DGB (Niedersachsen) startet Aufklärungsreihe zum #noAfD-Programm
Dossier
„Nur zu gerne inszeniert sich die AfD als Partei, die die Interessen der Beschäftigten im Blick hat. Wer sich ihre Programmatik zu Gemüte führt, kommt zu einem anderen Schluss. Ihre Steuerpolitik ist ein lupenreines Umverteilungsprogramm von unten nach oben, mit entsprechenden Folgen. (…) Die AfD möchte den Solidaritätszuschlag komplett abschaffen, ein Familiensplitting einführen und die kalte Progression automatisch abbauen. (…) Nach den steuerpolitischen Vorstellungen der AfD sollen sowohl die Grundsteuer als auch die Erbschafts- und Schenkungssteuer ersatzlos gestrichen werden. Ebenso ist eine Abschaffung der Gewerbesteuer geplant, von einer Neuauflage der Vermögenssteuer wird selbstverständlich abgesehen. In Summe lassen sich diese Maßnahmen nur als ein Akt radikaler Reichenpflege interpretieren…“ #schlaglicht 05/2024 des DGB Niedersachsen vom 08.02.2024 zum Teil I: Steuerpolitik und nun weitere:
- Die AfD und das kollektive Arbeitsrecht: Mitnichten eine Arbeiterpartei
„Die polarisierten Debatten um die Triggerpunkte unserer Zeit lassen die Arbeitswelt nicht unberührt – im Gegenteil: Auch in den Betrieben gibt es Versuche, wirtschaftliche Unsicherheit, Migration und gesellschaftspolitische Themen gezielt zur Spaltung zu nutzen. Auf der parteipolitischen Ebene findet diese Entwicklung ihre Entsprechung im Erstarken der AfD, die sich um einen Anstrich als Partei der kleinen Leute bemüht. Dass dieses Bild den tatsächlich vertretenen Positionen der Partei nicht entspricht, ist für wichtige Themen des Sozialstaats wie der Rente, das Wohnen oder der Absicherung bei Erwerbslosigkeit bereits aufgedeckt worden. Für das kollektive Arbeitsrecht steht aber eine eingehende Analyse noch aus. (…) Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass eine Umsetzung der kollektivarbeitsrechtlichen Vorschläge der AfD die Machtressourcen der Lohnabhängigen insbesondere auf der überbetrieblichen Ebene angreifen und schwächen würde. Im Falle einer Regierungsbeteiligung der AfD wäre mit Einschränkungen im Streikrecht, einer Aufweichung der Tarifautonomie, erschwerten Bedingungen für Gewerkschaften und Druck auf die betriebliche Mitbestimmung zu rechnen. Bereits jetzt versucht die Partei mit ihren verbalen Angriffen auf Gewerkschaften, engagierte Betriebsräte, Streikbewegungen und wirtschaftsdemokratische Forderungen, die öffentliche Meinung negativ zu beeinflussen und die Kooperations- und Diskursmacht von Lohnabhängigeninteressen zu schwächen. (…) Zwar versucht die AfD – und das mit derzeit großem Erfolg – Lohnabhängige anzusprechen, jedoch zielen ihre Forderungen faktisch darauf ab, die Gegenmachtressourcen der Lohnabhängigen zu demobilisieren. Die Partei setzt darauf, mit pseudo-kulturkämpferischen Positionen gegen „abgehobene Eliten“, Gendersternchen und „Klimakleber“ Menschen abzuholen, die mit der gegenwärtigen wirtschafts- und sozialpolitischen Lage in Deutschland unzufrieden sind. In dieser Weise geht sie auch gegen Gewerkschaften vor, wenn sie ihnen vorwirft, sich nicht mehr um die Interessen der Arbeitnehmer*innen zu kümmern. Die gegebenen Machtverhältnisse im Wirtschaftsleben will die Partei hingegen nicht zugunsten der Arbeitnehmerseite verändern. Ganz im Gegenteil. (…) Einige ihrer Vertreter stellen ihren Wortmeldungen zwar die Bedeutung von Mitbestimmung und Tarifautonomie voran. Wenn es konkret wird, richten sich die Forderungen der Partei unter dem