„Negativrekordwert“: 2022 höchster Krankenstand seit einem Vierteljahrhundert – steigt weiter

Dossier

„Diagnose: Kapitalismus – Therapie: Pause.“„… Die Fehlzeiten der Beschäftigten in Deutschland haben ein Rekordniveau erreicht. 2022 lag der Krankenstand mit 5,5 Prozent um 1,5 Punkte über dem Vorjahresniveau. Das ist der höchste Wert, den die DAK-Gesundheit für ihre 2,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten seit dem Start der Analysen im Jahr 1997 gemessen hat. Im Durchschnitt fehlten die Beschäftigten fast zwanzig Tage mit einer Krankschreibung im Job. Das ist ein Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Verantwortlich für das starke Plus sind vor allem die Atemwegserkrankungen, die um 172 Prozent zugelegt haben. 2022 fehlte eine deutliche Mehrheit von 64 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal mit einer Krankschreibung bei der Arbeit. DAK-versicherte Erwerbstätige kamen insgesamt auf fast 20 Fehltage pro Kopf. Das waren rund 5,5 Tage mehr als 2021. Hochgerechnet auf alle Erwerbstätigen in Deutschland ergibt sich ein Plus von rund 250.000 Fehltagen…“ DAK-Pressemitteilung vom 20. Januar 2023 externer Link und mehr daraus/dazu:

  • Zahl der Krankschreibungen auf erneutem Rekordhoch, v.a. wegen anhaltend hoher Zahl von Atemwegserkrankungen – aber „Corona ist vorbei“… New
    „… Die deutschen Arbeitnehmer kränkeln auffällig häufiger als noch vor fünf Jahren: Eine Auswertung der Krankenkasse KKH hat ergeben, dass sich die Krankschreibungen im Job in der ersten Jahreshälfte auf einem Höchststand befunden haben. In den ersten sechs Monaten kamen demnach bundesweit auf hundert erwerbstätige Mitglieder 210 Krankheitsfälle, wie die KKH mitteilte. Das heißt: Im Schnitt war jedes Mitglied mehr als zweimal krankgeschrieben. Bereits im Vorjahreszeitraum waren die Krankschreibungen mit 204 Fällen verhältnismäßig hoch gewesen. Für das gesamte Jahr 2023 verzeichneten deutsche Unternehmen so viele Krankmeldungen wie nie. Im ersten Halbjahr 2019 hatte die Zahl der Arbeitsausfälle mit 122 pro hundert Mitgliedern demnach noch deutlich niedriger gelegen. Mit Blick auf 2024 bedeutet das einen Anstieg von rund 72 Prozent. (…) Grund für den deutlichen Anstieg sei vor allem die anhaltend hohe Zahl von Atemwegserkrankungen wie Husten, Schnupfen oder grippalen Infekten. Diese lag im ersten Halbjahr 2024 bei 70 Fällen je hundert Versicherte. Im Vorjahreszeitraum waren es 69 Fälle und vor fünf Jahren nur 34 Fälle gewesen. Atemwegsinfekte machten von Januar bis Ende Juni rund ein Drittel aller Krankheitsfälle aus – nämlich 34 Prozent. Der Krankenstand der KKH-Versicherten blieb im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konstant hoch. An jedem Tag des vergangenen Halbjahres waren demnach sechseinhalb Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben. Vor fünf Jahren waren es nur fünf Prozent der Erwerbstätigen gewesen…“ Meldung vom 16. Juli 2024 bei Spiegel online externer Link („Zahl der Krankschreibungen im Job auf Rekordhoch: Innerhalb von fünf Jahren sind die Krankschreibungen in Deutschland um mehr als 70 Prozent gestiegen“), siehe z.B. auch:

