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200 Umwelt-AktivistInnen besetzen und „entwaffnen“ die Lafarge-Fabrik in Bouc-Bel-Air gegen Zementindustrie und deren Greenwashing

Dossier

Frankreich im Dezember 2022: 200 Umwelt-AktivistInnen besetzen und "entwaffnen" die Lafarge-Fabrik in Bouc-Bel-Air bei Marseille gegen Zementindustrie und deren GreenwashingAm 10. Dezember 2022 um 18 Uhr drangen 200 Personen überraschend in die Lafarge-Fabrik La Malle in Bouc-Bel-Air im Departement Bouches-du-Rhône ein und entwaffneten sie. In einer entschlossenen und fröhlichen Atmosphäre wurde die Infrastruktur des Werks des umweltverschmutzenden Zementherstellers mit allen Mitteln angegriffen: Sabotage der Verbrennungsanlage und elektrischer Geräte, durchtrennte Kabel, aufgeschlitzte Zementsäcke, beschädigte Fahrzeuge und Baumaschinen, beschädigte Schaufenster der Büros, mit Tags übermalte Wände… Lafarge-Holcim, ist einer der größten Umweltverschmutzer und CO2-Produzenten des Landes. Das multinationale Unternehmen, gegen das mehrere Antiterrorismusverfahren laufen, versucht systematisch, die Angriffe auf seine Person zu vertuschen. Hier in Bouc-Bel-Air sind die ins Visier genommenen Öfen, die lange Zeit mit Industrieabfällen und Reifen befeuert wurden, heute ein Symbol für Greenwashing…“ fr. (umfangreiche) Pressemitteilung vom 10.12.2022 externer Link mit Video externer Link und Fotos dokumentiert bei Soulments de la Terre, siehe weitere Informationen:

  • Durchsuchungswelle gegen Umweltprotestbewegung in Frankreich: Schlag ins Wasser oder Einschüchterung ohne faktische Grundlage für Ermittlungen? New
    Die Terroristen und ihre Terrorfreunde oder -finanziers sitzen nicht immer dort, wo man sie vermutet respektive wo die herrschende Diktion sie verortet. Letztere würde beispielsweise die Eigentümer und Unternehmensführer des französischen Zement-fabrikanten Lafarge, eines der Weltmarktführer in seiner Branche, zweifellos als „Eh-renleute“ und Herrschaften der feinen Gesellschaft betrachten. Nun finanzierte be-sagter Zementhersteller jedoch nachweislich den so genannten „Islamischen Staat“ auf syrischem Territorium – wofür das Unternehmen in den USA zu einer Geldstrafe in dreistelliger Millionenhöhe verurteilt worden ist -, nur um seinen Platz dort zu behaupten. (…) Nun jedoch richten sich Ermittlungen quasi unter Terrorverdacht, jedenfalls wegen „Bildung einer kriminellen Bande“ und „bandenfömig begangener Sachbeschädigung“ – also im Bereich der Sonderermittlungen wegen so genannter Organisierter Kriminalität (OK; oder eher „nicht OK“), eine Stufe unterhalb des Terrorismusbereichs – gegen erklärte Kritiker/innen des Gebarens von Lafarge…“ Artikel von Bernard Schmid vom 11.6.2023 mit umfangreicher Linksammlung – wir danken!
  • Lafarge. Umweltaktivisten freigelassen, aber Regierung beharrt auf Ermittlungen
    Nach vier Tagen Verhör und Polizeigewahrsam wurden die 15 Umweltaktivisten, die am Montag bei einer groß angelegten Repressionsaktion festgenommen worden waren, am Donnerstag wieder freigelassen. Die Ermittlungen gegen sie werfen ein Schlaglicht auf den repressiven Sprung der Regierung gegen die Umweltbewegung und ganz allgemein gegen die soziale Bewegung…“ fr. Artikel von Phil Adrian vom 9. Juni 2023 in Révolution Permanente externer Link („Lafarge. Les militants écologistes relâchés mais le gouvernement s’acharne avec une enquête“)
  • Auch in Frankreich wird die Umweltbewegung als »kriminelle Vereinigung« mit Razzien und Verhaftungen verfolgt: Breite Solidarität mit AktivistInnen gegen Lafarge
    • Verhaftungswelle in Frankreich gegen radikale Umweltbewegung
      „Rund 15 Aktivisten wurden am 5. Juni in acht Gemeinden in Frankreich im Rahmen einer gerichtlichen Untersuchung zu Sachbeschädigungen in einem Lafarge-Werk in Bouches-du-Rhône im Dezember letzten Jahres festgenommen.
