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[Tarifrunde 2024] Störung bei der Telekom: Über Arbeitsverdichtung und Reallohnverlust bei einem der größten Telekommunikationsunternehmen der Welt
„… Beschäftigte die Telekom als Behörde 1995 noch über 200.000 Menschen, sind es bei der Aktiengesellschaft Telekom nun 70.000. Die Arbeit jedoch ist mehr geworden. Personal sei nur für das Tagesgeschäft geplant und auch das »knirscht«, sagt die Betriebsrätin. Gibt es dann eine Großstörung, nach einem Unwetter etwa, komme man nicht mehr hinterher. Zu alldem geselle sich ein Reallohnverlust von etwa zehn Prozent. Eine entsprechende Gehaltserhöhung wäre zumindest eine kleine Anerkennung. Verdi fordert zwölf Prozent mehr, bei einer Laufzeit von einem Jahr, mindestens aber 400 Euro pro Monat. Das Angebot der Telekom liegt weit darunter…“ Bericht über den Besuch beim Streikposten von Susanne Knütter in der jungen Welt vom 07.05.2024 und Infos zur Tarifrunde:
- Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di zur Tarifrunde bei der Telekom: Verhandlungsergebnis nicht ausreichend!
„In den letzten Wochen haben sich tausende Kolleginnen und Kollegen an Warnstreiks und Kundgebungen beteiligt. Die Stimmung war kämpferisch und ver.di konnte auch einige neue ver.di Mitglieder aufnehmen.
Angesichts eines Reallohnverlusts von über 6 Prozent in den letzten Jahren und der enormen Gewinne des Telekom-Konzerns waren die zur Tarifrunde 2024 aufgestellten Forderungen von 12 Prozent, mindestens 400 Euro für die Beschäftigten und 185 Euro für dual Studierende Auszubildende zwar die höchsten Forderungen jeher, aber berechtigt.
Das Geld ist da
Das Unternehmen hat für das Jahr 2023 einen Rekordgewinn von 17,79 Milliarden Euro (2022: 8 Milliarden, 2021: 4,18 Milliarden) zu verzeichnen – Gewinne, die die Beschäftigten erarbeitet haben und die nun zu einem großen Teil an die Aktionär*innen ausgeschüttet werden. (…)
Das Verhandlungsergebnis
Laut der Pressemitteilungen sollen mit dem Verhandlungsergebnis die Entgeltsteigerungen für Beschäftigte zwischen 8 und 13 Prozent betragen. Jedoch ergeben sich diese Beträge erst nach 18 Monaten, mit der zweiten Erhöhung im August 2025. Wenn die Nullmonate mit betrachtet werden, ergibt sich eine Steigerung von 3 Prozent in den ersten 12 Monaten und je nach Gehaltsgruppe ungefähr zwischen 2,5 und 5,5 Prozent in den nächsten 12 Monaten. Hier zeigt sich, dass eine Erhöhung um einen Festbetrag (hier um 190 Euro ab August 2025) hilft, besonders untere Entgeltgruppen stärker zu entlasten. Insgesamt stehen dem Ergebnis aber ein Nachholbedarf aus den letzten Zeiträumen von über 6 Prozent und eine erwartete Inflation (je nachdem, welches Institut man befragt) von 2,1 und 3,5 Prozent für 2024 und zwischen 1,8 und 2,5 Prozent für 2025 gegenüber. Unterm Strich bedeutet das weiteren Reallohnverlust für alle Beschäftigten; auch wenn dieser für die geringer Entlohnten in 2025 etwas stärker abgefedert wird. Die Inflationsausgleichsprämie von 1550 Euro für Vollzeitbeschäftigte, die im Juni 2024 gezahlt werden soll, sorgt zwar erst einmal für Erleichterung auf dem Bankkonto. Jedoch sollte dieser Ausgleich für vergangene Jahre des Reallohnverlusts gezahlt werden, nicht aber als Teil einer aktuellen Lohnerhöhung. (…)
Viele Beschäftigte sagen, der verlängerte Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen sei wichtiger als ein paar Prozente beim Gehalt. Zum einen ist jedoch die Personalabbaumaßnahme in Höhe von ca. 1300 Stellen gerade bei der DT IT dadurch nicht vom Tisch und auch ohne größere Abbauprogramme sinken jedes Jahr die Beschäftigtenzahlen aufgrund altersbedingter Abgänge und anderen sogenannten sozialverträglichen Maßnahmen. Immer wieder wird mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz gedroht, was Arbeitsplätze überflüssig machen soll. Alle Versuche, Beschäftigte für den Fortschritt der neuen Technologien zahlen zu lassen, müssen abgewehrt werden. (…)
Auch eine qualitativ hochwertige allgemeine und berufliche Bildung bei voller Bezahlung und mit einer Arbeitsplatzgarantie für diejenigen, die dies wünschen, muss erkämpft werden. Gleiches gilt für die Androhung von Verlagerung von Tätigkeiten ins Ausland. Hier müssen die Gewerkschaften der Telekommunikationsbetriebe international Strategien entwickeln, wie Beschäftigte im Inland nicht gegen Beschäftigte andere Länder ausgespielt und zu Streikbrechertätigkeiten gezwungen werden können. Internationale Solidaritätsstreiks gelten in Belgien, Griechenland (unter bestimmten Bedingungen), Irland, Italien, Luxemburg, Norwegen und Schweden bereits als rechtmäßig. (…)
