IG Metall-Jahreskonferenz: „2023 muss zum Jahr des fairen Wandels werden!“ – wohl auch in der Gewerkschaftsspitze

IG Metall: #fairwandelDie IG Metall selbst geht gestärkt aus den Krisen-Jahren hervor. Mit 117.000 neuen Mitgliedern war der Zulauf zur Gewerkschaft 2022 so hoch wie seit 2018 nicht mehr. „In bewegten Zeiten geben Gewerkschaften den nötigen Halt für Stabilität und Sicherheit“, sagte IG Metall-Chef Hofmann mit Blick auf Entlastungserfolge der IG Metall bei ihrem Einsatz für Strom- und Gaspreisbremsen, für Zahlungen für Rentnerinnen, Rentner und Studierende sowie Entgeltsteigerungen etwa in der wichtigen Metall- und Elektroindustrie. „Mit unserer Tarifpolitik und dem Einsatz für Entlastungen haben wir die Konsumkraft vieler Haushalte gesichert und die Konjunktur stabilisiert“, so Hofmann…“ – der in 2023 aus dem Amt scheidende Vorsitzende laut der Pressemitteilung der IG Metall vom 26. Januar 2023 externer Link samt dessen ausführlichem Statement – siehe mehr daraus und dazu:

  • Wumms für Industrie: IG Metall-Jahreskonferenz: Gewerkschaft setzt auf Industriepolitik für Standortsicherung. Mitgliederzahlen rückläufig
    „Das »Jahr des Aufbruchs in eine sozial-ökologische Transformation« ist für die Industriegewerkschaft Metall (IGM) angebrochen. Die verheißungsvolle Worthülse, der sich der in diesem Jahr scheidende Vorstandsvorsitzende Jörg Hofmann auf der Jahrespressekonferenz der IGM am Donnerstag in Frankfurt am Main bediente, ist derzeit gut geeignet, beim Publikum Hoffnungen auf eine Verbesserung der Verhältnisse zu wecken. Denn der tatsächliche Umfang zu erwartender Veränderung und der Folgen sind von der Gegenwart aus noch unmöglich zu ermessen. (…)Um so mehr lässt sich die Projektion von Hoffnungen auf einen progressiven Wandel – sozial, weil offenbar auf eine Verbesserung der Lebensumstände der Menschen gerichtet, und ökologisch, weil wahrscheinlich auf einen Ausgleich mit der bereits schwerbelasteten Natur abzielend – mit allerlei Forderungen füllen. Es brauche einen »richtigen Wumms«, scholzte Hofmann bei der Pressekonferenz. Nur eine »drastische Beschleunigung« von Innovation und Investitionen könne die »­Zukunftsfähigkeit von Unternehmen« im Rahmen dieses Wandels sicherstellen. Denn »gerade in der Industrie« drohten »tektonische Verschiebungen (…) Europa zwischen einer America-first Politik und einer hohen Abhängigkeit von China zu zerreiben«, erklärte der IGM-Vorsitzende. Er sehe »einige entscheidende politische Weichenstellungen für die Zukunft der Industrie und der dort Beschäftigten, die wir vertreten«, so Hofmann. Der »Inflation Reduction Act« erhöhe »den Druck auf Europa, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Leitmarkt für eine erfolgreiche Energie- und Mobilitätswende zu werden«. Es gehe dabei nicht nur um Subventionen, sondern um »Verlässlichkeit der langfristigen Rahmenbedingungen« – genauer: »Einen Ausgleich der Wettbewerbsnachteile aufgrund der heute höheren Energiekosten in Europa.