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Die rechteste Regierung in der Geschichte Israels ist nach eigenen Aussagen eine Bedrohung für PalästinenserInnen, Frauen und die Demokratie

Dossier

Blau Weiße Schrift auf Schwarzen Hintergrund - Saving Israel Democracy Die neue Regierungskoalition in Israel will tiefgreifende Veränderungen durchsetzen, die eine Bedrohung für die Demokratie darstellen. Sie steht so weit rechts wie noch nie zuvor in der Geschichte des Staates Israel. Die nun geplante Justizreform geht vielen zu weit: Es soll – anders als bisher – eine einfache Mehrheit im Parlament genügen, um Entscheidungen des Obersten Gerichts zu kippen. (…)  Netanjahus jüdisch-fundamentalistische Koalitionspartner könnten mithilfe der Justizreform jedes beliebige Gesetz absegnen: die Todessstrafe für palästinensische Attentäter, Geschlechtertrennung in Bussen und Bahnen, Verbot von Abtreibungen und Gay Pride Paraden. Die LGBTQ-Gemeinde könnte es als erstes treffen. Doch Widerstand formiert sich bereits: Tausende sind auf die Straße gegangen, die Opposition und zahlreiche Juristen warnen vor einem Ende der Demokratie in Israel...“ Aus dem Beitrag „Der Kampf um Israels Demokratie“ in der Sendung „Kulturzeit“ vom 20.01.2023 bei 3Sat externer Link – siehe die Erklärung der alternativen Gewerkschaft WAC-Maan und weitere Informationen:

  • Die israelische Protestbewegung: Notwendige Korrekturen an einem falschen Bild New
    „Für die deutschen Mainstreammedien und -politiker ist die Protestbewegung ein Abbild der Stereotypen über Israel: säkulare, aschkenasische (Jüdinnen und Juden europäischer Abstammung) Vertreter:innen des Hightech-Sektors und der militärischen Elite. Diejenigen, die dem Klischee »Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten« Glauben schenken, stellen sich vor, dass Israel ein Land ist, in dem solche Menschen die Mehrheit bilden. Im gesamten von Israel kontrollierten Gebiet sind Jüdinnen und Juden jedoch lediglich eine Minderheit, etwa 48 Prozent der Bevölkerung. Innerhalb der jüdischen Bevölkerung sind diejenigen in der Mehrheit, die die derzeitige rechtsextreme Regierung unterstützen. Die Opposition stellt eine Minderheit innerhalb einer Minderheit dar. (…) Die Protestbewegung beschuldigt die rechtsextreme Regierung, sie sei »diktatorisch«, »theokratisch« und »faschistisch«. Sie ist jedoch nichts davon, sondern vielmehr eine rassistische, apartheidartige und militaristische Regierung. Das Problem ist, dass auch die früheren israelischen Regierungen rassistisch und militaristisch agiert haben und sich des Verbrechens der Apartheid schuldig gemacht haben. (…) Der Protest wird von zwei Gruppen angeführt und dominiert. Die erste Gruppe besteht aus Menschen in ihren späten 60er, 70er oder sogar 80er Jahren, hauptsächlich aschkenasischer Herkunft, also europäischer Abstammung. Diese Gruppe sehnt sich nach den Tagen zurück, in denen sie in den wichtigsten Institutionen des Staates hegemonial war: im Militär, dem Gewerkschaftsverband Histadrut, den Gerichten, den Mainstreammedien und im Wirtschaftssektor. Heutzutage ist die israelische Gesellschaft vielfältiger geworden, und obwohl die Diskriminierung nach wie vor alle Lebensbereiche durchdringt, sind die Entscheidungsträger:innen in bezug auf ethnische und religiöse Identität weniger homogen. Die zweite Gruppe, die bei den Demonstrationen im Vordergrund steht, sind Menschen im Alter von Ende 30 bis Anfang 50, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere befinden. Diese Gruppe beteiligt sich aus einem Gefühl der moralischen Verpflichtung heraus an den Demonstrationen, zumindest um ihren Kindern erzählen zu können, dass sie ihr Bestes getan haben, um den Zusammenbruch des Staates Israel zu verhindern. Allerdings gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie glauben, dass sie eine Chance auf Erfolg haben. (…) Die Regierungskoalition wird von überwiegend jungen Menschen unterstützt, die voller optimistischer Energie sind. Netanyahu wiederum hat die Protestbewegung als »saure Gurken« bezeichnet: Ihre Protestlieder sind ein Recycling der Lieder von vor zwanzig oder mehr Jahren. (…) Da es den Demonstrant:innen nicht gelungen ist, die Regierung wirklich herauszufordern, hat Netanyahu keine Ausreden mehr. Seine Koalition erlässt im Eiltempo weitere Apartheidgesetze, billigt die Zerstörung palästinensischer Siedlungen und schränkt die Menschenrechte und die Pressefreiheit sowohl für Palästinenser:innen als auch für Jüdinnen und Juden ein. Noch vor wenigen Monaten warnten die Demonstrierenden, dass die rechtsextreme Koalition das Ende der israelischen Demokratie bedeuten würde. Heute behaupten sie, dass die rechtsextreme Koalition den Staat Israel gänzlich abschaffen wird.“ Artikel von Shir Hever aus der Soz Nr. 09/2023 externer Link
  • Werden sich die Richter selbst entmachten? Israels Oberstes Gericht berät über Netanjahus Justizumbau – zuvor protestieren erneut mehr als 100.000 Menschen 
    Es ist ein Novum in der israelischen Politik: Das Oberste Gericht des Landes nimmt sich gesammelt einer kürzlich beschlossenen Gesetzesänderung der Regierung an, um diese gegebenenfalls für unvereinbar mit den Grundgesetzen des Landes zu erklären; Anlass sind Petitionen gegen die Gesetzesänderung. Im Fokus der 15 Richter steht das umfassende Vorhaben der Regierung von Benjamin Netanjahu, die unabhängige Justiz an die Ketten zu legen und in ihren Kontrollbefugnissen zu beschneiden, um so Gesetze ohne Widerstand durchs Parlament bringen zu können. Im konkreten Fall hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahus Regierung Ende Juli die Änderung eines Grundgesetzes verabschiedet, die dem Obersten Gericht die Möglichkeit nimmt, gegen »unangemessene« Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister vorzugehen.
    Kritiker befürchten, dass dies Korruption und die willkürliche Besetzung von entscheidenden Posten fördern könnte. Diese Änderung gilt als Anfang und Testballon des von der Regierung vorangetriebenen Justizumbaus, gegen den seit Jahresbeginn Tausende Israelis auf die Straße gehen. (…) Unklar ist, wie das Oberste Gericht sich verhalten wird, eine Entscheidung wird erst in einigen Wochen erwartet. Bei der Anhörung äußerten sich mehrere Richter bereits kritisch über das Vorhaben der Regierung. Die Vorsitzende Esther Chajut sagte zu den Folgen der Gesetzesänderung: »Niemand kann mehr prüfen, ob sie (die Minister) angemessen gehandelt haben oder nicht.« Richter Izchak Amit zufolge muss die Judikative eher noch gestärkt und nicht geschwächt werden. »Demokratien sterben nicht auf einmal, sondern in kleinen Schritten.« (…) In Israels Geschichte wurde bisher noch nie ein Grundgesetz oder eine Änderung eines Grundgesetzes aufgehoben. Sollte dies nun geschehen und die Regierung die Entscheidung nicht akzeptieren, droht dem Land eine Staatskrise, da Zuständigkeiten nicht mehr klar geklärt wären.“ Artikel von Cyrus Salimi-Asl vom 12.09.2023 in ND online externer Link, siehe zuvor:

    • Umstrittene Justizreform Wieder mehr als Hunderttausend auf Israels Straßen
      Aus Protest gegen die Justizreform der Regierung Netanyahu sind in Israel erneut mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen. Das Oberste Gericht befasst sich in der kommenden Woche mit dem hoch umstrittenen Vorhaben. Drei Tage vor dem Beginn einer entscheidenden Gerichtsverhandlung über ein Kernelement der israelischen Justizreform haben mehr als Hunderttausend Menschen gegen den umstrittenen Umbau der Justiz demonstriert. Bei der zentralen Kundgebung in Tel Aviv nahmen nach Angaben israelischer Medien fast 120.000 Menschen teil. Auch in anderen israelischen Städten gab es Proteste. Bei der Kundgebung in Tel Aviv fuhr am späten Abend ein Mann mit seinem Auto in eine Gruppe, die die Fahrbahn blockierte. Nach Angaben der Polizei wurden fünf Menschen leicht verletzt. Der Fahrer wurde festgenommen…“ Meldung vom 10.09.2023 in tagesschau.de externer Link
  • Rechts-religiöse Kräfte in Israel wollen auch die Geschlechtertrennung wieder einführen – wachsende Proteste für den Erhalt der Frauenrechte: „Israel ist nicht Iran“
    • Israel: Neue Proteste fordern Erhalt der Frauenrechte
      „Immer mehr Berichte zeigen auf, wie in Israel Frauenrechte im öffentlichen Raum eingeschränkt werden sollen. Nun protestiert die Bevölkerung. In der israelischen Küstenstadt Tel Aviv haben Medienberichten zufolge mehr als hunderttausend Menschen gegen die Politik der rechtsreligiösen Regierung von Benjamin Netanjahu demonstriert. Der Fokus der wöchentlichen Proteste lag am Samstagabend auf dem Erhalt von Frauenrechten. Auf Schildern von Frauen war etwa zu lesen „Hände weg von meinen Rechten“ oder „Israel ist nicht Iran“. Auch in weiteren israelischen Städten kam es zu Kundgebungen. In den vergangenen Wochen hatten sich Berichte über Versuche gehäuft, Frauen in Israel im öffentlichen Raum einzuschränken. Ein Busfahrer verwies Medienberichten zufolge etwa in der Stadt Aschdod eine Gruppe weiblicher Teenager in den hinteren Teil eines Busses und gab ihnen Decken, um sich zu bedecken. Bei einem weiteren Vorfall wurde einer Frau Berichten zufolge der Zutritt zu einem Bus komplett verwehrt. In Netanjahus Regierung sind mehrere strengreligiöse Parteien vertreten, die sich für mehr Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum aussprechen und regelmäßig Vorstöße in die Richtung einbringen. Netanjahu teilte jedoch nach dem Vorfall in Aschdod mit: „Der Staat Israel ist ein freies Land, in dem niemand einschränken wird, wer öffentliche Verkehrsmittel benutzen darf, oder vorschreiben wird, wer wo sitzt.“ Wer dies tue, müsse sich dafür verantworten…“ Meldung vom 19. August 2023 in der FAZ online externer Link
