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Tarifrunde 2023 der GDL mit Deutsche Bahn AG
Dossier
„… Die GDL hat fünf zentrale Forderungen für die Tarifrunde 2023 aufgestellt, die für fünf Beschäftigtengruppen umgesetzt werden sollen („Fünf für Fünf“). Das sind Arbeitnehmer beim Netzbetrieb, der Netzinstandhaltung, der Fahrzeuginstandhaltung, des Zugpersonals sowie Auszubildende. Die zentralen Forderungen lauten: 1) 555 Euro allgemeine Entgelterhöhung sowie eine entsprechend deutliche Entgelterhöhung für Azubis und Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit (zum Beispiel der Nachtarbeitszulage) um 25 Prozent. 2) Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung. 3) Zusätzlich: steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro, unabhängig ob Teilzeit- oder Vollzeitarbeitnehmer. 4) Fünf Prozent Arbeitgeberanteil für die betriebliche Altersvorsorge. 5) Einführung der Fünf-Schichten-Woche für Arbeitnehmer im Schichtdienst. Die Laufzeit soll maximal zwölf Monate betragen…“ Aus der Pressemitteilung der GDL vom 06. Juni 2023 , siehe dazu Infos und Hintergründe:
- 77 Prozent der GDL-Mitglieder in der Urabstimmung für den Tarifabschluss mit DB trotz oder wegen der „willkürlichen Anwendung des TEG“, die viele ausschließt
„Zustimmung zum historischen Tarifabschluss – aber Wut auf die DB AG, die den GDL-Mitgliedern unter willkürlicher Anwendung des Tarifheinheitsgesetzes tarifliche Rechte vorenthält. Das ist das Ergebnis der zweiten Urabstimmung nach der Tarifrunde 2023/2024. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis der Urabstimmung, denn es zeigt klar und deutlich die Stimmungslage unserer Mitglieder auf: Einerseits herrscht große Freude über einen historischen Tarifabschluss, der vor allem mit der schrittweisen Einführung der 35-Stunden-Woche über den Eisenbahnbereich hinaus starke Strahlkraft auch auf andere Branchen hat. Andererseits sind die GDL-Mitglieder wütend auf den Arbeitgeber DB, der ihnen diese tariflichen Verbesserungen durch die willkürliche Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) eiskalt vorenthält“. Mit diesen Worten kommentierte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, das Ergebnis der zweiten Urabstimmung bei der DB AG, der Transdev GmbH und acht Personaldienstleistern, das heute in Frankfurt am Main ausgezählt wurde. Für die Annahme des Tarifabschlusses votierten 77 Prozent der GDL-Mitglieder bei der DB, 88 Prozent in den Transdev-Unternehmen und 96 Prozent bei den Personaldienstleistern.
Willkürliche Anwendung des TEG
Die DB ist der einzige Arbeitgeber, der das TEG anwendet. Tendenziös, wider besseren Wissen und trotz vorhandener Mehrheiten haben die Manager eindeutig der GDL zugehörige Betriebe der evg zugeordnet und den GDL-Mitgliedern damit ihre tarifvertraglichen Rechte entzogen. „Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner der DB AG sind frustriert, weil sie an den Errungenschaften, die die GDL für ihre Mitglieder erkämpft hat, nicht teilhaben dürfen,“ so Weselsky. „Für jene, die fälschlicherweise den Betrieben der anderen Gewerkschaft zugeordnet wurden, gibt es weder eine Arbeitszeitabsenkung noch eine Entgelterhöhung und vor allen Dingen keine Planungssicherheit zu Ruhetagen und Urlaubszeiten. Dieser unhaltbare Zustand muss beendet werden.“ (…) Das TEG hat die Situation nicht befriedet, sondern die Auseinandersetzungen noch verschärft. Statt Einigkeit in den Betrieben sorgt es für Kampf, Unruhe und Demotivation, bis hin zur inneren Kündigung der Beschäftigten. Die von der GDL eingeleiteten juristischen Schritte zur Ermittlung der tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse brauchen unendlich viel Zeit. Parallel dazu hoffen zehntausende Eisenbahnerinnen und Eisenbahner darauf, dass nun eine gesellschaftliche Diskussion über die Sinnhaftigkeit des eindeutig gescheiterten und tendenziös von der DB AG angewendeten TEG einsetzt…“ GDL-Pressemitteilung vom 25. April 2024 („Zweite Urabstimmung Deutsche Bahn, Transdev, Personaldienstleister: Zustimmung für historischen Tarifabschluss – massiver Unmut über DB“) - „Das Kleingedruckte im GDL-Tarifvertrag birgt Risiken und Nebenwirkungen“ – und einige weitere Kommentare/Bewertungen
- Licht und Schatten beim GDL-Tarifabschluss: Bei der Urabstimmung mit Nein stimmen – Für kämpferische Gewerkschaften vernetzen
„…Eine der Kernforderungen der GDL wurde erfüllt, wenn auch über einen Zeitraum von fünf Jahren. So soll die Wochenarbeitszeit für im Schicht- und Wechseldienst arbeitendes Zugpersonal vom 01. Januar 2026 bis 2029 schrittweise von derzeit 38 auf 35 Stunden und für alle anderen im Schicht- und Wechseldienst arbeitenden Eisenbahner*innen von 39 Stunden auf 36 Stunden ohne Lohnverlust abgesenkt werden. Zukünftig wird es für sie außerdem eine Fünf-Tage-Woche geben und die jeweils maßgebliche Referenzarbeitszeit soll von 2026 bis 2029 um drei Stunden für Schichtarbeiter*innen ohne Lohnverlust sinken. (…) Leider fällt ein großer Schatten auf die erreichte Arbeitszeitverkürzung. So erfolgt nur die erste „Stufe“ automatisch, ab 2027 sollen die Mitarbeiter*innen selber entscheiden, ob sie ihre Arbeitszeit verkürzen oder länger arbeiten wollen. Um die Mehrarbeit schmackhaft zu machen, sollen die Mitarbeiter*innen für jede Stunde Mehrarbeit 2,7 Prozent mehr Bruttolohn erhalten, sodass bei einer Wahl der maximal möglichen 40-Stunden-Woche insgesamt 14 Prozent mehr Bruttolohn möglich wären. Es ist absehbar, dass wegen der Personalknappheit der Druck auf die Kolleg*innen groß sein wird, länger zu arbeiten. (…) Beim Entgelt sieht es traurig aus. In der Summe erhöht sich dieses um 420 Euro brutto, wobei der erste Erhöhungsschritt mit 210 Euro am 1. August 2024 und der zweite mit 210 Euro am 1. April 2025 erfolgt. Die Auszubildenden erhalten jeweils die Hälfte. Ursprünglich hatte die GDL eine allgemeine Entgelterhöhung von 555 Euro (bei Azubis von mindestens 324 Euro) bei einer Laufzeit des Entgelttarifvertrages von maximal 12 Monaten gefordert. Stattdessen hat die Gewerkschaft gerade mal eine Entgelterhöhung von knapp 194 Euro (Azubis die Hälfte) auf zwölf Monate umgerechnet erzielt. (…) Der Entgelttarifvertrag läuft 26 Monate und endet am 31. Oktober 2025. Danach ist eine Friedenspflicht bis Ende Februar 2026 mit dem Ziel vereinbart, durch Verhandlungen ohne Streiks zu einem Ergebnis zu kommen. Sollte keins erzielt werden, dann soll eine Schlichtung eingeleitet werden. Über den Inhalt der Schlichtungsmodalitäten ist bisher nichts bekannt. (…) Deutlich geworden ist, dass wir transparente und demokratische Gewerkschaften brauchen, wo Entscheidungen unter Einbeziehung der betroffenen Kolleg*innen gemeinsam gefällt werden. Dies könnte während Streiks durch Streikversammlungen und Streikdelegiertenkonferenzen auf lokaler und Bundesebene gelingen. Diese Delegiertenkonferenzen sollten dann über jeden Schritt im Arbeitskampf entscheiden können und auch darüber, ob ein Angebot so gut ist, dass es in die Belegschaften zurück gekoppelt werden sollte. Dann sollten Abstimmungen in den Betrieben stattfinden, bevor es angenommen wird. (…) Es ist nötig, dass wir uns vernetzen, um einen anderen Kurs unserer Gewerkschaften zu erreichen. Bei der Bahn beschäftigte Sol-Mitglieder sind aktiv in der Bahnvernetzung von kämpferischen EVG- und GDL-Kolleg*innen. Diese trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat in Berlin und/oder online. Infos auf: www.bahnvernetzung.de.“ Beitrag von Ronald Luther vom 18. April 2024 bei Solidarität.info - »35-Stunden-Woche, aber nicht für alle « – GDL und DB haben sich geeinigt
„… Wie immer lohnt es, auf das Kleingedruckte zu schauen. Dies ist bei der Deutschen Bahn extrem schwierig, da die hochkomplexen Tarifwerke im Detail kaum zu überblicken sind und die Einigungsvereinbarung im Wortlaut nicht vorliegt. Somit muss ein Blick auf die zusammenfassenden Darstellungen von DB und GDL genügen.
Zunächst ist festzuhalten: Der GDL gelang auch diesmal keine Ausweitung der Geltungsbereiche ihrer Tarifverträge. Wie sie selbst einräumt, fehlte ihr »die Kraft«, dies zu erzwingen. Mit anderen Worten: Ihr fehlten dafür die Mitglieder. Die Expansionsstrategie der GDL ist seit 2021 nicht entscheidend vorangekommen. Damit bleibt es vorerst dabei, dass laut DB lediglich für 10.000 Beschäftigte in 18 Bahnbetrieben die Tarifverträge der GDL gelten. Für 180.000 Bahnbeschäftigte gelten hingegen die Tarifverträge der EVG. (…) Als Zugeständnis an die Bahn wurde vereinbart, dass mit Inkrafttreten der ersten Stufe der Arbeitszeitverkürzung zum 1. Januar 2026 ein bisher bestehendes zwölftägiges Urlaubswahlmodell entfällt und nur noch ein sechstägiges Urlaubswahlmodell bestehen bleibt. Mit anderen Worten: Die Kosten für den ersten Schritt der Arbeitszeitverkürzung, die Absenkung der jährlichen Referenzarbeitszeit von 52 Stunden (ca. eine Stunde weniger pro Kalenderwoche), werden durch den Wegfall von sechs zusätzlichen Urlaubstagen kompensiert (…)
Ein Vergleich des GDL-Abschlusses mit dem der EVG von 2023 (express 09/2023, S. 6-7) ist schwierig. Die Höhe der Inflationsausgleichprämie ist identisch. Bei den Entgelterhöhungen hat die GDL im Volumen zehn Euro mehr als die EVG vereinbart, dafür ist die Laufzeit aber auch einen Monat länger als im EVG-Tarifvertrag. Hinzukommt, dass die GDL dem Tarifvertrag der EVG »hinterherhinkt«. Sprich: Wenn im neuen GDL-Tarifvertrag die erste tabellarische Entgelterhöhung erfolgt, wird nach EVG-Tarifvertrag bereits die zweite Stufe bezahlt. Da das Ende der Laufzeit der EVG-Tarifverträge auch vor dem Auslaufen der GDL-Tarifverträge liegt, beginnt auch hier die nächste Tarifrunde früher. Sehr schwierig ist die monetäre Wirkung der von der GDL vereinbarten Wochenarbeitszeitverkürzung zu bewerten, da hier die auf Grund der Wahlmodelle der EVG bestehenden Möglichkeiten zur Arbeitszeitverkürzung gegengerechnet werden müssten und bis 2029 weitere Vereinbarungen folgen werden. Zudem hat die EVG für eine ganze Reihe von Beschäftigtengruppen zusätzliche strukturelle Erhöhungen vereinbart, die ebenfalls zu berücksichtigen wären. Abzuwarten bleibt nun, welche Schritte die EVG in der Arbeitszeitfrage geht. Dies wird wohl auch davon abhängen, wie die Resonanz innerhalb der Bahnbelegschaften auf den GDL-Abschluss ausfällt…“ Artikel von Heiner Dribbusch im express 4/2024 - Das Kleingedruckte im GDL-Tarifvertrag birgt Risiken und Nebenwirkungen
„Die GDL hat mit der 35-Stunden-Woche einen großen Erfolg errungen. Doch dem Tarifvertrag sind einige Stolperfallen eingeschrieben, auch gilt er nur für einen kleinen Teil der Bahn-Belegschaft. Künftigen Arbeitskämpfen bleibt viel zu tun.
