Teilweise „Übergabe“ der U25 von den Jobcentern an die Arbeitsagenturen: Taschenspielertricks im haushaltspolitischen Verschiebebahnhof
„Die älteren Semester werden sich an die vielen und in der jeweiligen Tagespolitik überaus beliebten haushalterischen Verschiebebahnhöfe zwischen Steuer- und Beitragstöpfen in den 1990er Jahren und danach erinnern. Ein munteres, kurzfristig die potemkinschen Zahlenfassaden aufhübschendes Hin- und Herschieben, wer denn die Rechnung zu begleichen hat. (…) In diesen Sommertagen des Jahres 2023 werden wir nun erneut Zeugen der Fortschreibung dieser langen und unseligen Traditionslinie. (…) Das Bundesarbeitsministerium hat den Rotstift kreisen lassen müssen. Und bei den „U 25“ ist man fündig geworden (…) Konkret hat man die nicht geringe Summe von 900 Millionen Euro im eigenen Haushalt gefunden, die ab dem Haushaltsjahr 2025 „eingespart“ werden können. Es handelt sich dabei um Mittel für den SGB II-Bereich…“ Kommentar von Stefan Sell vom 20. Juli 2023 auf seiner Homepage und mehr daraus:
- Weiter aus dem Kommentar von Stefan Sell vom 20. Juli 2023 auf seiner Homepage („Beim Jobcenter raus, bei der Arbeitsagentur rein?“): „… Und wie will man diesen Betrag „einsparen“? Die arbeitsmarktliche Förderung von jugendlichen Bürgergeldempfängern unter 25 Jahren soll ab dem Jahr 2025 von den heute dafür zuständigen Jobcentern (die aus Steuermittel finanziert werden müssen) in die Agenturen für Arbeit der Bundesagentur für Arbeit (die als Arbeitslosenversicherung aus Beitragsmittel der beitragspflichtigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert wird). Im Ergebnis würde das bedeuten, dass die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung nun die bislang aus Steuermitteln in den Jobcentern finanzierten Aufgaben übernehmen muss – wenn man denn davon ausgeht, dass die hinter den Ausgaben stehenden Aufgaben auch wirklich eins zu eins übernommen werden (können). Und da die „Einsparung“ bei den Ausgaben aus (Bundes)Steuermittel erst 2025 gebucht werden kann, hat man eine weitere Kürzung der Finanzmittel bereits ab dem Haushaltsjahr 2024 in Höhe von 500 Millionen Euro in die Listen eingetragen. (…) Das Bundesarbeitsministerium beabsichtigt nun – das ist besonders wichtig zu verstehen – keine vollständige „Übergabe“ der Jugendlichen und jungen Erwachsenen von den Jobcentern an die Arbeitsagenturen (was bedeuten würde, dass auch die Bürgergeld-Ansprüche von den Arbeitsagenturen bedient werden müssten), sondern was von den Jobcentern verlagert werden soll sind „Beratung zu Integration und die Vermittlung der jungen Menschen“, der „Rest“ soll bei den Jobcentern bleiben. (…) Ein generelles Problem bei politischen Entscheidungen über Aufgaben ist nicht nur, dass man in aller Regel die Umsetzungsebene ausblendet (wird schon irgendwie „da unten“ umgesetzt werden), man unterschätzt auch oftmals den Rattenschwanz an völlig unproduktiven, aber im bestehenden System erforderlichen Folgearbeiten, weil sich sofort in der Praxis zahlreiche Folgefragen ergeben, die man „vor Ort“ dann aber nicht ignorieren kann, sondern für die es Antworten braucht. (…) Kann man [die] wirklich bekommen wollen – für einen haushaltspolitischen Taschenspielertrick, der sich möglicherweise im Nachgang sogar als Luftbuchung erweisen wird? Wie bei so vielen anderen Umbuchungen der Vergangenheit auch. Nein, vor unseren Augen läuft ein weiteres Trauerspiel (mit handfesten Folgen, aber nicht für die, die das ins Rollen gebracht haben).“