Tarifrunde Eisen und Stahl 2023: Kommt die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich?

Dossier

Tarifrunde Eisen und Stahl 2023 der IG Metall8,5 Prozent mehr Geld. Eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 32 Stunden, bei vollem Entgeltausgleich. Sowie die Fortführung der Altersteilzeit. Diese Forderungen empfehlen die Tarifkommissionen in der Stahlindustrie Nordwest und Ost für die im November startenden Tarifverhandlungen. (…) Darüber hinaus sollen die Tarifverträge zur Altersteilzeit, über den Einsatz von Werkverträgen und zur Beschäftigungssicherung für die über 80.000 Beschäftigten verlängert werden. Das Ergebnis soll zudem eine mitgliederorientierte soziale Komponente enthalten. Am 18. September wird der Vorstand der IG Metall die endgültige Tarifforderungen für die Stahl-Tarifrunde 2023 externer Link beschließen…“ Meldung der IG Metall vom 7. September 2023 externer Link (Stahl-Tarifkommissionen fordern 8,5 Prozent und 32 Stunden als Einstieg in die 4-Tage-Woche) und mehr dazu:

  • [Stahltarifrunde 2023] Toller Streik, mageres Ergebnis New
    Die Stahltarifrunde 2023 war kämpferischer als die vorhergehenden Tarifrunden, aber mager im Abschluss. Unser Streik brachte weder einen vollen Ausgleich der Inflationsverluste, noch erreichte er eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden. Die Chance, das zurückzuholen, was wir verloren haben, wurde vertan, der Einstieg in die 4-Tage-Woche verpasst. Das lag an den Widerständen der Kapitalisten, vor denen die IGM-Verhandlungskommission und die hinter ihr stehende IG Metall-Bezirksleitung NRW klein beigaben. Aus unserem tollen Streik wurde kein erfolgreicher Kampf. Eine Bilanz der was tun bei Thyssenkrupp Steel…“ Broschüre zur Bilanz der Stahltarifrunde von und bei Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet externer Link
  • [Köder der Inflationsausgleichsprämie erfolgreich ausgelegt] Tarif in der Stahlindustrie: Da war mehr drin! 
    Das Ziel der kollektiven 32-Stunden-Woche wurde (noch) nicht erreicht. Lediglich im Krisenfall kann die Arbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich auf 32 Stunden reduziert werden. Die Entwicklung der Reallöhne ist trotz Subventionen und Gewinnen der Stahlindustrie negativ. (…) Das bedeutet, dass der emanzipatorische Charakter und die demokratische Bedeutung der Arbeitszeitverkürzung nicht durchgesetzt werden konnten. Das Bedürfnis nach mehr freier Zeit zur eigenen Verfügung, nach besserer, gerechterer Aufteilung der Zeit für Produktion und Reproduktion konnte nicht durchgesetzt werden. Wirklich bitter ist, dass es für diese Arbeitszeitverkürzung zur Sicherung von Beschäftigung nur einen teilweisen Lohnausgleich geben wird. Die Arbeiterinnen und Arbeiter bezahlen die Sicherung von Arbeitsplätzen mit Lohnverlust. Die Arbeitgeber stecken sich die Produktivitätsgewinne ein. Nicht besser steht es um die Individuelle Arbeitszeitverkürzung für einzelne Beschäftigte (…) Der Fortschritt ist eine Schnecke! So kleine Schritte selbst für diejenigen, die schon 30 oder 40 Jahre im Betrieb auf dem Buckel haben – und selbst das noch teilweise durch Lohnverzicht finanziert. (…) Enttäuschend für viele Beschäftigte ist, dass die Arbeitgeber den Köder mit den 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie ausgelegt haben und dass die Gewerkschaft darauf eingegangen ist und damit eine Wende in den Verhandlungen verursacht wurde…“ Artikel vom 22.12.2023 von und bei Stephan Krull externer Link
  • Tarifergebnis Eisen und Stahl erwartbar auch in der ostdeutschen Stahlindustrie quasi übernommen – und 1. Kommentar zur verpassten Chance bei der Arbeitszeitverkürzung
    • „… Nach der nordwestdeutschen Stahlindustrie am Samstag hat die IG Metall am Montag nun auch in der ostdeutschen Stahlindustrie ein Verhandlungsergebnis erzielt.