Am 26. März endete einer der längsten Arbeitskämpfe bei der Eisenbahn in Deutschland. Durch mehrere Warn- und Erzwingungsstreiks zwischen November 2023 und Anfang März 2024 trotzte die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) der Deutschen Bahn AG eine Tarifvereinbarung zur Einführung der 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich ab. Damit ist der GDL gelungen, was zuvor nur die IG Metall und die IG Druck und Papier (heute ver.di) für wenige Industriebranchen erreicht hatten. Das ist ein großer, aber dummerweise nur symbolischer Erfolg. (…) Ob die Einführung der 35-Stunden-Woche bei der Deutschen Bahn einen arbeitsmarktpolitischen Effekt haben wird, weil sie den Lokführer-Beruf attraktiver macht, steht in den Sternen. Ebenso ist fraglich, ob sie auch in der betrieblichen Praxis zur Entlastung der Beschäftigten führen wird. Denn die Arbeitgeberseite hat einige Stolperfallen in den Tarifvertrag hinein verhandelt, die in der Öffentlichkeit überhaupt nicht als solche wahrgenommen oder dargestellt wurden. (…) Neben monetären Leistungen (dieser Teil des Tarifvertrags läuft bis Dezember 2025) wurde für Beschäftigte im Schichtdienst eine Option zur Arbeitszeitverkürzung vereinbart. Im Jahr 2026 sinkt die Wochenarbeitszeit (die Deutsche Bahn spricht von Referenzarbeitszeit) von derzeit 38 Stunden auf 37 Stunden, ein Jahr später auf 36 Stunden und 2028 auf 35,5 Stunden, um 2029 endlich 35 Stunden zu erreichen. Das alles geschieht ohne Entgeltkürzung. Auch dass die Wochenarbeitszeit nur stufenweise verkürzt wird, bricht dem Erfolg keinen Zacken aus der Krone. Problematisch ist jedoch, dass die stufenweise Absenkung bei der Deutschen Bahn nur im Jahr 2026 automatisch geschieht (also von 38 auf 37 Stunden). Die folgenden Zeitabsenkungen bis auf 35 Stunden im Jahr 2029 müssen die Beschäftigten selbst einfordern. Das könnte sich als Stolperfalle herausstellen, denn tun sie es nicht oder nicht rechtzeitig, bleibt ihre Arbeitszeit unverändert. Alle, die schon einmal in einem Betrieb gearbeitet haben, in dem Personalknappheit herrscht – und bei der Deutschen Bahn herrscht sogar Personalmangel – können sich leicht vorstellen, welchen Druck Führungskräfte dort auf ihre Untergebenen ausüben können, damit diese die Arbeitszeitverkürzung nicht einfordern. (…) Gleichzeitig sollen sie nach Wunsch sogar mehr arbeiten können (bis zu 40 Wochenstunden), wobei sie pro zusätzlicher Stunde 2,7 Prozent mehr Lohn erhalten. Die Deutsche Bahn spricht dabei von einem »Optionsmodel zur individuellen Wochenarbeitszeit«. Man muss das jedoch eher als einen Abbau kollektiver Gleichheit im Betrieb verstehen, nach dem Motto: »Jeder wird sich selbst der Nächste sein.« Wenn Beschäftigte zum Beispiel eine Absenkstufe überspringen, aber die nächste wieder voll in Anspruch nehmen wollen, dann werden sich diese zusätzlichen 2,7 Prozent als ein Schneewittchen-Apfel herausstellen – hübsch anzusehen, aber vergiftet. Die Arbeitszeitverkürzung führt plötzlich zur Entgeltkürzung um genau diesen Betrag. (…) Die GDL hat mit der Einführung der 35-Stunden-Woche bei der Deutschen Bahn einen symbolischen Erfolg eingefahren, aber einige Beschäftigte stehen jetzt vor einem tariflichen Scherbenhaufen. Auf die EVG, die als Einheitsgewerkschaft weit mehr Beschäftigte bei der Deutschen Bahn organisiert als die GDL, kommt deshalb eine Menge Arbeit zu. Ihre nächste Tarifrunde beginnt schon im April 2025.“ Artikel von Günter Regneri vom 8. April 2024 in Jacobin.de – wir haben einige weitere Kommentare/Bewertungen gesammelt: - GDL erstreikt 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich
„… Gegen alle Widerstände des Bahnvorstands und übelster medialer und politischer Hetze ist es der Gewerkschaft gelungen, nicht nur das Hauptziel durchzusetzen, die Absenkung der Arbeitszeit für Schichtarbeitende und den stufenweisen Übergang in die 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, sondern zudem noch akzeptable Entgelterhöhungen. Auch wenn die 35-Stundenwoche erst in 2029 endgültig erreicht sein wird, ist dies ein großer Erfolg, der ohne die Streiks nicht erreicht worden wäre. (…) Wenn das Bahnvorstandsmitglied Seiler jetzt davon schwärmt, dies gebe den Beschäftigten „den individuellen Freiraum, sich für das zu entscheiden, das am besten zu ihnen und ihrer Lebensphase passt“, dann stimmt das zwar – aber zur Wahrheit gehört, dass die GDL keineswegs eine „Arbeitszeitverkürzung“ gefordert hatte, „die allen zwangsweise übergestülpt wird“, wie Seiler unterstellt. Tatsächlich hat die GDL das Modell, das sie jetzt mit der DB vereinbart hat, bereits zuvor mit 29 kleineren Schienenverkehrsunternehmen abgeschlossen. Diese Flexibilität musste ihr also nicht mehr abgerungen werden. Entscheidend war für die GDL vielmehr das Ziel der 35 Stunden pro Woche als Regelarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich – wovon auch diejenigen etwas haben, die länger arbeiten wollen, weil sich die DB das jetzt etwas kosten lassen muss…“ Beitrag von H. S. aus Avanti Rhein-Neckar vom April 2024 dokumentiert am 02.04.2024 von ISO - Der GDL-Tarifabschluss und die Kriegspolitik der Regierung
„Der Tarifabschluss, den die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit der Deutschen Bahn AG vereinbart hat, unterstützt die Regierung dabei, die Kosten von Aufrüstung und Krieg auf die Arbeiterklasse abzuwälzen. Was GDL-Chef Claus Weselsky großspurig als Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich bezeichnet, ist in Wirklichkeit das Gegenteil: Reallohnsenkung und ein nach oben offener Arbeitszeitkorridor führen zu längeren Arbeitszeiten und schlechterer Bezahlung. (…) Für die ersten neun Monate – vom Vertragsende am 31. Oktober 2023 bis Ende Juli 2024 – hat die Gewerkschaft eine Nullrunde vereinbart. Hätte sie die ursprüngliche Forderung von 555 Euro monatlich durchgesetzt, hätte dies ein Einkommensplus von 4995 Euro bedeutet. Stattdessen wird in zwei Tranchen eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2850 Euro ausbezahlt. Diese Einmalzahlungen sind nicht tabellenwirksam, wirken sich also auf die zukünftigen tariflichen Entgelte nicht aus. Diese steigen während der Laufzeit von 26 Monaten nur um monatlich 420 Euro, aufs Jahr umgerechnet sind das 194 statt der geforderten 555 Euro. (…) Die Einführung eines so genannten Arbeitszeitkorridors in Verbindung mit der schrittweisen Absenkung der Referenzarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden zwischen 2026 und 2029 stehen in direktem Zusammenhang mit dieser Reallohnsenkung. Um über die Runden zu kommen, müssen Lokführer in Zukunft statt weniger länger arbeiten. Der anhaltende Kaufkraftverlust ihrer Einkommen wird sie zwingen, ihre Arbeitszeit trotz des wachsenden Arbeitsdrucks zu verlängern. Ältere Kollegen, die das nicht mehr schaffen, müssen sich mit einem niedrigeren Einkommen abfinden und stehen der Bahn im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit trotzdem weiter zur Verfügung. Die konservative Welt jubelt deshalb und schreibt: „Eine Reduzierung der Arbeitszeit wie jetzt bei der Deutschen Bahn erscheint in Zeiten von Arbeitskräftemangel fatal. Doch das greift zu kurz. Ein Blick auf Deutschlands wahre Probleme und nach Frankreich zeigt: Die 35-Stunden-Woche kann unter dem Strich sogar zu mehr Arbeit und Leistung führen.“ Das Springer-Blatt macht darauf aufmerksam, dass in Frankreich seit dem Jahr 2000 zwar offiziell eine 35-Stunde-Woche besteht, „de facto aber arbeiten die Franzosen mehr und effizienter als die Deutschen (1520 Stunden pro Jahr versus 1349).“ Begründung: „Denn die 35-Stunden-Woche ist dort, wie auch nun künftig bei der Bahn, keine Obergrenze.“ (…) Selbst nach Ablauf des Vertrags Ende 2025 haben sich GDL und Bahn für längere Zeit auf einen Streikverzicht verpflichtet. Sie haben für die folgenden beiden Monate eine Friedenspflicht vereinbart. Kommt es in dieser Zeit zu keiner Einigung, dürfen beide Parteien nicht das Scheitern erklären, sondern müsse eine Schlichtung prüfen. Auch in dieser Zeit herrscht Tariffrieden und damit Streikverbot…“ Artikel von Ulrich Rippert vom 29. März 2024 bei wsws - Tarifabschluss Deutsche Bahn und GDL: Die wichtigsten Bestandteile auf einen Blick
„Nach langer Streikauseinandersetzung ein Tarifabschluss zwischen Deutscher Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Darin enthalten ist die schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche bis Anfang 2029. Hier die wichtigsten Bestandteile auf einen Blick…“ Info-Grafik vom 26.03.2024 von und bei Reinhard Bispinck - Einigung mit der GDL: Das neue Tarif-Abkommen stärkt die Bahn sogar
„… Für die Bahn wird der Deal erstmal teuer. Aber mit Geld kann der Konzern ohnehin nicht umgehen, da muss man nur in die frisch gedruckte Jahresbilanz blicken (…) Den leidgestählten Fahrgästen ist eine zuverlässige Bahn sowieso wichtiger. Und hier könnte der Weselsky-Vertrag einen Beitrag leisten. Bis Ende des Jahrzehnts steckt die Bahn mitten in der Demografie-Falle: Sie ist auf jeden halbwegs motivierten Lokführer angewiesen. Der neue Tarifvertrag wertet deren Arbeit auf und schafft Anreize für Mehrarbeit. Trotz Gewerkschaftsbekundungen für eine 35-Stunden-Woche wird vermutlich kaum ein Lokführer der finanziellen Versuchung widerstehen: Bis zu 14 Prozent mehr Gehalt gibt es für fünf zusätzliche Wochenstunden. Bei längerer Anreise und Schichtarbeit gibt es noch was oben drauf – ein hübsches Zubrot.“ Kommentar von Artur Lebedew vom 26. März 2024 in der Wirtschaftswoche online
- Licht und Schatten beim GDL-Tarifabschluss: Bei der Urabstimmung mit Nein stimmen – Für kämpferische Gewerkschaften vernetzen
- Schrittweise Absenkung um 3 Stunden von 2026 bis 2029 ist kein „historischer Durchbruch“ (GDL) zur 35-Stunden-Woche, aber mind. 26 Monate Laufzeit könnten die Medienkrise verschärfen… (qualifizierte Bewertungen folgen)
„… Die zentralen Vereinbarungen
– Allgemeine Erhöhung der Monatsentgelttabellen um einen Festbetrag in Höhe von 210 Euro zum 1. August 2024 und um weitere 210 Euro zum April 2025, Erhöhung bei Auszubildenden und Studierenden zu den gleichen Zeitpunkten hälftig
– Erhöhung der dynamisierten Zulagen um jeweils vier Prozent zum 1. August 2024 und zum 1. April 2025
– Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie (IAP) in Höhe von 2 850 Euro (Teilzeitarbeitnehmer anteilig) und in Höhe von 1 425 Euro für Auszubildende und Dual-Studierende
– Fünf-Tage-Woche
Begrenzung der maximalen Länge von Arbeitsphasen von bisher 144 Stunden auf 120 Stunden ab 1. Januar 2025
– Schrittweise Absenkung der jeweils maßgeblichen Referenzarbeitszeit um drei Stunden von 2026 bis 2029 für Schichtarbeiter ohne anteilige Entgeltkürzung
– Zuschuss zum Deutschland-Ticket von monatlich 12,25 Euro
– Keine Ausweitung des Geltungsbereiches der GDL-Tarifverträge auf InfraGO AG und RegioNetz Infrastruktur GmbH
Die GDL konnte sich mit der Forderung, die bestehenden Tarifverträge für Netzbetrieb- und Netzinstandhaltung zu übernehmen, noch nicht durchsetzen. Sie wird dies in der kommenden Tarifrunde erneut auf die Agenda setzen.
– Anpassung Besondere Teilzeit im Alter
Die Besondere Teilzeit im Alter wird weiterhin mit dem Einstiegsalter von 59 Jahren beginnend fortgeschrieben. Dabei wird das Arbeitszeit-Soll auf 1 607 Stunden festgelegt (Wert der bisherigen 81 Prozent). Demnach sinkt das Arbeitszeit-Soll mit Absenkung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter nicht zusätzlich. Das Zugangsalter bleibt im Jahr 2024 zunächst bei 59 Jahren und wird dann in den Folgejahren bis 2030 pro Jahr um ein halbes Jahr angehoben.
Abwehr von Gegenforderungen
Die GDL konnte alle Gegenforderungen des Arbeitgebers abwehren. Dies betrifft unter anderem Arbeit in Arbeitszyklen (DB Cargo), Multifunktionales Transportpersonal (DB Cargo), Abwertung der Wochenendruhen, Erhöhung des Dispoanteils in der Monatsplanung, Anpassungen zum Jahresschichtrasterplan, Verrechnung von Minder- und Überstunden, Abfluss von Zeitguthaben aus dem Ausgleichskonto, Liquidation des FairnessPlan e. V.
Laufzeit
Die Laufzeit beträgt für die monetären Komponenten sowie die Regelung zur Fünf-Tage-Woche 26 Monate (bis 31. Dezember 2025). Alle weiteren Inhalte haben eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2028.“ Aus der GDL-Pressemitteilung vom 26.3.2024 (per e-mail)(„„Arbeitszeitungabsenkung und 35-Stunden-Woche: GDL gelingt beispielhafter Tarifabschluss“) – doch in der Tat, bei allen Abstrichen: Die GDL hat ihre zentrale Forderung nach 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich für SchichtarbeiterInnen durchgesetzt! Bewertungen, hoffentlich auch aus Kreisen der Betroffenen, folgen nach Ostern. - Unabhängig vom Stand der Geheimverhandlungen: Solidaritätserklärungen mit dem Kampf der GDL – für Arbeitszeitverkürzung wie auch das Streikrecht
- Erklärung der VKG: Solidarität mit dem Kampf der GDL
„Seit Monaten verhandeln GDL und DB über einen Tarifvertrag zur Anhebung der Entgelte und vor allem zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Kernstück ist die Forderung nach einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeitende bei vollem Lohnausgleich. Nicht nur sind diese Forderungen aufgrund der hohen Arbeitsbelastung mehr als gerechtfertigt: Sie sind auch deswegen richtig, weil für die dringend erforderliche Verkehrswende der Öffentliche Personen- und Güterverkehr ausgebaut werden muss und nur mit besseren Arbeitsbedingungen zusätzliche Arbeitskräfte zu gewinnen sind. Deswegen verdienen die Forderungen der GDL die volle Unterstützung durch die Öffentlichkeit und ganz besonders durch alle abhängig Beschäftigten. Der Kampf der LokführerInnen, ZugbegleiterInnen, FahrdienstleiterInnen, Fahrzeug- und NetzinstandhalterInnen usw. ist auch unser Kampf! Wir verurteilen die Hetze, die seit Monaten gegen die GDL und speziell ihren Vorsitzenden geführt wird. (…) Der Tarifkampf der GDL ist keine Angelegenheit einer einzelnen Person. Ganz offenkundig soll die Hexenjagd auf die GDL und speziell ihren Vorsitzenden vom berechtigten Anliegen der KollegInnen bei der Bahn ablenken und die GDL isolieren und niedermachen. Das mittelfristige Ziel ist es offensichtlich, die GDL politisch auszuschalten. Ein Teil dieser Bestrebungen sind die in letzter Zeit wieder verstärkt angestellten Überlegungen aus Politik und Medien, eine gesetzliche Einschränkung des Streikrechts einzuführen. (…) Vor diesem Hintergrund verurteilen wir die Distanzierungen seitens einiger Verantwortlicher aus den DGB-Gewerkschaften (allen voran seitens der IGM-Vorsitzende Christiane Benner). (…) Wir fordern alle Gewerkschaften im Land auf, aktive Solidarität mit den KollegInnen im Tarifkampf zu üben. In unseren Gewerkschaften werden wir uns genau dafür einsetzen.“ Erklärung vom 18. März 2024 bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften - Streiken – euer gutes Recht! Solidarität mit dem Arbeitskampf der GDL
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir, das „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“, möchten auf diesem Wege unsere volle Unterstützung für euren Arbeitskampf ausdrücken und wünschen euch alles Gute und maximalen Erfolg. Im Rahmen unserer Möglichkeiten wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass euer Kampf erfolgreich ist. Wir weisen alle Attacken auf die GDL und auf euren Vorsitzenden Claus Weselsky entschieden zurück. (…) Es geht daher bei eurem Arbeitskampf um eure Interessen, aber auch die der gesamten Gewerkschaftsbewegung. Wir setzen uns daher dafür ein, dass sich ver.di und die Gewerkschaften des DGB solidarisch an eurer Seite stellen. Insbesondere eine Koordinierung mit aktuellen Arbeitskämpfen wie im Luft- und Nahverkehr kann den Druck auf die Gegenseite nochmal erhöhen.
Aus unserer Sicht kann es ein wichtiger Schritt sein, wenn im Rahmen einer Konferenz Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftsübergreifend zusammen kommen, um der Propaganda der bürgerlichen Medien und Parteien Paroli bieten. Wichtig ist, dass jetzt nicht nur im Internet, sondern auch in der Öffentlichkeit mittels Plakaten, Flugblättern, Kundgebungen und Demonstrationen eine offensive Gegenkampagne gestartet wird, um die Ziele eures Arbeitskampfes zu erklären.
Euer Streik ist gerechtfertigt. Als Reaktion auf die Manöver der DB-Führung muss es weitere Arbeitskämpfe geben. Wir möchten euch dazu ermutigen, für eure ursprünglichen Forderungen zu kämpfen.
Die Frage, über die aber offen diskutiere werden muss, ist, wie man das Ziel am besten erreichen kann. Streiks an mehreren Tagen in Folge sind alternativlos. Nur so kann der Druck auf die DB-Führung gesteigert werden. Wir denken allerdings, dass die Idee, Arbeitskämpfe nicht mehr 48 Stunden vorher anzukündigen, in euren Reihen nochmal genau diskutiert werden sollte. Die Kundinnen und Kunden sind infolge des miserablen Zustands der DB und des gesamten Schienennetzes hochgradig genervt. Die Verantwortung liegt bei den etablierten Parteien und den Managern, die die Privatisierung und das Kaputtsparen der DB zu verantworten haben. Dennoch ist zentral, all jene, die auf die Bahn angewiesen sind, mit politischen Argumenten zu erreichen. Es ist auch wichtig, diesen Menschen die Chance zu geben, sich rechtzeitig um eine Alternative kümmern zu können. Über Strategien und Taktiken im Arbeitskampf sowie über den Verhandlungsstand in Streikversammlungen und auf Streikdelegiertenversammlungen ist unabdingbar, regelmäßig demokratisch zu diskutieren und abzustimmen.
Wir stehen an eurer Seite und wünschen euch weiterhin viel Kraft und Mut um diesen Kampf zu einem erfolgreichen Ende zu bringen!“ Erklärung des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di vom 12. März 2024
- Erklärung der VKG: Solidarität mit dem Kampf der GDL
- GDL meldet die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit DB: Einigung sei in Sicht, Streiks ausgesetzt, erneut Vertraulichkeit vereinbart – auch vor den GDL-Mitgliedern
„GDL und DB verhandeln wieder und erwarten in der nächsten Woche ein Ergebnis. Da Vertraulichkeit vereinbart, wird es keine öffentliche Kommunikation geben. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und die Deutsche Bahn (DB) verhandeln wieder: in kleinstem Kreis und hinter verschlossenen Türen. Die Verhandlungen sind intensiv, aber konstruktiv. Zu vielen Themen wurde eine Verständigung erreicht. Beide Parteien sind zuversichtlich, in der nächsten Woche ein Ergebnis mitteilen zu können. Die GDL sieht bis dahin von weiteren Streiks ab…“ GDL-Pressemitteilung vom 16. März 2024 („GDL und DB nehmen Verhandlungen wieder auf: Einigung in Sicht – keine weiteren Streiks“) - 35 Stunden sind gut: Warum die GDL recht hat
„… Mit kürzeren Arbeitszeiten hätte die Deutsche Bahn ein gutes Argument auf ihrer Seite. Die Arbeitszeitverkürzung wäre umsetzbar, das zeigt schon das Angebot der Bahn-Spitze, über die 36-Stunden-Woche reden zu wollen. Auch in anderen Branchen können kürzere Wochenarbeitszeiten sinnvoll sein. Der Personalmangel steht dem nicht entgegen, denn viele Menschen arbeiten in Bullshit-Jobs und verbringen zu viel Zeit in sinnlosen Meetings. Darüber sollte man ebenso reden wie über die Produktivität…“ Kommentar von Steffen Herrmann vom 14.03.2024 in der FR online - GDL-Streik: Zuverlässiger als die Deutsche Bahn. Nach Billigung des Bahnstreiks der GDL durch das ArbG, nun auch Abfuhr für DB durch das LAG Hessen
- „Gericht entscheidet zugunsten der GDL – Streiks sind rechtmäßig – Jetzt ist die DB am Zug“ – Kompromissfindung nur über neues Angebot
„Nachdem die Streiks der GDL auch in der zweiten Instanz für rechtmäßig befunden wurden, fordert die GDL die DB zur Vorlage eines verbesserten Angebots auf. Nur dies ermöglicht die Kompromissfindung am Verhandlungstisch. Nachdem das Arbeitsgericht Frankfurt am Main bereits am gestrigen Abend zugunsten der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) entschieden hatte, bestätigte nun auch das Landesarbeitsgericht Hessen die Rechtmäßigkeit der Streiks. Damit ist die Deutsche Bahn zum wiederholten Mal mit dem Versuch gescheitert, das legitime Recht der GDL zu untergraben und die Arbeitskampfmaßnahmen zum Stillstand zu bringen.
