfte ein. Diese müssen aus einem oft schmalen Honorar ihre gesamte Sozialversicherung selbst tragen. Da laut Auskunft der Träger die DRV derzeit auf Grundlage des Herrenberg-Urteils vermehrt Betriebsprüfungen durchführt, haben viele bereits begonnen, den Honorarlehrkräften Arbeitsverträge anzubieten, um auf der sicheren Seite zu sein. Dies aber oft zu Bedingungen, die für die Beschäftigten eine weitere Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Situation bedeuten. (…) Viele arbeiten überwiegend oder ausschließlich für einen Träger und erzielen aus dieser Tätigkeit ihr gesamtes Einkommen. Sie müssen alle Sozialversicherungsbeiträge selbst zahlen, haben keinen Kündigungsschutz und keinen Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall. Die große Mehrheit dieser Honorarlehrkräfte ist nicht freiwillig selbstständig, sondern würde eine Festanstellung zu fairen Konditionen bevorzugen. (…) Um auf dem Niveau des TVöD zu bezahlen, brauchten die Träger erheblich mehr Geld. Sonst müssten sie ihr Angebot erheblich zusammenstreichen.“

Siehe zum Thema auch: Weitgehend oder durchgehend prekär? Roland Kohsiek zu den Arbeitsbedingungen in der (beruflichen) Weiterbildung

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=220718
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