      Die Beschäftigten erhalten im Januar 2024 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1500 Euro netto (Auszubildende 1000 Euro). Weitere 1500 Euro (Auszubildende 800 Euro) sind in Raten bis Ende 2024 auszubezahlen: Von Februar bis November gibt es monatliche Zahlungen in Höhe von 150 Euro netto (Auszubildende jeweils 80 Euro). Teilzeitbeschäftigte erhalten die Inflationsausgleichsprämie jeweils anteilig. Die monatlichen Auszahlungen sind nicht starr. Arbeitgeber und Betriebsrat können im Betrieb Abweichungen bei der Höhe und beim Auszahlungstermin vereinbaren. Manche Betriebe haben bereits Teile der steuerfreien Inflationsprämie ausgezahlt. Für sie gilt: Beträge oberhalb der 3000 Euro werden brutto vergütet. Ab 1. Januar 2025 steigen die Entgelte und Auszubildendenvergütung um 5,5 Prozent. Der Tarifvertrag läuft bis zum 30. September 2025….“ Am 18. Dezember 2023 aktualisierte Meldung der IG Metall externer Link
    • Tarifabschluss in der Stahlindustrie: Verpasste Chance
      Kurswechsel in der IG Metall dringend nötig
      Nach der dritten Verhandlungsrunde in der nordwestdeutschen Stahlindustrie gibt es ein Ergebnis. Wie ist dieses zu bewerten?
      Dies war keine „normale“ Tarifrunde in der Stahlindustrie. Sie war insofern etwas besonderes, da es nicht „nur“ um höhere Löhne ging. Es war seit längerer Zeit das erste Mal, dass die IG Metall, im Zuge einer branchenweiten Tarifbewegung, die Frage der kollektiven Arbeitszeitverkürzung wieder aufgegriffen hat. Satte 28 Jahre nach Einführung der 35-Stunden-Woche in der metallverarbeitenden Industrie.
      Schlechter Abschluss
      Wenn man sich das gesamte Ergebnis anschaut und die immer noch vorhandene Stärke der IGM in diesem Industriebereich berücksichtigt, ist das Ergebnis eine einzige Enttäuschung. Für das Jahr 2024 gibt es keine Erhöhung der tariflichen Entgelte, stattdessen im Januar die erste Hälfte der insgesamt 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie (IAP). Von Februar bis November dann die zweite Hälfte, jeweils als monatliche Rate. Erst ab Januar 2025 gibt es 5,5 Prozent mehr Lohn. Der Tarifvertrag hat wieder eine lange Laufzeit, bis zum 30. September 2025. (…)
      Beim zweiten großen Thema, der Arbeitszeitverkürzung, ist die IGM mit dem Versuch gescheitert eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung für alle durchzusetzen. (…) Dies geschieht dann allerdings nur mit einem Teillohnausgleich und muss zudem vom Betriebsrat ausgehandelt werden. Dieser befindet sich jedoch in einer schwächeren Position als die Gewerkschaft, da er nicht zum Streik aufrufen darf. Die Beschäftigten können auch individuell die Arbeitszeit auf bis zu 33,6 Stunden in der Woche verkürzen. Sofern, „betriebliche Belange“ dem nicht entgegenstehen. Diese Formulierung wird dazu führen, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen bei ihrer Personalabteilung eine Abfuhr einhandeln werden, weil die Regelung nicht verbindlich ist. Und auch hier gibt es keinen vollen Lohnausgleich. Zudem gibt es die Möglichkeit für die Unternehmen, bei guter Auftragslage und mit Zustimmung des Betriebsrates die Arbeitszeit um maximal drei Stunden zu erhöhen. Das anvisierte