      Am Montag, den 5. Juni um sechs Uhr morgens wurden Aktivistinnen und Aktivisten, die den Soulments de la Terre und der radikalen Ökologie nahestehen, von einer beispiellosen Welle von Festnahmen und Hausdurchsuchungen getroffen. Die Aktion erfolgte im Rahmen einer gerichtlichen Untersuchung von Sachbeschädigungen, die am 10. Dezember an einem Lafarge-Werk in Bouc-Bel-Air externer Link (Bouches-du-Rhône) begangen worden waren. Die Polizei nahm acht große Städte in ganz Frankreich – Marseille, Montreuil, Dijon, Lyon, Toulouse und Bayonne – sowie zwei ländliche Gemeinden, Caylus und Verfeil-sur-Seye im Departement Tarn-et-Garonne, ins Visier. Mehr als 15 Personen befinden sich derzeit in Polizeigewahrsam in verschiedenen Kommissariaten des Landes. Sie werden nach Angaben aus dem Umfeld des Falles im Rahmen einer Untersuchung wegen organisierter krimineller Vereinigung und Sachbeschädigung befragt. Ihr Gewahrsam könnte bis zu 96 Stunden dauern. Es dauerte fast einen Tag, bis die Informationen abgeglichen waren und das Ausmaß der Polizeiaktion deutlich wurde. (…)
      Ich habe noch nie ein solches Polizeiaufgebot gesehen“, sagte ein Nachbar, der einem der Verhafteten nahe stand. Sie durchsuchten drei Häuser im Dorf und ein weiteres in zehn Kilometern Entfernung. Die meisten waren vermummt und trugen militärische Spaliere, die Waffen waren sichtbar. Meine Freundin, die festgenommen wurde, hat mir ihr vierjähriges Kind anvertraut, sie hat ihm gesagt, dass sie für vier Tage weggeht.“ Mehrere Wohngemeinschaften wurden durchsucht. Dabei seien Computer und Hardware mitgenommen worden. Ein Plakat und militante Bücher seien fotografiert worden. Es waren gezielte Festnahmen“, sagt die Mitbewohnerin einer der in Verfeil festgenommenen Personen. Sie waren auf der Suche nach bestimmten Personen. Die Polizei durchsuchte mehrere Häuser, bevor sie sie fand. Sie stürmten in unsere Zimmer und stellten uns mit dem Rücken zur Wand. Sie haben die Matratze und unsere Sachen umgedreht, sie waren sehr angespannt“. „Man hatte den Eindruck, dass sie erwarteten, Waffen zu finden“, bezeugte ein anderer Hausbewohner. Eine Person wurde auch in Toulouse festgenommen, eine weitere in Bayonne, eine weitere auch in Dijon, fünf in Montreuil und eine letzte in Lyon, wie uns berichtet wurde. Die nationale Antiterrorismus-Staatsanwaltschaft teilte Reporterre mit, dass sie an diesen Festnahmen nicht beteiligt sei. (…)
      Es ist auffällig, dass in diesem Fall auch Antiterrordienste mobilisiert werden. Die SDAT beschäftigt sich normalerweise nicht mit Umweltmobilisierungen, sondern eher mit korsischem Nationalismus und islamistischem Terrorismus, obwohl sie zum Beispiel in die sogenannte Tarnac-Affäre verwickelt war. „Die legitime Verwendung von Bolzenschneidern, Vorschlaghämmern und Schraubenschlüsseln zur Neutralisierung von Infrastrukturen heute mit Terrorismus gleichzusetzen, ist eine inakzeptable Umkehrung! Betonkraftwerke sind Waffen zur massiven künstlichen Nutzung von Agrarland und zur Zerstörung der Artenvielfalt, sie sind klimatische Zeitbomben. Es ist daher mehr denn je legitim und notwendig, sie zu entwaffnen“, so die Soulments de la Terre in ihrer Pressemitteilung…“  fr. Artikel von Gaspard d’Allens vom 5.6.2023 bei Reporterre externer Link (maschinenübersetzt)
    • Aufruf zur Unterstützung nach einer Welle von Verhaftungen in Frankreich im Zusammenhang mit der Entschärfung der Lafarge-Fabrik
      Am frühen Morgen führten die Gendarmerie und die Anti-Terrorismus-Unterabteilung (SDAT) eine Welle von Hausdurchsuchungen in ganz Frankreich durch. Etwas weniger als 15 Personen wurden gleichzeitig in mehr als neun Gemeinden durchsucht und anschließend in Polizeigewahrsam genommen. Ersten Presseberichten zufolge werden diese Personen der „bandenmäßigen Zerstörung“ und der „kriminellen Vereinigung“ im Zusammenhang mit einer Ungehorsamsaktion beschuldigt, die am 10. Dezember 2022 von mehreren hundert Personen gegen das Lafarge-Werk in Bouc-Bel-Air…“ fr. Soli-Erklärung von Soulèvements de la Terre vom 5.6.2023 externer Link und dort die Karte der Mobilisierung externer Link