« Die Lösung sieht die IGM in einem Industriestrompreis für die energieintensive Produktion, der es erlaube, »im globalen Wettbewerb zu bestehen«, wie Hofmann erklärte. Durch die hohen Energiekosten seien hierzulande »massenhaft Arbeitsplätze bedroht«, pflichtete IGM-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner bei. (…) Die IGM verzeichnete auch im vergangenen Jahr weiter sinkende Mitgliederzahlen. Die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie zum Ende des Jahres habe zwar eine »grandiose Aufholjagd« bei den Mitgliederzahlen gebracht, das zweite Halbjahr mit 117.000 Neuaufnahmen die höchste Zahl der Neueintritte seit 2018. Mit einer »erfolgreichen Tarifpolitik« habe man im vergangenen Jahr den »Markenkern« gestärkt. Das konnte das Minus beim Mitgliederbestand im vergangenen Jahr noch auf lediglich ein Prozent ­drücken. Die IGM-Kovorsitzende Christiane Benner freute sich über einen »Sprung nach vorne« der Mitgliederzahlen bei Angestellten, besonders bei Ingenieuren. Die IGM habe gerade bei Hochqualifizierten bei Betriebsratswahlen »große Erfolge« erzielt…“ Artikel von David Maiwald in der jungen Welt vom 27. Januar 2023 externer Link
  • IG Metall: Keine Konkurrenz. Eine Doppelspitze soll in der größten Gewerkschaft Deutschlands einen Machtkampf verhindern
    „Über Namen wollte man in der IG Metall am Donnerstag eigentlich nicht sprechen. Personal folge Strukturen, erklärte der Erste Vorsitzende der mit derzeit exakt 2 146 815 Mitgliedern stärksten Gewerkschaft des Landes, Jörg Hofmann. Doch für den 67-Jährigen war es die letzte Jahrespressekonferenz als großer Vorsitzender. Auf dem Gewerkschaftskongress im Oktober steht er nicht mehr zur Wiederwahl. Deswegen wird schon seit Längerem gemunkelt, wer Hofmann beerben könnte. (…) Neben Hofmann saß auf der Pressekonferenz Kandidatin Nummer eins um seine Nachfolge: die Zweite Vorsitzende Christiane Benner. Doch es gibt noch jemanden, der sich auch Hoffnung macht auf den Chefposten in der IG Metall. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter in Baden-Württemberg, an die Bundesspitze aufrücken will. Weil man einen Machtkampf zwischen beiden vermeiden und die Organisation fit für die Herausforderungen der Zukunft machen will, steht seit geraumer Zeit eine Doppelspitze mit Benner und Zitzelsberger als gleichberechtigtes Team im Raum. Gleichzeitig soll der geschäftsführende Vorstand von sieben auf fünf Mitglieder reduziert werden. Hofmann und Co wollen bis März darüber beraten, ob man darüber auf dem Kongress im Oktober abstimmen lassen will. »Wenn ich es mir nicht vorstellen könnte, würde ich nicht dafür werben«, sagte Benner, angesprochen auf die Doppelspitze. Es gehe aber an erster Stelle um die IG Metall, nicht um Personen. Die Herausforderungen der Zukunft seien komplex, eine Führung als Team sei da das passende Modell. Schließlich kann sich die IG Metall nicht nur mit sich selbst beschäftigen. (…) Anderseits: »Tarifpolitik ist und bleibt der Markenkern der Gewerkschaft. Und daran werden wir auch gemessen«, sagte Noch-Chef Jörg Hofmann. Und da hat Benner keine Erfahrung vorzuweisen. Im Gegensatz zu Zitzelsberger. Als Chef der Gewerkschaft in Baden-Württemberg verhandelte er zuletzt im vergangenen Herbst das Pilotergebnis für die Beschäftigten in der Metall- und Elektrobranche, das auch von den anderen Tarifbezirken übernommen wurde. Demnach erhalten die Beschäftigten in der für die IG Metall so wichtigen Branche in den nächsten zwei Jahren Gehaltssteigerungen in zwei Schritten von insgesamt 8,5 Prozent sowie zwei steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen von jeweils 1500 Euro. Das ist ein Ergebnis, hinter dem sich Zitzelsberger nicht unbedingt verstecken muss. Zudem steht auch er gewissermaßen für einen Wandel in der IG Metall. Bei seinen »Erschließungsprojekten«, mit denen er die IG Metall in bisher gewerkschaftsfreien Betrieben verankern will, wendet er auch neue Organizing-Methoden an. Das kommt mitunter auch bei linken Gewerkschafter*innen gut an.“ Artikel von Simon Poelchau vom 26. Januar 2023 in Neues Deutschland online externer Link