Ziel der Verkürzung auf 32 Stunden Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich und dem „Einstieg“ in die Vier-Tage-Woche wurde weit verfehlt und damit eine wichtige Chance verpasst, das Thema kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich zum Erfolg zu führen und damit ein positives Beispiel für andere Gewerkschaften zu setzen. (…) Angesichts der Tatsache, dass die Tarifrunde erst angelaufen war und es noch nicht einmal einen 24-Stunden-Streik wie bei den letzten Tarifrunden in der Metallverarbeitung gab, ist es bezeichnend, dass die IGM-Spitze schon den Abschluss gesucht hat. Etwa ein Viertel der 80.000 Beschäftigten des Tarifgebietes hatte sich an den Warnstreiks beteiligt. Schaut man sich die Reaktionen auf der Facebook-Seite der Gewerkschaft an, gehen diese eindeutig in Richtung klarer Kritik. Ein Kollege schreibt: „Wir haben noch nicht mal richtig angefangen zu streiken und ihr lasst euch so schnell einschüchtern
      .“…“ Beitrag von Torsten Sting, ver.di-Mitglied, Rostock, am 20. Dezember 2023 in solidaritaet.info externer Link (Sol)
    • Bei Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet externer Link gibt es einen kritischen Kommentar zur 4. Verhandlungsrunde, doch nicht kopierbar
  • Tarifergebnis Eisen und Stahl 2023 Nordwest: Inflationsausgleichsprämien und 5,5% ab Januar 2025, Arbeitszeitverkürzung (aber auch -verlängerung) um 3 Stunden mit max. 50% Lohnausgleich
    „… Nach 14 Stunden Verhandlung in der Tarifrunde der nordwestdeutschen Eisen- und Stahlindustrie hat die IG Metall am Samstagmorgen ein Verhandlungsergebnis erzielt. Die Beschäftigten erhalten im Januar 2024 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1500 Euro netto (Auszubildende 1000 Euro). Weitere 1500 Euro (Auszubildende 800 Euro) sind in Raten bis Ende 2024 auszubezahlen: Von Februar bis November gibt es monatliche Zahlungen in Höhe von 150 Euro netto (Auszubildende jeweils 80 Euro). Teilzeitbeschäftigte erhalten die Inflationsausgleichsprämie jeweils anteilig. Ab 1. Januar 2025 steigen die Entgelte und Auszubildendenvergütung um 5,5 Prozent. Der Tarifvertrag läuft bis zum 30. September 2025. (…) Zum Thema Arbeitszeit wurde in einem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung im Rahmen der Transformation folgendes vereinbart: Kollektive Arbeitszeitverkürzung: Bei Druck auf die Beschäftigung im Zuge der Transformation können die Betriebsparteien – ausgehend von der Regelarbeitszeit von 35 Stunden – die Arbeitszeit um drei Stunden absenken. Im Falle der kollektiven Absenkung der Arbeitszeit wird gestaffelt bis zu einer Stunde mehr vergütet. Sollte aus Gründen der Transformation temporär ein Mehrbedarf nötig sein – etwa für einen Parallelbetrieb von alten und neuen Technologien oder für Qualifikation – kann die Arbeitszeit von den Betriebsparteien auch um bis zu drei Stunden erhöht werden. Für die jenseits von 35 Stunden geleistete Arbeit wird die jetzt schon geltende Mehrarbeitsvergütung bezahlt. Individuelle Arbeitszeitverkürzung: Dem Wunsch der Beschäftigten auf Absenkung der individuellen Arbeitszeit auf 33,6 Stunden kann entsprochen werden, sofern dem betriebliche Belange nicht entgegen stehen. Hierfür wird