    • Kundgebung für die Freilassung festgenommener Schulen
      Fast 200 Menschen versammelten sich vor dem Rathaus von Montreuil, um die Freilassung der fünfzehn Umweltaktivisten zu fordern, die Anfang der Woche wegen Aktionen gegen Lafarge im Jahr 2022 von Antiterroristen festgenommen wurden…“ fr. Thread von Révolution Permanente vom 7.6.2023 externer Link mit Videos
    • La Tête dans le sable: Demo gegen den Abbau von Sand in Loire-Atlantique durch Lafarge und GSM am 11.6.23
      Südlich der Loire ist die Bocage de Saint-Colomban einer doppelten Gefahr ausgesetzt: dem Extraktivismus zugunsten der Metropole und der Landnahme durch die Gemüseanbauindustrie, ohne Rücksicht auf die Bewohner/innen und die Bauern und Bäuerinnen, die dieses Gebiet am Leben erhalten. Zwei Sandgruben (Lafarge und GSM) versorgen die Baustellen in der Region. Die Steinbrucharbeiter haben bereits mehr als 12 Millionen Tonnen abgebaut, die Heckenlandschaft zerstört und das Grundwasser tiefgreifend beeinträchtigt. Sie planen, ab 2023 auf weitere 70 ha zu expandieren. Letztendlich sind mehrere hundert Hektar betroffen. Der Sand aus Saint-Colomban wird hauptsächlich für die Bauindustrie verwendet. Die Steinbrüche sind keineswegs ein rein lokales Problem, sondern ein beliebtes Ziel, um all diejenigen zusammenzubringen, die gegen die künstliche Landgewinnung kämpfen, in Loire-Atlantique und anderswo…“ fr. Aufruf von attac Frankreich externer Link zur Demonstration gegen den Abbau von Sand in Loire-Atlantique am Sonntag, 11. Juni: Zwei „Sandkonvois“ werden vom Norden und Süden von Nantes aus starten, um den Weg eines Sandkorns von den Steinbrüchen bis in die Metropole zu symbolisieren… Siehe auch den Aufruf von Soulèvements de la Terre externer Link
    • Razzien in ganz Frankreich: Erneuter repressiver Schlag gegen die Umweltbewegung
      Mit Antiterroreinheiten der SDAT sind Sicherheitskräfte am 5. Juni in acht Gemeinden gegen AktivistInnen der französischen Umweltbewegung vorgegangen. Insgesamt gab es 15 Festnahmen. Die Betroffenen befinden sich seither unter Auflagen der Anti-Terror-Gesetzgebung in provisorischem Gewahrsam, das bis zu 96 Stunden andauern kann. Frankreichweit führten die spektakulären Einsätze der (Militär-)Polizei zu lauter Kritik von Bürgerinitiativen und Verbänden. Ziel des repressiven Schlags waren angeblich militante UmweltaktivistInnen, die der Kampagne „les soulèvements de la terre“ zugerechnet werden. Hintergrund sind massive Sachbeschädigungen, die bei einer Protestaktion gegen den Zement-Giganten Holcim-Lafarge in Bouc-Bel-Air bei Marseille im vergangenen Dezember angerichtet wurden. Rund 200 Linke in Maleranzügen waren am 10. Dezember 2022 in ein Fabrikgelände eingedrungen und hatten Maschinen und Infrastrukturen in Höhe von angeblich vier Millionen € sabotiert.Die Aktion gegen den Konzern Holcim-Lafarge folgt einer Reihe an Interventionen: In der Schweiz hatten Linke mit der mittlerweile geräumten „ZAD de la colline“ einen Hügel besetzt, um die Ausweitung eines Werks zu verhindern. In Gennevilliers sabotierten UmweltschützerInnen aus dem Umfeld von Extinction Rebellion 2021 Infrastrukturen des Unternehmens, das nicht zuletzt wegen seiner Kooperation mit Daesh in der Kritik steht. Der Bauriese hatte in den Jahren 2013 und 2014 ungeachtet des islamistischen Diktates seine Geschäfte in Syrien fortgeführt. Später zahlte Holcim-Lafarge unter anderem wegen „Finanzierung des Terrorismus“ Strafen in Höhe von 777.000.000 $. (…) Am Mittwochabend sind Solidaritätskundgebungen für die Inhaftierten geplant.“ Beitrag vom 7. Juni 2023 beim Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei
