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CFDT-Spitze bremst die intersyndicale, doch ihr Schlichtungsvorschlag scheitert an Macron, der wohl eher Premierministerin Borne opfert, als die Rentenreform…

FRankreich: Aufruf von Solidaires zum Aktionstag gegen die Rentenreform am 6. April 2023Amtierende (noch?) Premierministerin Borne trifft am kommenden Mittwoch mit den französischen Gewerkschaften zusammen; für drei Minuten… oder drei Stunden? Kurz zuvor hatte die CFDT-Leitung, welcher sich kurz darauf die CGT-Führung anschloss (letztere wurde jedoch daraufhin zu Eröffnung des derzeit noch laufenden 53. Kongresses der CGT in Clermont-Ferrand dafür desavouiert), eine Schlichtung (médiation) mit der Staatsspitze unter Vermittlung zu benennender Persönlichkeiten gefordert. Eine Schlichtungsphase solle demnach mit einer sechsmonatigen Aussetzung der „Reform“, allerdings auch mit einer Protestpause einhergehen. – Neue Generalsekretärin der CGT, die erste weibliche seit ihrer Gründung 1895!, verspricht in ihrer Antrittsrede: „Es wird dunkel bei Macron“ – Tendenziell Protestpause, doch am gestrigen Abend: Demonstrationen gegen die Polizeigewalt in Saint-Soline in mehreren französischen Städten…“ Vorwort zum Artikel von Bernard Schmid vom 31.3.2023 – wir danken!

CFDT-Spitze bremst die intersyndicale, doch ihr Schlichtungsvorschlag scheitert am Macron,
der wohl eher Premierministerin Borne opfert, als die Rentenreform…

Amtierende (noch?) Premierministerin Borne trifft am kommenden Mittwoch mit den französischen Gewerkschaften zusammen; für drei Minuten… oder drei Stunden? Kurz zuvor hatte die CFDT-Leitung, welcher sich kurz darauf die CGT-Führung anschloss (letztere wurde jedoch daraufhin zu Eröffnung des derzeit noch laufenden 53. Kongresses der CGT in Clermont-Ferrand dafür desavouiert), eine Schlichtung (médiation) mit der Staatsspitze unter Vermittlung zu benennender Persönlichkeiten gefordert. Eine Schlichtungsphase solle demnach mit einer sechsmonatigen Aussetzung der „Reform“, allerdings auch mit einer Protestpause einhergehen. – Neue Generalsekretärin der CGT, die erste weibliche seit ihrer Gründung 1895!, verspricht in ihrer Antrittsrede: „Es wird dunkel bei Macron“ – Tendenziell Protestpause, doch am gestrigen Abend: Demonstrationen gegen die Polizeigewalt in Saint-Soline in mehreren französischen Städten…

„Sag‘ zum Abschied leise servus…“ – Wird so das Treffen zwischen der amtierenden (oder noch amtierenden?; ihre politische Position ist geschwächt und Staatpräsident Emmanuel Macron könnte sie opfern) Premierministerin, Elisabeth Borne, und den französischen Gewerkschaftsspitzen enden? Und nach wie langer Dauer?

Fest steht derzeit nur eines: Das Treffen wird am Mittwoch nächster Woche, dem 05. April stattfinden. Reserviert sind dafür drei Stunden auf der Agenda der Regierungschefin. Ob es allerdings so lange dauert, ist derzeit fraglich. Spekuliert wurde am Freitagmittag in französischen TV-Talkshows auch darüber, zumindest ein Teil der Gewerkschaften könnte nach kürzester Zeit aufstehen und gehen. Die CFDT (an der Spitze rechtssozialdemokratisch geführter Dachverband, derzeit stimmenstärkster bei den Personalwahlen in der Privatwirtschaft, jedoch nicht im öffentlichen Dienst), fügte der Politikjournalist Thomas Soulié im Rahmen einer solchen Diskussion hinzu, wolle allerdings ihrerseits die drei Stunden sitzen bleiben.