Wenn gesagt wird, dass niedrigere Löhne und Stellenabbau aufgrund des Konkurrenzdrucks akzeptiert werden müssen, dann spricht das gegen das Prinzip von Konkurrenz und die Profitausrichtung. Der Konkurrenzdruck verursacht viel Verschwendung, zum Beispiel für Werbung und den parallelen Ausbau von Netzen und Transportketten durch verschiedene Unternehmen. Eine staatliche Telekom unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften und Verbraucher*inneninitiativen könnte sowohl die Interessen der Verbraucher*innen besser berücksichtigen, als auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten deutlich verbessern…“ Bewertung des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di vom 23. Mai 2024 - Tarifrunde Deutsche Telekom: Tarifergebnis nach fünftägigen Verhandlungen – deutliche Entgeltsteigerungen in einem guten Gesamtpaket
„Nach fünftägigen Verhandlungen in der verlängerten vierten Verhandlungsrunde für die Deutsche Telekom haben die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Arbeitgeber am Freitag (17. Mai 2024) in Potsdam ein Tarifergebnis erzielt. In der Nacht zum Freitag standen die Verhandlungen kurz vor dem Scheitern, bevor der Weg in eine Einigung doch noch gefunden wurde. Diese sieht deutliche dauerhafte Entgeltsteigerungen, überproportionale Erhöhungen der Vergütungen für Auszubildende und dual Studierende, einen Verzicht auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis zum 31. Dezember 2026 und die Einbeziehung weiterer DT-Gesellschaften in diese Tarifrunde vor. (…)
Im Einzelnen sieht der Tarifvertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten bis zum 31. März 2026 folgende Regelungen vor: Die Tarifbeschäftigten erhalten im Juli 2024 eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.550 Euro (Teilzeitkräfte anteilig). Zum 1. Oktober 2024 werden ihre Entgelte um 6,0 Prozent erhöht, und zum 1. August 2025 erhalten sie ein weiteres Lohnplus von 190 Euro monatlich als zusätzliches Monatsentgelt (Teilzeitkräfte anteilig).
Auszubildende und dual Studierende bekommen im Juli 2024 eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 775 Euro. Zum 1. Oktober 2024 werden ihre Vergütungen um 95 Euro pro Monat erhöht, und zum 1. August 2025 erfolgt eine Erhöhung von 6,0 Prozent. Zudem wird für dual Studierende, deren Studienordnung mehr als sechs Semester vorschreibt, eine neue Vergütungsstufe für das vierte Studienjahr eingeführt, und zwar in Höhe von 1.450 Euro monatlich; diese Vergütung erhöht sich ebenfalls zu denselben Zeitpunkten um 95 Euro und 6,0 Prozent. Zudem sind zusätzlich neue verbindliche tarifvertragliche Aufstiegsregelungen für übernommene Nachwuchskräfte im Sales- und Service-Bereich geschaffen worden…“Pressemitteilung vom 17.05.2024 bei ver.di - Telekom: Jetzt erst recht: 12 Prozent, mindestens 400 Euro! „Angebot“ nicht annehmbar- Telekom hat genug Gewinne gemacht
„Das „Angebot“ der Telekom in der dritten Verhandlungsrunde war unzumutbar. 27 Monate Laufzeit sind angesichts der aktuellen Lage, in der jederzeit ein plötzlicher Preisanstieg durch Krisensituationen und den allgemein instabilen Zustand der Weltwirtschaft möglich ist, nicht zu akzeptieren. Es würde auch bedeuten, dass die Gehaltstabellen bis Ende 2024 eingefroren werden. Auch das ist angesichts der bereits erfolgten Reallohnverluste in den letzten Jahren nicht hinnehmbar. Dies kann auch nicht durch die Inflationsausgleichsprämie kompensiert werden. Jegliche Zahlungen aus dieser Prämie sollten als (Teil-)Ausgleich für vergangene Jahre des Reallohnverlusts gesehen werden, nicht aber als Teil einer Lohnerhöhung ab jetzt. Denn die Inflationsausgleichszahlung wird nicht auf die Tabelle angerechnet. Beim jetzigen Angebot soll es ab 1.1.2025 lediglich 4,2 Prozent Anhebung der Tabelle geben und dann nochmal ab Oktober 2025 (also erst in eineinhalb Jahren!) 150 Euro Brutto Erhöhung auf die Tabelle. Das ist von den geforderten zwölf Prozent, jedoch mindestens 400 Euro pro Monat bei zwölf Monaten Laufzeit extrem weit entfernt…“ Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di am 14. Mai 2024
Grundinfos:
- Siehe Infos zur Tarifrunde bei ver.di Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)
- und zuletzt im LabourNet: Tarifrunde Telekom 2022 endet mit Kompromiss und erneut langer Laufzeit
- sowie zum Thema: Trotz Rekordgewinn plant die Deutsche Telekom einen massiven Stellenabbau. In Deutschland habe man „zu viel Fett“ angesetzt. Warum man aber Investoren umgarnt