  • Gesundheitsreport der Krankenkassen: Höchststand bei Krankheitsausfällen im Jahr 2022
    „Mehrere Krankenkassen haben für das Jahr 2022 Höchstwerte bei krankheitsbedingten Ausfällen von Beschäftigten in Sachsen verzeichnet. Dabei spielte Covid-19 laut den Statistiken eine untergeordnete Rolle. Vielmehr mussten Versicherte wegen gewöhnlicher Infekte oder mit psychischen Störungen zuhause bleiben. (…) Nach dem am Montag vorgestellten „Gesundheitsreport“ der Barmer kamen auf jeden bei ihr versicherten Erwerbstätigen im Schnitt 23,8 Krankentage – vier Tage mehr als 2021. War 2021 jeder zweite Barmer-Versicherte (54 Prozent) mindestens einmal im Jahr krankgeschrieben, waren es im Folgejahr fast ein Dreiviertel (72 Prozent). Der Krankenstand sei von 5,4 auf 6,5 Prozent gestiegen. (…) Auch die AOK in Sachsen hat ein Allzeithoch beim Krankenstand im Jahr 2022 gemeldet. Wie die Krankenkasse auf Anfrage von MDR SACHSEN berichtete, hat sich die Pandemie auf die Gesamtkrankenstände ausgewirkt. Doch wie bei den anderen Kassen dominierten andere Erkrankungen auf dem Arbeitsunfähigkeits-Zettel. So lagen Atemwegsinfektionen wie Bronchitis oder Schnupfen an der Spitze. Das berichten auch andere Krankenkassen wie Barmer, TK und DAK. Dahinter rangierten psychische Erkrankungen wie Ängste und Depressionen sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen…“ Meldung vom 6. Juni 2023 im MDR Sachsen externer Link
  • IfW-Studie: „Rekord-Krankenstand kostet Milliarden“ – es käme dem Kapital noch teurer, würden die gesunden KollegInnen nicht mehr- und die kranken nacharbeiten (!) 
    Grippe, Corona und Bronchitis haben in Deutschland 2022 zum höchsten Krankenstand seit der Wiedervereinigung geführt. Die Volkswirtschaft hat das laut einer Studie bis zu 42 Milliarden Euro gekostet. Im vergangenen Jahr ist der Krankenstand sprunghaft auf das höchste Niveau seit der Wiedervereinigung gestiegen. Er kletterte laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) von gut 68 Stunden je Arbeitnehmer im Jahr 2021 auf gut 91 Stunden. Das kommt die deutsche Wirtschaft teuer zu stehen. Wie das IfW berechnet hat, dürften die Arbeitsausfälle rund 27 bis 42 Milliarden Euro gekostet haben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hätte damit statt um 1,8 Prozent zwischen 2,5 und 2,9 Prozent zulegen können. (…) Ein erhöhter Krankenstand schlägt laut IfW nicht eins zu eins auf die Wertschöpfung durch. Ein Teil der Folgen werde durch Mehrarbeit von gesunden Beschäftigten aufgefangen. Ein weiterer Teil des Arbeitsausfalls werde nach Genesung durch die Erkrankten selbst nachgeholt, so die Forscher. Zudem sei in beiden Fällen eine erhöhte Arbeitsproduktivität durch eine erhöhte Arbeitsverdichtung wahrscheinlich, so dass pro Stunde Arbeit mehr erwirtschaftet werde.Meldung vom 14.03.2023 bei tagesschau.de externer Link