Kerngegenstand der Vorabdiskussion ist dabei die Frage, welche Themen bei dem Treffen überhaupt zur Debatte stehen werden. Voraus ging ein Verlangen der intersyndicale (des Zusammenschlusses aller wichtigen Gewerkschaften in Frankreich gegen die am 20. März 23 offiziell beschlossene Renten„reform“) an Staatspräsident Macron, von ihm empfangen zu werden. (https://www.lefigaro.fr/social/retraites-l-intersyndicale-a-ecrit-une-lettre-a-emmanuel-macron-20230309 externer Link) Emmanuel Macron ging darauf nicht ein, doch die ihm untergebene Premierministerin bot daraufhin im Laufe dieser Woche den Gewerkschaften an, sie an ihrem Amtssitz zu empfangen. (https://www.bfmtv.com/economie/economie-social/social/reforme-des-retraites-elisabeth-borne-veut-rencontrer-les-syndicats-la-semaine-prochaine_AN-202303280752.html externer Link) Kurz zuvor hatte die CFDT-Leitung, welcher sich kurz darauf die CGT-Führung anschloss – Letztere wurde jedoch daraufhin zu Eröffnung des derzeit noch laufenden 53. Kongresses der CGT in Clermont-Ferrand dafür desavouiert -, eine Schlichtung (médiation) mit der Staatsspitze unter Vermittlung zu benennender Persönlichkeiten gefordert. Eine Schlichtungsphase solle demnach mit einer sechsmonatigen Aussetzung der „Reform“, allerdings auch mit einer Protestpause einhergehen. (Vgl. https://www.midilibre.fr/2023/03/28/reforme-des-retraites-pourquoi-laurent-berger-propose-t-il-une-pause-et-une-mediation-a-macron-11094345.php externer Link)

Emmanuel Macron stellte allerdings zugleich klar, eine solche Schlichtung werde nicht stattfinden. (Vgl. https://lanouvelletribune.info/2023/03/manifestations-en-france-le-pouvoir-macron-refuse-des-mediateurs/ externer Link; vgl. auch https://www.francebleu.fr/infos/economie-social/refus-d-une-mediation-sur-la-reforme-des-retraites-les-manifestants-de-la-mayenne-ulceres-par-emmanuel-macron-5426868 externer Link) Premierministerin Borne blieb zunächst in ihren Ankündigungen relativ wolkig; das Treffen sollte ohne Themenplan stattfinden, also zunächst thematisch offen. Elisabeth Borne führte dazu, es werde um „Arbeit“ gehen und um mit der Rentenreform „zusammenhängende“ Fragen, wie die der Seniorenbeschäftigung. Doch nun legte sie am heutigen frühen Freitagnachmittag nach: Es werde „keine Pause“ bei der Rentenreform geben. (https://www.leparisien.fr/economie/retraites/retraites-lintersyndicale-ira-a-matignon-le-5-avril-borne-refuse-de-mettre-en-pause-le-texte-31-03-2023-I72Q2ISSFNGQNKNEB6BJ45NPHM.php externer Link; vgl. auch zuvor ihren Innenminister Gérald Darmanin dazu: https://www.bfmtv.com/politique/gouvernement/retraites-darmanin-refuse-la-pause-pour-ne-pas-devenir-un-pays-incapable-de-faire-des-reformes_AN-202303290497.html externer Link)

Die CFDT-Spitze drängt dennoch, jedenfalls bisher, auf eine Wahrnehmung des Termins. Doch stellt sich derzeit bei der CGT die Frage, ob sie anwesend bleiben wird, sofern das Thema Rentenreform nicht angeschnitten wird, also deren Kernbestandteil – die Anhebung des gesetzlichen Mindestalters für einen Rentenantritt – bei dem Treffen grundsätzlich nicht zur Disposition steht.

Zuvor war die Frage aufgeworfen, ob die CGT überhaupt hinginge. (https://www.bfmtv.com/economie/economie-social/social/retraites-la-cgt-se-rendra-t-elle-a-la-reunion-avec-elisabeth-borne_AD-202303300357.html externer Link) Doch der Dachverband entschied sich gegen eine „Strategie des leeren Stuhls“; erstens wäre er wohl durch die Medien dafür in die Ecke gestellt worden (Flucht vor der Verantwortung blabla, Chance ungenutzt gelassen sülzrhabarber). Zum Zweiten ist es taktisch oft nicht gut, ein Vakuum zu belassen, das dann durch Andere gefüllt wird, wenn man gerade nicht mitreden kann.