Kompromissfindung nur über neues Angebot
„Mit dem Urteil ist ein für alle Mal der Beweis erbracht, dass der Vernichtungsfeldzug des DB-Vorstands gegen die GDL nicht erfolgreich sein kann“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Die DB sollte damit aufhören, sich vor Gerichten eine blutige Nase zu holen, sinnlos Steuergelder zu verbrennen und die Kunden zu verprellen. Stattdessen ist der DB-Vorstand nun gefordert, ein neues, verbessertes schriftliches Angebot zu machen, denn nur das bringt die Konfliktparteien wieder zurück an den Verhandlungstisch und eröffnet die Chance für eine Kompromissfindung.“ Entscheidend und wegweisend sind hier die bereits erzielten Ergebnisse im Markt. Mit 28 Unternehmen und mithin für über 15.000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner gibt es entsprechende Kompromisse, die auch dazu geeignet sind, bei der DB eine Einigung zu erzielen. Es gibt im Übrigen keinen sachlichen Grund, warum die Deutsche Bahn, welche sich mit überbezahlten Vorständen in einer ungelösten und wachsenden Personalnot bewegt, dieses Marktniveau nicht annehmen will…“ GDL-Pressemitteilung vom 12. März 2024 - Nach Billigung des Bahnstreiks der GDL durch das ArbG: LAG Hessen verhandelt über Berufung der Bahn [und Politik hat das Streikrecht im Visier]
„… Der nächste Streik der Lokführergewerkschaft GDL kann wie geplant stattfinden. Die Bahn scheiterte mit einem Eilantrag vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Frankfurt am Main, womit sie den Streik untersagen lassen wollte (Beschl. v. 11.03.2024, Az. 12 Ga 37/24). (…)Die Bahn hatte im laufenden Konflikt schon einmal versucht, einen Arbeitskampf der GDL juristisch zu verhindern, war damit jedoch in zwei Instanzen gescheitert. Nach erneut ergebnislosen Verhandlungen hatte der Konzern die Gewerkschaft Ende vergangener Woche zu weiteren Gesprächen aufgerufen. Die GDL knüpfte diese an die Bedingung, dass die Bahn ein neues Angebot vorlegen müsse. Das Ultimatum der Gewerkschaft an die Führung des Konzerns war am Sonntagabend gerade etwas über zwei Stunden abgelaufen, da kündigte die GDL den neuerlichen Streik an. Hiergegen zog die Deutsche Bahn, vertreten von Thomas Ubber (Allen & Overy), abermals vor das ArbG Frankfurt und blieb wieder ohne Erfolg. (…) Auch wenn sich ein Bahnsprecher optimistisch zeigte und versprach, man würde nach Streikende am Mittwoch „sehr schnell zum Normalbetrieb übergehen und im Personenverkehr wieder das volle Programm für unsere Fahrgäste bieten“, steht vorher noch das Berufungsverfahren beim Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) an. (…) Die Gewerkschaft kämpft um höhere Gehälter und weniger Arbeitszeit bei der Bahn. Knackpunkt des Konflikts ist weiterhin die Forderung, dass Schichtarbeiter künftig für das gleiche Geld nur 35 Stunden statt wie bisher 38 Stunden arbeiten müssen. (…) Wirtschaftsminister Habeck kritisierte das Verhalten von Bahn und GDL in ihrem Tarifstreit (…) Die Streiks dürften nicht dazu führen, dass der Tarifstreit über Wochen auf dem Rücken von Fahrgästen und Wirtschaft ausgetragen werde. Von Seiten der Unionsfraktion im Bundestag wurde kürzlich eine mögliche Einschränkung des Streikrechts ins Spiel gebracht, insbesondere im Bereich der kritischen Infrastruktur.“ LTO-Meldung vom 12. März 2024 - Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat entschieden: Die Streiks der GDL sind verhältnismäßig, zulässig und rechtmäßig
„Die Deutsche Bahn ist erneut mit dem Versuch gescheitert, die Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vor Gericht verbieten zu lassen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies einen entsprechenden Antrag der DB am Abend des 11. März 2024 zurück. „Das Gericht hat es zum wiederholten Male bestätigt: Die Streiks der GDL sind verhältnismäßig, zulässig, rechtmäßig und somit geeignet, die berechtigten Forderungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mittels Arbeitskampf weiter zu verfolgen“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Wir hoffen insofern, dass das Landesarbeitsgericht Hessen die Rechtmäßigkeit unserer Arbeitskampfmaßnahmen bestätigt.“ GDL-Pressemitteilung vom 11. März 2024 - GDL-Streik: Zuverlässiger als die Deutsche Bahn
„Die Deutsche Bahn hatte noch versucht, ihn vor Gericht zu kippen, aber ohne Erfolg: Der sechste Streik in der aktuellen Tarifauseinandersetzung zwischen dem DB-Konzern und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) legte heute den Personen- und Güterverkehr in Deutschland grösstenteils lahm. Der GDL geht es vor allem um eine schrittweise Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Dazu kommen Forderungen nach mehr Lohn, einer Inflationsprämie und Verbesserungen im Schichtdienst.
Zuletzt kam die Bahn zwar bei der Wochenarbeitszeit der GDL-Forderung etwas entgegen, stellte dafür aber das einzige garantierte freie Wochenende der Beschäftigten in Frage. Für die GDL ein Affront. Die Gewerkschaft reagierte mit neuen Kampfformen: Statt Arbeitsniederlegungen wie bisher einige Tage vorher anzukündigen, streikt sie nun mit kurzer Vorlaufzeit. Vor diesem Hintergrund werden nun Forderungen laut, das in Deutschland ohnehin nicht sehr grosszügige Streikrecht einzuschränken (…)
Mit ihrer Geradlinigkeit ist die GDL auch manchen Kolleg:innen vom DGB ein Dorn im Auge, vor allem aber den Arbeitgebern und ihren Freund:innen in Politik und Medien. Unvergessen bleibt, wie die «Bild»-Zeitung 2014 Weselskys Telefonnummer veröffentlichte und ihre Leser:innen aufforderte, dem «Bahnsinnigen» die Meinung zu geigen. Der liess die Anrufe umleiten – zum damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn. Auch in der aktuellen Auseinandersetzung lassen viele Medien kein gutes Haar an Weselsky. In seiner Gewerkschaft aber geniesst er breite Unterstützung. Und ausschliesslich deren Mitgliedern, so betont er oft, fühle er sich verpflichtet.“ Artikel von Jan Ole Arps und Nelli Tügel am 12. März 2024 in der WoZ online
- „Gericht entscheidet zugunsten der GDL – Streiks sind rechtmäßig – Jetzt ist die DB am Zug“ – Kompromissfindung nur über neues Angebot
- Wenn der Bahnvorstand reden, aber nicht verhandeln will: Zeitversetzter 24h-Streik im Personen- und Güterverkehr zwischen Montag, 11.03., 18:00 und Mittwoch 2:00 Uhr
„Da der Arbeitgeber Deutsche Bahn (DB) die von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) gesetzten Frist, bis zum 10. März 2024, 18:00 Uhr, ein schriftliches Angebot zu unterbreiten, unverrichteter Dinge hat verstreichen lassen, setzt die DB die Provokation fort und zwingt die GDL unweigerlich und zum Leidwesen der DB-Kunden die Auseinandersetzung fortzuführen! (…) Für Weselsky steht fest: „Da der DB-Vorstand seit dem 19. Januar 2024 bis einschließlich heute kein neues Angebot unterbreitet hat, führt dies unweigerlich in den Arbeitskampf. Dies ist für die GDL das letzte Mittel, denn „Tarifautonomie ohne Streikrecht ist nichts Anderes als kollektives Betteln“ wie es das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 1980 zutreffend gesagt hat.“ Um ihren Forderungen den offensichtlich notwendigen Nachdruck zu verleihen, ruft die GDL-Mitglieder nun zum sechsten Mal
von Dienstag, den 12. März 2024, 2:00 Uhr, bis
Mittwoch, den 13. März 2024, 2:00 Uhr,
zu einem Streik auf. Der Streik im Güterverkehr wird bereits am Montag, den 11. März 2024, um 18:00 Uhr beginnen und wird bereits am Dienstag, den 12. März 2024, um 18:00 Uhr, enden.
(…) Wenn Ökonomen bereits jetzt feststellen, wie am 7. März in der Berliner Zeitung, dass die Kosten des Streiks bereits die Kosten einiger Einigung übersteigen. Es ist immer noch der Steuerzahler, der die Kosten pro Streiktag in Höhe von 25 Millionen Euro trägt. Damit kommt man schnell zu dem Schluss, dass dieser Bahnvorstand die Bevölkerung doppelt belastet, weil einerseits immer wieder Streiks provoziert und unverantwortlich, fast unbeirrt, Steuergelder der Bürger verbrannt werden.“…“ GDL-Pressemitteilung vom 10.3.2024 („Kein Angebot – DB setzt Provokation fort!“) - Bahnvorstand provoziert neue Streiks – Solidarität mit der GDL – ver.di und GDL könnten ihre Kräfte bündeln und gemeinsam in den Streik gehen…
„Am 1. März erklärte Klaus Wesselsky die Verhandlungen zwischen dem Vorstand der Deutschen Bahn und der GDL, nach einer knapp 4 wöchigen Streikpause, für gescheitert. (…) Dabei hat die GDL inzwischen mit 28 Bahnunternehmen Vereinbarungen erzielen können, die sowohl materiell wie auch in der Frage der Arbeitszeit Regelungen vorsehen. (…) Deswegen muss man sich fragen, was der Bahnvorstand da für ein Spiel treibt. Will er die GDL in die Knie zwingen um endlich eine kämpferische Gewerkschaft los zu werden? Fühlt der Bahnvorstand sich so stark, unterstützt von der Bunderegierung, die GDL zu zwingen auf ihre wichtigste Forderung zu verzichten? (…) ver.di und GDL hätten in den laufenden Tarifrunden die Möglichkeit ihre Kräfte zu bündeln und gemeinsam in den Streik zu gehen. (…) Kämpferische Gewerkschafter:innen sollten diese Gelegenheit nutzen und die Vorstände auffordern, gemeinsam zu kämpfen um ihre jeweiligen Ziele durchzusetzen.“ Kommentar von Helmut Born vom 5.3.2024 – wir danken! Siehe aktuell auch:- Tarifkonflikt DB AG: GDL lässt sich nicht provozieren!
„Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat am 7. März 2024 abermals von der Deutschen Bahn AG und ihrem Arbeitgeberverband AGV MOVE ein „sogenanntes neues Angebot“ erhalten. Die GDL hat das Schreiben analysiert und zu konstatieren, dass die Deutsche Bahn AG erneut Nebelkerzen zündet und damit den Konflikt unnötigerweise oder sogar bewusst verschärft. (…) Fakt ist, es liegt der GDL bis einschließlich dem 8. März 2024 kein neues und verbessertes Angebot vor, welches einen Ausstieg aus den Arbeitskampfmaßnahmen und ein Wiedereinstieg in die Verhandlungen rechtfertigen würde. (…) Für die GDL und ihre Mittglieder gibt es neben dem Nichterreichen der 35-Stunden-Woche eine ganze Reihe weiterer wichtiger Gründe, warum der Vorschlag der Moderatoren nicht für eine Einigung geeignet ist. (…) Die GDL wird sich jedoch von der Arbeitgeberseite nicht provozieren lassen. Sie hat die Deutsche Bahn AG deshalb aufgefordert, im Interesse ihrer Mitarbeiter und der Fahrgäste bis Sonntag, den 10. März 18:00 Uhr ein schriftliches Angebot zu unterbreiten.
Sollte bis dahin ein Angebot vorliegen, welches auf der bereits verankerten Marktreferenz basiert, steht die GDL ab Montag, dem 11. März, 13:00 Uhr zu Verhandlungen bereit. In diesem Fall werden wir auch die bereits angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen nicht durchführen.“ GDL-Pressemitteilung vom 8. März 2024 (per e-mail, noch nicht online), siehe für Details:- Moderatorenvorschlag ist kein Angebot. Informationen zum Moderatorenvorschlag am 7. März 2024 bei der GDL
- Das Problem der DB ist ihr Management. Martin Seiler muss weg!
„Ich unterstütze die GDL im Arbeitskampf gegen das DB-Management. Aus praktischen wie aus grundsätzlichen Überlegungen…“ Kommentar von Elmar Wigand vom 7. März 2024 bei der Aktion gegen Arbeitsunrecht - Deutsche Bahn: Streiken – jetzt erst recht!
Solidaritäts-Flugblatt der Sol vom 6. März 2024 mit dem GDL-Streik - In der GDL-Pressemitteilung vom 06. März 2024 („DB provoziert Verhandlungsabbruch und erneute Streiks“) stellt die GDL ihren Einigungsvorschlag und das letzte Angebot der Bahn tabellarisch gegenüber – wichtig als Faktencheck!
- Tarifkonflikt DB AG: GDL lässt sich nicht provozieren!
- „35 – die Zahl, die die GDL dem Bahnvorstand beibringen muss“ – mit 35 Stunden Streik von Donnerstag, 7. (2 Uhr) bis Freitag, 8. März 2024 (13 Uhr)
„Insgesamt vier Wochen wollten Deutsche Bahn und GDL hinter verschlosse-nen Türen verhandeln, um einen Abschluss in dieser Tarifrunde zu erzielen. Die Verhandlungen wurden vonseiten der DB allerdings zu keinem Zeitpunkt lösungsorientiert geführt. Die vermeintlich „enormen Zugeständnisse“ des Arbeitgebers sind wieder einmal mehr Schein als Sein und bedeuten bei nä-herer Betrachtung oftmals sogar eine Verschlechterung des Status quo. Da es der DB am Willen fehlte, die Verhandlungen mit guten Kompromissen zum Erfolg zu führen, hat die GDL die Verhandlungen vorzeitig beendet, das abermalige Scheitern erklärt und wird nun zu weiteren Streiks aufrufen. (…)
Die GDL weist ausdrücklich darauf hin, dass bei den nun folgenden Streikmaßnahmen voraussichtlich kein Notfallfahrplan gewährleistet werden kann und die Deutsche Bahn damit noch unpünktlicher wird, als sie ohne Streik schon ist. „Diese neue Eskalationsstufe hat der Bahnvorstand zu verantworten und nicht die GDL oder ihre Mitglieder,“ so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. (…)
35 – die Zahl, die die GDL dem Bahnvorstand beibringen muss
Die Forderungen der GDL nach einer 35-Stunden-Woche hat der Bahnvor-stand bis heute scheinbar nicht verstanden. Aus diesem Grund wird die GDL dem Management der DB diese Zahl ins Gedächtnis rufen – wenn es sein muss, immer und immer wieder. Daher wird der erste Streik nach dem erneuten Scheitern der Verhandlungen 35 Stunden dauern.
Die GDL ruft ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn von Donnerstag, 7. März 2024, 2:00 Uhr, bis Freitag, 8. März 2024, 13:00 Uhr, zu einem Streik auf. Der Streik im Güterverkehr wird bereits am Mittwoch, den 6. März 2024, um 18:00 Uhr beginnen und bereits am Freitag, den 8. März 2024, um 5:00 Uhr enden. Zu weiteren Streiks wird die GDL zunächst keine Informationen abgeben…“ GDL-Pressemitteilung vom 4.3.2024 („Kein Einigungswille, keine Kompromissbereitschaft: DB provoziert Verhandlungsabbruch und erneute Streiks“)(per e-mail. noch nicht online) - »Die Basis darf nur das Ergebnis abnicken«. Ein GDL- und ein EVG-Gewerkschafter über Möglichkeiten der Einheit unter Eisenbahnbeschäftigten
„[Der Streik bei der Deutschen Bahn wurde frühzeitig abgebrochen. Warum?]
Uwe Krug (GDL): Letztendlich steht in einem nicht öffentlichen Eckpunktepapier von GDL und Deutscher Bahn zur Wiederaufnahme der Verhandlungen nicht viel Neues drin, außer, dass über einen Tarifvertrag für Fahrdienstleiter gesprochen wird. Für eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit wollen sie uns immer noch zwölf Urlaubstage wegnehmen. Wir haben gestreikt, um unsere Forderungen durchzusetzen. Nicht, damit es eine Schlichtung ohne Schlichter gibt. Wo wir noch nicht einmal wissen, was da besprochen wird.
[Sie kritisieren die Geheimverhandlung?]