grundsätzlich keine Entgeltsicherung gewährt. Entgeltsicherung erhalten ab dem 01. Januar 2025 jedoch Beschäftigte mit einem Alter 60 Jahre und älter, die im Schichtdienst arbeiten. Hierfür werden 34,10 Stunden bezahlt. In den Jahren 2026 und 2027 wird die Altersgrenze jeweils um ein Jahr abgesenkt. Im Jahre 2027 findet eine Bewertung der Regelung statt. (…) Die Tarifverträge zur Altersteilzeit, Beschäftigungssicherung und zum Einsatz von Werkverträgen wurden verlängert…“ Tarifmeldung der IG Metall vom 16. Dezember 2023 externer Link („Tarifrunde Eisen und Stahl 2023: Mehr Geld und Sicherheit in der Stahlindustrie“) – am Montag verhandeln IG Metall und Arbeitgeber in der ostdeutschen Stahlindustrie (wird wohl nicht besser…)
  • Werden die „Trippelschritte“ bei den Stahl-Tarifverhandlungen am Montag, 11.12. fortgesetzt, folgt am Dienstag, 12.12. der 24-Stunden-Streik für 32-Stunden/Woche
    • Trippelschritte bei den Stahl-Tarifverhandlungen – weiter Warnstreiks
      Bei der dritten Verhandlung haben sich die Stahl-Arbeitgeber erstmals bei der Arbeitszeit bewegt – doch nur in Trippelschritten. Bislang waren seit dem 1. Dezember über 18.000 Beschäftigte im Warnstreik. Am Montag ist noch einmal Verhandlung. Ab Dienstag drohen dann 24-Stunden-Warnstreiks…“ IG Metall-Meldung aktualisiert am 8. Dezember 2023 externer Link
    • AGV Stahl: „Lehnen generelle 32 Stunden/Woche kategorisch ab“! Mit 24-Stunden-Streik antworten
      In der 3. Verhandlungsrunde „lehnt“ der Arbeitgeberverband Stahl „weiterhin eine generelle, von der Transformation unabhängige Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden/Woche bei vollem Lohnausgleich kategorisch ab“ (Pressemitteilung Arbeitgeberverband Stahl vom 07.12.2023). `Kategorisch` heißt laut Duden ´entschieden` oder ´unbedingt gültig`. In diese Absage der Stahlkapitalisten an die 32-h-Woche lässt sich eigentlich nicht viel hineininterpretieren.
      Durchsichtiger Spaltungsversuch
      Der Arbeitgeberverband Stahl (AGV Stahl) bot an: „Beschäftigungssichernde Maßnahmen“ und „Flexibilisierung der wöchentlichen Arbeitszeit nach oben und nach unten“ sollen über einen „Transformationstarifvertrag zur Beschäftigungssicherung“ möglich sein. Die „Beschäftigungssicherung“ der Stahlkapitalisten hat uns schon tausende Arbeitsplätze gekostet. Ihr Transformationstarifvertrag soll nur gelten, „wenn und soweit sich ein Unternehmen konkret in der Transformation befindet“. Demnach wären viele Kolleginnen und Kollegen der nordwestdeutschen Stahlindustrie vom gemeinsamen Tarifvertrag, für den wir kämpfen, ausgeschlossen. Das trifft noch viel mehr zu, wo doch die CDU/CSU über das Bundesverfassungsgericht und unter dem Beifall der AfD die weitere Grüne Transformation der Stahlindustrie blockiert.
      Was Knut Giesler sieht
      Der Verhandlungsführer der IG Metall, Knut Giesler, sieht jedoch „ein Umdenken bei den Arbeitgebern“. Die stahlnachrichten der IGM vom 7. Dezember schreiben: „Arbeitgeber bewegen sich bei der Arbeitszeitverkürzung“. Wie man in einer kategorischen Ablehnung ein „Umdenken“ und „sich bewegen“ bei der 32-h-Woche sehen kann, ist uns ein Rätsel. Aber wir waren ja bei den Verhandlungen nicht dabei.
