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Ohne Wasser, ohne Strom: In Vaucluse/Provence kämpfen 17 marokkanische Saisonarbeiter, die seit Monaten nicht bezahlt wurden, gegen die Ausbeutung

Ohne Wasser, ohne Strom: In Vaucluse/Provence kämpfen 17 marokkanische Saisonarbeiter, die seit Monaten nicht bezahlt wurden, gegen die AusbeutungNachdem sie die gesamte Agrarsaison hindurch gearbeitet hatten, wurden zwanzig marokkanische Arbeiterinnen und Arbeiter von ihren Arbeitgebern noch immer nicht bezahlt. Begleitet von der Union départementale und Hervé Proksch, Departementssekretär von FO Agriculture im Vaucluse, kämpfen sie darum, ihr Recht zu bekommen. Die ersten Entscheidungen des Arbeitsgerichts fallen zu ihren Gunsten aus. „In meinen 33 Berufsjahren habe ich noch nie einen Fall von solchem Umfang gesehen“, erklärt Hervé Proksch, Departementssekretär von FO Agriculture im Departement Vaucluse. Seit dem Spätsommer führt der Aktivist einen mittlerweile langwierigen Kampf, um die Rechte von zwanzig marokkanischen Saisonarbeitern durchzusetzen, die nach mehreren Monaten landwirtschaftlicher Arbeit von ihrem Arbeitgeber, der SAS de Rigoy, immer noch nicht bezahlt wurden…“ franz. Beitrag von Chloé Bouvier vom 6. Februar 2024 bei der FO externer Link, siehe mehr darüber:

  • Vaucluse: Marokkanische Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber abgezockt
    franz. Bericht vom 10.12.2023 in bladi.net externer Link
  • Ohne Wasser, ohne Strom: Marokkanische Arbeiter klagen gegen Ausbeutung
    In Frankreich warten 17 marokkanische Feldarbeiter auf das Gerichtsurteil gegen ihren Arbeitgeber. Die Anklage lautet auf Menschenhandel mit dem Ziel der Ausbeutung. Kein Einzelfall, wie Gewerkschaften bestätigen. „Wenn wir wenigstens unsere Familien sehen könnten!“, seufzt Driss Et-Tazy. Der Marokkaner lebt seit vergangenem Mai von den Seinen getrennt. Wobei „leben“ etwas viel gesagt ist. Et-Tazy und 16 Arbeitskollegen, alle aus dem Nordosten Marokkos in die Provence gekommen, um Feldarbeit zu leisten, fristen ihr Dasein ohne Privatsphäre und ohne Küche, ohne Wasser und Strom. Eine benachbarte Agrargenossenschaft hilft so weit es geht aus (…) Die 17 leben in einem Gebäude, das für eine kleine Familie gedacht ist. All dies mindestens noch bis Ende April – dann soll ein Gericht in Avignon einen Grundsatzentscheid in ihrer Angelegenheit fällen. Ihre Angelegenheit, oder soll man sagen ihre Geschichte, ist leider verbreiteter, als man meinen würde. Im vergangenen Jahr wurden die 17 in ihren Heimatorten in der marokkanischen Provinz Taza von einem Franzosen angeworben. Um die Reise und die – in Frankreich immer sehr aufwendigen – Formalitäten zu erledigen, musste jeder mehrere Tausend Euro aufbringen. Sie verkauften dafür Autos oder mehrere Tiere, nahmen auch Kredite auf. Hoch verschuldet, begannen sie, ab Mai 2023 für einen Grundbesitzer in der provenzalischen Gemeinde Malemort-du-Comtat zu arbeiten. Wir sammelten bis im Oktober Spargel, Zucchinis, Kirschen und dann Trauben“, erinnert sich Driss Et-Tazy. Geld sahen sie in dieser Zeit nie. Der Arbeitgeber erklärte gegenüber dem lokalen Fernsehsender France-Bleu, er könne die Saläre nur per Banküberweisung auszahlen, doch das sei unmöglich, da maghrebinische Saisonarbeiter in Frankreich kein Konto eröffnen dürften. Das sei ein „Vorwand“ gewesen, um nicht zu zahlen, meint Hervé Proksch von der Gewerkschaft Force Ouvrière (FO). Gebeten, sich um den Fall zu kümmern, gelangte er an die Prud’hommes in Avignon. Dieses arbeitsrechtliche Schiedsgericht behandelt nun nacheinander jeden einzelnen der 17 juristisch teils unterschiedlichen Fälle. In den fünf ersten Dossiers hat es den Früchte- und Gemüseproduzenten verurteilt, den Arbeitern bis zu 8000 Euro zu bezahlen. Erhalten haben sie bisher nur einen Bruchteil. Denn ihr Arbeitgeber hat sich inzwischen für zahlungsunfähig erklärt. (…)
    Gefragt, ob das Schicksal dieser Arbeiter auf den reichen Feldern der Provence einen Einzelfall darstellt, verneint Proksch. Er fügt an, er habe in 30 Jahren noch nie ein so geballtes Maß an Ausbeutung erlebt. Dass von den 30 000 mehrheitlich marokkanischen Feldarbeiter:innen in Südfrankreich einzelne nicht oder schlecht bezahlt würden, käme immer wieder vor, und zwar vor allem im Gemüseanbau und der Forstwirtschaft. Meist handelten spanische Interimsagenturen dem Gesetz zuwider. Dass ein französischer Landwirt eigenhändig gleich 17 Arbeiter ins Land locke, ohne sie zu bezahlen, sei aber ein Novum. Es zeugt auch vom zunehmenden Mangel an Arbeitskräften in der französischen Landwirtschaft – und von der Verwilderung der Arbeitssitten. (…)
    Ein anderer Gewerkschafter, Jean-Yves Constantin von der CFDT, erklärt im Gespräch, dass das erwartete Urteil von großer Bedeutung sei, da ihm Präzedenzwirkung zukomme. Denn er ist sich sicher: „Diese Art von Behandlung ist leider am Zunehmen.“ Für die betroffenen Marokkaner sei die Situation materiell, aber auch mental eine große Belastung, da die Saisoniers oft auch noch verschuldet seien. „Sie haben das Gefühl, die Hoffnung ihrer Familien, für die sie aufkommen, enttäuscht zu haben.“
    In Marokko selbst stößt das harte Los der 17 Feldarbeiter auf weite Beachtung. Onlineportale wie bladi.net berichten ausführlich. Vielleicht auch, weil Fälle schlechter Behandlung marokkanischer Saisonarbeiter in Frankreich bisher seltener waren als auf spanischen Feldern. Dafür sorgte bisher auch das französische System der Arbeitsinspektion und -justiz, die dem Gesetz zur Durchsetzung verhelfen…“ Artikel von Stefan Brändle vom 26.02.2024 in der FR online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=218539
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