  • DAK-Psychreport 2023: Erneuter Höchststand bei psychisch bedingten Fehltagen. Anstieg um 48 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich, v.a. bei den 25- bis 29-jährigen
    Depressionen, chronische Erschöpfung, Ängste: Der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen erreichte 2022 einen neuen Höchststand. Mit 301 Fehltagen je 100 Versicherte lagen die Fehlzeiten wegen dieser Erkrankungen um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren. Das zeigt der aktuelle Psychreport der DAK-Gesundheit auf Basis der Krankschreibungen von 2,4 Millionen DAK-versicherten Beschäftigten. Im Vergleich zum Vorjahr hatten junge Berufstätige den stärksten Anstieg mit 24 Prozent bei den 25- bis 29-jährigen Frauen und 29 Prozent bei den gleichaltrigen Männern. Die mit Abstand meisten Krankschreibungen gab es im Gesundheitswesen. (…) Über alle Altersgruppen hinweg waren auch 2022 Depressionen der wichtigste Krankschreibungsgrund mit 118 Fehltagen je 100 Versicherte. Auf Platz zwei kamen Belastungs- und Anpassungsstörungen mit 77 Tagen. Sie hatten mit einem Plus von 12,4 Prozent den stärksten Zuwachs. Auf andere neurotische Störungen, wie zum Beispiel chronische Erschöpfung entfielen 34 Fehltage je 100 Versicherte und auf Angststörungen 23 Tage. (…) Ältere Beschäftigten haben auch bei psychischen Erkrankungen mehr Fehlzeiten als jüngere. Für 2022 zeigen sich jedoch bei jüngeren die deutlichsten Zuwächse: Besonders auffällig ist bei den Männern die Altersgruppe zwischen 24 und 29 Jahre mit 29 Prozent mehr Fehltagen. Bei weiblichen Beschäftigten gab es im gleichen Alter einen Zuwachs von 24 Prozent. Die 20- bis 24-Jährigen hatten ebenfalls fast ein Viertel mehr Fehltage als gleichaltrige Frauen im Vorjahr. (…) Wegen psychischer Probleme hatte erneut das Gesundheitswesen die meisten Ausfälle, gefolgt von der öffentlichen Verwaltung. Diese Branchen sind die einzigen, die sehr deutlich über dem Durchschnitt liegen, und zwar um 44 beziehungsweise 20 Prozent. Mit Blick auf die Berufe fällt auf: Beschäftigte, die sich in ihrem beruflichen Alltag um das Wohlbefinden anderer Menschen kümmern, sind psychisch am meisten belastet. Erzieher, Sozialpädagogen und Theologinnen haben zwei Drittel mehr Fehltage wegen psychischer Erkrankungen als andere, 2022 bezogen auf 100 Versicherte 494 Tage. Altenpflegekräfte gehören mit 480 Fehltagen je 100 Versicherte ebenfalls zu denjenigen, die besonders betroffen sind. (…) Der erneute Anstieg bei den Fehltagen hängt nach Ansicht der DAK-Gesundheit zum Teil auch mit der neuen elektronischen Meldung der Krankschreibungen zusammen…“ DAK-Pressemitteilung vom 23. Februar 2023 externer Link

  • Weiter aus der DAK-Pressemitteilung vom 20. Januar 2023 externer Link: „… „Dieser Rekord-Krankenstand ist alarmierend und sollte ein Weckruf für die Wirtschaft sein“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Zwar hat die Pandemie ihren großen Schrecken verloren, weil die Zahl der schweren Verläufe deutlich abgenommen hat. Der hohe Krankenstand zeigt aber die massiven Auswirkungen auf die Arbeitswelt.“ Es sei wichtig, dass sich die Menschen weiter schützen und am Arbeitsplatz geschützt würden. Dies gelte gerade mit Blick auf den zunehmenden Personal- und Fachkräftemangel in der Wirtschaft. Storm: „Gesundheit am Arbeitsplatz muss eine hohe Priorität bekommen.“ (…) Im Branchenvergleich zeigt die Analyse der DAK-Gesundheit den höchsten Krankenstand im Gesundheitswesen mit 6,4 Prozent und einem Plus gegenüber dem Vorjahr von 1,7 Prozentpunkten. Entsprechend hatten Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen pro Kopf die meisten Fehltage: durchschnittlich 23,5 Tage pro Jahr. Den niedrigsten Krankenstand hatten Beschäftigte in der Datenverarbeitungsbranche mit 3,5 Prozent und durchschnittlich nur 12,8 Fehltagen pro Kopf und Jahr…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=208207
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