    • Mehr Geschlechtertrennung? Sorge um Frauenrechte in Israel
      „Lee Hoffmann Agiv ist wütend. So wie viele andere Frauen in Israel. Die 36-Jährige ist seit Jahresbeginn aktiv im Kampf gegen den Justizumbau, den die rechts-religiöse Regierung von Benjamin Netanjahu vorantreibt. Wie viele ihrer Mitstreiterinnen sieht die Weinhändlerin aus einem Ort nördlich von Tel Aviv das Vorhaben der Regierung auch als massive Gefahr für Frauenrechte in Israel. «Ich bin wütend, enttäuscht, besorgt», beschreibt die Israelin ihre Gefühle angesichts von Versuchen strengreligiöser Regierungsmitglieder, mehr Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum durchzusetzen. Um dies zu verhindern, organisiert Hoffmann Agiv Aktionen der Gruppe Bonot Alternativa (Auf Deutsch: Frauen bauen eine Alternative). Am Donnerstagabend wollen etwa Tausende von Frauen in den Tel Aviver Vorort Bnei Brak marschieren, in dem hauptsächlich strengreligiöse Juden leben. «Wir wollen die Flagge hissen und sagen: Leute, wir fordern Gleichberechtigung! Wir werden es niemandem erlauben, uns aus der Öffentlichkeit zu verdrängen.» (…) Die Unternehmerin ist seit Jahresbeginn an den aufsehenerregenden Straßenprotesten in Israel beteiligt. Sie nahm auch am ersten «Marsch der Mägde» in Jerusalem teil. Dabei liefen Frauen in langen roten Mänteln und weißen Hauben demonstrativ durch die Straßen – inzwischen ein bekanntes Motiv bei den Kundgebungen. Die auffällige Kleidung ist inspiriert durch den «Der Report der Magd» von Margaret Atwood – die Geschichte einer Diktatur, in der vor allem Frauen unterdrückt werden. «Beim ersten Marsch waren wir 20 Frauen», sagt Hoffmann Agiv. «Heute marschieren schon Zehntausende von Frauen.» Das mache ihr Hoffnung. Sich als Magd zu kleiden vermittele eine «sehr starke Botschaft», erklärt sie. «Menschen auf der Straße – Männer und Frauen – haben uns gesehen und sind in Tränen ausgebrochen.» In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Berichte über Versuche, Frauen in Israel im öffentlichen Raum einzuschränken. Diese sind Ausdruck eines tiefen kulturellen Grabens zwischen der säkularen Mehrheit im Land und einer ultra-orthodoxen Minderheit. Diese stellt zwar nur 13 Prozent der Bevölkerung, wird aber durch einflussreiche politische Parteien vertreten. Wegen ihres Kinderreichtums ist es auch die am schnellsten wachsende Gruppe in Israel, binnen vier Jahrzehnten könnte sie nach Schätzungen ein Drittel ausmachen…“ Agenturmeldung vom 24. August 2023 in der Zeit online externer Link
    • Hunderte Frauen protestieren in Israel. Bnei Brak: Bei linken Demonstrationen für Frauenrechte in Israel stießen am Donnerstagabend Welten aufeinander
      „… „Es gibt keine Demokratie ohne Gleichheit“, skandierten die Teilnehmerinnen eines Protestzugs am Donnerstag in dem überwiegend von ultraorthodoxen Juden bewohnten Tel Aviver Stadtteil Bnei Brak. Viele von ihnen schwenkten israelische Flaggen und trugen Schilder mit der Aufschrift „Wir sind gleich“. Viele ultraorthodoxe Bewohner von Bnei Brak schauten zu, als die Demonstrantinnen vorbeizogen. (…) „Wir können sitzen, wo wir wollen, wir können tragen, was wir wollen. Wir sind frei“, sagte die 63-jährige Schriftstellerin Kalanit Kain, die an der Kundgebung teilnahm. „Nur weil einige religiöse Gruppen, ultraorthodoxe religiöse Gruppen, denken, dass Frauen die Quelle allen Übels sind … bedeutet das nicht, dass wir das akzeptieren sollten“, sagte die Anwältin Hila Mor-Senhavi vor der Kundgebung der Nachrichtenagentur AFP. Ihre zehnjährige Tochter solle in einer Welt aufwachsen, in der sie „nicht ausgeschlossen wird, weil sie eine Frau ist“. Ultraorthodoxe Juden machen mehr als zehn Prozent der israelischen Bevölkerung aus. In etlichen von Religiösen genutzten Buslinien sitzen die Fahrgäste seit den späten 1980er Jahren nach Geschlechtern getrennt. Aktivisten zufolge hat die Diskriminierung von Frauen in den vergangenen Jahren zugenommen. Der Protest steht auch im Zusammenhang mit den wöchentlichen, gegen die Justizreform der Regierung gerichteten Protesten. (…) Die Reform spaltet die israelische Bevölkerung. Die wöchentlichen Proteste haben sich mittlerweile zur größten Protestbewegung der israelischen Geschichte entwickelt. Demonstriert wird in zahlreichen Städten, auch in Jerusalem. Tel Aviv ist dabei Hauptschauplatz der Proteste.“ Meldung vom 25. August 2023 bei der Rheinischen Post online externer Link
    • Vorstöße für Geschlechtertrennung in Israel: Sorge um Frauenrechte
      Rechts-religiöse Kräfte in Israel wollen mehr Geschlechtertrennung. Immer wieder gibt es Berichte über Versuche, Frauen aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. Dagegen protestierten Frauen mit einem Marsch in einem strengreligiösen Vorort Tel Avivs.“ dpa-Video am 25. August 2023 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
    • Israel: Demos für Frauenrechte
      In Israel haben in einem Vorort von Tel Aviv tausende Menschen für Frauenrechte demonstriert. Sie demonstrierten gegen die ungleiche und diskriminierende Behandlung von Frauen.“ Video vom 25.08.2023 beim ZDF externer Link
    • Guten Morgen von „Alternative Builders“ @BonotAlt, die eine der ikonischen Skulpturen Tel Avivs in eine Protestperformance verwandelt haben, die die alles entscheidende Botschaft vermittelt: Niemand wird Frauen in Israel aus dem öffentlichen Raum entfernen! Angesichts der Epidemie von Fällen der Demütigung und Ausgrenzung von Frauen müssen wir kämpfen, damit Israel nicht zu einer messianischen Diktatur wird…“ isrealischer Tweet von @Hofshi_Israel vom 22. Aug. 2023 externer Link mit dem Foto der Skulptur
    • Zur Frauengruppe Bonot Alternativa (Auf Deutsch: Frauen bauen eine Alternative) siehe ihre Homepage externer Link und ihren Twitter-Account externer Link mit vielen Fotos und Videos ihrer Aktionen
  • »Zeit zum Kämpfen«. Massenprotest in Israel: Widerstand gegen »Justizreform« ungebrochen
    „In Israel gehen auch während der Sommerpause des Parlaments und der Ferienzeit die Proteste gegen die geplante »Justizreform« der Koalitionsregierung aus Rechten und Ultrarechten weiter. Es war die 32. Woche in ununterbrochener Folge, dass am Sonnabend Zehntausende Menschen in Städten, Ortschaften und an Kreuzungen von Fernstraßen zu Kundgebungen zusammenkamen. 103.000 sollen es allein bei der zentralen Kundgebung in der größten Stadt des Landes, Tel Aviv, gewesen sein. Diese Zahl ist nicht nur auffallend exakt, sondern auch relativ zuverlässig: Sie kommt von einem professionellen Unternehmen, das sich auf solche Zählungen spezialisiert hat, und wurde am Samstag vom Privatsender Kanal 13 gemeldet. Die Angabe bezog sich auf den Zeitpunkt 20.45 Uhr. Die Zahl der Teilnehmenden wächst danach in der Regel noch etwas an. Wie üblich wurde genau in der Mitte der zentralen Kundgebung an der Kaplan Street ein riesiges Transparent getragen. Unter den englischen Worten »Israel’s coup criminals« (Israels Staatsstreich-Verbrecher) zeigte es fünf Fotos, unter anderem von Premierminister Benjamin Netanjahu, Justizminister Jariv Levin, beide vom Likud, sowie vom Minister für Innere Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, und Finanzminister Bezalel Joel Smotrich – beides Mitglieder der Ultrarechten. Die sind zum ersten Mal in der israelischen Geschichte an einer Regierung beteiligt. In der Vergangenheit waren sie zu mehreren Wahlen gar nicht erst zugelassen worden. Während der zentralen Kundgebung in Tel Aviv sprach unter anderem Amiram Levin, ein General im Ruhestand, früher Kommandeur einer Eliteeinheit, Chef des Kommandos Nord der Streitkräfte und stellvertretender Direktor des Auslandsgeheimdienstes Mossad. In seiner Ansprache warf er Netanjahu vor, er wolle das Land an Verbrecher ausliefern. Eine der prominentesten Organisatorinnen der Proteste, Schikma Bressler, sagte in ihrer Rede: »Die Knesset mag Pause machen, aber der Staatsstreich geht mit voller Stärke weiter. (…) Jeder von uns versteht, dass jetzt die Zeit zum Kämpfen ist.«…“ Artikel von Knut Mellenthin in der jungen Welt vom 14. August 2023 externer Link
  • Nach der Verabschiedung in der Knesset geht der Kampf gegen die »Justizreform« mit Petitionen vor Obersten Gericht, aber auch mit Streiks und Protesten weiter
    • Streik gegen »Justizreform«. Israel: Petitionen vor Oberstem Gericht, Proteste dauern an
      Der Streit um ein zentrales Gesetz zur geplanten »Justizreform«, das am Montag nachmittag vom israelischen Parlament mit den Stimmen der Regierungskoalition aus Rechten und Ultrarechten verabschiedet wurde, geht weiter. Der Oberste Gerichtshof wird sich in den nächsten Tagen mit verschiedenen Petitionen beschäftigen, in denen das Gesetz und sein Zustandekommen als verfassungswidrig bezeichnet werden. Unter den Antragstellern sind die Bürgerrechtsorganisation »Bewegung für eine Qualitätsregierung«, die Anwaltsvereinigung und Oppositionsführer Jair Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid.