Strich aber auf eine Schwächung der Machtressourcen der Beschäftigten. Denn Betriebsräte werden sehr betriebsfriedlich und die Ausübung von Arbeitnehmerrechten wird nur im Rahmen der wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens gedacht. Der Aktionsradius der Betriebsräte soll auf den eigenen Betrieb eingegrenzt werden, was ihre strukturelle Macht beschränkt. Gewerkschaften werden im Betrieb als Fremdkörper gesehen. Die Stärkung der Mitbestimmung vor dem Hintergrund der Transformationsprozesse wird abgelehnt, stattdessen werden unternehmernahe Vorschläge wie Mitarbeiterbeteiligungen gemacht. Auch im Bereich des Tarifrechts werden Grundsätze wie die Tarifautonomie gelobt. Aber auch hier erfolgt die Positionierung im konkreten Fall genau entgegengesetzt. Die Tarifautonomie wird in Stellung gebracht gegen Arbeitnehmerrechte wie eine Mindestvergütung für Auszubildende oder eine Erhöhung des Mindestlohns. Ihre Stärkung, etwa durch die erleichterte Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, wird abgelehnt. Außerdem wird vorgeschlagen, Betriebsräten die Fähigkeit zu geben, Tarifverträge abzuschließen. Dies wäre ein Bruch mit den bestehenden Strukturen des Arbeitsrechts und würde branchenweiten, betriebsübergreifenden Tarifverhandlungen, der zentralen Errungenschaft der Arbeiterbewegung, den Wind aus den Segeln nehmen. Die Ausübung des Streikrechts, die wesentliche Quelle jeglicher kollektiver Macht der Lohnabhängigen, soll eingeschränkt werden. Zusammenfassend zeigt die Analyse der konkreten Positionen, die von exponierten Vertreter*innen der AfD zum kollektiven Arbeitsrecht werden, dass es sich mitnichten um eine Arbeiterpartei handelt…“ Aus dem 43-seitigen HSI-Working Paper Nr. 20 von Michael Barthel vom November 2024 beim Hugo Sinzheimer Institut - #noAfD-Programm Teil III: Gesellschaftspolitik („Es ist ein reaktionäres Gebräu“)
„Hat die AfD schon auf den Gebieten der Steuerpolitik und der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik keine Lösungskompetenz, so sieht das bei ihren gesellschaftspolitischen Plänen nicht besser aus. Im Gegenteil: Ihr Programm ist ein misogynes, homophobes und rassistisches Sammelsurium der Ausgrenzung, zeigt das #schlaglicht 07/2024 aus Niedersachsen.
Sag mir, du verachtest Frauen, ohne es umständlich zu verbergen. Mit diesem Vorsatz im Gepäck ist der AfD-Spitzenkandidat für die im Juni stattfindende Europawahl beim jüngst abgehaltenen Politischen Aschermittwoch seiner Partei ans Mikrofon getreten. Die Botschaft ließ keinen Raum für Interpretationen offen: „Liebe Frauen, bleibt Frauen – zur Weiblichkeit gehört auch Mutterschaft dazu.“ Keine Satire. Diese und ähnliche Aussagen setzen den Ton für die gesellschaftspolitischen Vorstellungen der AfD. Es ist ein reaktionäres Gebräu…“ #schlaglicht 07/2024 vom 22.02.2024 bei DGB Niedersachsen - #noAfD-Programm Teil II: Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik
„Mit markigen Sprüchen und scharfer Rhetorik tritt die AfD nur zu gerne in Erscheinung. Damit versucht sich sie sich als Partei in Szene zu setzen, die stets die Interessen einer breiten Mehrheit adressiert. Ein Blick hinter die Worthülsen bringt jedoch Anderes zutage: In der Steuerpolitik betreibt sie Neoliberalismus in Reinform, wie das #schlaglicht bereits analysiert hat. Hat die selbsternannte Alternative auf dem für abhängig Beschäftige so wichtigen Feld der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik nun mehr zu bieten? Klare Antwort: Nein!