Krug: Klar. Mit der GDL und der DB ist es wie in einer Ehe: Gibt es Streit zwischen den Partnern, können wir Kinder machen, was wir wollen. Aber wenn die Eltern sich wie jetzt wieder einigen, haben die Kinder still zu sein. Wir sind nur das Stimm- beziehungsweise Streikvieh für die Verhandlungsleitung der GDL und durften nicht über den Abbruch des Streiks mitbestimmen. Ich gehe davon aus, dass es im März einen Abschluss geben wird. Weil es auch sehr schwierig werden wird, nach einer so langen Pause die Streikmaschinerie wieder hochzufahren.
Lars Lux (EVG)*: Ich denke, wenn die Bahn Zugeständnisse bei einem Tarifvertrag für Fahrdienstleiter macht, wird die GDL die restlichen Ziele fallen lassen.
[Aber gab es bei der GDL nicht eine Urabstimmung für unbefristete Streiks?]
Krug: Bei der GDL, aber auch der EVG heißt Urabsimmung, dass der Vorstand einen Freibrief bekommt. Sie rufen zum Streik auf und brechen ihn ab, wie sie wollen. Wir haben in Berlin viel über ein Streikmodell diskutiert, wo wir zwei Tage streiken und einen Tag arbeiten würden. Die Basis hat keine Macht, um über den Streik zu entscheiden. Sie dürfen nur das Ergebnis abnicken. (…)
[Sie arbeiten beide für die S-Bahn Berlin. Aber Sie sind in zwei Gewerkschaften und streiken nicht zusammen. Warum?]
Krug: Wir arbeiten zusammen, gehören aber zu zwei unterschiedlichen DB-Unternehmen, weil die Bahn vor Jahren in Hunderte Unternehmen zerschlagen wurde. Jetzt spaltet sich die Belegschaft aber auch noch mal in unterschiedliche Gewerkschaften. Wir arbeiten zusammen, aber fordern und streiken nicht zusammen. Das ist ein großes Problem.
Lux: Ja. Weil wir nie zusammen streiken, kann sich der Bahnvorstand immer sicher sein, dass es genügend Streikbrecher gibt. Die GDL ruft uns EVG-Mitglieder jetzt explizit nicht zum Streik auf, was zu Verunsicherung bei den EVG-Kollegen führt, ob sie mitstreiken dürfen oder nicht. Die EVG sitzt den Streik einfach aus und sagt: wir beteiligen uns nicht. (…)
Lux: Das ist wie im Supermarkt: du nimmst das beste Angebot. Und das ist in vielen Punkten die GDL. Aber bei mir im Stellwerk ist historisch die Mehrheit bei der EVG. Und die EVG ist gesellschaftspolitisch auch fortschrittlicher, was sie für viele junge Kolleg*innen interessanter macht. Um die Gräben zwischen den Gewerkschaften zu überwinden, haben wir die »Bahnvernetzung« gegründet…“ Interview von Simon Zamora Martin vom 28.01.2024 in ND online mit Uwe Krug (GDL) und Lars Lux (EVG), beide bei der »Bahnvernetzung« mit Ausführungen zu dieser – siehe auch Bahnvernetzung: Gemeinsame Initiative von klassenkämpferischen KollegInnen aus EVG und GDL- Und darin auch zum Personenkult um Weselsky:
„… Krug: Klar streikt die kleine GDL mehr als die EVG, die ganz im Geiste der Sozialpartnerschaft lieber leise mit der Bahn verhandelt. Claus Weselsky ist wegen seiner direkten Sprache sehr beliebt. Wenn er zum Beispiel vom Bahnvorstand als »Nieten in Nadelstreifen« spricht, die nur tricksen, täuschen und sich die Taschen füllen. Aber letztendlich ist das eine populistische Sozialpartnerschaft.
Lux: Der »große Claus« kritisierte zu Recht scharf, dass sich der Bahnvorstand in der Pandemie dicke Prämien auszahlte, während wir auf Lohnerhöhungen verzichten mussten. Aber jetzt kam heraus, dass sein potenzieller Nachfolger, Mario Reiß, im Aufsichtsrat für die Prämien der Vorstände stimmte!
Krug: »Die dreckigen EVGler haben für die Prämien gestimmt«, hieß es damals bei uns in den unteren Ebenen der GDL. Dabei war es das Aufsichtsratsmitglied der GDL!
[Gibt sich die GDL nach außen radikaler, als sie eigentlich ist?]
Krug: Weselsky benennt das Problem, warum unsere Bahn so kaputt gemacht wurde: die Kürzungen und Privatisierungen …
Lux: Andererseits treibt er die Privatisierungen selber voran! Mehr Privatbahnen sind mehr Tarifpartner für die GDL.
Krug: Ja, und jetzt hat die GDL mit »Fairtrain« sogar ein eigenes Bahnunternehmen gegründet...“ - Im Gespräch geht es auch um Fairtrain – siehe unser Dossier: GDL macht mit Fair Train e.G. auf Sklavenhändler
- Und darin auch zum Personenkult um Weselsky:
- DB‑Personalvorstand Martin Seiler: „Endlich wird wieder verhandelt“ (!) – ab dem 5. Februar mit Friedenspflicht bis zum 3. März, Bahnstreik endet Montagmorgen
- Bewegung im Tarifstreit: Bahnstreik endet vorzeitig in der Nacht zu Montag
„Die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL wollen ab dem 5. Februar weiter verhandeln. Der Bahnstreik endet daher bereits am frühen Montagmorgen. Bis Anfang März solle eine Einigung erzielt werden, so die Bahn. Der Streik der Lokführer im Personenverkehr der Deutschen Bahn endet vorzeitig am Montag um 2 Uhr früh. Der Streik war ursprünglich bis Montagabend 18 Uhr angekündigt gewesen und hatte vergangenen Mittwoch begonnen. Güterzüge sollen bereits wieder ab 18 Uhr am Sonntag fahren. Die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL wollen ihre Verhandlungen nach Angaben des Konzerns wieder aufnehmen. Das sei in vertraulichen Gesprächen vereinbart worden. Dass beide Seiten wieder in Gesprächen sind, war bereits am Samstagmorgen bekannt geworden. „Endlich wird wieder verhandelt. Unsere Kunden haben Planungssicherheit und unsere Mitarbeitenden Aussicht auf baldige Lohnerhöhungen“, sagte DB‑Personalvorstand Martin Seiler einer Pressemitteilung zufolge. (…) Ab dem 5. Februar soll demnach unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Tarife verhandelt werden. „Die Verhandlungen werden von den Tarifvertragsparteien selbst geführt“, hieß es von der Bahn. bei Bedarf könnten Moderatoren hinzugezogen werden. Ziel sei es, bis Anfang März einen Tarifabschluss zu erzielen. Bis zum 3. März soll eine Friedenspflicht gelten, die weitere Streiks ausschließt. Die Friedenspflicht könne verlängert werden.“ Meldung vom 27.01.2024 in tagesschau.de - In der GDL-PM (per e-mail) heißt es: „… Die Deutsche Bahn AG hat ihre Blockadehaltung aufgege-ben und Verhandlungsbereitschaft für die Kernforderungen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) schriftlich vereinbart. Die Tarifvertragsparteien nehmen auf der Basis der schriftlichen Vereinbarung die Verhandlungen wieder auf. Infolgedessen beendet die GDL den laufenden Arbeitskampf im Güterverkehr vorzeitig am 28. Januar 2024 um 18:00 Uhr und den Streik im Personenverkehr (inklusive der City-Bahn Chemnitz) am 29. Januar 2024 um 02:00 Uhr. (…) Der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky bezeichnete die Bereitschaft, über sämtliche Forderungen zu verhandeln und damit die Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen zu ermöglichen, als einen wichtigen Schritt zur richtigen Zeit: „Insbesondere die Verhandlungsbereitschaft der DB zur Arbeitszeitabsenkung für Schichtarbeiter ist zentral bedeutsam. Die Bereitschaft, auch über einen Tarifvertrag für die Infrastruktur zu verhandeln, ist nunmehr vorhanden. Im Falle einer Einigung wäre das ein starkes Signal für das gesamte Eisenbahnsystem und ein Schub hin zur Attraktivitätssteigerung der Eisenbahnberufe.“…“
- Bewegung im Tarifstreit: Bahnstreik endet vorzeitig in der Nacht zu Montag
- Zur Halbzeit im GDL-Streik: Entgegen den lauten Medien viel Solidarität, Verständnis und einiger Raum für die Stimmen der Streikenden (kleiner Überblick)
- Bahnstreik, na und? Claus Weselsky macht einen guten Job
„Sein Bahnstreik nervt wahnsinnig. Er hat notorisch schlechte Laune. Und dann sächselt sich Claus Weselsky auch noch jeden Abend durch die „Tagesschau“. Trotzdem ist jetzt mal eine Ehrenrettung für den Chef der Lokführergewerkschaft fällig. (…) Genau genommen war die „Sozialpartnerschaft“ immer ein höchst scheinheiliges Konstrukt. Es geht nicht in erster Linie um „Partnerschaft“ – sondern um Verteilungskonflikte. Die einen wollen die Arbeitskosten so niedrig wie möglich halten, etwa für mehr Kapitalrendite; die anderen wollen mehr Lohn oder Gehalt, um zum Beispiel ihre Miete zu bezahlen – beide wollen also mehr vom selben Kuchen. So gesehen kann es keine „Partnerschaft“ geben. Daran kann auch Herr Weselsky nichts ändern – selbst, wenn er noch so „woke“ daherkommen würde. Nennen wir das Ganze doch lieber: soziale Kämpfe. Denn das sind sie. Weselsky kämpft diesen Kampf. (…) Andere können nur neidisch auf die Lokführer blicken, weil sie keinen Tarifvertrag haben, vielleicht noch nicht mal einen Betriebsrat, und mit Niedriglöhnen abgespeist werden? Das stimmt – aber wieso sollte das eine Elend ein anderes rechtfertigen? Sollen die Lokführer schön brav sein, damit am Ende alle gleich viel haben, nämlich: gleich wenig? Das wäre dann Sozialismus – auf niedrigstem Niveau. Einer, für den sich sogar noch der raffgierigste Kapitalist begeistern könnte. (…) Angesagt wäre jetzt anderes: dass endlich wieder Tarifverträge Standard werden, vor allem in Ostdeutschland. Und dass Unternehmen sich nicht um die Gründung von Betriebsräten drücken können. So gesehen kämpft Weselsky einen Kampf, der auch anderen Branchen zugutekommen könnte. (…)Nein, Herr Weselsky ist Gewerkschaftsführer, kein Bittsteller! Gehälter und Arbeitsbedingungen werden nicht erbettelt, sie werden gefordert…“ Kommentar von Tilman Gerwien vom 25.01.2024 im Stern online - Bahn-Vorstand zahlt sich üppige Boni aus, weil seit Mittwoch viel weniger Züge Verspätung haben
Meldung vom 25.1.24 beim Postillon – treffend! - Solidarität mit Streikenden bei der Bahn. Schichtarbeit entlasten! Vorsicht Union Busting! Angriffe gegen GDL bedrohen konfliktfähige Gewerkschaften & demokratische Kultur
„Die Aktion gegen Arbeitsunrecht erklärt sich solidarisch mit den streikenden Lokführern und Bahnarbeiter*innen. Wir halten die Forderungen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) für berechtigt und die Streikmaßnahmen für gerechtfertigt. Eine 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich für Schichtarbeiter*innen ist ein erstrebenswertes Ziel — nicht nur für Bahnarbeiter*innen, sondern für alle Beschäftigten. Das beratungsresistente und gewerkschaftsfeindliche DB-Management trägt durch seine Verhandlungsstrategie die Verantwortung für den Streik. Wir beobachten ein extrem aggressives Vorgehen des DB-Managements und unternehmernaher, wie staatstragender Medien gegen den Streik und die Gewerkschaft und sehen darin eine Gefahr für die die Demokratie.
Das Union Busting gegen die GDL trifft am Ende alle Gewerkschaften.
Wir weisen die Versuche des DB-Managements und ihrer Union Busting-Kanzleien Allen & Overy und Pusch Wahlig Workplace Law zurück, die GDL als Gewerkschaft faktisch zerschlagen zu wollen, indem sie die Tariffähigkeit aberkennen und horrende Schadensersatzforderungen in den Raum stellen. Ebenso warnen wir vor einer weiteren Einschränkung des Streikrechts in Deutschland durch Arbeitsgerichte oder Gesetzesänderungen. (…)
Schichtarbeit ist schlecht. Harte Arbeit muss attraktiver werden. Nicht nur bei der Bahn.