      Nach der Abstimmung in der Knesset, die von der gesamten Opposition boykottiert wurde, demonstrierten Zehntausende Gegner der »Justizreform« in Jerusalem, Tel Aviv und anderen Städten sowie auf Fernstraßenkreuzungen. Die Polizei setzte zur Auflösung der Ansammlungen Wasserwerfer ein, die eine als »Skunk« bekannte stinkende Flüssigkeit verspritzten. (…)
      Am Dienstag hatte die Medizinische Vereinigung Israels zu einem 24stündigen Streik der Mitarbeiter des Gesundheitswesens aufgerufen. Die Aktionen orientierten sich am Feiertagsreglement, Notaufnahmen arbeiteten normal. Auch Jerusalems Krankenhäuser und kommunale Kliniken waren vom Streik ausgenommen. Die Führung der allgemeinen Gewerkschaft Histadrut steht unter Druck vieler Mitglieder, zum Generalstreik aufzurufen, betreibt aber mit Verweis auf ihre »politische Neutralität« eine Hinhaltetaktik…“ Artikel von Knut Mellenthin in der jungen Welt vom 26.07.2023 externer Link, siehe zu Streiks auch:
    • Trotz der größten Protestbewegung in der Geschichte Israels: Netanjahus Koalition setzt ihr Putschgesetz gegen die Justiz durch
      „… Die Arbeiterklasse hat die Macht, Netanjahus rechtsextreme Koalition durch einen Generalstreik zu stürzen, und hätte dabei die Unterstützung der Mehrheit der israelischen Bevölkerung. Doch der korporatistische Gewerkschaftsverband Histadrut, der seit seiner Gründung fest hinter dem zionistischen Projekt steht, hat sich als großes Hindernis dabei erwiesen. Er weigert sich, seine Mitglieder gegen die Regierung zu mobilisieren, und drängt hektisch auf eine Art „Vermittlung“ oder Kompromiss. Das einzige Mal während der wöchentlichen Massenproteste in den letzten sieben Monaten, dass Histadrut-Chef Arnon Bar-David zu einem Generalstreik aufrief, war als Reaktion auf die Entlassung von Netanjahus Verteidigungsminister Yoav Gallant. Dieser hatte Netanjahu aufgefordert, den Plan zur Entmachtung der Justiz aufzugeben, weil der politische Konflikt darüber die IDF spaltet. Jetzt gerät Bar-David unter immer stärkeren Druck, zu einem Streik aufzurufen. Er bereitet eine symbolische Arbeitsniederlegung vor, damit die Mitglieder von Histadrut Dampf ablassen können. Er erklärte: „Von diesem Moment an wird jede einseitige Fortsetzung der Reform schwerwiegende Konsequenzen haben, bis hin zu einem umfassenden Streik“ der Gewerkschaften im ganzen Land…“ Artikel von Jean Shaoul vom 25.7.2023 in wsws externer Link
    • Trotz 29-wöchiger Proteste in ganz Israel stimmte Netanyahus Koalitionsregierung heute einstimmig für die Verabschiedung des „Angemessenheitsgesetzes“ und die Umsetzung ihres Plans zur Politisierung des Obersten Gerichtshofs. Die heutige Knesset-Abstimmung stärkt die Macht dieser faschistischen, jüdisch-rassistischen Regierung und erlaubt ihr, ihre volle Vision umzusetzen, was eine weitere Verschlechterung der israelischen Demokratie und eine Katastrophe für die palästinensischen Menschenrechte bedeutet. Um die gesamten Auswirkungen auf jede Gesellschaft zu besprechen, nehmen Sie morgen an einem Gespräch über israelische und palästinensische Solidarität teil…“ engl. Thread von Combatants for Peace vom 24. Juli 2023 externer Link
    • Justizreform in Israel: „Wie ein Staatsstreich von oben“
      „Die Justizreform stürzt Israel in die größte Zerreißprobe seit Staatsgründung“, sagt der Historiker Meron Mendel im Interview von Eckart Aretz bei tagesschau.de am 24. Juli 2023 externer Link: „Es geht um die Streichung der sogenannten Angemessenheitsklausel aus dem Gesetzbuch. Diese Klausel ermöglichte dem Obersten Gericht, Regierungsentscheide zu kippen, wenn sie unangemessen sind. In der Vergangenheit wurde sie angewendet, wenn zum Beispiel Frauen oder Minderheiten benachteiligt wurden, oder wenn Menschen mit Nähe zur Regierung ohne relevante Qualifikationen höhere Posten bekamen. Wenn die Streichung – die übrigens noch vor dem Obersten Gericht Bestand haben muss – so in Kraft tritt, gibt es eine Art Freifahrtschein für Korruption in Israel. (…) Israel hat keine Verfassung und kein föderales System. Die einzige Hürde für die unbegrenzte Macht einer Regierung ist die unabhängige und handlungsfähige Justiz. Und die Angemessenheitsklausel ist vielleicht das wichtigste Instrument der Justiz, um die Regierung zu kontrollieren und darauf zu achten, dass sie ihre Macht nicht missbraucht. (…) Wir erleben ein Systemwechsel, weil die Justizreform in ihrer Gesamtheit – heute haben wir ja nur einen Schritt erlebt – einen Staatsstreich von oben darstellt. Das Gesamtvorhaben bedeutet, dass Israel aufhören wird, eine liberale Demokratie zu sein. (…) Aktuelle Meinungsumfragen sagen, dass etwa 45 Prozent der Bevölkerung die Justizreform unterstützen und eine Mehrheit von etwa 55 Prozent der Wähler dagegen ist. (…) Es kommen mehrere Interessen zusammen. Zum einen sind sie dagegen, dass das Oberste Gericht der Garant für Menschenrechte und gegen Diskriminierung ist – sowohl im Kernland Israel als auch in den besetzten Gebieten. Das hat vor allem die Siedlerbewegung gestört, denn das Oberste Gericht hat in der Vergangenheit beispielsweise immer wieder verhindert, dass palästinensischer Boden für den Siedlungsbau enteignet wird. Rechte und fundamentalistische Juden wollen außerdem die Rechte der Araber mit israelischer Staatsangehörigkeit einschränken. Und es geht um das Thema Gleichberechtigung in der israelischen Gesellschaft, um Frauenrechte, um Rechte von LGBTQI-Menschen…“
  • 70.000 Menschen marschieren von Tel Aviv nach Jerusalem und errichten ein Camp vor dem Parlamentsgebäude, mehr als halbe Million bei den größten Protesten in Israel
    • Hunderttausende protestieren in Israel gegen Justizreform
      In Israel ist es zu einem der bisher größten Proteste gegen den Umbau der Justiz gekommen. Die Organisatoren meldeten mehr als eine halbe Million Teilnehmende. (…) Im Zentrum der Küstenstadt Tel Aviv versammelten sich nach Schätzungen des Senders Channel 13 rund 170.000 Menschen. Auf Protestschildern waren Slogans zu lesen wie „Netanjahu, der Feind der Demokratie“ oder „Rettet unsere Heimat“. Vereinzelt kam es Medienberichten zufolge zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. In Jerusalem wurden 85.000 Protestierende gezählt. Die Menschen errichteten ein Camp aus weißen Zelten vor dem Parlamentsgebäude.  Unter den Camp-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern sind auch Demonstrierende, die zuvor rund 70 Kilometer von Tel Aviv nach Jerusalem gewandert waren. In den vergangenen Tagen wurde der kilometerlange Protestmarsch immer größer. Nach Schätzungen von Channel 13 nahmen mehr als 70.000 Menschen teil. Organisatoren der Proteste gaben die Zahl der Teilnehmenden landesweit mit mehr als einer halben Million an…“ Agenturmeldung vom 22. Juli 2023 in der Zeit online externer Link
    • Camp vor der Knesset: Protestmarsch gegen Justizreform erreicht Jerusalem
      70 Kilometer sind sie gewandert, vor dem Ziel haben sich laut israelischen Medien mehr als 70.000 Menschen angeschlossen. Eine riesige Protestbewegung sammelt sich vor dem Parlament gegen den dort geplanten Staatsumbau. Ein tagelanger Protestmarsch gegen die umstrittene Justizreform in Israel mit Zehntausenden Menschen ist laut Organisatoren am Samstag in Jerusalem eingetroffen. Mehrere Hundert Demonstrantinnen und Demonstranten hatten am Dienstagabend die rund 70 Kilometer lange Wanderung von Tel Aviv nach Jerusalem begonnen. In den vergangenen Tagen wurde der kilometerlange Protestzug immer größer. Nach Schätzungen des israelischen Senders Channel 13 nahmen am Samstag mehr als 70.000 Menschen teil. Ihr Plan ist demnach, die Nacht auf Sonntag vor dem Parlament zu verbringen. Auch in weiteren Städten Israels waren am Abend Kundgebungen mit Tausenden Menschen geplant. Am Sonntagvormittag will Israels rechtsgerichtete Regierung ein Kernelement ihrer Pläne zur Schwächung der Justiz den Abgeordneten vorlegen…“ Meldung vom 22.07.2023 im Spiegel online externer Link
