Ein Polizist aus Thüringen soll interne Informationen an die Rechtsextreme Gruppe „Knockout 51“ weitergegeben haben – nun weiss es auch das Innenministerium

Dossier

VVN: Den Naziklüngel zerschlagen!Vier Mitglieder der Eisenacher Neonazi-Gruppierung „Knockout 51“ sind von der Bundesanwaltschaft wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Dabei ist auch ein Polizist aus Eisenach ins Visier geraten. Der Beamte soll interne Informationen an die Neonazis weitergegeben haben. Das Thüringer Innenministerium hat ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet. (…) Der Beamte soll interne Informationen, etwa über bevorstehende Hausdurchsuchungen oder Festnahmen, an die Neonazis weitergegeben haben. Er soll es außerdem möglich gemacht haben, dass Fotos von Ermittlungsakten angefertigt wurden und nun in Neonazi-Kreisen kursieren. Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt. Sie sei mehr als geschockt, dass es so lange gedauert hat, bis das Innenministerium tätig wurde, sagt Katharina König-Preuss mit Blick auf solche Gerüchte…“ Beitrag von Jan Bräuer vom 04. März 2024 beim MDR externer Link („Polizist aus Thüringen im Fokus der Ermittlungen“) und dazu:

  • Urteil im „Knockout 51“-Prozess als Freifahrtschein für extreme Rechte: Haftstrafen ja, terroristische Vereinigung nein?  New
    • OLG Jena zu „Knockout 51“ Keine terroristische Vereinigung
      Das OLG in Jena hat vier führende Mitglieder der rechtsradikalen Kampfsportgruppe Knockout 51 zu Haftstrafen bis zu rund vier Jahren verurteilt. Anders als die Bundesanwaltschaft sah das OLG keine „terroristische Vereinigung“.
      Die Kampfsportgruppe Knockout 51 hatte wenig mit Sport zu tun und viel mit Kampf. (…) Der Staatsschutzsenat des Thüringer Oberlandesgerichts (OLG) stellte jetzt fest, dass Knockout 51 eine kriminelle Vereinigung gem. § 129 Strafgesetzbuch war (Urt. v. 01.07.2024, Az. 3 St 2 BJs 4/21). Ihr Zweck war die Begehung von Körperverletzungsdelikten gegen Linke, Migranten und Polizisten. Es handelte sich um eine „Kampfgruppe nationalsozialistischer Prägung“, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Giebel. Man habe sich als eigene Ordnungsmacht etablieren wollen, die Drogenkonsum und die Anwesenheit von „Assis“ unterbindet. Die Mitglieder trugen schwarze Pullover und T-Shirts mit dem weißen Aufdruck „knockout 51“. (…)
      Die Bundesanwaltschaft war in ihrer Anklage davon ausgegangen, dass sich Knockout 51 im Frühjahr 2021 so radikalisierte, dass der Zweck ab dann auch die Tötung von Linken war. (…) Zusammenfassend sprach Giebel von einer „lebensfremden Konstruktion“ der Bundesanwaltschaft. Knockout 51 sei zwar gewaltaffin gewesen, Ziel der Gruppe seien aber nicht Mord und Totschlag gewesen. Dass man sich ab dem Frühjahr 2021 Waffen besorgte, sei „nicht ins Blaue hinein“ erfolgt, so Giebel, sondern habe einen realen Hintergrund gehabt, „es diente der Abschreckung.“ Wer Knockout 51 mit dem Rechtsterrorismus des NSU gleichsetze, relativiere die Opfer des NSU-Terrorismus, erklärte Richter Giebel. (…) Anführer Leon R. bekam mit drei Jahren und zehn Monaten die höchste Freiheitsstrafe. Er sei nicht nur der ideologische Anführer gewesen, sondern habe auch im Alltag alles bestimmt. Bastian A. wurde mit zwei Jahren sechs Monaten bestraft. Er sei ein „besonders ausgeprägter Rechtsextremist“ gewesen, der zum Beispiel Migranten als „Drecksvieh“ bezeichnete. Maximilian A. hatte als Einziger gelegentlich Zweifel an den Aktivitäten und entschuldigte sich später auch bei einem seiner Opfer. Als Loyalität zu R. habe er aber immer mitgemacht. Eric K. war der Jüngste der vier Angeklagten. Er wurde zu zwei Jahren sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt. Das Gericht warf ihm aber seine „völlige Empathielosigkeit“ vor. Er habe die Opfer noch verhöhnt.