  • IG Metall: „2023 muss zum Jahr des fairen Wandels werden!“
    „… Die Gewerkschaft IG Metall fordert Unternehmen und Politik für 2023 zu einem deutlich schnelleren sozial-ökologischen Wandel auf. Das ist nötig, um Fachkräfte und Beschäftigung in Deutschland zu sichern. „Das Versprechen einer sozial-ökologischen Transformation erfordert eine Zusammenarbeit aller: Unternehmen, Politik und Gewerkschaften. 2023 muss zum Jahr des fairen Wandels werden“, sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Ein fairer Wandel gelingt nur mit den Beschäftigten, nicht gegen sie.“ Dazu seien mehr Beteiligung, mehr Mitbestimmung und mehr Tarifbindung nötig. (…) „Wir müssen die Transformation so gestalten, dass das Potential an Fachkräften heute in den Betrieben nicht verlorengeht. Wir brauchen trotz der sich teilweise dramatisch verändernden Tätigkeiten sichere Perspektiven in der Arbeitswelt von morgen“, forderte Hofmann. (…) „Wir brauchen einen echten Wumms beim Wandel, kein zögerliches Handeln nach Kassenlage“, sagte Hofmann. Insbesondere müssten neue arbeitsmarktpolitische Instrumente Beschäftigten wirkliche Chancen für neue, berufsqualifizierende Abschlüsse geben. „Mechaniker zu Heizungsinstallateuren, Motorenentwickler zu Softwareentwickler, Bandarbeiterinnen zu Hochvolt-Montagekräften: Das erfordert eine bessere und längere Bildungsteilzeit und mehr Qualifizierungsgeld als es die Bundesregierung gerade plant“, sagte Hofmann. (…) Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, forderte, Schulabgänger besser auf die Ausbildung vorzubereiten: „Es reicht nicht, wenn die Arbeitgeber Fachkräftemangel beklagen, aber selbst zu wenig dagegen unternehmen. Betriebe müssen sich bei ihrer Einstellungspolitik bewegen.“ Endlich müsse Schluss sein mit der strukturellen Benachteiligung von Hauptschüler*innen. Angesichts der sich durch Digitalisierung, Homeoffice und Künstlicher Intelligenz wandelnden Arbeitsbedingungen forderte Benner eine modernisierte Mitbestimmung. Der Anspruch der IG Metall sei es, die Zukunft der Arbeit gemeinsam mit den Beschäftigten zu gestalten, sowohl am Band als auch im Büro. Benner: „Digital und Gewerkschaft gehören selbstverständlich zusammen. Wir brauchen ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften und keinen versteckten Link im Intranet.“ Der Erfolgsfaktor der IG Metall sei Beteiligung der Beschäftigten. (…) Die Mitgliedsbeiträge der IG Metall lagen 2022 mit 596 Millionen Euro etwas über dem Vorjahr. „Die Folgen von Pandemie und Russlands Krieg sind große Herausforderungen auch für unsere Arbeit. Doch keine politische Aktion, kein Streik wird am Geld scheitern“, sagte IG Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner.“ Pressemitteilung der IG Metall vom 26. Januar 2023 externer Link

Siehe auch „Schwere Zeiten: IG Metall geht geschwächt aus der Pandemie hervor. In ihrer Tarifpolitik sieht die Gewerkschaftsspitze dafür keine Ursache“ im Dossier: Von der Kampforganisation zum „Krisenkorporatismus“: Warum mobilisieren die Gewerkschaften in der „Corona-Krise“ nicht ihre Mitglieder?

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=208394
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