Verhältnis zum Mindestlohn entlarvend
Über Jahre haben sich vor allem die Gewerkschaften für die Einführung und dann die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro eingesetzt. Als Erfolg ist der Niedriglohnsektor zuletzt deutlich geschrumpft (siehe Grafik). Zwar spricht sich auch die AfD für die gesetzliche Lohnuntergrenze aus, doch ist dieses Bekenntnis nur taktischer Natur. Eine konkrete Zielgröße wird von ihr nicht genannt. Obwohl die Inflationsraten 2022 sehr hoch waren, hat die Partei der Mindestlohn-Anhebung auf 12 Euro im Bundestag mit Verweis auf die „Marktkräfte“ nicht zugestimmt. Stattdessen wird die Lohnschranke als Schutz gegen „Massenmigration“ rassistisch geframed, um den Konflikt zwischen Arbeit und Kapital zu kaschieren.
Von Guter Arbeit fehlt jede Spur
Nicht besser wird es beim Thema Gute Arbeit, deren Wesensmerkmal Tarifverträge sind. Über Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung schweigt sich das AfD-Programm sorgsam aus. Noch schlimmer: In Baden-Württemberg hat die Partei einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, um die Tariftreue für Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen wieder aufzuheben. Letztlich sollen kollektive Regeln verdrängt und die Beschäftigten dem freien Markt einzeln ausgeliefert werden.
Arbeitslose und Bürgergeld als Feindbilder
Auf dem Feld der Sozialpolitik schlägt die AfD radikale Töne an. Sie geißelt das Bürgergeld, will dessen Höhe beschneiden und bedient sich dafür des längst widerlegten Mythos von der nicht mehr lohnenden Arbeit. Arbeitslose, die das Existenzminimum länger als sechs Monate beziehen, sollen nach dem Willen der Partei zur „Bürgerarbeit“ zwangsverpflichtet werden. Bei Weigerung soll es nur noch Sachleistungen geben. Eine gezielte Demütigung, die auf plumpen Stereotypen beruht.
Absicherung im Alter stark gefährdet
Lösungsansätze in der Rentenfrage bleiben die Rechten ebenfalls schuldig. Wer fünfundvierzig Beitragsjahre gesammelt hat, kann nach ihren Plänen abschlagsfrei in Rente gehen. Da die meistenBeschäftigten so viele Jahre bis zur Regelaltersgrenze aber nicht zusammen haben, heißt es entweder länger arbeiten oder Rentenkürzung. Und wenn – wie offenbar geplant – Millionen von Menschen vertrieben werden sollen, dann folgt aus weniger Rentenbeiträgen zwangsläufig ein sinkendes Rentenniveau. An dessen Stelle soll mehr individualisierte Privatvorsorge, sprich Entsolidarisierung, treten…“ #schlaglicht 06/2024 vom 15.02.2024 bei DGB Niedersachsen . Siehe auch: - AfD – Der Feind der Beschäftigten
„Eine Partei der „kleinen Leute“ will die AfD sein, gar eine „Arbeiterpartei“. Doch sie vertritt in vielen Politikbereichen nicht die Interessen der Beschäftigten – oder hat schlicht keine Konzepte und Lösungen für sie. Gute Löhne, sichere Arbeit, bezahlbare Wohnungen, gute Bildung und Sicherheit im Alter – das sind zentrale Eckpfeiler für ein sicheres und planbares Leben. Ein finanziell gut aufgestellter Sozialstaat und Gewerkschaften, die die Interessen der Beschäftigten durchsetzen, sind dafür Voraussetzung. Von der AfD haben Beschäftigte jedoch in allen Bereichen nichts zu erwarten. Im Gegenteil: Die Politik der selbsternannten „Alternative“ weist bei fast allen diesen Punkten Leerstellen auf…“ DGB-Beitrag vom 16.02.2024
Siehe auch unser Dossier: „Zuspruch der Arbeiter für die AfD unterschätzt“ – der DGB will dagegen v.a. die Politik in die Pflicht nehmen für soziale Sicherheit und Mitbestimmung…