Schichtarbeit ist eine enorme Belastung für Körper und Seele. Schichtarbeit zerstört das soziale Umfeld der Arbeiter*innen. Deshalb sollte Schichtarbeit die Ausnahme sein, nicht die Regel. Deshalb muss Schichtarbeit wesentlich höher bewertet werden als bisher üblich. Deshalb muss Schichtarbeit für die Arbeiter*innen attraktiver werden und für Unternehmen so teuer, dass sie nur im Notfall eingesetzt wird. (…)
Wer eine demokratische Streikkultur in Deutschland entwickeln will, muss die GDL jetzt unterstützen. Im mangelnden Selbstbewusstsein der arbeitenden Bevölkerung, liegt eine Gefahr für die Demokratie, denn durch die tägliche Erfahrung der Machtlosigkeit und Demütigung auf der Arbeit werden die Menschen resigniert und zynisch. Diese Erfahrung erzeugt Duckmäuser, Untertanen, Verwirrte und Verzweifelte, die anfällig sind für Volksverhetzung und Heilsversprechen von charismatischen bis durchgeknallten Führerfiguren. Selbstbewusste Arbeiter*innen wählen keine AFD oder andere autoritär-nationalistischen Menschenfeinde…“ Erklärung vom 25. Januar 2024 bei der Aktion gegen Arbeitsunrecht - Der Verein demokratischer Ärzt*innen (vdää*) unterstützt Forderungen streikender Lokführer [nach verkürzter Arbeitszeit]
„… Der Verein demokratischer Ärzt*innen (vdää*) stellt sich hinter den von der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) angesetzten, sechstägigen Streik, der am Mittwochmorgen im Personenverkehr bereits begonnen hat. Die GDL fordert unter anderem die Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. In einer Mitteilung dazu heißt es seitens des vdää*, 2022 habe die BARMER die Arbeitsunfähigkeitsdaten von rund 320.000 Beschäftigten in Hessen ausgewertet und festgestellt, dass Fahrzeugführer im Eisenbahnverkehr (auch S-Bahn und Tram) rund zwei Wochen länger krankgeschrieben gewesen wären als der Durchschnitt der hessischen Beschäftigten. Zu den aktuellen Arbeitsbedingungen der Lokführer gehörten sehr belastende oder gar unregelmäßige Schichtdienste zu jeder Uhrzeit mit Dienstbeginn und Dienstende am Tag oder in der Nacht. Und das mit möglichen Schichtlängen von bis zu 12 und gar 14 Stunden, verweist der Ärzteverband auf einen offenen Brief eines Lokomotivführers an den DB-Vorstand. Nicht nur die Fahrgäste der Bahn oder des ÖPNV seien oft genervt von den inzwischen großen Problemen bei der Bahn. Auch die Beschäftigten seien beispielsweise von den Verspätungen selbst betroffen und müssten darüber hinaus auch den Stress und Ärger der Fahrgäste abfangen und aushalten. Auch dies trage zu psychischen und körperlichen Belastungen beim Bahnpersonal bei. „Wir Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen kennen solche Arbeitsbedingungen. Die Krankenstände im Krankenhaus sind – vor allem in der Pflege – ähnlich hoch wie bei den Kolleg*innen der GDL, deshalb haben wir größtes Verständnis für ihre Forderungen und wünschen ihnen viel Erfolg“, so Felix Ahls, Co-Vorsitzender des vdää*. (eb)“ Meldung vom 24. Januar 2024 in der ÄrzteZeitung online (deren Homepage ist gerade im Umbau) - GDL gegen Deutsche Bahn: Hier erzählen Lokführer, warum sie streiken
„Wieder einmal herrscht Stillstand auf Deutschlands Schienen, weil zahlreiche Lokführer streiken. Was treibt die GDL-Mitglieder an? Hier berichten sechs von ihnen, weshalb sie den Arbeitskampf als alternativlos sehen…“ Beitrag von Felix Monsees vom 24.01.24 in der Hessenschau und nur ein Beispiel: „… „Mittlerweile ist es so, dass die Dispo mich fast täglich anruft und meine Schichtpläne über den Haufen wirft, und ich dadurch mein Privatleben nicht mehr planen kann. In meinem Alter ist der Lohn nicht mehr ganz so wichtig – aber die 35-Stunden-Woche. Dass man wieder mehr Planung und Zeit für sich hat, dass man wieder zum Schlafen kommt. Ich hätte heute eine Schicht gehabt von 5.45 Uhr bis 16.58 Uhr, da ist noch nicht die An- und Abreise von Darmstadt nach Frankfurt und zurück drin. Ich bin dann ungefähr 13 Stunden für meinen Arbeitgeber unterwegs. Wenn man verheiratet ist, gibt man sich quasi die Klinke in die Hand.“…“ - Bahn-Angestellte über den Streik: „Mitarbeiter ausnehmen geht nicht“
„In Deutschland stehen die Züge still, die GDL streikt. Falls Ihnen das übertrieben vorkommt: Fünf Mitarbeiter:innen erklären ihre Gründe…“ Artikel von Raoul Spada und Adefunmi Olanigan vom 24.1.2024 in der taz online und daraus als Bsp. Philipp Grams, Lokführer (ICE): „…. Ich verstehe, dass die DB auch in Personalnot ist. Aber die Mitarbeiter dermaßen auszunehmen geht nicht. Bei uns gibt es Schichten aller Art, alles ist jeden Tag durcheinander – dieses typische Dreischichtenmodell gibt es nicht. An einem Tag beginnt man 4.04 Uhr, am nächsten Tag arbeitet man von 10.37 Uhr bis abends 19 Uhr und am Folgetag ist wieder 7 Uhr Dienstbeginn. Die Regelungen aus dem Tarifvertrag werden maximal ausgereizt. Etwa die 36 Stunden Ruhezeit. Da arbeiten wir fünf Tage am Stück, haben dazwischen diese 36 Stunden und dann wieder fünf Tage und erst dann mindestens zwei Tage am Stück frei. Das heißt, die Kolleg:innen haben kaum mal Zeit, den Körper runterzufahren, den Haushalt zu machen, Freunde zu treffen. Wenn man arbeitet, möchte man auch einfach mal ein Wochenende auf der Couch liegen. Das haben wir gar nicht. Ich bin kein Single mehr, wo das anfangs egaler war, wenn man viel arbeitet. Die Führungskräfte haben ihre Leute völlig aus den Augen verloren. Die Teamleiter und Standortleiter verschließen ihre Augen vor der Realität…“ - DB verschärft den Tarifkonflikt – GDL ist lösungsorientiert
„… Mit Scheinangeboten versucht die Deutsche Bahn AG, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hinzuhalten und in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Die letzte Posse: Die Tarifverträge, die die GDL in jüngster Zeit mit 18 Eisenbahnverkehrsunternehmen für knapp 10 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner abgeschlossen hat, nannte der Staatskonzern einen „PR-Gag“. In Reaktion auf den Hochmut und die fortgesetzte Verweigerungshaltung des Arbeitgebers finden in dieser Woche an den unten genannten Orten Protestkundgebungen der GDL statt. Zudem hat die GDL, die sich stets auch ihrer Verantwortung für den Eisenbahnbetrieb bewusst ist, der DB trotz der vorgenannten Unflätigkeit einen Lösungsvorschlag gemacht, um wieder vorbehaltlos in die Verhandlungen einsteigen zu können. Es liegt also am Arbeitgeber, wie sehr die Reisenden beziehungsweise die Güter-Kunden der Deutschen Bahn in den kommenden Tagen eingeschränkt werden müssen…“ GDL-Pressemitteilung vom 24. Januar 2024 und der Lösungsvorschlag der GDL - Arbeitskampf bei der Bahn: Die GDL streikt auch für unsere Sicherheit
„Sparen am falschen Ende kann tödlich sein. Die Lokführergewerkschaft stellte schockierende Ruhezeitverstöße fest…“ Ein Kommentar von Claudia Wangerin vom 24. Januar 2024 in Telepolis - Mit diesem genialen Trick könnte die Deutsche Bahn den Lokführerstreik sofort beenden
„Die Lokführergewerkschaft GDL hat heute den bislang längsten Ausstand bei der Deutschen Bahn begonnen. Jeder Streiktag kostet das Unternehmen rund 100 Millionen Euro, frustriert Bahnreisende und schädigt die deutsche Wirtschaft. Dabei müsste das gar nicht sein! Der Postillon hat recherchiert und präsentiert einen einfachen Trick, mit dem die Deutsche Bahn den Streik sofort beenden könnte: Schritt 1: Einfach auf die berechtigten Forderungen der Gewerkschaft eingehen. Fertig!“ Postillon-Vorschlag vom 24.1.24 - „Große“ Bahn-Gewerkschaft EVG leistet Widerstand gegen Streik der „kleinen“ GDL
„Die Eisenbahnergewerkschaft EVG will Widerstand gegen den Streik der kleineren Lokführer-Gewerkschaft GDL leisten, um einen völligen Stillstand des Zugverkehrs ab Mittwoch abzuwenden. Die GDL will den Personenzugverkehr sechs Tage lang bestreiken. „Unsere Lokführer fahren und sorgen dafür, dass die Bahn für die kommenden Tage einen stabilen Notfahrplan aufstellen kann“, sagte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert der „Augsburger Allgemeinen“. „Nach meinem Eindruck könnten sogar noch ein paar Züge mehr fahren“, kündigte der Burkert, an nachdem die konkurrierenden GDL den Personenzugverkehr sechs Tage lang von Mittwochmorgen bis Montagabend bestreiken will. (…) Die EVG zählt mit über 185.000 Mitgliedern mehr als viereinhalb Mal so viele Beschäftigte wie die kleinere GDL, die jedoch die meisten Lokführer vertritt…“ Meldung vom 23. Januar 2024 bei focus online (bei der EVG nix gefunden…) - Die Härte der GDL – und die Aussichten auf Erfolg
„… Die Bundesrepublik steht vor einer neuen Streikwoche. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ruft ihre Mitglieder erneut zum Arbeitskampf auf. Für die Güterverkehrssparte DB Cargo läuft der Streik seit Dienstagabend. Ab Mittwochmorgen wird dann der Personenverkehr bestreikt. Ganze sechs Tage lang will die GDL in den Arbeitskampf treten – so lang wie noch nie in der bisherigen Geschichte der DB. (…) Nach Darstellung der GDL ist die Bahn – Stand jetzt – nicht bereit, über zwei der Kernforderungen der Gewerkschaft zu verhandeln. Zum einen will die GDL auch für Fahrdienstleiter eine Tarifeinigung erreichen. Das lehnt die Bahn ab. Zum anderen fordert die GDL eine schrittweise Absenkung der Wochenarbeitszeit im Schichtdienst von 38 auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich. Auch hierüber will die Bahn bislang nicht verhandeln. Bisherige Angebote blieben deutlich hinter der Forderung der GDL zurück. Beginnend bei der Laufzeit – die Bahn bot 32 Monate, während die GDL zwölf Monate verlangt – über den Gültigkeitsbereich bis hin zum Arbeitszeitmodell sah die GDL in den jeweiligen Offerten keine Verhandlungsgrundlage. Tatsächlich beinhaltet das jüngste Angebot der Bahn zwar eine Option auf Arbeitszeitverkürzung um eine Wochenstunde bei gleichbleibenden Bezügen; diejenigen Mitarbeitenden, die weiter regulär 38 Stunden arbeiten wollen, steht dafür aber eine prozentuale Lohnerhöhung von 2,7 Prozent zu, so dass Beschäftigte mit verkürzter Arbeitszeit de facto weniger verdienen würden. Hinzu kommt, dass sich die Bahn vorbehält, diesen Teil der Tarifvereinbarung bei zu geringer Personaldecke auszusetzen. Die Bahn argumentiert, aufgrund des Fachkräftemangels könnte in den kommenden Jahren gar nicht genügend Personal eingestellt werden, um ihren Beschäftigten eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich zu ermöglichen. Dem hält die GDL zweierlei entgegen: Erstens würde ein attraktiveres Jobprofil auch mehr Bewerber anziehen; zweitens verweist sie auf bereits erreichte Tarifeinigungen mit Bahn-Wettbewerbern, die trotz angespannter Personallage auf die Kernforderung der Gewerkschaft eingegangen sind und die Arbeitszeit schrittweise absenken. (…) Peter Renneberg, der Gewerkschaften in ihrer Strategie für den Arbeitskampf berät, sagt: „Mit jedem Streiktag wird der Druck auf den Arbeitgeber erhöht. Und es kann sein, dass das Ergebnis so näherkommt.“ Allerdings steige umgekehrt der Druck auf die Gewerkschaft, dann tatsächlich ein besseres Ergebnis zu erzielen, um „gesichtswahrend aus der Geschichte zu kommen“. Das könne bei der GDL zum Problem werden. (…) Renneberg, der unter anderem mit der GDL-Konkurrenzgewerkschaft EVG, aber auch NGG und ver.di zusammenarbeitet, rät im Gespräch mit tagesschau.de von zu konfliktträchtigen Streiks ab. „Es gibt aber Fälle, in der es aus Sicht der Gewerkschaft notwendig sein kann, sehr konfrontativ heranzugehen, etwa wenn die Gegenseite gar kein Interesse an Verhandlungen mit einer Gewerkschaft hat, wie Amazon oder Tesla.“ In der Vergangenheit gab es aber auch immer wieder Kritik an der – aus Sicht von Beobachtern – zu geringen Konfliktbereitschaft der EVG und deren Vorgängergewerkschaften. Einmal mussten jene Vorläufer sogar ihr Einverständnis zu Tarifverträgen zurückziehen, nachdem sie den Widerstand in den eigenen Reihen unterschätzt hatten. (…) Aktuell scheint die Stimmung gegenüber der GDL zunehmend kritischer zu werden. Doch Strategieexperte Renneberg sagt, dass wachsende öffentliche Kritik auch einen gegenteiligen Effekt haben kann. „Es gibt zwar Gewerkschaftsmitglieder, die sagen: ‚Jetzt reicht’s, wir können die Kundinnen und Kunden nicht mehr belasten.'“ Doch bei vielen gelte auch: Druck von außen schweißt nach innen zusammen…“ Beitrag von Steffi Clodius und Alina Leimbach vom 23. Januar 2024 bei tagesschau.de - Siehe auch „Auch 2024 will die CDU den GDL-Streik für die Beschränkung des Streikrechts nutzen – mit erneutem Gegenwind (und einem Einwand von Armin Kammrad)“ im Dossier: Ein GDL-Streik kommt immer passend: CDU(Mittelstandsvereinigung) will allen wichtigen Berufen das Streikrecht rasieren
- Bahnstreik, na und? Claus Weselsky macht einen guten Job
- Dienstag, 23. bis Montag, 29. Januar: 6-Tage-Bahnstreik für die 5-Schichten-Woche – wer unter eigenen Arbeitsbedingungen leidet und keine Boni bekommt, wird es verstehen…
„Nach einem erneuten Scheinangebot der DB ruft die GDL ihre Mitglieder zum Arbeitskampf auf. Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot hat die Deutsche Bahn AG erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiter verfolgt – von Einigungswillen kein Spur. Sie Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ruft deshalb ihre Mitglieder bei DB Cargo am Dienstag, 23. Januar 2024, 18:00 Uhr, zum Arbeitskampf auf. Danach folgen am Mittwoch, 24. Januar, 02:00 Uhr sämtliche Unternehmen der DB, inklusive der Infrastruktur, und die City-Bahn Chemnitz. Der Streik endet am Montag, 29. Januar, 18:00 Uhr…“ GDL-Pressemitteilung vom 22. Januar 2024 („Erneutes Scheinangebot der Deutschen Bahn AG: GDL ruft ihre Mitglieder zum Arbeitskampf auf“) – es sind neben LokführerInnen und ZugbegleiterInnen auch FahrdienstleiterInnen und WerkstattmitarbeiterInnen zum Streik aufgerufen. Siehe dazu:-
„… Von Einigungswillen sei bei der Bahn keine Spur, wirft die GDL der Bahn vor. Zu Recht. Das Tarif-Angebot Personalchef Martin Seiler am Freitag präsentierte, war kein ehrliches Angebot an die Mitarbeitenden, sondern ein PR-Stunt für die Presse: Zerknirscht, mit hängenden Schultern und gesenktem Blick, war Seiler vor die Medienvertreter*innen getreten. Ganz der Klügere, der doch noch der rohen, unvernünftigen Gewalt der GDL nachgibt. „Nun gibt es für die GDL keinen Grund mehr, nicht an den Verhandlungstisch zu kommen“, kommentierte er das Angebot: eine Lohnerhöhung von bis zu 13 Prozent in drei Schritten, mit einer Laufzeit von 32 Monaten. Anstelle des dritten Schritts, 2,7 Prozent mehr Lohn, können Mitarbeitende auf 37 Wochenstunden reduzieren. „Bei vollem Lohnausgleich“, hieß das bei ihm. Weniger Arbeit bei mehr Lohn fordert die GDL im Kern. Aber von der Bahn gibt es in dieser Hinsicht bis dato kein Entgegenkommen. In seinen vorwurfsvollen Formulierungen versteckt hatte Seiler nämlich drei wichtige Punkte. Erstens: Den dritten Schritt der Lohnerhöhung bekommen nur jene, die bei 38 Wochenstunden bleiben. Andersherum gesagt: Alle, die ihre Arbeitszeit reduzieren, bekommen auch 2,7 Prozent weniger Lohn – umgerechnet genau eine Wochenstunde.
Zweitens: Im letzten Angebot vom November hatte die Bahn 11 Prozent versprochen. Für alle, die ihre Wochenarbeitszeit um eine Stunde reduzieren wollen, ist das Angebot eine Verschlechterung. Die lange Laufzeit von 32 Monaten frisst davon gemeinsam mit der Inflation noch mal ein großes Stück. Drittens: Ohne Lohnausgleich können viele Mitarbeitende schon jetzt ihre Arbeitszeit reduzieren. Auch das wissen die Lokführer*innen und Zugbegleiter*innen – viele andere wissen es nicht. Seilers Theater muss für die Mitarbeitenden wie Hohn geklungen haben…“ Aus dem Kommentar von Raoul Spada vom 22.1.2024 in der taz online : „Bewegen muss sich die Bahn. Hat die GdL das Recht auf ihrer Seite oder ist der Streik eine Zumutung? Ersteres. Denn es spricht nicht nur die Arbeitsverdichtung gegen die Bahn.“ - „… Die GDL hat inzwischen bei den wichtigsten privaten Schienenverkehrbetreibern und Personaldienstleistern ihre Kernforderung nach einer stufenweisen Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden mit vollem Lohnausgleich durchgesetzt. Doch diese Abschlüsse enthalten teilweise eine Revisionsklausel für den Fall, dass die GDL bei der Deutschen Bahn dahinter zurückbleibt. Der erneute Arbeitskampf ist daher unumgänglich…“ Aus dem Kommentar von Rainer Balcerowiak vom 22.01.2024 im ND online : „Unumgänglich für die GDL: Warum es zum erneuten Warnstreik bei der Bahn kommt“
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- Nach dem GDL-Bahnstreik ist wohl vor dem Bahnstreik – mit Solidarität der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften, aber auch der EVG-Betriebsgruppe DB Systel FFM
- [GDL] Bilanz zum Streikende: DB zunehmend isoliert
„… Nicht nur Lokomotivführer, sondern auch Arbeitnehmer in den Werkstätten und bei der Infrastruktur haben sich in großer Zahl an dem Streik beteiligt. In beeindruckender Geschlossenheit haben die Mitglieder der GDL für ihre legitimen Forderungen gekämpft. (…) Dem Personalmangel kann nur durch die von der GDL geforderten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Das Eisenbahnsystem braucht dringend frische Impulse, wenn es als Arbeitgeber wieder konkurrenz- und zukunftsfähig sein will. (…) Wenig hilfreich ist es jedoch, wenn Personalvorstand Seiler die Öffentlichkeit weiter mit der Behauptung in die Irre führt, dass die DB der GDL mit dem zuletzt gemachten „Angebot“ bereits weit entgegengekommen sei. „Andere Unternehmen machen es vor: Sie denken schnell, handeln entschlossen und verhandeln mit uns zukunftsweisende Maßnahmen für das Eisenbahnsystem. Der Bahnvorstand hingegen verbeißt sich einen sinnlosen Kampf gegen die GDL – zum Schaden der Mitarbeiter, der Reisenden und der Schiene insgesamt. (…) Sollte keine Bereitschaft zu substanziellen Verhandlungen erkennbar sein, dann ist mit weiteren Streiks zu rechnen, die vom Umfang über den heute endenden Streik hinausgehen können…“ GDL-Pressemitteilung vom 12. Januar 2024 - Solidarität mit dem Streik der GDL! VKG erklärt sich solidarisch mit streikenden GDLern
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir unterstützen ausdrücklich eure berechtigten Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhung und verurteilen die Verweigerungshaltung des Bahn-Vorstands. Der Bahn-Vorstand versucht die Öffentlichkeit durch irreführende Information über angeblich hohe Lokführergehälter zu täuschen und war sich nach toxischen Angeboten nicht zu schade, den Streik verbieten lassen zu wollen. Für entstehende Verzögerungen im Betriebsablauf trägt der Bahn-Vorstand die Verantwortung, nicht aber die streikenden Kolleginnen und Kollegen. Wir begrüßen, dass ihr -anders als die Führung der DGB-Gewerkschaft EVG – bereit seid, euren Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung und nennenswerter Lohnerhöhung durch ausdauernde Streiks Nachdruck zu verleihen. Das verdient unseren Respekt. (…)
Insbesondere die DGB-Gewerkschaften, speziell aber die EVG, rufen wir auf, den Kampf ihrer Kollegen solidarisch zu unterstützen und die Streikenden zu besuchen.