      Mit 24-Stunden-Streik antworten
      Wir sollten den Spaltungsversuch von Osburg  & Co. „kategorisch“ zurückweisen. 8,5 % mehr Entgelt und 32-h-Woche müssen für alle gelten und nicht nur für einige Auserwählte in der Grünen Transformation, an die die Stahlkapitalisten großzügig ein paar Weihnachtsgeschenke verteilen. Und für die Stahlkapitalisten nur zur Erinnerung an ihre ´Verdienste` um grünen Stahl: Sie haben nicht nur jahrelang die grüne Transformation verpennt, sondern tragen auch finanziell,  trotz Maximalgewinnen im letzten Jahr, wenig dazu bei. Den Damen und Herren vom Arbeitgeberverband Stahl müssen wir endlich ,klare Kante` zeigen – ´kategorisch` versteht sich.“ Meldung vom 09.12.2023 bei Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet externer Link auf der Startseite (keine deep-links) – dort auch ein Video einer Kundgebung am 5. Dezember vor Tor 1 bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg-Bruckhausen
  • Arbeitgeber zeigen weder Lust auf Arbeitszeitverkürzung noch auf Verhandlungen: IG Metall kündigt Warnstreiks in der Stahlindustrie ab 1. Dezember an
    Enttäuschende zweite Tarifverhandlung Stahl: Die Arbeitgeber beharren auf ihrem ersten Angebot: 3,1 Prozent für 15 Monate. Zudem wollen sie erst am 11. Dezember weiterverhandeln. Die IG Metall erhöht den Druck. Die Tarifkommissionen haben nun beschlossen: Warnstreiks ab dem 1. Dezember.
    Die zweite Runde der Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie endete am Donnerstagabend nach gut drei Stunden ohne Ergebnis: Die Arbeitgeber beharren auf ihrem Angebot aus der ersten Verhandlung vor zehn Tagen: 3,1 Prozent mehr Geld, für eine Laufzeit von 15 Monaten (entspricht 2,48 Prozent umgerechnet auf 12 Monate). (…) „Die Arbeitgeber sahen sich heute nicht in der Lage, ihr Entgeltangebot aus der ersten Verhandlung zu verbessern. Zum Thema Arbeitszeitverkürzung gab es auch nichts“, kritisierte Knut Giesler, IG Metall Bezirksleiter NRW und Verhandlungsführer in der nordwestdeutschen Stahlindustrie. Giesler zeigte sich zudem enttäuscht, dass die Arbeitgeber erst am 11. Dezember wieder verhandeln wollen. „Sie lassen unnötig Zeit verstreichen. In Zeiten der Unsicherheit haben wir aber keine Zeit zu verlieren.“
    Um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen, haben nun die Tarifkommissionen der IG Metall für die nordwestdeutsche und die ostdeutsche Stahlindustrie am Freitagmorgen beschlossen: Am 1. Dezember, 0 Uhr, starten die Warnstreiks…“ Meldung der IG Metall vom 24. November 2023 externer Link
  • Vier-Tage-Woche: Offensiv in die Tarifverhandlungen. Die IG Metall fordert die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich
    Die IG Metall hat am Mittwoch für die im November beginnende Tarifrunde der nordwestdeutschen Eisen- und Stahlindustrie ihre Forderungen vorgestellt: Sie will eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 35 auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich sowie eine Lohnerhöhung um 8,5 Prozent. Die Gewerkschaft betonte, dass die Erhöhung notwendig sei, um die nach wie vor hohe Inflationsrate auszugleichen. Mit der Arbeitszeitverkürzung wolle die Metallgewerkschaft die Vier-Tage-Woche in der Branche einführen, teilte der Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen und Verhandlungsführer, Knut Giesler, mit.
    Kapitalvertreter lehnen die Forderung der Gewerkschaft entschieden ab, wie es in einer Reaktion des Arbeitgeberverbands Stahl vom Mittwoch heißt. Laut Berechnungen des Industrieverbands impliziere allein die Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich schon eine Lohnerhöhung von 8,6 Prozent. Zusammen mit der nominalen Lohnforderung würde das laut Gerhard Erdmann, Geschäftsführer des Verbands, zusätzliche Lohnkosten von über 17 Prozent bedeuten. »Das überfordert die Leistungsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie endgültig und gefährdet sie existenziell«, erklärte er.
    »Wir sehen es nicht so, dass unsere Forderung die Existenz der Stahlindustrie gefährdet«, entgegnete der Sprecher der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Mike Schürg, im Gespräch mit »nd« auf die Vorwürfe. »Wir glauben, dass höhere Löhne und die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich Mittel sind, um die Stahlindustrie wettbewerbsfähig zu halten und Fachkräfte zu erhalten.« Eine Arbeitszeitverkürzung würde die Bedingungen in der Branche attraktiver machen und Beschäftigung sichern, sagte er. Diese sei aus Sicht der Gewerkschaft gefährdet, weil mit modernen und produktiveren Anlagen zukünftig weniger Arbeitskräfte gebraucht würden…“ Artikel von Felix Sassmannshausen vom 07.09.2023 in ND online externer Link
  • IG Metall bringt für die Tarifrunde Eisen und Stahl 2023 die 4-Tage-Woche ins Gespräch – kann diesmal Arbeitsverdichtung als Nebenwirkung verhindert werden? 