    • Kompromissvorschlag der Gewerkschaft Histadrut abgelehnt, einzelne Sektoren überlegen Streikaktionen – Reservisten der Streitkräfte drohen mit Dienstverweigerung
      „»Justizreform« vor Votum. Massenproteste und mehr Dienstverweigerungen von Reservisten. »Kompromissvorschlag« von Gewerkschaft abgelehnt (…) Die Führung der Gewerkschaft Histadrut, die in den ersten Jahrzehnten des Staates Israel eng mit der sozialdemokratischen Arbeitspartei verbunden war, aber sich schon lange als »politisch neutral« darstellt, steht unter starkem Druck vieler Mitglieder und Berufssparten, zum Streik gegen die »Justizreform« aufzurufen. Gewerkschaftschef Arnon Bar-David hat statt dessen einen »Kompromissvorschlag« präsentiert, der aber am Sonntag sowohl von den Sprecherinnen und Sprechern der Protestbewegung und von der Arbeitspartei wie auch vom Likud, der größten Regierungspartei, abgelehnt wurde. Einzelne Sektoren, wie die Beschäftigten des Gesundheitswesens, diskutieren unabhängig von der Histadrut über Streikaktionen.
      Eine Besonderheit der Protestbewegung gegen die »Justizreform« ist das starke öffentliche Engagement von Reservisten der Streitkräfte, die mit Dienstverweigerung drohen, falls die Regierungskoalition ihre geplanten Gesetze beschließt. Der private Fernsehsender Channel 12 berichtete vor einer Woche, 4.000 Reservisten »in Schlüsselpositionen« hätten entsprechende gemeinsame Briefe unterschrieben. Dazu gehören Flugzeugpiloten und -navigatoren, Drohnenlenker, Techniker, IT-Spezialisten, Angehörige von Kommandoeinheiten und Ärzte. Am Sonntag teilte die Soldatenorganisation »Waffenbrüder« mit, dass sich in den vergangenen Tagen weitere 10.000 Reservisten in Unterschriftenlisten eingetragen hätten. Unabhängig davon wurden am Wochenende neue Briefe bekannt, die insgesamt von 1.200 Reservisten der Luftwaffe und 500 Reservisten des Militärgeheimdienstes unterzeichnet worden waren. Am Sonnabend wurde eine Stellungnahme veröffentlicht, die die Unterschriften von mehr als 100 ehemaligen hohen Funktionären des Militärs, der Polizei sowie der Geheimdienste Schin Bet und Mossad trägt. Die Unterzeichner erklären sich darin mit den Verweigerern solidarisch und bezeichnen deren Handeln als »Akt der nationalen Verantwortung zur Verteidigung der israelischen Demokratie«.“ Artikel von Knut Mellenthin in der jungen Welt vom 24.07.2023 externer Link („Knesset-Abstimmung: Showdown in Israel“)
    • Der Marsch zur Rettung der Überreste der israelischen Demokratie vor Netanyahus autoritärer Mafia-Reform hat Jerusalem erreicht. Es ist riesig…“ Tweet von @realmarcel1 vom 22.7. externer Link mit beeindruckendem Video   
    • Jetzt in Tel Aviv: ein riesiges Verweigererbanner vor dem Hauptkommando der Armee: „Wir werden nicht töten und wir werden nicht im Dienste der Siedlungen getötet.“ Der Anti-Besatzungsblock geht unter ihr hindurch auf dem Weg zum Mainstream-Protest „Pro-Demokratie“.
      Der Anti-Besatzungsblock marschiert durch den Mainstream-Pro-Demokratie-Protest in Tel Aviv. In den kommenden Tagen dürfte der Konflikt zwischen Regierung und Protestbewegung einen neuen Höhepunkt erreichen (…)
      Unterdessen gilt auf der Mainstream-Seite der Protestbewegung Folgendes: 1. Die größte Arbeitergewerkschaft schließt sich möglicherweise dem Widerstand an. 2. Über 10.000 Soldaten der Reserve verweigern ihren Dienst. 3. Hunderttausende demonstrieren. Viele planen, die kommenden Nächte außerhalb der Knesset zu verbringen
      “ engl. Thread von Haggai Matar vom 22. Juli 2023 externer Link mit Fotos und Video
    • Während gestern mehr als eine halbe Million Menschen in #Israel gegen die #Justizreform demonstrierten, haben Demonstranten ihr Lager vor der #Knesset  #Jerusalem aufgeschlagen & werden dort auf unbestimmte Zeit bleiben…“ Tweet von Ardor vom 23. Juli 2023 externer Link zum Video – siehe auch auf Twitter ein tolles Foto externer Link von mind. 220.000 Protestierenden in Tel Aviv in der Nacht auf Sonntag
    • Justizreform: Israel steht vor der Zerreißprobe: Am Montag soll ein wesentlicher Teil der sogenannten Justizreform verabschiedet werden
      „Es dürfte der berühmte Tropfen gewesen sein, der das Fass der Entrüstung über das Vorgehen der rechts-nationalreligiösen Regierung endgültig zum Überlaufen gebracht hat: Die abendliche Fernseh-Ansprache von Premier Benjamin Netanjahu, in der er am Donnerstag ungerührt in die TV-Kameras sprach: Die Justizreform werde umgesetzt. Auch bleibe es bei der Abschaffung des Rechts der Obersten Gerichtshofs, Entscheidungen der Regierung als „unangemessen“ zurückzuweisen. Netanjahu wörtlich: „Das stärkt die Demokratie.“ Den Hunderttausenden Israelis, die seit Jahresbeginn unverdrossen gegen den – wie sie es nennen – „Justizcoup“ demonstrieren, blieb die Spucke weg. Dass stärke die Demokratie? Ex-Premier Yair Lapid wollte es kaum glauben. „Wir sehen einen Regierungschef, der das Land zerreißt, anstatt es zusammenzuführen.“ Direkt nach dem Ende der abendlichen TV-Ansprache Netanjahus strömte die Protestbewegung auf die Straßen aus, zur „Nacht des Widerstands“. (…) Das Einzige, was Premier Netanjahu aufhalten würde, sei das „Ausmaß des Drucks“, der auf ihn ausgeübt werde. (…) Bekanntestes Beispiel: Als Verteidigungsminister Yoav Galant Ende März öffentlich Kritik an der Justizreform und deren Auswirkungen auf die Streitkräfte übte, entließ ihn Netanjahu sofort. Ein Sturm der Empörung war das Ergebnis, vor allem unter aktiven Soldaten und Reservisten. Sie kündigten an, ihren Dienst zu quittieren bzw. nicht mehr zu den sehr regelmäßigen Reserveübungen zu erscheinen. (…) Generalstabschef Herzi Halevi lasse mittlerweile täglich durchzählen, wie viele Reservisten ihren Dienst quittieren wollen. Die öffentlichen Auseinandersetzungen um die Justizreform seien gefährlich. „Das spaltet die Armee“, wie Halevi in vertraulicher Runde gesagt haben soll. Im Armee-Radio richtete Nadav Argaman, der ehemalige Chef des Shin Bet, des israelischen Inlandsgeheimdienstes, am Donnerstag eine volle publizistische Breitseite gegen Netanjahu: Der Generalstabschef und der jetzige Shin Bet Chef sollten dem Premierminister unmissverständlich klarmachen, die Justizreform sofort zu beenden. Netanjahu sei „nicht demokratisch gewählt worden, um Israelis Demokratie zu zerstören.“ Er unterstütze ausdrücklich diejenigen Reservisten, die aus Protest gegen die Reform nicht mehr zum Dienst erschienen. Sollte, so der Ex-Shin Bet Chef, am Montag das „fürchterliche Gesetz verabschiedet werden, werden wir ein anderes Land haben. Insofern sind wir nicht mehr an die Verträge gebunden, die wir unterschrieben haben.“ Beitrag von Clemens Verenkotte vom 22. Juli 2023 bei BR24 externer Link
    • Ausschreitungen in Tel Aviv nach Netanjahus Rede zu Justizreform
      „Bei Protesten gegen die umstrittene Justizreform der israelischen Regierung ist es in Tel Aviv zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Protestierende blockierten am Donnerstagabend für mehrere Stunden eine Autobahn und legten Feuer, wie auf Bildern und Videos in den sozialen Medien zu sehen ist. Es kam zu Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften. Hunderte weitere Menschen setzten einen fast 70 Kilometer langen Marsch von Tel Aviv nach Jerusalem fort. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und war teils mit Pferden unterwegs, um die Protestierenden zu stoppen. Der Zeitung Times of Israel zufolge wurden mindestens 15 Menschen festgenommen. (…) Mehrere Politiker der Opposition warfen dem Regierungschef Lügen und Täuschungen in seiner Ansprache vor.“ Meldung vom 21. Juli 2023 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Israelisches Parlament billigt Teil der Justizreform und schickt brutalst Pferde wie Wasserwerfer gegen die Massenproteste am „Tag der Störung“
    • Mit Pferden gegen Demos: Am „Tag der Störung“ kommt es zu Massenprotesten. Rund 10.000 Personen blockieren den Flughafen von Tel Aviv. Dutzende werden festgenommen.
