Wann wenn nicht jetzt? Fachkräftemangel als Chance

Effizienz macht hässlich„… Der DGB weist zurecht darauf hin, dass eine Knappheit an Arbeitskräften, das Kräfteverhältnis nunmehr dramatisch zu Gunsten der Lohnabhängigen verschiebt. (…) Der Fachkräftemangel sollte demnach nicht das Problem der Lohnabhängigen und ihrer gewählten Interessenvertreter:innen sein, sondern ein Problem der Unternehmer. In der Praxis sieht das etwas anders aus. Weil die Firmen keinen Nachwuchs finden, setzen sich gegenseitig verstärkende Negativ-Effekte ein, die sich zu einem Teufelskreislauf auswachsen, der irgendwann zum Zusammenbruch sowohl einzelner Beschäftigter, ganzer Belegschaften als auch zur Schließung des Betriebs führen kann (…) Für aktive Betriebsräte heißt das Gebot der Stunde daher: Langsamer arbeiten. Den Karren nicht mehr für die Geschäftsführung aus dem Dreck ziehen, die eklatanten Mängel der Firma nicht durch Planübererfüllung ständig ausbügeln…“ Beitrag von Elmar Wigand vom 9. Juni 2023 bei der Aktion gegen Arbeitsunrecht externer Link, siehe dazu:

  • Arbeit ohne Nebenwirkungen – Sinnvoll, nachhaltig, auf Augenhöhe New
    Klima, Krieg, Inflation, Krisen erschüttern den Alltag und die Arbeitswelt. Menschen sind erschöpft, Perspektiven verblichen. Unternehmen schließen wegen Personalmangel. In das 40h-Woche Korsett will sich niemand mehr zwängen. 4-Tage Woche, Flexibilität, höhere Löhne, gibt es einen Weg aus der Krise? Sind junge Menschen faul und die ältere Generation zu unflexibel? Der Film von Franziska Mayr-Keber geht der Frage nach, warum und wie wir arbeiten wollen. (…)
    Heute gut zu leben, statt auf die Pension hinzufiebern, gilt als Credo der jungen Generation. Die maximale Flexibilität lebt Leonie Müller. Ihr Leben und ihr Büro hat sie in einen Van gepackt und tourt als „New Work“ Beraterin durch Deutschland. „Studien belegen, dass über fünfzigjährige Menschen früher in Rente gehen wollen. Sie nehmen dafür finanzielle Verluste in Kauf. Der Wunsch, mehr Zeit für andere Dinge zu haben, eint die Generationen,“ so die feministische Autorin Teresa Bücker. Sie fordert mehr Zeitgerechtigkeit. „Zeit ist neben Geld und Repräsentation eine wichtige Dimension von Gerechtigkeit. Denn wer hat neben der Pflege von Angehörigen und Betreuung von Kindern überhaupt Zeit, lohnzuarbeiten? Wer hat Zeit, für seine Interessen politisch einzutreten?“ Dem Markt fehlen Arbeitskräfte. Firmen buhlen um Personal. (…) Viele Bereiche, wie etwa Care Arbeit und Nachbarschaftshilfe, werden nicht als gleichwertig mit der Lohnarbeit betrachtet. Das schaffe ein Ungleichgewicht. Betroffen von dieser Ungleichheit sind Frauen. Während Katharina Miller im Jobsharing mehr Karrierechancen für Mütter, die nicht Vollzeit arbeiten können oder wollen, sieht, fordert Teresa Bücker eine Zeitrevolution mit der Option eines Einkommens für Sorgearbeit. Wie also könnte eine neue, faire Arbeitswelt aussehen? Der Film „Arbeit ohne Nebenwirkungen“ sucht nach Antworten und Perspektiven für Unternehmen sowie für Arbeitnehmende.“ Text zur Dokumentation von Franziska Mayr-Keber externer Link (ORF) am 08.11.2023 in 3Sat (Video verfügbar bis 08.02.2024)

  • Arbeitsmarkt im Umbruch: „Droht“ jetzt die „postindustrielle Nicht-Leistungsgesellschaft“? 
    Gewerkschaften im Aufwind: Die Machtverschiebung am Arbeitsmarkt könnte die Industrielandschaft verändern. Manche Unternehmer kontern mit radikalen Forderungen.
    Das Wirtschaftssystem in Deutschland und anderen reichen Industriestaaten steckt in einer Krise. Der demografische Wandel in den westlichen Gesellschaften lässt allerorten die Klagen über einen Mangel an Fachkräften erklingen. Die Zahl der Arbeitslosen geht zurück, was zunehmend die Verhältnisse am Arbeitsmarkt in Richtung der Beschäftigten verschiebt. In Deutschland streikt die IG Metall inzwischen für eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Vor Jahren war das noch eine Forderung, die höchstens von radikalen Splitterparteien erhoben wurde – heute ist sie in den Tarifverhandlungen angekommen. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann begründete den Vorstoß seiner Gewerkschaft damit, dass die Arbeitsbedingungen zum Leben passen müssen. (…)
    Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche sei nicht nachvollziehbar, sagte Michael Traub, Vorstandsvorsitzender des Familienunternehmens Stihl, dem Handelsblatt. „Diese Diskussion über eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich kommt in einer Situation, in der schon viele Nachteile gegen den Standort Deutschland sprechen und wir in einer Rezession stecken.“ Die Forderung sei indiskutabel und sie wäre das Ende des Industriestandorts Deutschland. „Nicht gleich, aber mit Sicherheit auf Dauer“, so Traub. Man müsse aufpassen, dass sich Deutschland „nicht zur Wohlfühloase in der postindustriellen Nicht-Leistungsgesellschaft“ entwickle. Und wenn sich die Gewerkschaft durchsetzen solle, dann werde man das internationale Produktionsnetzwerk verstärkt nutzen und anderswo produzieren.
    Traubs Argumentation klingt harmlos im Vergleich mit den Äußerungen des australischen Immobilienmoguls Tim Gurner. Bei einem Immobiliengipfel sagte er kürzlich, der Wandel hin zu einem arbeitnehmerfreundlichen Klima habe zu einer Arroganz auf dem Arbeitsmarkt geführt. Die Menschen hätten durch die Coronapandemie beschlossen, nicht mehr so viel arbeiten zu wollen. In den vergangenen Jahren hätten sie viel Geld für wenig Arbeit bekommen – und das müsse sich nun ändern. Damit dies gelinge, müsse die Arbeitslosenquote um 40 bis 50 Prozent gesteigert werden…“ Beitrag von Bernd Müller vom 18. September 2023 in Telepolis externer Link

Siehe auch unser Dossier: [„Quiet Quitting“ noch nur in USA?] Dieser neue Arbeitstrend treibt Arbeitgeber in die Verzweiflung – keine Überstunden mehr, nur das Nötigste erledigen…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=212479
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