Am heutigen früh wählte der CGT-Kongress in Clermont-Ferrand eine neue Generalsekretärin – die erste Frau in diesem Amt in der Geschichte des Dachverbands, seit dessen Gründung im Jahr 1895! Überraschend scheiterten jedoch alle beiden schwergewichtigen Kandidatinnen aus dem Vorfeld, Marie Buisson und Céline Verzeletti. Am Schluss wurde überraschend die aus der UGICT (Gewerkschaftsverband der CGT für die höheren und leitenden Angestellten) kommende, stark feministisch geprägte 41jährige Sophie Binet an die Spitze gewählt, nach einer langen und komplizierten Kongressnacht. Dies ist grundsätzlich eine sehr positive Nachricht. Auch wenn Binet in jüngeren Jahren einmal Mitglied beim Parti Socialiste war – dies könnte man ihr als Jugendverirrung durchgehen lassen -, ist sie in Antidiskriminierungsarbeit erfahren, kompetent und bezieht derzeit im positiven Sinne scharfe Positionen.

Kurz nach ihrer Wahl stellte Sophie Binet sogleich klar, die CGT werde auf dem Zusammentreffen mit der Premierministerin nur über die Rentenreform – und ihre Kernmaßnahme reden. Sei dies nicht möglich, werde dies abgeblockt, wolle man nicht über andere Themen diskutieren. Zusätzlich stellte sie klar, es gehe ihr nicht um Schlichtung und auch nicht um eine sechsmonatige „Pause“, sondern um den „Rückzug der Reform“. (Vgl. zu ihrer Antrittsrede: https://www.bfmtv.com/economie/economie-social/france/en-direct-congres-de-la-cgt-sophie-binet-succede-a-philippe-martinez_LN-202303310218.html externer Link)

In ihrer ersten Kongressrede kündigte sie ferner an: „Es wird ganz dunkel/schwarz bei Macron.“ Unklar blieb zunächst, inwiefern sich dies neben dem symbolischen Gehalt auch auf eine Unterstützung für die bisweilen durch Streikende im Energiesektor praktizierenden Stromabschaltungen bezieht…; eine Stromsperre im Elyséepalast dürfte sich jedoch schwierig gestalten.

Als weiteres wichtiges Datum auf dem Terminkalender der Renten„reform“ steht derzeit ferner die für den Freitag, 14. April 23 erwartete Entscheidung des französischen Verfassungsgerichts (C.C., Conseil constitutionnel) dazu.

Ansonsten ist es in den letzten Tagen – in Erwartung vielleicht des elften „Aktionstags“ – zu einer Beruhigungsphase bei den Protesten gekommen.

Am gestrigen Donnerstag Abend demonstrierten jedoch Menschen in einer Reihe von französischen Städten gegen die Polizeigewalt, die sich am vorigen Wochenende (25./26. März 23) rund um die ökologische Protestdemonstration, die in der Nähe des westfranzösischen Saint-Soline stattgefunden hatte und gegen die 4.000 (Reizgas-, Schock-)Granaten durch die Einsatzkräfte verschossen wurden. Zwei Demonstranten, ein 32- und ein 34-jähriger, Serge und Michel, lagen bis vor kurzem im Koma, aus dem einer von beiden am heutigen Tag erwacht ist.

In Paris füllten Protestierende den Rathausvorplatz – die place de l’Hôtel de ville -, der gut 2.000 Menschen fassen dürfte. Ein Teil davon zog später zu einer unangemeldeten Spontandemonstration, auch ein paar Flammen loderten. Im ostfranzösischen Strasbourg/Straßburg wurde diese Protestversammlung mit einem Verbot belegt. In Marseille kam es an ihrem Rande zu einer Festnahme. Im westfranzösischen Niort – diese Bezirkshauptstadt liegt in der Nähe von Saint-Soline sowie von Poitou, wo die Demo stattgefunden hatte – luden Protestierende die Reste von durch die Polizei bzw. die Gendarmerie verschossenen Granaten vor der Präfektur (offiziellen Vertretung des Zentralstaats, u.a. Leitung von Polizei und Ausländerbehörde im Département) ab. Vgl. ein paar Bilder aus bürgerlichen Medien dazu:

Artikel von Bernard Schmid vom 31.3.2023 – wir danken!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=210502
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