      Es ist eine schockierende Szene: Unter Gebrüll und Gepfeife Dutzender Menschen treibt ein Polizist mit seinem Pferd einen Mann vor sich her. Der fällt zu Boden, das Pferd trampelt über ihn. Ein Video externer Link des Vorfalls auf der Kaplan Straße in Tel Aviv verbreitete sich am Dienstagnachmittag rasend schnell im Internet. Schon zuvor waren in der israelischen Küstenmetropole Polizisten mit ihren Pferden externer Link bedrohlich nah an Demonstrierende herangeritten, die gegen die geplante Justizreform der Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu protestierten.
      Die Geg­ne­r*in­nen der Reform hatten den Dienstag zum landesweiten „Tag der Störung“ erklärt. Nachdem das Parlament in der Nacht in erster Lesung einen Teil der Reform gebilligt hatte, begann der Tag schon am Morgen mit Straßenblockaden und Demonstrationen. Videos zeigten brennende Autoreifen nahe der Stadt Herzliya. Auch in Jerusalem kam es zu Protesten. Bis zum Nachmittag wurden landesweit mehr als 70 Personen festgenommen, von denen mehr als die Hälfte später wieder freigelassen wurde. Wie viele Personen verletzt wurden, war zunächst unklar. Im Zentrum von Tel Aviv ging die Polizei auch mit Wasserwerfern gegen Demonstrierende vor, um die Menge aufzulösen. Laut dem israelischen Nachrichtenportal Times of Israel war es das erste Mal seit mehreren Wochen, dass Wasserwerfer eingesetzt wurden – abgesehen von der Räumung von Straßen. Am Nachmittag versammelten sich nach Schätzungen israelischer Medien rund 10.000 Demonstrierende am internationalen Flughafen von Tel Aviv. Die Blockade sollte ein Höhepunkt des Aktionstags werden...“ Artikel von Jannis Hagmann vom 11.7.2023 in der taz online externer Link, siehe auch:
    • „Tag der Störung“ in Israel: Festnahmen und Zusammenstöße bei Massenprotesten
      In Israel spitzt sich der Streit um die umstrittene Justizreform zu: Demonstranten haben wichtige Straßen blockiert und es gab bereits zahlreiche Festnahmen. Der landesweite Protest soll den ganzen Tag dauern. (…) Nach Angaben der Polizei wurden bislang 66 Demonstranten wegen Störung der öffentlichen Ordnung an verschiedenen Orten festgenommen. Die Hälfte der Festnahmen habe es in der Küstenstadt Tel Aviv gegeben, sieben Personen davon seien mittlerweile wieder freigelassen worden. Laut Bericht der Zeitung „Haaretz“ wurden auch zwei Pressefotografen festgenommen. Die Polizei erklärte, sie werde das Recht auf Meinungsfreiheit und Protest in den Grenzen des Gesetzes schützen, jedoch keine Verletzungen der öffentlichen Ordnung, eine Unterbrechung des Verkehrs oder eine Gefährdung von Autofahrern akzeptieren. (…) Bereits am Morgen blockierten Aktivisten zeitweise Autobahnen nach Jerusalem, Haifa und Tel Aviv sowie andere wichtige Straßen. Die Demonstranten schwenkten israelische Fahnen und Leuchtfeuer, einige legten sich auf die Straße. Die Polizei setzte einen Wasserwerfer ein, um Demonstranten von einer Schnellstraße nach Jerusalem zu vertreiben. Beamte hinderten Demonstranten auch daran, in Jerusalem vom Obersten Gericht zum Parlamentsgebäude zu ziehen. In Haifa brachten die Proteste den Verkehr entlang der Strandpromenade zum Erliegen. In Tel Aviv wurden laut „Haaretz“ zwei Demonstranten bei Zusammenstößen mit berittenen Polizisten verletzt. Auch 300 Reservisten der Cyber-Einheit des Militärs demonstrieren: Sie unterzeichneten einen Brief, in dem sie mitteilten, sie würden sich aus Protest nicht freiwillig zum Dienst melden. „Sensible Cyber-Fähigkeiten, die für das Böse eingesetzt werden könnten, dürfen nicht an eine kriminelle Regierung weitergegeben werden, die die Grundlagen der Demokratie untergräbt“, hieß es…“ Beitrag vom 11.07.2023 in tagesschau.de externer Link
    • Israel: Unverhältnismäßiges Handeln
      Protesttag gegen die israelische Regierung und ihren Versuch, Kontrollfunktionen der Justiz auszuhebeln
      Mitten in der Zeit, da in Israel normalerweise Berufsverkehr herrscht, begann der Ausnahmezustand. Denn zur Arbeit fuhren am Dienstag viele nicht. Stattdessen blockierten Hunderttausende Autobahnen, Straßen und Plätze. Ärzt*innen verließen ihre Arbeitsplätze, Richter*innen und Staatsanwält*innen auch. Hunderte Digitalexpert*innen erklärten, sie würden künftig nicht mehr für die Geheimdienste, das Militär arbeiten. Ihre Befürchtung: Die Regierung könnte ihre Arbeit künftig für politische Zwecke nutzen, um die Bürgerrechte von Teilen der Gesellschaft einzuschränken, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Denn am Montag hatte das Parlament mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit beschlossen, die »Verhältnismäßigkeitsregel« abzuschaffen. Bis zur Rechtskraft sind noch zwei weitere Lesungen möglich. Daneben plant die Regierung eine Vielzahl weiterer Veränderungen im Justizsystem. (…) Mittlerweile hat das Handeln der Regierung auch erhebliche wirtschaftliche und diplomatische Konsequenzen. Ausländische Investor*innen sind zurückhaltend geworden. Ausländische Geheimdienste haben Bedenken, Geheimdiensterkenntnisse könnten von den rechtsextremen Regierungsmitgliedern für eigene Zwecke missbraucht werden. Die deutlichsten Worte kamen am Sonntag in einem Interview mit dem US-Präsidenten Joe Biden: Die derzeitige Regierung sei die »extremste«, die er in den Jahrzehnten seiner Unterstützung für Israel erlebt habe.“ Artikel von Oliver Eberhardt vom 11.07.2023 im ND online externer Link
    • Siehe auch ein Video der Polizeigewalt im engl. Bericht von Rami Amichay vom 12.7.23 bei Reuters externer Link („Israel protests flare over Netanyahu’s new Supreme Court bill“)
    • Zuvor hatten am am 8. Juli, dem 27. Samstag in Folge erneut 360.000 Menschen protestiert…
  • „Bibi Ciao“: Rund 150.000 Menschen Menschen bei Kundgebung und  Straßenblockaden in Tel Aviv, Tausende in anderen Städten Isreals
    In Israel haben am Abend erneut Zehntausende Menschen gegen die umstrittene Justizreform protestiert. Bei der zentralen Kundgebung in Tel Aviv skandierten die Demonstrantinnen und Demonstranten „Demokratie“, während sie weiß-blaue Nationalfahnen schwenkten. Mehrere Teilnehmer dichteten das Protestlied „Bella Ciao“ zu „Bibi Ciao“ um. „Bibi“ ist der Spitzname des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu. Nach Angaben der Organisatoren nahmen rund 150.000 Menschen an der Kundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv teil. Dutzende Demonstranten blockierten kurzzeitig Straßen in der Stadt. Auch in Jerusalem, Haifa und etlichen weiteren Städten gingen Medienberichten zufolge wieder Tausende auf die Straße. (…) Vor wenigen Tagen versuchte Netanyahu zu beschwichtigen: Er habe einen umstrittenen Teil der Reform „verworfen“, sagte er dem „Wall Street Journal“. Konkret gehe es um eine Klausel, mit der das Parlament die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs mit einer einfachen Mehrheit aufheben kann. Kritiker sehen darin jedoch keine Kehrtwende der Reform, auch weil aus ihrer Sicht noch viele weitere problematische Punkte auf der Agenda der Regierung stehen…“ Meldung vom 02.07.2023 bei tagesschau.de externer Link („Zehntausende demonstrieren erneut gegen Justizreform“)
  • Aussetzung der Justizreform in Isreal trotz der Proteste wieder ausgesetzt – dies treibt neue Proteste und den Ruf nach zivilem Ungehorsam an
    • Erneute Proteste gegen geplante Justizreform
