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Chile: Die andere Seite des Energiewandels

Protest gegen Photovoltaik-Projekt in Colbún/Chile (Foto: OLCA: Observatorio Latinoamericano de Conflictos Ambientales)„Erneuerbare Energien boomen, doch Umweltaktivist:innen kritisieren neokoloniale Verhältnisse. Der Traum vom schnellen Energiewandel könnte zum Albtraum werden. Mit Wut im Bauch fährt Cristián Osorio über die kleinen Straßen seiner Gemeinde an der chilenischen Küste. Er zeigt mit dem Finger in Richtung Meer, weiße Pfosten sprießen zwischen der Straße und den steilen Felsen wie Pilze aus dem Boden. „Hier wird einer der Windparks gebaut“, sagt er und zeigt in die andere Richtung und meint, „Hier soll auf mehr als 80 Hektar ein Solarpark entstehen“. Was für viele vor dem Hintergrund des rapide voranschreitenden Klimawandels und der viel zu langsamen Zuwendung zu erneuerbaren Energien hin eine positive Nachricht wäre, ist für den Imker Osorio eine Horrorvorstellung. Er sieht dadurch sein Dorf bedroht…“  Artikel von Malte Seiwerth in amerika21 am 5. Juli 2023 externer Link, siehe mehr daraus:

  • Weiter im Artikel von Malte Seiwerth in amerika21 am 5. Juli 2023 externer Link (Beitrag erschien zuerst im Onlinemagazin das Lamm am 20. April externer Link): „… Chile erlebt derzeit einen Boom der erneuerbaren Energien. In nur acht Jahren, von Januar 2015 bis Januar 2023, ist der Anteil erneuerbarer, nicht konventioneller Energieerzeuger, vor allem Solar und Wind, am allgemeinen Strommix des Landes von knapp zehn auf fast 40 Prozent gestiegen. Wachstumszahlen, von denen man in der Schweiz nur träumen kann. Während die Politik mit einem baldigen Ende von Gas- und Kohlekraftwerken frohlockt und den Export von Energie in Form von Wasserstoff vorantreibt, fühlen sich die Anwohner:innen überrumpelt. Besonders linke Umweltorganisationen wehren sich primär gegen eine vermeintliche Energiewende, die vor allem den Konzernen und zukünftigen Exporteur:innen in Form von Profiten in die Hände spielt. (…) „Erst jetzt, nachdem schon hunderte Projekte am Laufen sind, soll die Bevölkerung eingebunden und Standards entwickelt werden“, kritisiert Lucío Cuenca, eine Koryphäe des chilenischen Umweltschutzes, dieses Vorgehen. Cuenca sitzt im Büro der Umweltorganisation Olca, Lateinamerikanisches Observatorium für Umweltkonflikte, in Santiago. Seit Jahren hätten sie beobachten können, wie das chilenische Stromnetz und die erneuerbaren Energien ausgebaut wurden, sagt Cuenca. „Weit über die eigentlichen Bedürfnisse hinaus“, fügt er an. „Das Ziel war stets der Export von Energie, zuerst per Leitung in die Nachbarländer und nun nach Europa.“ Der langjährige Aktivist sieht ein Grundproblem in der chilenischen Wirtschaft: „Seit Jahrzehnten wurde die Natur für den Export von Rohmaterialien ausgebeutet, dies hat dazu geführt, dass die lokalen Ökosysteme extrem gestört sind.“ Auf Ortschaften wie La Estrella, die bereits heute unter einer Industrie leiden, kommen nun weitere Projekte zu. Und das sei erst der Anfang: Für den Export von Wasserstoff ist derzeit der Bau neuer Hafenanlagen, Produktionsstätten und Wasserentsalzungsanlagen über das ganze Land hinweg geplant. „Die ökologischen Folgen davon werden kaum beachtet.“ „Wir bezahlen für den Energiewandel des globalen Nordens“, resümiert Umweltschützer Cuenca. Man würde nicht über weniger Energieverbrauch reden, sondern mit aller Kraft versuchen, den Wohlstand des Globalen Nordens aufrecht zu erhalten. Als Beweis nennt er den Pilotversuch für „grünen“ Treibstoff von Siemens und Porsche. „Der Treibstoff soll die Rennwagen von Porsche antreiben“, sagt Cuenca, stoppt und macht einen Gesichtsausdruck, der die Ironie der Geschichte aufzeigen soll. (…) Dialog scheint jedoch kaum möglich. Denn wer sich wie Osorio gegen das Vorgehen der Konzerne wehrt, bekomme Repression zu spüren. „Wir haben uns mit anderen Personen aus der Gemeinde zusammengeschlossen. Kurz nachdem wir aktiv wurden, entließ die Gemeindeverwaltung mich und eine weitere Mitstreiterin.“ Seitdem bekommt er keine Arbeit mehr, der damalige Bürgermeister, sagt Osorio, habe sich persönlich darum gekümmert, seinen Ruf zu zerstören. Die Repression scheint zu wirken, die Kritik dagegen findet kaum Anklang: Im Februar 2023 kürte die Regierung La Estrella zum Zentrum der erneuerbaren Energien in Chile. Allein in der Gemeinde befinden sich sechs Projekte in unmittelbarer Planung oder bereits im Bau.“
  • Siehe auch weitere Beiträge dazu bei Olca externer Link – Observatorio Latinoamericano de Conflictos Ambientales (Lateinamerikanisches Observatorium für Umweltkonflikte)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=213299
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