      Die Verurteilten und die Bundesanwaltschaft können Revision zum Bundesgerichtshof einlegen. Die Bundesanwaltschaft dürfte das ernsthaft prüfen. Denn noch im Januar hatte der 3. Strafsenat des BGH in einer Haftsache die Annahme einer „terroristischen Vereinigung“ mitgetragen
      …“ Beitrag von Dr. Christian Rath vom 01.07.2024 in LTO online externer Link
    • Haftstrafen für Rechtsextreme: Jahrelang verübte der Neonazi-Schlägertrupp Knockout51 Gewalt. Nun wurde die Führung zu Haftstrafen verurteilt – nicht aber für einen Terrorvorwurf.
      Es ist ein Urteil, dass unter den zahlreich anwesenden Rechtsextremen im Publikum des Oberlandesgerichts Thüringen für beste Stimmung sorgt. Zwar verkündet der Vorsitzende Richter Martin Giebel am Montag Haftstrafen bis zu drei Jahren und zehn Monaten für das Führungsquartett der rechtsextremen Kampfsportgruppe Knockout51. Aber die Bundesanwaltschaft hatte fast doppelt so hohe Strafen verlangt. Zudem hebt Giebel die U-Haft von Anführer Leon Ringl auf – und teilt gegen die Bundesanwaltschaft aus. „Konstruiert“ und „lebensfern“ seien deren Terrorvorwürfe gewesen. Der Angeklagte Eric K. grinst, die Neonazis im Publikum tun es ihm gleich. „Na bitte“, bemerkt einer zufrieden. (…) Seit August vergangenen Jahres stand das Quartett nun vor dem Oberlandesgericht in Jena. Die Anklage führte die Bundesanwaltschaft, die Knockout51 spätestens seit 2021 als terroristische Vereinigung sah. Denn ab da habe die Gruppe – nachdem Autonome zuvor zwei Mal versucht hatten, Ringl anzugreifen – gezielt Auseinandersetzungen mit Linken gesucht, um diese mit Messern zu töten oder einem Auto zu überfahren.
      Den Terrorvorwurf aber hatte das Oberlandesgericht schon zu Prozessbeginn nicht zugelassen, sondern nur den einer kriminellen Vereinigung. Auch im Prozess blieb es dabei, im April hob der Senat auch die Haftbefehle gegen die drei Mitangeklagten neben Ringl auf. Die Bundesanwaltschaft kritisierte beides als rechtsfehlerhaft und forderte auch zuletzt noch eine Verurteilung der Angeklagten als Terrorgruppe und Haftstrafen bis zu sieben Jahren. Richter Giebel räumt am Montag ein, dass die Positionen im Prozess „kontrovers“ gewesen seien. Der Senat habe sich aber letztlich keiner der „Extrempositionen“ angeschlossen, so Giebel. Verurteilt wird das Quartett als kriminelle Vereinigung, für gefährliche Körperverletzungen und Waffenverstöße. „Eindeutig“ sei die Gruppe nicht auf Mord und Totschlag ausgelegt worden, also keine Terrorgruppe, erklärt Giebel. Genauso wenig sei Knockout51 aber ein reines Sportprojekt gewesen, wie es die Verteidigung behauptete. Diese hatte für die Angeklagten Freisprüche, Geldstrafen und für Ringl höchstens drei Jahre Haft gefordert.