      In Israel halten die Proteste gegen die geplante Justizreform an. Der ehemalige Regierungschef Ehud Barak rief bei einer Kundgebung in Tel Aviv zu zivilem Ungehorsam auf. In Israel haben erneut Zehntausende Menschen gegen die umstrittene Justizreform protestiert. Mit Bannern mit Aufschriften wie „Israel brennt“ zogen Demonstrierende durch das Zentrum von Tel Aviv. Bei der zentralen Kundgebung rief der ehemalige Regierungschef Ehud Barak zu einer Verschärfung der seit 25 Wochen andauernden Protestmaßnahmen auf. Der einzig legitime Weg sei dabei ziviler Ungehorsam, sagte Barak. (…) Im März hatte Netanjahu die Pläne zum Umbau des Justizsystems nach öffentlichem Druck zunächst ausgesetzt. Monatelange Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition brachten jedoch keine Einigung. Netanjahu kündigte daraufhin vor einer Woche an, er werde die Reform trotz der Proteste weiter vorantreiben.“ Agenturmeldung vom 24. Juni 2023 in der Zeit online externer Link
    • Proteste gegen Justizreform in Israel: Zehntausende in Tel Aviv auf der Straße
      Video vom 25.06.2023 bei tagesschau.de externer Link
  • 18 Wochen Proteste gegen Justizreform in Israel – Großdemos am 6. Mai 2023 mit ca. 390.000 Protestierenden
    • Die Massenproteste reißen nicht ab, obwohl Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die umstrittene Justizreform vor mehr als einem Monat ausgesetzt hat
      „Tausende Israelis haben in der 18. Woche in Folge gegen die umstrittene Justizreform der rechtsgerichteten Regierung protestiert, obwohl Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Reform vor mehr als einem Monat auf Eis gelegt hatte. Hunderte von Demonstrierenden versammelten sich in der Innenstadt von Rehovot, schwenkten israelische Flaggen und blockierten eine wichtige Straßenkreuzung, wie AFP berichtet. Tausende versammelten sich auf dem Habima-Platz in Tel Aviv und bereiteten sich darauf vor, durch die Stadt zur Kaplan-Straße zu marschieren, wobei sie israelische Flaggen schwenkten und Anti-Netanjahu-Slogans skandierten. Ein Protestierender hielt ein großes Bild des rechtsextremen Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, in die Höhe und beschrieb ihn als „Minister des nationalen Versagens“. Die israelische Polizei veröffentlichte zunächst keine Schätzungen über die Anzahl der Demonstrierenden. In einem zuvor veröffentlichten Statement erklärten die Protestierenden, dass die Regierung Netanjahu darauf warte, Israel in eine „messianische und gefährliche Diktatur“ zu verwandeln…“ Artikel von Middle East Eye vom 6. Mai 2023 externer Link („Israel judicial crisis: Protesters rally against judicial reforms for 18th week”)
    • “Nach Angaben der Protestierenden nahmen in der Nacht zum Samstag 390.000 Menschen an den israelischen Protesten teil: 210.000 in Tel Aviv und 180.000 an rund 125 Orten im ganzen Land. 18. Woche.” Tweet von Noga Tarnopolsky vom 6. Mai 2023 externer Link (engl.)
    • Siehe @NTarnopolsky für weitere Fotos und Berichte von den Protesten
  • Krise in Israel: Netanjahus Ritt in den Abgrund
    „In den letzten 75 Jahren seit der Gründung des Staates Israel hat der Landstrich zwischen Mittelmeer und Jordan zahlreiche Krisen und Kriege erlebt. Doch eine solch umfassende Krise, wie sie aktuell auf so vielen verschiedenen Ebenen gleichzeitig stattfindet, ist bisher wohl beispiellos. Einen grossen Teil trägt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dazu bei. Fassungslos fragen sich Israelis, die den Zerfall des Staates schon vor ihrem inneren Auge sehen: Wie weit wird er in seinem Versuch gehen, sich vor einem drohenden Gefängnisaufenthalt zu retten? Denn der Ministerpräsident steht in gleich drei Korruptionsfällen vor Gericht. Eine Haftstrafe ist nicht ausgeschlossen. Netanjahu hofft darauf, dass ihm seine rechtsnationalistischen Koalitionspartner Immunität vor dem Gesetz verschaffen. Und sein bisheriger Weg legt nahe: Er wird sehr weit gehen. Netanjahus frühere politische Agenda unterschied sich in vielem vom Programm seiner jetzigen Koalitionspartner, auch der religiös-zionistischen Siedler:innenbewegung. Deren extrem rechte Anführer waren lange die Outlaws der israelischen Gesellschaft. Nun ist die Liste Religiöser Zionismus mit vierzehn Sitzen die drittstärkste parlamentarische Kraft. Für die Siedler:innenbewegung ist völlig klar, dass das Oberste Gericht ausgeschaltet gehört. Sie wollen einen messianischen Staat und ein Grossisrael. Dabei haben sie weder moralische Skrupel gegenüber den Palästinenser:innen, noch werden sie von sicherheitspolitischen Erwägungen geleitet. Schliesslich handeln sie, so sehen sie es, im Auftrag Gottes – was also soll passieren? Netanjahu sollte es besser wissen. Doch er lässt seine Siedlerminister zum auch nach israelischem Recht illegalen Aussenposten Eviatar ziehen und dort ein Grossisrael beschwören. «Wir kehren zurück auf den Tempelberg», rief der rechtsextreme und strafrechtlich verurteilte Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, dort am Dienstag den Siedler:innen zu, wohl wissend, dass ein solcher Aufruf, den Status quo auf dem Tempelberg zu verändern, in den arabischen Ländern heftige Gegenwehr entfachen könnte – in einer denkbar explosiven Zeit. (…) Hat Netanjahu endgültig jeglichen Kompass verloren – den moralischen, den politischen und den sicherheitspolitischen? Ist ihm noch irgendetwas teuer ausser seinem Vorhaben, nicht im Gefängnis zu landen? Welchen Charakter auch immer man sich für das Land wünscht, eines steht fest: Netanjahu ist gefährlich für Israel.“ Leitartikel von Judith Poppe in der WOZ Nr. 15 vom 13. April 2023 externer Link
  • Nach 10-stündigem Generalstreik und massiven Protesten verschiebt Netanjahu die Justizreform – Streik abgesagt, Proteste nicht
    • Histadrut: „Netanjahu stoppt Gesetzgebung nach 10-stündigem Generalstreik, eine Machtdemonstration der Einheit. Histadrut-Generalstreik endet, da Ministerpräsident Netanjahu sich für Einheit entscheidet“
      Der Histadrut-Vorsitzende Arnon Bar-David reagierte auf die Ankündigung von Premierminister Benjamin Netanjahu: „Ich gratuliere dem Ministerpräsidenten, dass er den Gesetzgebungsprozess gestoppt und sich für die Einheit des Volkes entschieden hat. Ich werde der erste sein, der Premierminister Netanjahu bei der Führung von Verhandlungen über eine Reform unterstützt, die im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den Parteien formuliert wurde und die Spaltung der Nation überwinden wird. Ich rufe alle meine Freunde in der Regierung und in der Knesset, von links und von rechts, auf, ihre Egos beiseite zu legen und das Wohl des Volkes und die Zukunft der israelischen Gesellschaft vor Augen zu haben. Vor unseren Augen findet ein Ereignis statt, eines der größten und komplexesten in der Geschichte des Landes, und wir alle müssen Verantwortung und Führungsstärke für die Zukunft unserer Kinder zeigen. „Nach der Ankündigung des Premierministers gebe ich bekannt, dass der Generalstreik, den ich heute Morgen angekündigt habe, beendet wird. Ich danke allen Partnern: den Wirtschaftsführern und den Vertretern der Arbeitgeber, den Leitern der Arbeitnehmerausschüsse, den Arbeitern, den Mitgliedern der Histadrut-Führung und den Arbeitern der Histadrut. Gemeinsam werden wir den Staat Israel wieder auf den richtigen Weg bringen.““ engl. Mitteilung der Histadrut vom 27.3.2023 externer Link (maschinenübersetzt)

    • Netanjahu verzögert Justizreform nach Streiks, die Israel lahmlegen
      Justizreformen erreichen den Siedepunkt, da der Druck auf Netanjahu wächst, die Gesetzesvorlagen zu stoppen
      Israelis wachten am Montag im Chaos auf, als die Proteste gegen die Justizreform von Premierminister Benjamin Netanjahu das Land erfassten. Auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion wurde ein Flugverbot verhängt, und israelische Botschaften in aller Welt legten aus Solidarität mit den Demonstranten ihre Arbeit nieder.