    • Was bringt die Vier-Tage-Woche? Kurze Vollzeit für Alle! Voller Personalausgleich? 
      Weniger Arbeit für den gleichen Lohn – das fordert die IG Metall. Die Debatte wird schon länger geführt, die Forderungen werden gerade lauter. (…) Der NDR hat eine Umfrage dazu durchgeführt: Große Mehrheit für die VierTageWoche bei vollem Lohnausgleich. Das wäre gesellschaftlich vernünftig, ökologisch erforderlich, ökonomisch machbar. Gute Arbeit und das gute Leben für Alle! (…) Zum 1. Mai erneuerte der Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, die Forderung für Beschäftigte bestimmter Branchen – man brauche sie vor allem auf Baustellen, wo keine Heimarbeit möglich sei, sowie für Schichtarbeiter. (…) Die IG Metall ist lange an diesem Thema und in vielen Betrieben wurden dafür Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abgeschlossen – jüngst bei der VW-Tochter PowerCo, bei der in Salzgitter bald durch 5.000 Beschäftigte Batterien für E-Autos gebaut werden sollen. Tatsächlich gibt es die 4-Tage-Woche in vielen Betrieben und Tarifverträgen der IG Metall. (…) Bleibt die Befürchtung, dass die Verkürzung der Arbeitszeit zu Leistungsverdichtung und höherem Arbeitsdruck führt – eine Erfahrung, die vor allem in indirekten Bereichen abseits der Produktion, in der Verwaltung, in Entwicklungsabteilungen und Wartungsbereichen zu Skepsis gegenüber der Arbeitszeitverkürzung führt. Diese Befürchtungen sind nicht grundlos und ernst zu nehmen, zumal in kürzerer Arbeitszeit tatsächlich produktiver gearbeitet wird. Mit der Länge des Arbeitstages sinkt die Produktivität. Aufgefangen werden kann diese Skepsis durch wirksame Mitbestimmung in der Personal- und Leistungsbemessung, durch Neueinstellungen vor allem in den Bereichen ohne Leistungslohn und Zeitvorgaben. Kürzere Arbeitszeiten können immer flexibler verteilt werden als längere Arbeitszeiten – sowohl im unternehmerischen Interesse als auch orientiert an den Bedürfnissen der Beschäftigten.
      Für eine generelle und kollektive Arbeitszeitverkürzung gibt es Bereiche, in denen ein Personalausgleich nicht erfolgen sollte, nämlich in den Industrien, die teils drastisch reduziert werden müssen: Kohle, Auto inklusive Straßenbau, Rüstung, Werbung. Und dann gibt es Bereiche, in denen Beschäftigung drastisch aufgebaut werden muss: Gesundheitswesen, Bildungswesen, öffentliche Verwaltungen, Schienenfahrzeug- und Infrastrukturbau. Außerdem machen wir täglich die Erfahrung, dass seitens des Kapitals die Erwerbsarbeit immer intensiviert wird, die Arbeitsproduktivität gesteigert, der Arbeitsdruck erhöht wird – unabhängig von der Länge des Arbeitstages. Der Sinn von Arbeitszeitverkürzung besteht also auch darin, die Zeit zu verkürzen, in der der Unternehmer überhaupt die Gelegenheit hat, die primäre Ausbeutung zu organisieren und zu steigern…“ Beitrag vom 6. Mai 2023 von und bei Stephan Krull externer Link
    • Kommt jetzt das Drei-Tage-Wochenende?