Ein leistungsfähiger Schienenverkehr ist ein Muß, wenn wir angesichts dramatischer Klimaverschlechterung unseren Verkehr zukunftsfest gestalten wollen. Eine Voraussetzung dafür sind Arbeitsbedingungen, die den Bdürfnissen der Lohnabhängigen entsprechen und attraktiv sind. Der behauptete Fachkräftemangel ist kein Grund, Arbeitszeitverkürzung zu verhindern, sondern die Aufforderung, die berufliche Ausbildung zu fördern und finanziell attraktive Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist ein Mythos, dass die Bahn bei den Lohnabhängigen Kosten sparen muss, denn gleichzeitig schüttet sie über Führungskräften üppige Gehälter und Boni aus…“ Solierklärung der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften vom 12. Januar 2024 - Soli-Erklärung an die GDL der EVG-Betriebsgruppe DB Systel FFM
Brief an die GDL vom 12. Januar 2024 leider nicht kopierbar (auch nicht in der pdf-Version dort), auch bei Bahnvernetzung dokumentiert - GDL-Chef Weselsky lehnt Schlichtung im Tarifkonflikt mit der Bahn ab
„Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft ist gegen eine Vermittlung. Der Bahn will er Zeit geben, „um zur Besinnung zu kommen“.
Im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL hat sich Claus Weselsky gegen eine Schlichtung ausgesprochen. Über „grundgesetzliche Angelegenheiten“ lasse sich nicht schlichten, sagte der GDL-Chef der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. Die Frage, ob er einen Tarifvertrag für Fahrdienstleiter kriege, gebe er in keine Schlichterhand…“ Agenturmeldung vom 14. Januar 2024 in der Süddeutschen Zeitung online - Bahn-Tarifkonflikt: Wie eine Lösung für Deutsche Bahn und GDL aussehen kann
„… Über Lohnforderungen wird verhandelt, nie werden Gewerkschaftsforderungen zu 100 Prozent umgesetzt. Aber bei der Arbeitszeitverkürzung scheinen derzeit keine Kompromisse möglich. Denn einen Lohnausgleich bei verkürzter Arbeitszeit lehnt die Bahn-Verhandlungsführung ab. Gerade hier sind die Gewerkschafter aber entschlossen, denn Schichtarbeit ist für die Beschäftigten eine enorme Belastung.
Die Herausforderungen der Schichtarbeit: Ein Blick hinter die Kulissen
Bereits der Barmer-Gesundheitsreport dokumentierte 2021 Probleme der Lokführer: „Vorrangig sitzende Tätigkeiten, der Rhythmus des Schichtbetriebs und eine hohe Erwartungshaltung durch Dritte führen zu häufigen Erkrankungen“, sagte Axel Wiedemann , Landesgeschäftsführer Sachsen-Anhalt der Barmer.
Schichtarbeit ist Teil des Alltags der Lokführer. „Studien zeigen jedoch, dass unregelmäßige Arbeitszeiten die Gesundheit und soziale Beziehungen stark beeinträchtigen. Auch das Ausmaß der Arbeitszeit schwankt stark, je nach Dienstplan. Hier soll angesetzt werden, um die Lebensqualität zu verbessern“, meldet die Frankfurter Rundschau .
Erfolge im Ausland: GDL’s Durchbruch bei Netinera
Dabei gibt es bereits einen Abschluss zur Arbeitszeitverkürzung, den die GDL erreicht hat. Und zwar beim italienischen Bahnkonzern Netinera, der in verschiedenen Bundesländern Schienenpersonennahverkehr betreibt. Die Arbeitszeit wird für Schichtarbeiter ab 1. Januar 2025 schrittweise von 38 auf 35 Stunden pro Woche abgesenkt. Die 35-Stunden-Woche wird am 1. Januar 2028 erreicht sein. „Wir haben die Eisenbahnerberufe mit diesem Abschluss endlich attraktiver gemacht“, erklärt GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky und spricht von einem „historischen Tarifabschluss“…“ Beitrag von Marcus Schwarzbach vom 16. Januar 2024 in Telepolis
- [GDL] Bilanz zum Streikende: DB zunehmend isoliert
- „Die Stimmung ist am Boden“. Warum die Absenkung der Arbeitszeit und der Arbeitsbelastung für SchichtarbeiterInnen bei der Bahn wichtig ist
- Zugchef zum Bahnstreik: „Die Stimmung ist am Boden“. René Bäselt verteidigt den mehrtägigen GDL-Streik. Er fordert die 35-Stunden-Woche – gerade wegen der gestiegenen Arbeitsbelastung
Im Interview von Raoul Spada vom 9. Januar 2024 in der taz online begründet René Bäselt seine Forderung nach einer 35-Stunden-Woche: „Unsere Forderung ist berechtigt. Wir finden so kaum noch Nachwuchs. Dazu haben wir junge Leute, Mitte zwanzig, die nicht mehr durchhalten und mit Burn-out aussteigen. Teilweise arbeiten wir sechs Tage am Stück, dann machen wir einen Tag frei, dann geht’s wieder los. Im Schichtdienst mit bis zu 12 Stunden. Irgendwann hält der Körper das einfach nicht mehr aus. (…) Laut Arbeitszeitgesetz dürfen wir nur bis zu 10 Stunden am Tag arbeiten, am Wochenende auch bis zu 12 Stunden. Bei Verspätungen kann so eine Schicht aber schon auch mal bis zu 14 Stunden lang werden. (…) Die Stimmung des Zugpersonals ist am Boden, komplett miserabel. Gerade jetzt, wenn sich der Vorstand Boni zuschustert und dabei seine selbst gesetzten Maßstäbe ignoriert: Fahrgastzufriedenheit, Pünktlichkeit … Das war ja alles nichts. Und der Bahnvorstand steckt sich dafür einfach 5 Millionen extra ein. In den jetzigen Verhandlungen wollen sie dann weiterhin auf 11 Prozent über 32 Monate hinaus. Wenn man das herunterrechnet, sind das nur 3,7 Prozent im Jahr – aber nicht bei der Inflation, die wir gerade haben. Und für das Jahr 2022 wurde mit der EVG sogar eine Nullrunde verhandelt. (…) Die Bahn sagt immer, dass wir die Viertagewoche fordern würden. Aber das stimmt gar nicht. Wir fordern eine Fünftagewoche und danach zwei Tage frei, so wie es für alle anderen im Büro auch geht. Sie hat Verhandlungsbereitschaft zu den Arbeitszeiten angekündigt, aber das, ohne über Lohnausgleich sprechen zu wollen. Das ist für uns nicht akzeptabel. Der Arbeitgeber geht damit gegen uns vor, und zwar nicht nur gegen die Gewerkschaft, sondern gegen die eigene Belegschaft. Man muss ja immer darüber nachdenken, wer hinter der Gewerkschaft steht. Das sind wir hier unten, die Mitarbeiter. (…) Zum Teil müssen wir auf den Zügen selbst schon Hand anlegen und kleine Mängel selbst reparieren. Auch die Übergriffe auf Mitarbeiter nehmen immer noch zu. Mehr Arbeit und weniger Zeit. Das sind alles so Sachen, dazu macht sich erst mal niemand einen Kopf. Etwa, ob ich das Personal und die Züge habe für die großen Entscheidungen. Da müsste auch der Gesetzgeber mal sagen: Also, das geht so nicht! Aber wir sind wieder mal die Blitzableiter.“ - Arbeitskampf der GDL: Getümmel im Berliner Streiklokal
„Während die Lokführergewerkschaft GDL die Schienen abriegelt, kommen ihre Mitglieder zusammen
Es ist der zweite von drei Streiktagen bei der Deutschen Bahn (DB). Etwa 60 Mitglieder der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) stehen am Donnerstagmittag in kleinen Gruppen zusammen. Unweit des Ostbahnhofs, am Franz-Mehring-Platz, wo auch die nd-Redaktion arbeitet, hat die Gewerkschaft ein Streiklokal eingerichtet. Auf einer Tafel aus Tischen liegen Listen aus, in die sich die Mitglieder jeden Tag eintragen müssen, um Streikgeld zu bekommen. Pro Stunde Arbeitsausfall gibt es zehn Euro Streikgeld von der Gewerkschaft – maximal 100 Euro am Tag. (…) »Normalerweise sehen wir uns ja nicht, sind als Einzelkämpfer unterwegs. Heute haben wir mal Zeit, uns auszutauschen«, heißt es aus einer Gruppe von Kollegen der Berliner S-Bahn. (…) Das aktuelle Angebot, über flexible Arbeitszeitmodelle zu verhandeln, habe der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky zu Recht als »Nebelkerze« abgewiesen. Die Absenkung der Arbeitszeit mit Lohnausgleich ist eine der Hauptforderungen der GDL. »Ich arbeite schon seit Jahren verkürzt, nur eben auf eigene Rechnung«, sagt ein S-Bahnfahrer. Ende der 90er Jahre habe es gar mal eine Zeit der 36-Stunden-Woche bei der S-Bahn gegeben, um keine Mitarbeiter*innen entlassen zu müssen. »Es geht, wenn der Wille da ist«, sagt auch Steffen Genz von der GDL Nord-Ost zu »nd«. »Der jüngste Tarifabschluss bei der Odeg (Ostdeutsche Eisenbahn GmbH, Anm. d. Red.) straft die Aussage der Bahn – ›Das sei nicht machbar‹ – Lügen«, sagt Genz. Dort hat die GDL eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden bis 2028 vereinbart. Gleichzeitig sollen 2024 die Löhne um 420 Euro steigen. In den Gesprächen im Streiklokal wird deutlich: Die Eisenbahner*innen fordern das Mehr an Freizeit nicht in erster Linie für sich selbst, sondern um junge Nachwuchskräfte für das Unternehmen zu gewinnen. »Momentan hören mehr Kollegen auf, als neu anfangen«, sagt ein Zugchef. Er betreut ehrenamtlich die Streikliste für die Beschäftigten des Fernverkehrs. Bis zum Mittag haben sich 66 Personen eingetragen. Für ihn sei die Forderung nach der Fünfschichten- beziehungsweise Fünftagewoche mit anschließender 48-Stunden-Ruhepause entscheidend. »Ich arbeite zwar auch mal nur vier, aber in der Regel sechs Tage und bis zu 60 Stunden«, sagt er »nd«. Das in Kombination mit einer sehr kurzfristigen Dienstzuweisung mache die Lebensplanung sehr kompliziert. Das Leben werde nahezu gänzlich der Arbeit unterworfen. (…)
In Berlin und Brandenburg seien mehr als 50 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in der GDL, sagt Genz und blickt voraus: »Der Abschluss der GDL wird den Abschluss der EVG übertreffen. Die DB wird dann den GDL-Tarif auf alle Beschäftigten anwenden, um eine Mitgliederwanderung zur GDL zu verhindern.«“ Bericht von Christian Lelek vom 11.01.2024 in ND online
- Zugchef zum Bahnstreik: „Die Stimmung ist am Boden“. René Bäselt verteidigt den mehrtägigen GDL-Streik. Er fordert die 35-Stunden-Woche – gerade wegen der gestiegenen Arbeitsbelastung
- GDL ruft ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn vom 10. Januar um 2 Uhr, bis zum 12. Januar um 18 Uhr (DB Cargo ab 9. Januar um 18 Uhr) zum Streik auf
- Blockadehaltung der Arbeitgeber: Aufruf zum Arbeitskampf
„Die GDL-Mitglieder bei der Deutschen Bahn AG, Transdev und City Bahn Chemnitz werden aufgerufen, vom 10. Januar um 2 Uhr, bis zum 12. Januar um 18 Uhr ihre Arbeit niederzulegen. Die Arbeitsniederlegung bei DB Cargo beginnt bereits am 9. Januar um 18 Uhr.
Die Verhandlungen mit der DB AG sind am 24. November 2023 wegen der Verweigerungshaltung des Staatskonzerns gescheitert, Gespräche über legitime Kernforderungen mit der GDL zu führen. (…)
Bewusste Irreführung durch den DB-Konzern
Konsequent hat der DB-Konzern am 5. Januar zunächst über die Medien und offensichtlich bewusst irreführend verkündet: „DB macht der GDL ein neues Angebot“. Dieses substanzlose und vergiftete „Angebot“ täuscht bewusst Medien und Öffentlichkeit und ignoriert die zuletzt erfolgreich geführten Tarifverhandlungen mit dem NETINERA-Konzern und der Go-Ahead-Gruppe. NETINERA und Go-Ahead, die zusammen acht Unternehmen vertreten, haben erkannt, welchen Belastungen ihre Beschäftigten ausgesetzt sind und dass seitens der Arbeitgeber dringend Anreize geschaffen werden müssen, um die jahrelang vernachlässigten Berufe wieder attraktiv und zukunftsfähig zu machen. (…) Die DB verzichtet jedoch darauf, Ihr „großzügiges“ Angebot auch mit konkreten Zahlen zu untermauern: Mit den Wettbewerbskonzernen NETINERA und Go-Ahead wurde für die Beschäftigten eine Sockelbeitragserhöhung von 420 Euro vereinbart. Das „Angebot“ der DB beinhaltet keine konkrete Summe und bleibt nebulös. Weiterhin bietet die DB eine nachhaltige Entgelterhöhung nur für die bisher von der GDL tarifierten Arbeitnehmer an, die angeblich die Inflationssituation anerkennt, andererseits eine ausreichende Wertschätzung vermitteln soll. Auch hier wird keine konkrete Summe genannt. Zum Thema Arbeitszeit bietet die DB nur für die bisher von der GDL tarifierten Arbeitnehmer an, individuell gewünschte Arbeitszeitverringerung mit entsprechendem Lohnverzicht – kurzum selbstfinanzierte Teilzeit – umsetzen zu können…“ GDL-Mitteilung vom 07. Januar 2024 - Nächster GDL-Streik ab Montag möglich – Bahn-Klage ohne aufschiebende Wirkung
„… Stillstehende Züge und Traktor-Blockaden auf der Straße: Am Montag muss bundesweit mit Verkehrsbehinderungen gerechnet werden. Abgesehen von angekündigten Bauernprotesten, endet der Weihnachts- und Neujahrsfrieden der Lokführergewerkschaft GDL. Sie könnte also grundsätzlich ab Montag wieder streiken. Auch, wenn die Deutsche Bahn (DB) gerade gerichtlich klären lassen will, ob die GDL das überhaupt darf: Wegen „personeller und organisatorischer Verflechtungen“ mit der Leiharbeits-Genossenschaft Fair Train und „schwerer Interessenkonflikte“ stellt der Konzern die Tariffähigkeit der GDL in Frage. (…) Der Vorwurf: GDL und Fair Train hätten quasi mit sich selbst einen Tarifvertrag geschlossen. (…) Die Gründung der Fair Train eG war im Juni 2023 bekanntgegeben worden. „Wir übernehmen nunmehr die Verantwortung und haben mit der Fair Train eG ein Unternehmen gegründet, welches im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung von Lokomotivführern mit fairen Bedingungen aufwartet“, hatte GDL-Chef Claus Weselsky dazu erklärt. Ziel der Genossenschaft sei es, „fachlich qualifizierte Lokomotivführer zur Verfügung zu stellen und die daraus resultierenden Gewinne den Genossenschaftsmitgliedern selbst zufließen zu lassen, anstatt zuzuschauen, wie sich die Vorstände der DB AG die Taschen füllen“. (…) Die Feststellungsklage hat allerdings keine aufschiebende Wirkung auf mögliche Streiks. Das Landesarbeitsgericht gab zunächst keinen Termin für eine öffentliche Verhandlung bekannt. (…) Die Deutsche Bahn hat unterdessen im Tarifstreit mit der GDL auch ein „erweitertes Angebot“ vorgelegt. Statt auf die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter auf 35 Wochenstunden ohne Entgeltkürzung einzugehen, will der Konzern „über neue Wahlmodelle zur Arbeitszeit verhandeln“. Zudem schlägt die DB elf Prozent mehr Lohn bei 32 Monaten Laufzeit und eine Einmalzahlung 2.850 Euro als Inflationsausgleich vor. Mit dem Eisenbahnunternehmen Go Ahead hat die GDL aus ihrer Sicht schon einen deutlich besseren Abschluss erzielt und tatsächlich die schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter ohne Entgeltkürzung durchgesetzt, allerdings erst ab dem 1. Januar 2025. (…) Die Tabellenentgelte der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner bei den Go-Ahead-Unternehmen sollen sich aber bereits zum 1. Februar 2024 um 210 Euro und zum 1. Januar 2025 um weitere 210 Euro erhöhen, in Summe also um 420 Euro. Auch die Zulagen werden deutlich erhöht – in Summe um durchschnittlich 17 Prozent innerhalb der Laufzeit von 24 Monaten. Dies gab die GDL am heutigen Freitag bekannt. An vielen Verhandlungstischen habe sich die Gewerkschaft anhören müssen, dass ihre Forderungen nicht annehmbar seien. Der Abschluss mit Go Ahead zeige aber: „Es geht doch – und es wird weitergehen“, so die GDL. Bereits im November hatten sich beide Seiten auf die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro verständigt, die seitdem in Raten ausgezahlt wird.“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 5. Januar 2024 bei Telepolis - Siehe zur Bahnklage unser Dossier: GDL macht mit Fair Train e.G. auf Sklavenhändler
- GDL vor den nächsten Streiks bei der Bahn
„… Bisher war es für kämpferische Gewerkschafter:innen selbstverständlich, mit den Streiks der GDL solidarisch zu sein. Dies gilt auch weiterhin für die Forderungen zum Einkommen und vor allem für die Arbeitszeitverkürzung. Die Gründung der Leiharbeitsgenossenschaft „Fairtrain“ trübt diese Solidarität, da Leiharbeit abgeschafft und nicht gefördert gehört. Hinzu kommt, dass die Vorstellungen der GDL zur Zukunft der Bahn ziemlich problematisch sind. Statt ihre vollständige Vergesellschaftung und Überführung in ein öffentliches Unternehmen zu fordern, ist die GDL offen für eine weitere Zergliederung, die auch Privatisierungen bedeuten kann. Trotzdem gilt es, mit den Streiks solidarisch zu sein und die Streikenden in ihrem Kampf für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten zu unterstützen.“ Artikel von Helmut Born in der SoZ vom 7.Januar 2024
- Blockadehaltung der Arbeitgeber: Aufruf zum Arbeitskampf
- Solidarität mit dem Streik der GDL!