      Am Montagabend jedoch lenkte Netanjahu ein. Der israelische Regierungschef kündigte an, dass er die umstrittene Umgestaltung der israelischen Gerichte verschieben werde. „Aus nationalem Verantwortungsbewusstsein und um eine Spaltung unseres Volkes zu verhindern, habe ich beschlossen, die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs zu unterbrechen“, erklärte er vor dem israelischen Parlament.
      Der Schritt wurde von Netanjahus Gegnern begrüßt. Der israelische Oppositionsführer Yair Lapid erklärte, er sei zu einem Dialog bereit, allerdings nur, wenn die von der Regierung angekündigte Pause auch wirklich ernst gemeint sei. „Wenn die Gesetzgebung wirklich und vollständig gestoppt wird, sind wir zu einem echten Dialog bereit“, sagte Lapid in einer Fernsehansprache, wollte aber sicher sein, dass es sich nicht um eine List oder einen Bluff“ seitens Netanjahus handelt.
      Auch Israels größte Gewerkschaft hat am Montagabend einen landesweiten Streik abgesagt (…)
      In ganz Israel waren die Spannungen zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Demonstranten noch immer deutlich spürbar. MEE beobachtete, wie sich die beiden Seiten an der Azrieli-Kreuzung in Tel Aviv, einem der wichtigsten Protestzentren, gegenüberstanden. Einige hundert rechtsgerichtete Demonstranten versammelten sich an der Kreuzung, um ihre Unterstützung für Netanjahu zu zeigen, und trugen Schilder mit der Aufschrift „Linke sind Verräter“…“ Aus der engl. live-Berichterstattung in Middle East Eye externer Link (maschinenübersetzt)
    • Justizreform in Israel: Spielt Netanyahu bloß auf Zeit?
      Israels Premier Netanyahu hat die umstrittene Justizreform seiner Regierung vorerst gestoppt. Doch das Vorhaben ist damit nicht vom Tisch. Und nicht nur die Opposition traut der Ankündigung wenig.
      Benjamin Netanyahu nimmt das Tempo raus. Auf diese Nachricht hatten viele in Israel gewartet. Wieder waren den ganzen Tag und Abend über Zehntausende auf den Straßen, um gegen die umstrittene Justizreform zu protestieren. (…) Damit ist noch nicht gesagt, ob es auch inhaltliche Zugeständnisse geben wird – oder ob Netanyahu nur auf Zeit spielt. Er kündigte an, das Gespräch mit der Opposition suchen zu wollen, um mehr Akzeptanz für die Reform zu erreichen. Doch Ankündigungen dieser Art hat es in der Vergangenheit schon öfter gegeben. Justizminister Levin wird in israelischen Medien mit den Worten zitiert: „Wir müssen smart sein – wir bringen die Reform später durch.“ (…) Später am Abend war es zu Straßenblockaden und einzelnen Ausschreitungen zwischen Protestierenden und der Polizei gekommen. Die Organisatoren der Reformgegner hatten zuvor angekündigt, weiter auf die Straße zu gehen – bis der Gesetzgebungsprozess zu den Akten gelegt wird.“ Beitrag von Jan-Christoph Kitzler, ARD-Studio Tel Aviv, vom 28.03.2023 in tagesschau.de externer Link
  • Der Widerstand gegen Netanjahus Politik eskaliert, Gewerkschaftsdachverband Histadrut ruft (endlich) zum landesweiten Generalstreik auf, nicht nur Schulen/Unis schließen sich an
    • Den Worten folgen endlich Taten: Histadrut Streikankündigung wird umgesetzt – über 700.000 Kolleg*innen treten in Streik
      „… Israels größte Gewerkschaftsgruppe hat am Montag einen Streik in einer Vielzahl von Sektoren begonnen und sich damit einer wachsenden Protestbewegung gegen den Plan von Premierminister Benjamin Netanjahu angeschlossen, die Justiz zu reformieren – ein Plan, der auf beispiellosen Widerstand stößt. Der Streik des Dachverbands Histadrut, der mehr als 700.000 Beschäftigte u.a. im Gesundheits-, Transport- und Bankwesen vertritt, könnte große Teile der ohnehin schon schwankenden israelischen Wirtschaft lahmlegen und den Druck auf Netanjahu erhöhen, die Reform auszusetzen. Aus Protest wurden die Abflüge vom wichtigsten internationalen Flughafen des Landes gestoppt, wovon Tausende Reisende betroffen waren. Der wachsende Widerstand gegen den Plan kam Stunden, nachdem zehntausende Menschen im ganzen Land spontan auf die Straße gegangen waren, um ihre Wut über Netanjahus Entscheidung zu zeigen, seinen Verteidigungsminister zu entlassen, nachdem dieser eine Pause bei der Überarbeitung gefordert hatte. Mit den Worten „Das Land brennt“ zündeten sie auf der Hauptverkehrsstraße von Tel Aviv Freudenfeuer an und sperrten diese und viele andere Straßen im ganzen Land für mehrere Stunden. Die von Netanjahu, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft, und seinen Verbündeten in Israels rechtslastigster Regierung vorangetriebene Reform hat Israel in eine seiner schlimmsten innenpolitischen Krisen gestürzt. Sie hat eine anhaltende und sich verstärkende Protestbewegung ausgelöst, die sich auf fast alle Bereiche der Gesellschaft ausgeweitet hat, einschließlich des Militärs, wo Reservisten zunehmend öffentlich erklären, dass sie einem Land, das sich in Richtung Autokratie bewegt, nicht dienen wollen. (…)
      Universitäten im ganzen Land erklärten, dass sie ‚bis auf Weiteres‘ ihre Türen schließen würden. Es wurde erwartet, dass sich ein Gewerkschaftsdachverband den Demonstrierenden anschließen und einen Generalstreik ankündigen würde. Israelische Medien berichteten, dass ein Anwalt, der Netanjahu in seinem Korruptionsprozess vertritt, damit gedroht hat, das Mandat niederzulegen, wenn die Überarbeitung nicht gestoppt wird. (…) Netanjahus Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant schien ein Zeichen dafür zu sein, dass der Premierminister und seine Verbündeten in dieser Woche mit dem Reformplan weitermachen werden. Gallant war das erste hochrangige Mitglied der regierenden Likud-Partei, das sich gegen den Plan aussprach und sagte, die tiefen Spaltungen drohten das Militär zu schwächen…“
      Meldung von NPR vom 27. März 2023 externer Link (engl.)
    • Histadrut-Chef Arnon Bar-David kündigt einen „historischen“ Arbeitsstreik an, um den „Wahnsinn“ der umstrittenen Justizreform der Regierung zu stoppen
      „Wir alle machen uns Sorgen um das Schicksal Israels“, sagt Bar-David. „Gemeinsam sagen wir: Es reicht!“ (…) „Wir tun uns alle zusammen, um den Staat Israel stillzulegen“, sagt er. „Die Einkaufszentren und Fabriken werden geschlossen.“ Der Streik wird sich auch auf den Gesundheitssektor erstrecken. Bar-David sagt, dass der Streik schon heute beginnen wird, wenn Premierminister Benjamin Netanjahu nicht einen Stopp der Justizreform ankündigt. (…) Bar-David hat bisher darauf verzichtet, die mächtige Gewerkschaft in die Demonstrationen gegen die weitreichenden Vorschläge zur Einschränkung der Justiz einzubeziehen. In der Vergangenheit hatten die Streiks der Histadrut im Zusammenhang mit den Löhnen und Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst tiefgreifende Auswirkungen auf das Land und seine Wirtschaft.“ Meldung von Times of Israel vom 27. März 2023 externer Link (engl.)
    • Siehe dazu auch die Stellungnahme der Histadrut vom 27. März 2023 externer Link (heb.)