      Die Debatte über deutlich kürzere Arbeitszeiten nimmt gerade wieder Fahrt auf. Arbeitsforscher Philipp Frey hält das nur für logisch – und verweist im Podcast „Die Stunde Null“ auf erfolgreiche Versuche im Ausland…“ Podcast „Die Stunde Null“ vom 2.05.2023 bei Capital.de externer Link Audio Datei
    • Mittelstandspflege der IG Metall: Viertagewoche? Mehr Work-Life-Balance? Eigentlich gute Ideen. Aber sie gehen an der Realität der Geringverdiener:innen vorbei
      „… Wie gut es dem Land geht, zeigt die aktuelle Debatte, die von der IG Metall angestoßen wurde: Sie will die Viertagewoche. Die ist beileibe keine realitätsfremde Utopie. Das Thema ist sogar gut platziert. Denn wenn die Arbeitgeber aller Klassen lauthals über den Fachkräftemangel stöhnen, der tatsächlich eher ein Arbeitskräftemangel ist, weiß die arbeitende Bevölkerung, dass sie zum knappen Gut geworden ist. Dass sie am stärkeren Hebel sitzt. Dass sie mithin Forderungen stellen kann, an deren Durchsetzung sonst nie zu denken wäre. Work-Life-Balance? Ein wichtiges Thema! Und schön, dass viele es sich leisten können, darüber nachzudenken. Als Angebot, als Option, als Möglichkeit hat das durchaus seinen Reiz. Aber es ist bei Weitem eben nicht die glückselig machende Revolution für alle. Vor allem das Heer der Ge­ring­ver­die­ne­r:in­nen wird sich ratlos an den Kopf fassen, wenn die Gewerkschaften in erster Linie Mittelstandspflege betreiben. Denn die Nied­rig­löh­ne­r:in­nen dürften dann freiwillig mehr arbeiten, um über den Lohnausgleich hinaus zusätzlich Geld zu verdienen. Kein Wunder, dass vom Aufstand der Arbeitenden bei den Gewerkschaftsdemos so wenig zu sehen ist.“ Kommentar von Gereon Asmuth vom 1.5.2023 in der taz online externer Link
  • Im Vorfeld der Tarifrunde Eisen und Stahl 2023: Diskussion über 4-Tage-Woche als Tarifforderung
    „Soll die IG Metall mit der Forderung nach einer 4-Tage-Woche in die Ende 2023 startende Tarifrunde in der Stahlindustrie gehen? Darüber diskutieren aktuell die Mitglieder der Tarifkommission in der nordwestdeutschen Stahlindustrie. Der Vorschlag kam von der IG Metall-Verhandlungskommission, der auch zahlreiche Betriebsräte aus Stahlbetrieben angehören. Genauer gesagt geht es um eine 4-Tage-Woche mit 32 statt 35 Stunden, bei vollem Lohnausgleich. Die 4-Tage-Woche wird derzeit weltweit diskutiert, in vielen Staaten wird experimentiert: Beschäftigte arbeiten motivierter, produktiver und gesünder – und können Arbeit und Leben besser vereinbaren, Stichwort „Work-Life-Balance“. Betriebe werden durch die 4-Tage-Woche attraktiver für Fachkräfte – und können damit in Krisen Arbeitsplätze sichern. Und schließlich ist die 4-Tage-Woche auch gut fürs Klima, spart Arbeitswege und Energie. (…) Wann kommt die 4-Tage-Woche endlich auch in Deutschland? Diese Frage geistert seit Wochen durch die Medien. 70 Prozent der Beschäftigten würden sich laut Umfragen eine 4-Tage-Woche wünschen. Die Antwort: Die 4-Tage-Woche gibt es längst. Viele Tarifverträge der IG Metall ermöglichen die Absenkung der Arbeitszeit für Betriebe sowie Wahlarbeitszeiten für Beschäftigte – auch in der Eisen- und Stahlindustrie. (…) Bei Arcelor Mittal und Thyssenkrupp wählen viele Beschäftigte kürzere Arbeitszeiten – obwohl sie dabei Geld verlieren. Denn einen Lohnausgleich für die individuell gekürzten Arbeitsstunden zahlen die Arbeitgeber derzeit nicht. Und genau das ist der entscheidende Knackpunkt: Eine 4-Tage-Woche musst Du Dir auch leisten können. Einen teilweisen Ausgleich zahlen die Arbeitgeber nur bei Absenkung der Arbeitszeit in Krisen: Die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung der IG Metall ermöglichen eine Absenkung der Arbeitszeiten – in der nordwestdeutschen Stahlindustrie bis auf 28 Stunden, wobei die Beschäftigten dann bis zu 1,75 Stundenlöhne vom Arbeitgeber als Ausgleich erhalten. Auch in der Metall- und Elektroindustrie gibt es Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung. Und auch dort können Beschäftigte ihre Arbeitszeit individuell absenken, auf “verkürzte Vollzeit”, sogar bis auf 28 Stunden – allerdings auch hier ohne Entgeltausgleich. (…) Eine Herausforderung ist noch, wie die 4-Tage-Woche für Beschäftigte in Schichtarbeit umgesetzt werden kann. In der Eisen- und Stahlindustrie gibt es eine Vielzahl verschiedener Schichtmodelle. (…) Die 4-Tage-Woche wäre “für die Lebensqualität und die Gesundheit ein externer Link großer Fortschritt”, findet Stahl-Verhandlungsführer Knut Giesler. Er will die 4-Tage-Woche als Vorschlag Ende April in die Tarifkommission einbringen. “Die bisherigen Rückmeldungen aus den Belegschaften sind ausgesprochen positiv.” „Die 4-Tage-Woche wird seit Jahren von der IG Metall nicht nur gesellschaftlich vorangetrieben, sondern auch konkret umgesetzt“, erklärt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Die Forderung, in der Stahlbranche die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich umzusetzen, zielt erstmals auf einen kollektiven, tariflich abgesicherten Anspruch für Beschäftigte einer ganze Branche. Das ist ein nächster Schritt in eine attraktive industrielle Arbeitswelt, die Leben und Arbeit gut vereinen lässt.“ Tarifinfo der IG Metall vom 5. April 2023 externer Link, siehe dazu:

    • Hat das Wochenende bald drei Tage? Warum die Forderung der IG Metall in NRW nach einer Vier-Tage-Woche richtig ist
      „Der IG-Metall-Verhandlungsführer in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler, will für die Stahlbranche eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. Das klingt erstmal revolutionär. Man kann also gespannt sein, wie die Arbeitgeber reagieren, wenn die Forderung bei den Ende des Jahres anstehenden Tarifrunden tatsächlich auf den Tisch kommt. Doch ganz so radikal ist das Ansinnen bei genauerer Betrachtung nicht. Die IG Metall will nämlich die Wochenarbeitszeit nur von 35 auf 32 Stunden reduzieren. Dadurch würde dann zwar nur noch an vier statt fünf Tagen gearbeitet, dafür an den Tagen aber länger. Rein rechnerisch bedeutet die Idee auch nur eine Arbeitszeitreduzierung um knapp 8,6 Prozent. Münzt man dies auf eine Lohnforderung um, dann ist diese also kaum höher als das, was die IG Metall zuletzt für die Metall- und Elektrobranche forderte. Gleichzeitig passt die Idee in eine Zeit, in der womöglich bald individuelle Arbeitszeiten reduziert werden müssen, damit Arbeitsplätze erhalten werden können. Schließlich befindet sich nicht nur die Stahlindustrie in einer Transformation, in der die Arbeit bald knapper werden könnte. Ähnliches wird zum Beispiel auch für die Automobilbranche befürchtet. Die Vier-Tage-Woche könnte also bald zu einer Forderung werden, mit der die IG Metall also auch in anderen Branchen hausieren geht…“ Kommentar von Simon Poelchau vom 5. April 2023 in Neues Deutschland online externer Link
    • Der Kampf um die 35-Stundenwoche hatte bekanntlich bei den meisten zu starker Arbeitsverdichtung geführt, weshalb wir aufmerksam verfolgen werden, ob und wie die IG Metall mit der Frage der Produktivität umgehen wird – und ob sie den nowendigen Personalausgleich erkämpfen kann…

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=214918
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