    • Staatsterror gegen Aktivisten. Frankreich: Überregionale Razzia bei Umweltbewegung, 15 Personen verhaftet. Vorwurf der »kriminellen Vereinigung«
      Mit Hausdurchsuchungen und Festnahmen sind Frankreichs Behörden am Montag gegen angebliche Mitglieder der Umweltkampagne »Les Soulèvements de la Terre« vorgegangen. An acht Orten zwischen Marseille, Dijon und Bayonne kam es zu Razzien. In Militärkluft und mit gezogenen Waffen brachen die Einsatzkräfte mehrere Wohnhäuser auf, um der linken Aktivisten habhaft zu werden. 15 Personen befanden sich noch am Mittwoch im Gewahrsam der Antiterroreinheiten. Die Umweltbewegung rief umgehend zu Protesten auf. Organisationen wie ATTAC oder die Französische Liga für Menschenrechte verurteilten die erneuten Repressionen aufs schärfste. (…) Doch die Aktivisten lassen sich nicht kleinkriegen. Schon am Wochenende wird zur nächsten Protestaktion im französischen Westen mobilisiert. Tausende Umweltschützer werden im Département Loire-Atlantique erwartet, um gegen Sandsteinbrüche von Holcim-Lafarge zu demonstrieren. Am 17.–18. Juni ist eine transnationale Mobilisierung gegen die Schnellzugtrasse TAV von Turin nach Lyon im französisch-italienischen Grenzgebiet Val di Susa angekündigt, zu der auch die »Soulèvements« aufrufen. Die Bewegung gegen »unnütze und erzwungene Großbauprojekte« dürfte trotz der Repression auch in näherer Zukunft für Schlagzeilen sorgen.“ Artikel von Luc Śkaille, Dijon, in der jungen Welt vom 08.06.2023 externer Link, siehe ähnlich:

  • Siehe weitere Informationen im Artikel von Bernard Schmid vom Dezember 22: Klimaaktivismus und Umweltmilitanz: „… Auch nach dem Gipfel, in der Vorweihnachtszeit blieben in Frankreich einige Leute nicht passiv. So war in einer Fabrik des bekannten französischen Zementfabrikanten Lafarge – dieses Unternehmen wurde im Oktober 2022 aufgrund seiner Geschäfte mit dem sog. Islamischen Staat (IS) in Syrien, nachweislich durchgeführt in den Jahren 2013 und 14, zu lockeren 778 Millionen Dollar Strafzahlung verurteilt, vgl. https://www.france24.com/fr/moyen-orient/20221018-lafarge-lourdement-condamn%C3%A9-aux-%C3%A9tats-unis-pour-son-soutien-%C3%A0-des-organisations-terroristes-en-syrie externer Link – in Südfrankreich im zurückliegenden Dezember, nun ja, ziemlich was los. An dem Standort in Bouc-Bel-Air in der Nähe von Marseille wurden noch in jüngerer Vergangenheit Autoreifen, höchst klima- und umweltfreundlich, zur Wärmegewinnung für die Zementherstellung verbrannt.Konkret drangen rund 100 ökologisch orientierte Aktivist/inn/en, in Overalls verkleidet, in das Zementwerk ein, trennten Kabel durch und beschädigten Werkfahrzeuge. Die Örtlichkeiten blieben danach geschlossen. Wirklich schlimm und wir können dies natürlich nur total-fatal verurteilen, denn das ist ja verboten.Das Unternehmen Lafarge, Eigentümer des Werks, protestierte im Nachhinein in den Medien mit dem Argument, der betroffene Standort sei besonders umweltfreundlich gewesen, da man dort in eine Modernisierung der Produktionstechniken investiert habe. Gar zu lang kann dies jedoch nicht her gewesen sei, denn am 31. März 2021 erhielt die Direktion eine Abmahnung seitens der Präfektur (juristischen Vertretung des Zentralstaats im Département von Marseille), die sie dringend zur Reduzierung ihrer schädlichen Emissionen aufforderte. (Vgl. https://marsactu.fr/a-bouc-bel-air-la-cimenterie-lafarge-forcee-de-reduire-ses-sulfureux-rejets/ externer Link) Es ist durchaus seltsam, aber der böse Zufall will es allem Anschein nach, dass grundsätzlich immer dann, wenn ein Industriestandort wegen Umwelt- oder Klimaschädigung – verbal oder nonverbal attackiert wird, es sich just um einen besonders umweltfreundlichen und besonders modernisierten handelt. Verhext aber auch. Vgl. dazu:

Siehe zum Thema im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=212286
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