„Liebe Kolleginnen und Kollegen der GDL,
ihr habt euch mit 97% in der Urabstimmung für die Ausweitung der Arbeitskämpfe und damit für unbefristete Streiks ausgesprochen.
Das ist die die einzige Antwort, die Arbeitgeber und der Bahnvorstand verstehen. Es ist empörend, dass die Vorstandsmitglieder eure Forderungen ablehnen und sich gleichzeitig Bonus-Zahlungen von 5 Millionen Euro genehmigen.
Eure Forderungen, insbesondere nach Entgelterhöhung von mind. 555 Euro und Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden für Schichtarbeitende bei vollem Lohnausgleich sind gerechtfertigt und finden unsere volle Unterstützung…“ ver.di-Betriebsgruppe der Freien Universität Berlin vom 20. Dezember 2023 - Auf ein Wort – GDL. Der Kommentar eines Kollegen zum Tarifabschluss der GDL beim Netinera Konzern
„Ob mit diesem „historischen“ Tarifabschluss der GDL beim italienischen Staatsbahnkonzern Netinera die Streikbereitschaft bei den noch anstehenden Auseinandersetzungen bei der DB gesteigert wird, hängt wohl vom jeweiligen Blickwinkel des Betrachter ab.
Klar ist jedenfalls, und das steht in keiner offiziellen Verlautbarung, dass die 35 h/Woche durch den Wegfall der 12 Tage zusätzlichen Urlaub finanziert wird. Mit der 35 h/Wo wird logischerweise mehr Freizeit erzeugt, als nur die 12 Tage Sonderurlaub, von denen ja 6 Tage mit 2,6% Lohnverlust eh bereits selbst finanziert sind. Doch die gesamten 12 Tage werden dann in Stunden umgewandelt. Das ergibt nur rechnerisch statt der 6 Tage dann 10 Tage (ca. 78 Stunden) mehr Sonderfreizeit. Ob diese dann jedoch als Tage frei gewährt werden oder als kürzere Schichten weggeplant werden, entscheidet dann allein der AG.
24, bzw. 27 Monate Laufzeit sind zudem weit entfernt von den geforderten 12 Monaten.
Dumm nur, dass es bei Netinera keine Urabstimmung unter den GDL Mitgliedern gab und gibt, womit das Ergebnis nur von der Bundestarifkommission abgesegnet werden muss, in der jedoch der geschäftsführende Bundesvorstand der GDL – mit seinem charismatischen Anführer – das letzte Wort für diesen exemplarischen Maßstab hat…“ Kommentar bei Bahnvernetzung.de (ohne Datum, von Ende Dezember 2023) - Deutliche Zustimmung für die Ausweitung der Arbeitskämpfe bei der Urabstimmung der GDL: 97 Prozent stimmen für Streik!
„Die Signale stehen auf Streik: Bei der heute in Frankfurt am Main ausgezähl-ten Urabstimmung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) stimmten 97 Prozent der GDL-Mitglieder bei der DB AG und den Transdev-Unternehmen mit Ja und gaben damit den Weg frei für die Ausweitung der Arbeitskämpfe. Bei den Personaldienstleistern lag die Zustimmung bei 93 Prozent und bei der City-Bahn Chemnitz sogar bei 98 Prozent. Zur Urab-stimmung aufgerufen waren die GDL-Mitglieder bei der Deutschen Bahn, Transdev, City-Bahn Chemnitz und den Personaldienstleistern assoft GmbH, Unternehmensbereich railmen, delphi personal GmbH, dispo-Tf Rail GmbH, First Passenger Rail Service Germany GmbH (PRS), MEV Eisenbahn-Verkehrsgesellschaft mbH, OLB Oderland Bahn GmbH, Rheinische Bahn-personal- und Verkehrsgesellschaft mbH und RT&S Lokführer-Akademie GmbH. Die Wahlbeteiligung betrug über 70 Prozent. (…)
Spaltungsstrategie der DB erfolglos
Leider glauben einige Arbeitgeber immer noch, sich den für die Zukunft der Schiene nötigen Veränderungen verweigern zu können. „Hier tun sich insbe-sondere die Führungskräfte in der Plüschetage der DB hervor,“ so Weselsky. „Sie fahren das Eisenbahnsystem an die Wand, gönnen sich trotz erwiesener Unfähigkeit satte Boni und haben im gleichen Atemzug die Stirn, den Beschäftigten die dringend nötigen Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen und weitere erforderliche Veränderungen vorzuenthalten.“ Durch das Ergebnis der Urabstimmung wird hoffentlich auch dem DB-Management nun endlich klar, dass die unbotmäßige Spaltungsstrategie bezogen auf die GDL und ihre Mitglieder erfolglos war, ist und bleibt!
Marktprägender Abschluss mit NETINERA
In deutlichem Gegensatz dazu steht der kürzlich erzielte, erste Tarifab-schluss der Tarifrunde 2023: Hierbei haben sich die GDL und die NETINE-RA-Unternehmen auf die Absenkung der Arbeitszeit, angemessene Entgel-terhöhungen, die volle Ausschöpfung der Inflationsausgleichsprämie, die grundsätzliche Einführung der Fünf-Tage-Woche und weitere Verbesserungen geeinigt. Damit ist eine solide Marktreferenz in der Tarifrunde 2023 gesetzt, welche für die GDL der Maßstab für die weiteren Verhandlungen ist…“ GDL-Pressemitteilung vom 19.12.2023 , siehe auch:- GDL: Rückenwind im Tarifkampf mit Deutscher Bahn
„Die GDL-Einigung mit der Netinera-Gruppe setzt die Deutsche Bahn unter Druck
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat auf einem Nebenschauplatz der aktuellen Tarifrunde einen wichtigen Erfolg errungen, der dem Management der Deutschen Bahn AG erhebliche Kopfschmerzen bereiten dürfte. Denn mit der Netinera-Gruppe, einem der größten privaten Konkurrenten des bundeseigenen Konzerns, konnte die GDL jetzt genau das vereinbares, was die Bahn AG als »maßlos überzogen« und »nicht realisierbar« bezeichnet: die schrittweise Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Davon profitieren vor allem die rund 2300 Lokführer und Zugbegleiter in den sechs Tochtergesellschaften im Regionalverkehr, darunter auch die Odeg. Ferner erhalten alle Mitarbeiter eine steuerfreie Inflationsprämie von 3000 Euro sowie eine zweistufige Lohnerhöhung um insgesamt 420 Euro. Ausschlaggebend sei die gemeinsame Erkenntnis gewesen, dass deutlich bessere Vergütungen und Arbeitsbedingungen der einzig gangbare Weg seien, diese Berufe attraktiver zu machen und die dramatische Fachkräftelücke mittelfristig schließen zu können, kommentierte die GDL. Eine Erkenntnis, der sich der Bahn-Konzern bislang verschließ…“ Kommentar von Rainer Balcerowiak vom 19.12.2023 in ND online
- GDL: Rückenwind im Tarifkampf mit Deutscher Bahn
- Bahn-KundInnen in den deutschen Medien können den GDL-Streik grundsätzlich verstehen, aber jetzt gerade passt es NIE… Das passt den GegnerInnen des Streikrechts
- GDL ruft zum Streik zwischen 7. Dezember 2023, ab 18:00 Uhr im Güterverkehr und ab 22:00 Uhr im Personenverkehr bis Freitag, den 8. Dezember 2023 um 22:00 Uhr
„… Die Tarifrunde 2023 geht in die nächste Runde, nicht nur bei den Eisenbahnen in Deutschland, sondern auch bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder. Die Arbeitgeberseite mauert allerorten und ist nicht bereit, den Beschäftigten die ihnen zustehende Wertschätzung und Anerkennung für die geleistete Arbeit zukommen zu lassen. Im Bereich der Eisenbahnen weigern sich die Arbeitgeber darüber hinaus, zwingend erforderliche Verbesserungen zuzugestehen und über die Kernforderung der GDL nach einer Arbeitszeitabsenkung für Schichtarbeiter auf eine 35-Stunden-Woche und einer Fünf-Tage-Woche zu verhandeln. „Damit ignorieren die Unternehmen nicht nur die berechtigten Bedürfnisse der eigenen Beschäftigten,“ so der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky. „Sie torpedieren zudem die dringend nötigen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Personalgewinnung und setzen so fahrlässig die Zukunft des klimafreundlichsten Verkehrsmittels Eisenbahn aufs Spiel“. Um Bewegung zu erzeugen, ruft die GDL bei der Deutschen Bahn AG, dem Transdev-Konzern, der AKN Eisenbahn GmbH, der City-Bahn Chemnitz GmbH und acht Unternehmen aus dem Personaldienstleistungsbereich Lokomotivführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Werkstattmitarbeiter und Disponenten in allen Unternehmen und zusätzlich Fahrdienstleiter und weitere Berufsgruppen bei DB Netz zum Streik auf: am Donnerstag, den 7. Dezember 2023, ab 18:00 Uhr im Güterverkehr und ab 22:00 Uhr im Personenverkehr. Der Streik endet am Freitag, den 8. Dezember 2023 um 22:00 Uhr...“ GDL-Pressemitteilung vom 6. Dezember 2023 („Arbeitgeber torpedieren Personalgewinnung“) - Nächster GDL-Streik: Warum dürfen die das?
„Lokführer lassen erneut die Räder still stehen. Die Empörung ist groß – in FDP-Kreisen wird „Überarbeitung“ des Streikrechts gefordert. Vielleicht nach französischem Vorbild? Die Deutsche Bahn nennt es „verantwortungslos und egoistisch“ : Der Shitstorm war so sicher wie das Amen in der Kirche, als am späten Mittwochnachmittag bekannt wurde, dass die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am heutigen Donnerstag wieder in den Warnstreik tritt.
Als „größenwahnsinnig“ und als „Bitch“ wurde die Gewerkschaft in „Sozialen Netzwerken“ bezeichnet; als „Hurensohn“ ihr Vorsitzender, als „absurd und überzogen“ ihre Forderungen. Obwohl die Berufsgruppe als äußerst männerlastig gilt, tauchte auch die laut Duden einst eher für missliebige Frauen und Mädchen gedachte Bezeichnung „Pissnelken“ auf. Hinzu kamen kühl und sachlich formulierte Verbalattacken auf das Streikrecht; und das im Gegensatz zu den Kraftausdrücken keineswegs anonym. (…) Die Bahn betont unterdessen, bereits eine elfprozentige Lohnerhöhung angeboten zu haben und empfindet dies als großzügig. Die Inflationsrate betrug allerdings im vergangenen Jahr 7,9 Prozent und wird in diesem Jahr voraussichtlich rund 6,1 Prozent betragen. Der letzte Tarifvertrag wurde im Herbst 2021 geschlossen. So gesehen ist das Angebot ohne Zugeständnisse bei der Arbeitszeit eher bescheiden. Während des eintägigen Warnstreiks läuft nun die Urabstimmung der Gewerkschaft über unbefristete Arbeitskampfmaßnahmen weiter. Das Ergebnis soll am 19. Dezember bekanntgegeben werden. Allerdings hat Weselsky inzwischen versprochen, dass dann erst im neuen Jahr wieder gestreikt wird. Nach dem heute beginnenden Warnstreik, der am Freitagabend endet, wird es demnach bis zum 7. Januar keine weiteren Arbeitskampfmaßnahmen der GDL geben. (…)
Der Kommentar eines FDP-Nachwuchspolitikers kam zwar in sachlichem Ton daher, hatte es aber in sich: „Das Streikrecht muss überarbeitet werden“, schrieb der Vizechef der „Jungen Liberalen“, Tobias Weiskopf, auf der Plattform X. Generalstreik? – Très bien! Für sich genommen könnten diesen Satz auch Gewerkschaftslinke unterschreiben: Das Streikrecht überarbeiten? – Très bien! Sehr gerne nach französischem Vorbild. La grève générale, c’est une bonne chose – Zu Deutsch: Generalstreik ist eine gute Sache. Und in anderen EU-Ländern ist er im Gegensatz zu Deutschland nicht illegalisiert. (…) Aber all das meint der FDP-Nachwuchspolitiker natürlich nicht, im Gegenteil: „In kritischer Infrastruktur mit gerade einmal 24 Stunden Vorlauf das gesamte Land lahmlegen ist nicht verhältnismäßig“, so Weiskopf mit Blick auf den geplanten GDL-Streik. „Justiz und Politik müssen handeln.“ Streiks, die tatsächlich lästig werden können, dürfen demnach einfach nicht sein. (…)
Im Fall der GDL-Streiks geht es aber „nur“ um den Tarifvertrag einer für die Verkehrswende zentral wichtigen Berufsgruppe. Insofern sind sie auch nach deutscher Rechtsprechung legal. Aber nicht nur manchen „Jungen Liberalen“ reichen wohl die Einschränkungen des Streikrechts, mit denen sich Altnazis hier verewigt haben, noch nicht aus. Laut einer Umfrage, die das Marktforschungsinstitut Insa Anfang März dieses Jahres im Auftrag des Wirtschaftsflügels der CDU erhoben hat, denkt in der Tendenz auch die Mehrheit der Bevölkerung so. Anhänger der Grünen wollen zu 53 Prozent Streiks in der kritischen Infrastruktur an härtere Bedingungen knüpfen. Anhänger der FDP befürworten das „nur“ zu 49 Prozent, die der Unionsparteien zu 45 Prozent und SPD-Anhänger zu 37 Prozent. AfD- und Linke-Wähler liegen hier mit jeweils 42 Prozent gleichauf. Für ein vollständiges Verbot sind demnach 30 Prozent der Wählerschaft von CDU und CSU, 18 Prozent der SPD-Anhänger und sogar 17 Prozent der Linken-Wähler.“ Schöner Beitrag von Claudia Wangerin vom 07. Dezember 2023 in Telepolis - Die Überschrift der heutigen Meldung bezieht sich auf wochenlange Medienbeobachtung, befragt werden immer Menschen, die einen aktuellen Grund haben: Wochenende, Advent, Weihnachten…
- GDL ruft zum Streik zwischen 7. Dezember 2023, ab 18:00 Uhr im Güterverkehr und ab 22:00 Uhr im Personenverkehr bis Freitag, den 8. Dezember 2023 um 22:00 Uhr
- GDL erklärt Tarifverhandlungen mit der Bahn für gescheitert – Urabstimmung läuft, Streiktermin unklar, an Weihnachten ausgeschlossen
- Deutsche Bahn: Verhandlungsabbruch
„Die DB sagte Termine ab und weigert sich, über die Kernforderungen der GDL zu verhandeln. Da Gespräche unter diesen Vorzeichen sinnlos sind, hat die GDL die Verhandlungen abgebrochen. (…) Dabei ignoriert dieser Arbeitgeber konsequent, dass künftiges Personal für die Aufrechterhaltung des Eisenbahnbetriebes in Deutschland nur durch attraktive Arbeitsbedingungen gewonnen werden kann. Die GDL will und wird die Attraktivität der Berufe im Eisenbahnbetrieb wieder verbessern. Denn darauf kommt es für eine Verkehrswende in der Zukunft an. Die kurzsichtige Ausrichtung auf Boni und Einkommenserhöhungen des Managements trägt dazu nichts bei. Auch die inzwischen eingeleitete Urabstimmung der GDL-Mitglieder über längere Streikmaßnahmen ändert nichts an der Verweigerungshaltung der Arbeitgeberseite. (…) Wie in der Vergangenheit, werden wir auch in der Zukunft dafür kämpfen. Die Arbeitgeberseite scheint das nicht zu verstehen. Dann müssen wir es ihnen eben wieder einmal beweisen.“ GDL-Pressemitteilung vom 27. November 2023 , siehe auch: - Weselsky: Lasse mir Dauer des Weihnachtsfriedens nicht vorschreiben
„Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, lässt weiter offen, ob die Gewerkschaft auch kurz vor oder kurz nach Weihnachten streiken würde. Die GDL habe noch nie über Weihnachten gestreikt und werde das auch dieses Jahr nicht machen, sagte Weselsky in einem Interview mit „The Pioneer“…“ dpa-Meldung vom 27.11.2023 im Handelsblatt online - Deutsche Bahn blockiert weiterhin: Tischtuch zerschnitten – Tarifverhandlungen gescheitert!
„Die Deutsche Bahn weigert sich weiterhin, über die Kernforderungen der GDL zu verhandeln. Da weitere Gespräche unter diesen Vorzeichen sinnlos sind, bricht die GDL die Verhandlungen ab.