      Giebel sieht in Knockout51 eine „Kampfgruppe nationalsozialistischer Prägung“, die ihre Ziele auch mit Gewalt vertreten habe und auf ein „offensives Verbreiten rechtsextremer Ideologie“ ausgerichtet gewesen sei. Ziel sei es gewesen, jenseits der Polizei eine eigene „Ordnungsmacht“ in Eisenach zu etablieren. (…) Dann holt Giebel gegen die Bundesanwaltschaft aus. Der Terrorvorwurf dürfe nicht inflationär verwendet werden, weder bei den „Klimaklebern“ noch hier bei Knockout51, zieht Giebel einen gewagten Vergleich. „Sonst verliert der Begriff jede Kontur.“ Auch später, als die Gruppe darüber diskutierte, Linke zu töten, falls diese sie erneut angreifen würden, sei dies lediglich angedachte Notwehr gewesen, so Giebel. Und auch die Waffenbeschaffung habe nur der Selbstverteidigung und Abschreckung gedient. Auch hier reagieren die Rechtsextremen im Publikum mit breitem Grinsen. Andere Zuhörende im Publikum schütteln den Kopf
      …“ Artikel von Konrad Litschko vom 1.7.2024 in der taz online externer Link
    • König-Preuss zum Urteil im „Knockout 51“-Prozess: Freifahrtschein für extreme Rechte
      Zur heutigen Urteilsverkündung im Prozess gegen die Gruppierung „Knockout 51“ erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag: „Leon R. wurde zu drei Jahren und zehn Monaten, Bastian Ad. zu zwei Jahren und sechs Monaten, Maximilian A. zu zwei Jahren und zwei Monaten und Eric K. zu zwei Jahren und sechs Monaten (Jugendstrafe) verurteilt. Damit ist das Oberlandesgericht weit hinter den Forderungen des Generalbundesanwalts zurückgeblieben. Auf die verurteilten Neonazis, die einen Großteil ihrer Haft damit schon abgesessen haben, wird dieses Urteil kaum Eindruck machen. Für die Betroffenen ihrer Gewalt ist es ein fatales Zeichen. Dass heute ebenfalls der Haftbefehl gegen den schweren Gewalttäter Leon R. aufgehoben wurde, ist ein Skandal. Ein weiteres Mal zeigen sich Thüringer Gerichte unfähig, einen adäquaten Umgang mit der extremen Rechten zu finden. Dazu passt, dass das Gericht sich bei der Urteilsverkündung nicht in der Lage gezeigt hat, die extrem rechte Ideologie der Gruppe zu erfassen und entsprechend zu würdigen.“ Und ergänzt: „Ein solches Urteil für schwerste organisierte Gewalttaten, Waffenbeschaffung und Mordpläne kann fast als eine Art Freifahrtschein der Thüringer Justiz für die extreme Rechte verstanden werden…“ Pressemitteilung von Katharina König-Preuss vom 1. Juli 2024 externer Link
  • Sechs Thüringer Polizisten sollen Dienstgeheimnisse an „Kumpel“ der Neonazi-Gruppe „Knockout 51“ weitergegeben haben: Staatsanwaltschaft ermittelt endlich
    Sechs Thüringer Polizisten sollen Dienstgeheimnisse an Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Knockout 51“ weitergegeben haben. Gegen die Beamten ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Gera. Ein Polizist soll von einem Rechtsextremisten zudem als „Kumpel“ und „einer von uns“ bezeichnet worden sein. (…) Die Ermittlungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Ob und inwieweit sich der Tatvorwurf bewahrheite, könne momentan nicht beantwortet werden. Die Beschuldigten sollen im Südthüringer Raum als Polizeibeamte tätig gewesen sein.
    Durchsuchungen bei Polizisten
    Erst kürzlich war im Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Knockout 51“ bekannt geworden, dass es in der vergangenen Woche Durchsuchungen bei einem Polizeibeamten wegen der mutmaßlichen Weitergabe von Informationen gegeben haben soll. Bisher waren lediglich Ermittlungen gegen einen Eisenacher Polizisten bekannt gewesen externer Link. Dieser soll MDR Investigativ-Recherchen zufolge interne Informationen über anstehende Festnahmen und Ermittlungen an die Neonazis externer Link weitergegeben haben.
    Neonazis sollen Polizist als „Kumpel“ bezeichnet haben
    Aus der Anklageschrift des Generalbundesanwalts gegen vier aktuell angeklagte Neonazis geht hervor, dass der betreffende Polizist von ihnen als „Kumpel“ und „einer von uns“ bezeichnet wurde. Außerdem soll es einem der Angeklagten möglich gewesen sein, bei einem Polizeiverhör Fotos von Ermittlungsakten zu machen. Nach MDR-Recherchen waren die Informationen danach in Neonazikreisen verteilt worden. Das Bundeskriminalamt hatte die Gruppe über Monate abgehört. An den Ermittlungsmaßnahmen war die Thüringer Polizei nicht beteiligt worden.
    Aktuell sind vier Mitglieder von „Knockout 51“ vor dem Thüringer Oberlandesgericht externer Link unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, mit Tötungsabsicht Jagd auf politische Gegner gemacht zu haben…“ Meldung vom 08. Mai 2024 von MDR THÜRINGEN („Polizisten sollen Informationen an Neonazis weitergereicht haben – Staatsanwaltschaft ermittelt“)

Siehe zu „Knockout 51“:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=218696
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