Stellungnahme zu „neupack news“ vom 3.1.13

Artikel von Dieter Wegner, Soli-Kreis Neupack, soli-kreis@gmx.de, www.soli-kreis.tk externer Link vom 07.01.2013

Sie haben sich umgetauft: Aus Neupack-Streiknews sind Neupack-News geworden. Erster Eindruck: Alter Wein in neuen Schläuchen. Aber mit bombastischer Ankündigung: „Es beginnt nicht nur das neue Jahr – sondern auch ein neues Medium: Die NEUPACK NEWS!“ Sie nehmen für sich in Anspruch mit dem „neuen Medium“ alle Mitarbeiter mit wichtigen Informationen einer neuen Unternehmenskommunikation zu versorgen“. Die Streikenden können also stolz auf sich sein: Sie haben schon nach acht Wochen Streik erreicht, daß die Firmenleitung eine „neue Unternehmenskommunikation“ praktizieren will!!

Der presserechtlich Verantwortliche, Lars Krüger, lobt sich selbst, indem er für die bisherigen sechs Ausgaben der Streiknews in Anspruch nimmt: „Das durchweg positive Feedback der Belegschaft auf dieses neue Medium hat uns darin bestärkt“. Wen meint er, wenn er von „der Belegschaft“ spricht?! Die 30 Angestellten? Die 29 Streikbrecher aus Polen, die gar nicht oder kaum deutsch sprechen? Die wenigen StreikbrecherInnen der Stammbelegschaft bleiben übrig, sie sind also die Belegschaft!! Ist das oberflächliche Rhetorik oder schon Realitätsverlust? (Es streiken 109 ArbeiterInnen der Stammbelegschaft, 37 begehen Streikbruch).

Immerhin wird die Neupack-Family in den Neupack News sachlicher. Nicht mehr: „aufrichtig und wahrheitsgetreu“ steht in der Kopfzeile sondern jetzt die Behauptung „informativ und innovativ“. Na, lesen wir mal.

Unter „Selektive Wahrnehmung“ steht, daß dieses ein Merkmal „der IG BCE und ihrer Sympathisanten“ sei. Für die Sympathisanten, gemeint sind wohl die UnterstützerInnen, ist festzustellen, daß, obwohl fast alle von ihnen Mitglieder der IG BCE oder anderer Gewerkschaften sind, sie aber nicht in i.e.L. Sympathisanten eines Gewerkschaftsapparates sind sondern mit vollem Herzen UnterstützerInnen der Streikenden!

Aber die Realitäten der Arbeits- und Gewerkschaftswelt sind der Krüger Family ein schwerverständliches Buch – mit sieben Siegeln!

Wir lesen den Vorwurf,„…die Produktion über den Streik hinaus rechtswidrig zu behindern“. Nach der Krüger-Logik ist Streik reines Fernbleiben von der Arbeit und Passivität! So hätten sie es gern! Die Krügers hingegen dürfen sich per Schnellpaket 29 Streikbrecher von work-expreß aus Kattowitz schicken lassen und sie fest anstellen. In Deutschland ist das (noch) legal im Gegensatz zu Frankreich! Aber die Streikenden fassen den Streik als Arbeits-Kampf auf und lassen sich weder Deutung noch Praxis des Streiks vorschreiben!

Neupack-News schreibt: „Neupack kann sich entscheiden, einen Tarifvertrag abzuschließen, oder auch nicht, denn es herrscht Tariffreiheit. Neupack hat sich entschieden, keinen Tarifvertrag abzuschließen. Die IG BCE akzeptiert diese Entscheidung nicht“.

Schon wieder falsch, Herr Krüger! Die Belegschaft akzeptiert diese Entscheidung nicht! Sie hat mit 90 Prozent dafür gestimmt zu streiken. Und keine/r der Streikenden hat nach acht Wochen Streik das Angebot einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag angenommen! Und daß sich die IG BCE, die jetzt von Krüger in den Vordergrund geschoben wird, sich hinter diesen Entscheid der Urabstimmung stellt, ist eine gewerkschaftliche Selbstverständlichkeit. „Wir werden ein Exempel statuieren, koste es was es wolle“, formulierte es IG BCE Vorsitzender Michael Vassiliades.

Vielleicht sollte die Krüger-Family sich mal dem einfachen Gedanken stellen, warum die Belegschaft auf einem Tarifvertrag beharrt und kollektiv Einzelarbeitsverträge ablehnt. Jahrzehnte Willkürherrschaft haben zu der Wut und Entschlossenheit geführt, für einen Tarifvertrag monatelang zu streiken. Der Gegner der Krüger-Family ist die eigene Belegschaft und nicht die IG BCE, wie uns in den Neupack-News vorschwadroniert wird. Die IG BCE ist „nur“ Verhandlungspartner für einen Tarifvertrag, diese Kröte müssen die Krügers schon schlucken.

Sie nutzen natürlich Fehler und Schwächen der Gegenseite, wenn sie schreiben: „Verkehrte Welt: in den gemeinsamen Gesprächen mit Neupack hat die IG BCE die von Neupack angebotenen materiellen Verbesserungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch als Grundlage für eine greifbar nahe Einigung betrachtet. Nun bezeichnet sie dieses Angebot öffentlich als `vergiftet´?“

Es waren Geheimverhandlungen, an geheimen Orten mit Verlautbarungsverbot auf die sich die IG BCE da eingelassen hatte. Die Streikenden erfuhren tatsächlich darüber nichts!! Jetzt schlägt ihnen Krüger diese Geheimverhandlungen um die Ohren. Die Streikenden sollten derartige Geheimverhandlungen, wo ihr Arbeitsschicksal auf dem Verhandlungstisch liegt, in Zukunft nicht mehr zulassen. Sie wollen ihre Interessen durchsetzen und da haben sie nichts zu verheimlichen.

Wir freuen uns auf Neupack-News Nr. 8 – hoffentlich genau so phantasiereich, voller Unkenntnis und Widersprüche, das macht die Lektüre sehr unterhaltsam. Die Streikenden werden es wieder gern lesen und mit der Realität vergleichen: ihren Erfahrungen mit der Familie Krüger und ihren Sachwaltern.

Zum Schluß sei der Krüger-Family ein Zitat ans Herz gelegt, schon sehr alt, aus der Zeit der Bauernkriege:

„Die Herren machen das selber, daß ihnen der arme Mann feyndt wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es die Länge gut werden? So ich das sage, muß ich aufrührisch sein! Wohlhin!“ (Thomas Müntzer)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=21281
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