Die Deutsche Bahn tut alles dafür, den Tarifkonflikt weiter zu verschärfen. Hatte der Arbeitgeber schon einseitig und ohne Not die zweite Verhandlungsrunde in der letzten Woche abgesagt, war nun auch am 23. und 24. November 2023 in Berlin keinerlei Verhandlungswille erkennbar. Von Einigungsbereitschaft kann also keine Rede sein! Weiterhin weigert sich die DB nicht nur, über wichtige Kernforderungen der GDL wie die Arbeitszeitabsenkung für Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, die Schichtarbeit leisten, auf die 35-Stunden-Woche oder eine Fünf-Tage-Woche zu verhandeln. Darüber hinaus verweigert sie den Mitgliedern der GDL im Netzbetrieb und in der Netzinstandhaltung ihr grundsätzliches Recht auf eigene Tarifverträge. Auch einen fairen Tarifvertrag für die Werkstätten soll es nicht geben. Noch einen drauf setzt der Arbeitgeber, indem er auf Verschlechterungen bestehender Arbeitszeitregelungen und erhöhte Flexibilität für die Mitarbeiter im direkten Eisenbahnbetrieb setzt. (…) Angesichts dessen sind weitere Verhandlungen ohne Sinn und Zweck. „Die GDL wird es auch in dieser Runde nicht zulassen, dass unsere berechtigten Forderungen ignoriert werden“ so Weselsky. „Wie in der Vergangenheit, werden wir auch in der Zukunft dafür kämpfen. Die Arbeitgeberseite scheint das nicht zu verstehen. Dann müssen wir es ihnen eben wieder einmal beweisen“.“ GDL-Pressemitteilung vom 24. November 2023
- Deutsche Bahn: Verhandlungsabbruch
- GDL startet Urabstimmung über unbefristete Streiks und provoziert recht guten (Zwischen)Vorschlag für die Bahn AG: Vorstände entlassen, Lokführer verbeamten
- Deutsche Bahn, Transdev, City-Bahn Chemnitz, Personaldienstleister: GDL leitet Urabstimmung ein
„Da die DB fest vereinbarte Termine abgesagt hat und sie sowie andere Arbeitgeber sich Verhandlungen über die GDL-Kernforderungen entziehen, ruft die GDL ihre Mitglieder zur Urabstimmung auf. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) war auch am heutigen Freitag in Berlin verhandlungsbereit. Doch die Deutsche Bahn verweigerte auch heute die Verhandlung, obwohl der Streik der GDL gestern um 18:00 Uhr beendet wurde. (…) Den Zeitpunkt und das Ergebnis der Auszählung werden wir in gesonderten Pressemitteilungen bekannt geben. Weitere Warnstreiks sind bis dahin nicht ausgeschlossen.“ GDL-Pressemitteilung vom 17. November 2023 - Bahnstreiks der GDL: Ökonom schlägt radikale Lösung vor
„Schulden, Personalmangel, Wucherboni, Dauerverspätung: Unser Kolumnist macht konstruktive Vorschläge, wie die Bahn ihre Probleme endlich lösen könnte. (…)
Vorschlag: Vorstände entlassen, Lokführer verbeamten
Im Januar feiert die Deutsche Bahn ihr 30-jähriges Jubiläum als Aktiengesellschaft (AG). Ein guter Anlass für die Regierung, um sich ehrlich zu machen und das Experiment „DB AG“ als gescheitert zu erklären. Da sich die Bahn weder rechnet noch verlässlich ist, funktioniert sie als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen nicht – ganz offensichtlich. Zumindest nicht mit dem bisherigen Chefpersonal.
Die Lösung liegt auf der Hand: Die AG abwickeln, das Chefpersonal entlassen und die Bahn als klassischen Staatsbetrieb wieder beim Verkehrsministerium ansiedeln. Bevor die Schnappatmung einsetzt: Schon heute hält der Bund alle Bankaktien. Vier Gründe sprechen dafür.
Deutsche Bahn: Nie wieder Wucherboni, nie wieder Bahnstreiks?
Erstens ist eine verlässliche Bahn im öffentlichen Interesse von uns allen. Sie ist sogar das Rückgrat der Verkehrswende, wenn in Zukunft Pendler das Auto stehen und Firmen ihre Waren über die Schiene statt über die Autobahn transportieren lassen sollen. Zweitens würden die Angestellten der Bahn wieder verbeamtet werden können – wie vor der Privatisierung 1994 als Aktiengesellschaft. Höhere Pensionen, private Krankenversicherung, mehr Netto vom Brutto – mit den Vorteilen lässt sich auch der Personalmangel einfacher beseitigen als mit Spardruck und Befristungen. Noch heute arbeiten bei der Bahn übrigens Tausende Beamte, darunter auch Lokführer. Diejenigen, die schon vor der Privatisierung angefangen haben. 2040 werden die letzten in Pension gehen…“ Artikel von Maurice Höfgen vom 18.11.2023 in Berliner Zeitung online (Paywall) – einziger Widerspruch: Wir sind für das Streikrecht auch für Beamte, streikmäßig gäbe es also keine Entwarnung…
- Deutsche Bahn, Transdev, City-Bahn Chemnitz, Personaldienstleister: GDL leitet Urabstimmung ein
- Mit dem Streik der GDL warnstreikt auch der Bahnvorstand – warum die Forderungen der LokführerInnen berechtigt sind, obwohl der Streik im „Normalbetrieb“ kaum auffällt
- Deutsche Bahn bereit für weitere Verhandlungen mit der GDL
„Der vereinbarte Verhandlungstermin mit der GDL in der kommenden Woche findet selbstverständlich statt. Es sei denn, die GDL streikt am Verhandlungstermin selbst. Die DB will im Sinne der Mitarbeitenden und der Fahrgäste eine Lösung am Verhandlungstisch.“ Kurzmeldung vom 17. November 2023 im Presse-Blog der Bahn AG: Alle Infos zum GDL-Streik - Deutsche Bahn: Arbeitgeber verweigert Verhandlungen
„Die Deutsche Bahn verweigert sich bereits fest vereinbarten Verhandlungen und zeigt so ihr wahres Gesicht. GDL und dbb demonstrieren am Donnerstrag in Berlin und Schwerin. Scheinheiliger geht es kaum: Da wirft die Deutsche Bahn der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vor, die Sozialpartnerschaft „mit Füßen zu treten“, hat diese aber durch ihr tägliches Handeln längst einseitig und gegen die GDL-Mitglieder im Konzern aufgekündigt. Somit muss die GDL – als weiteren Mosaikstein – zur Kenntnis nehmen, dass dieser Arbeitgeber mit seinen hochbezahlten Managern offenkundig selbst in den Streik getreten ist.
GDL stellt sich der Verantwortung
Anders jedenfalls ist die arbeitgeberseitige Absage der zweiten Verhandlungsrunde vom heutigen Tage nicht zu erklären. „Ganz eindeutig ist es der Bahnvorstand, welcher kein Interesse an einer Lösung am Verhandlungstisch hat,“ so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. Die GDL wird trotz der Verweigerung der DB wie vereinbart am Donnerstag ab 11 Uhr am Verhandlungsort (Elisabeth-Schwarzhaupt-Platz 1 in Berlin) erscheinen, um sich ihrer Verantwortung im Sinne der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, aber auch der Fahrgäste zu stellen, und wie zugesagt für Verhandlungen bereitstehen. „Anstatt die GDL öffentlich zu diffamieren, sollten Herr Seiler und seine Getreuen keine weitere Arbeitsverweigerung begehen, denn anders als Arbeitnehmer, die ein grundgesetzliches Streikrecht innehaben, besteht dieses bei Vorständen ausdrücklich nicht,“ so Weselsky weiter…“ Pressemitteilung vom 15.11.2023 der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) - Der Bahnstreik der GDL ist richtig! Warum die Forderungen der Lokführer berechtigt sind
„Die Lokführer-Gewerkschaft GDL sei „gierig“ und nehme die Gesellschaft in „Geiselhaft“, ist derzeit in vielen Medien zu lesen. Der Autor der Berliner Zeitung, Maximilian Both, sieht es ganz anders. (…)
Streik und Normalbetrieb: Für Bahnkunden kaum zu unterscheiden
Wer Bahnkunden als Geiseln der GDL betrachtet, übersieht zudem, dass diese sonst ganzjährig von der Schlechtleistung des Bahn-Managements in Mitleidenschaft gezogen werden. Wer vergangenen Jahr mit der Bahn fuhr, brauchte besonders starke Nerven: Nur 65 Prozent der Züge im Fernverkehr kamen pünktlich – Zugausfälle werden bei dieser Statistik nicht berücksichtigt. Kann der durchschnittliche Bahnkunde Bahnstreik und Normalbetrieb überhaupt noch voneinander unterscheiden? Trotzdem genehmigte sich das Bahn-Management schon Anfang Januar eine Gehaltserhöhung um 14 Prozent. Laut internen Bahn-Unterlagen wurde die Vergütung zum 1. Januar dadurch „verlässlicher, krisenfester und damit attraktiver“. Zwar sei der Anteil kurzfristiger Prämien gesenkt worden, dafür erhielten Manager jetzt mehr langfristige Sonderzahlungen.
Bahn-Manager bekamen in diesem Jahr 14 Prozent mehr
Für den Bahn-Chef Richard Lutz fiel die Erhöhung trotz Katastrophenjahr indes besonders üppig aus: Für das Jahr 2022 erhielt Lutz eine Erhöhung seiner festen Vergütung von rund 7,56 Prozent – damit beträgt sein erfolgsunabhängiges Grundgehalt 968.000 Euro pro Jahr. Dazu kommen die Boni…“ Kommentar von Maximilian Both vom 15. November 2023 in der Berliner Zeitung online - Offener Brief an den DB-Vorstand: Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Wertschätzung
„In einem Offenen Brief an den DB-Vorstand schildert Lokomotivführer Sachar Schoner die Befindlichkeit der Mitarbeiter und fordert die Konzernführung zum Umdenken auf. (…) Ich bin Mitglied der GDL und bin mir genauso wie meine Kolleginnen und Kollegen sehr bewusst darüber, dass unsere Arbeitskampfmaßnahmen in der Öffentlichkeit mitunter auf Kritik stoßen. Sie können sich sicher sein, dass sich in unseren Reihen niemand befindet, der sich an diesen Maßnahmen erfreut oder einen Streik seiner regulären Tätigkeit vorzieht. Daher sollte man sich die Frage stellen, warum wir, die Mitglieder der GDL und Mitarbeiter ihres Unternehmens, so entschlossen und trotz aller öffentlicher Kritik unsere Arbeit zur Durchsetzung unserer Tarifforderungen niederlegen und somit den Bahnbetrieb beeinträchtigen oder sogar gänzlich zum Erliegen bringen wollen. Nun, diese Frage kann man nicht einfach mit einem einzigen Aspekt beantworten, sondern man muss die Akkumulation an Ursachen, welche zu der vorherrschenden Unzufriedenheit geführt haben, im Einzelnen betrachten…“ Umgangreicher offener Brief von Sachar Schoner, Lokomotivführer, am 15. November 2023 bei der GDL - Lob des Streiks: Warum Fahrgäste gut überlegen sollten, ob sie auf die GDL schimpfen
„Der Bahn-Vorstand schaltet auf stur. Massenmedien schäumen über den Arbeitskampf der Lokführer. Wer als Fahrgast mit einstimmt, übersieht etwas…“ Kommentar von Claudia Wangerin vom 16. November 2023 in Telepolis
- Deutsche Bahn bereit für weitere Verhandlungen mit der GDL
- Druck auf Verhandlungen am 16.11.: GDL kündigt Bahn-Streik vom 15. November 2023, 22 Uhr bis 16. November 2023, 18 Uhr an
- Verhandlungen über Kernforderungen verweigert: Wer nicht hören will…
„Da die Arbeitgeber Verhandlungen über zentrale Bestandteile der Forderungen kategorisch ausschließen, ruft die GDL ihre Mitglieder zu Streiks auf. (…) Die GDL ruft Lokomotivführer, Zugbegleiter, Werkstattmitarbeiter und Disponenten in allen Unternehmen und zusätzlich Fahrdienstleiter und weitere Berufsgruppen bei DB Netz zum Streik auf:
Vom 15. November 2023, 22 Uhr bis 16. November 2023, 18 Uhr
„Der Unmut der Beschäftigen ist groß, ihre Anliegen sind legitim“, so Weselsky. „Wer glaubt, zulasten der Mitarbeiter zynisch auf Zeit spielen zu können, befindet sich im Irrtum. Jetzt ist die Zeit, Verbesserungen zu erzielen, das duldet keinen Aufschub!“ GDL-Pressemitteilung vom 14. November 2023 – siehe auch: - Deutsche Bahn: Streik in „blauen Betrieben“? Na klar – und ausdrücklich ja! Mit miesen Tricks versuchen DB und evg, die GDL zu schwächen – vergeblich.
„DB AG und evg wollen unseren Mitgliedern suggerieren, dass man in den arbeitgeberseitig gewillkürten evg-Mehrheitsbetrieben, oder wo es noch keinen GDL-Tarifvertrag gibt, nicht zu streiken bräuchte. Teilweise wird sogar behauptet, man dürfe als GDL-Mitglied in einem „blauen Betrieb“ gar nicht streiken. Das ist schlichtweg falsch und einfach nur gelogen! Klare Antwort: Das Streikrecht für GDL-Mitglieder gilt in allen Betrieben! Wie groß muss die Angst sein, wenn man mit miesen Tricks versucht, den GDL-Zusammenhalt zu unterlaufen um die GDL – aussichtslos – zu schwächen. Offenkundig will man in gewohnter trauter Zweisamkeit verhindern, dass die GDL einen besseren Tarifabschluss erzielt. Um bei möglichen Streiks die Beteiligung zu senken, werden GDL-Mitglieder aktiv angesprochen: „Es lohnt sich nicht, in einem blauen Betrieb zu streiken, weil der GDL-Tarif dort gar nicht gelte,“ heißt es. Das Ziel ist die Schwächung der GDL. Klare Antwort: Dieser Plan wird nicht aufgehen!…“ GDL-Aushang vom 13. November 2023
- Verhandlungen über Kernforderungen verweigert: Wer nicht hören will…
- Keine Überraschung beim Verhandlungsauftakt zwischen Bahn und GDL: Arbeitgeber nicht bereit, über Kernforderungen zu verhandeln, nächster Versuch am 16.11.
„Die DB AG zeigte keinen Willen, die Tarifauseinandersetzung auch nur annähernd zu entschärfen. Mit Verhandlungsauftakt hat die Deutsche Bahn AG der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ein Papier vorgelegt, das als „abschließendes Angebot“ bezeichnet wurde. Bedauerlicherweise wohl eher ein schlechtes humoristisches Stilmittel, denn dieses Angebot beinhaltet neben einer viel zu geringen Entgelterhöhung überwiegend unkonkrete Reformvorschläge zu Lasten der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat klar ausgedrückt, dass er nicht dazu bereit ist, über die wesentlichen Kernforderungen der GDL zu sprechen. Eine klare Provokation der Deutschen Bahn – dennoch wird die GDL über dieses vom Arbeitgeber hingehaltene Stöckchen nicht springen!
Entgelterhöhung nicht ausreichend
Schon bevor die Arbeitgeberseite das Angebot im Verhandlungsraum ausgesprochen hat, war die Öffentlichkeit darüber informiert. Für die GDL war das der erste Affront. Der zweite Affront war das Angebot selbst. Die Deutsche Bahn hat angeboten, die Entgelterhöhung am Abschluss des öffentlichen Dienstes zu orientierten. Eine konkrete Zahl hat die GDL-seitige Verhandlungsgruppe nicht zu hören bekommen. Die Laufzeit soll dabei 32 Monate betragen. Weit entfernt von den geforderten 555 Euro bei zwölf Monaten. Zuzüglich soll es 2.850 Euro steuerfreie Inflationsausgleichsprämie geben, von denen am Ende des Tages nur noch 1.500 Euro übrig waren.
Enger Verhandlungsplan mit den falschen Themen
Statt des ursprünglich langgestreckten Zeitplans über drei Monate hat die Deutsche Bahn mit ihrem Angebot nun vier zeitlich eng beieinander liegende Termine bis Mitte Dezember vorgeschlagen. „Wenn es nach dem Arbeitgeber geht, soll es dabei nicht um unsere Forderungen, sondern um die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die GDL-Mitglieder in den DB-Unternehmen gehen“, stellt GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky fest. „Wir haben zugesagt, die Termine wahrzunehmen, aber wir wollen auch ernsthaft über unsere Forderungen verhandeln“.
Interesse an schnellem Inflationsausgleich
Die GDL hat gefordert, dass die Inflationsausgleichsprämie bereits jetzt gezahlt werden soll. (…) Fortsetzung der Verhandlungen am 16. und 17. November 2023…“ GDL-Pressemitteilung vom 09. November 2023 („Deutsche Bahn AG und GDL: Arbeitgeber nicht bereit, über Kernforderungen zu verhandeln“) - Höre dazu Claus Weselsky über mögliche Streiks der GDL, die Gründung der Fair Train und vieles mehr im Interview am 5.11.23 bei arbeitsunrecht FM : Claus Weselsky. Drohen Bahn-Streiks? Was will die GDL? Hat die Fair train eine Chance?