    • Alle Universitäten und sämtliche Schulen schließen sich Generalstreik an
      • „Israelische Universitäten (ja, alle) schließen sich morgen dem Generalstreik an“ Tweet von Noga Tarnopolsky vom 26. März 2023 externer Link (engl.)
      • „Massive Proteste in #Israel, nachdem Netanyahu Verteidigungsminister #Gallant entlassen hat. Morgen soll ein Generalstreik angekündigt werden. Mehrere Universitäten erwägen offenbar, den Unterricht ab morgen oder Dienstag ausfallen zu lassen.“ Tweet von Jeanne Plaumann vom 26. März 2023 externer Link (engl.)
    • Weitere Infrastrukturen wie Flughafen, Gesundheit, McDonalds treten in den Streik
    • Nach der Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant: Tausende gehen am Sonntag (26. März) auf die Straße
      • „Yoav #Gallant, #Israelischer Verteidigungsminister, wurde entlassen, weil er die Regierung #Netanyahu gedrängt hatte, ihre Pläne zur Reform der Justiz fallen zu lassen. In #Telaviv finden massive Proteste gegen die Maßnahmen statt. Überall auf der Welt bringen Menschen ihre Wut über die derzeitige globale Ordnung zum Ausdruck…“ Tweet von Newsflash TF vom 26. März 2023 externer Link (engl.)
      • „Trotz der späten Uhrzeit gehen Menschen grade in vielen Städten in #Israel spontan auf Strassen und Plätze. PM #Netanyahu hat vor ca 1 Stunde Verteidigungsminister #Gallant gefeuert. Gallant hatte gestern ein Stop der Justizreform gefordert. Das wird 1 heisse Nacht!“ Tweet von Tali Taltalim vom 26. März 2023 externer Link (engl.)
  • Die Pilot*innen der AirForce beteiligen sich an den Protesten gegen die Regierung Israels – das könnte sie destabilisieren
    „Die Entscheidung der Reservist*innen, sich Zehntausenden auf der Straße anzuschließen, hat bei Militärs und Regierungsvertretern Alarm und Bestürzung ausgelöst – Seit Jahrzehnten sagen sich die Israelis, dass die Armee das Land besitzt. Manchmal war das nur ein Scherz. Manchmal als gefühltes Spiegelbild der Realität. Doch seit die Proteste gegen die umstrittene Justizreform der Regierung vor mehr als zehn Wochen ausgebrochen sind, hat sich die Wahrnehmung der Armeeeinrichtungen bei vielen Israelis drastisch verändert. Wurden die Armeeeinheiten früher als geschätzte Helden angesehen, so werden sie heute von den Anhängern der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und den Beamten seiner Regierungskoalition regelmäßig verunglimpft. Das ist ein Novum, aber das gilt auch für die Beteiligung von Soldaten an Massenprotesten. Es begann vor zwei Wochen, als 37 von 40 Reservisten des Geschwaders 69 – einer Eliteeinheit der israelischen Luftwaffe – ankündigten, nicht zum Training zu erscheinen, um gegen den Plan der Regierung zur Überarbeitung der Justiz zu protestieren. Das Geschwader – bekannt als „Hammers“ – ist für die Sicherheit Israels von entscheidender Bedeutung und hat in den letzten Jahren Hunderte von Angriffen auf iranische Ziele in Syrien geflogen, darunter auch den Angriff auf den syrischen Atomreaktor im Jahr 2007. Die Armee und ihre verschiedenen Abteilungen haben in der israelischen Gesellschaft seit jeher einen hohen Stellenwert und werden als eine der vertrauenswürdigsten staatlichen Institutionen des Landes angesehen. Ihr Ansehen ist so hoch, dass die Regierung das Leben der Soldatinnen und Soldaten als wertvoller ansieht als das Leben der Zivilisten, die sie schützen sollen. Die Entscheidung des Geschwaders 69, sich Zehntausenden von Protestierenden auf der Straße anzuschließen, unterstreicht die wachsende Wut gegen die geplante Justizreform, von der Kritiker*innen befürchten, dass sie das Land autoritär regieren und die gegenseitige Kontrolle untergraben könnte. Am Sonntag folgten ihnen 180 Reservisten, Pilot*innen, Navigator*innen und anderes Luftwaffenpersonal, die ankündigten, dass sie diese Woche nicht zum wöchentlichen Training erscheinen würden. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern, deren ähnliche Erklärung sich nur auf die Zukunft bezog, gilt diese beispiellose Entscheidung sofort. Sie haben kein Blatt vor den Mund genommen. Viele von ihnen haben offen zugegeben, dass sie die Zeit, in der sie trainieren würden, stattdessen mit Protesten verbringen wollen. Einer der Piloten schrieb an seinen Kommandeur: „Die kommenden Wochen sind im Hinblick auf den bevorstehenden Regimewechsel entscheidend. Meiner Meinung nach wird mein Beitrag für den Staat und seine Sicherheit jetzt am meisten gebraucht, wenn ich mich an jedem Versuch beteilige, diesen Prozess zu stoppen.“ Was mit 37 Pilot*innen begann, die den Kurs und die Stimmung des Protests veränderten, entwickelt sich nun zu einer Lawine von Hunderten. Reservist*innen anderer Einheiten, darunter die Einheit 8200 des israelischen Geheimdienstes, haben ebenfalls damit gedroht, nicht zum Dienst zu erscheinen. Inzwischen haben Reservisten und Veteranen der Golani-Infanteriebrigade angekündigt, dass sie den Dienst verweigern, solange die „Diktaturgesetzgebung“ andauert. Reservisten anderer Eliteeinheiten wie der Flottille 13 der Marine und der Shaldag-Spezialeinheit der Luftwaffe haben ebenfalls erklärt, dass sie entweder Einberufungsbefehle verweigern oder sich nicht mehr freiwillig zum Dienst melden werden. Vor einigen Tagen bezeichnete Verteidigungsminister Yoav Galant von Netanjahus Likud-Partei die Dissident*innen als „eine echte Bedrohung für Israels Sicherheit“. Doch mit der wachsenden Zahl der Dissident*innen änderte sich sein Ton und am Montag drohte er mit seinem Rücktritt, falls kein Kompromiss erzielt wird. Berichten zufolge warnte er den Ministerpräsidenten, dass das Militär am Rande des Auseinanderbrechens stehe.
    Keine Luftwaffe, kein Israel
    Es ist erwähnenswert, dass das Militär in der Geschichte Israels noch nie in den politischen Prozess des Landes eingegriffen hat und dass die Luftwaffe dabei nie eine führende Rolle spielte, obwohl mehrere Armeechefs nach ihrer Pensionierung in die Politik gegangen sind. (…) ‚Niemand kann einen Piloten an einen Stuhl binden und ihn zum Fliegen bringen.‘“ Artikel von Lily Galili vom 22. März 2023 auf Middle East Eye externer Link („No air force, no Israel: Why the fighter pilots‘ protest is an existential issue”)
  • Netanjahu-Besuch in Berlin und London: Einladung verprellt alle, die seit Wochen israelische Demokratie vor Rechtsruck verteidigen – Protest am 16.03 in Berlin
    • Geplanter Gegenprotest am 16. März 2023 um 16 Uhr in Berlin vor dem Brandenburger Tor
      „Am 16.03. wird es um 16:00 eine Kundgebung zu seinem Besuch in Berlin geben – gegen #Netanyahu und seine rechtsextreme Regierung; für die Verteidigung der demokratischen, israelischen Grundsätze…“ Tweet von Autonome Jüdische Gruppe Berlin vom 14. März 2023 externer Link
    • Weitere Infos dazu unter #b1603 #Netanyahu
    • ACHTUNG: Vorsicht ist geboten, da es zur gleichen Zeit auch zu Protesten aus antisemitischen Gründen kommen kann. Dazu die Autonome Jüdische Gruppe Berlin: „… Das Thema aber wegen falscher Behauptungen liegen zu lassen wäre fatal.“ Tweet vom 14. März 2023 externer Link
    • Ein dringender Appell von 1000 Kulturschaffenden und Intellektuellen aus Israel an die Bundesregierung: Sagt den Besuch von Netanyahu morgen in Berlin ab!
      „… Rund 1.000 Kulturschaffende in Israel haben am Dienstag das Vereinigte Königreich und Deutschland aufgefordert, die anstehenden Besuche von Premierminister Benjamin Netanjahu angesichts der Pläne seiner Regierung zur Justizreform abzusagen. Zu den hochrangigen Unterzeichnern gehören der mit dem Man Booker Prize ausgezeichnete Autor David Grossman, die Israel-Preisträgerin Nurit Zarchi und die Sapir-Preisträgerin Ilana Bernstein. In einem Brief an den deutschen und den britischen Botschafter in Israel erklärten die Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Wissenschaftler*innen und Intellektuellen, dass Israel ‚derzeit in einer schrecklichen Krise steckt, in der die gewählte Regierung versucht, das Land von einer blühenden Demokratie in eine theokratische Diktatur zu verwandeln‘. (…) Der Brief beschrieb die ‚extremste Krise‘ in der Geschichte Israels und führte sie auf Netanjahus Bemühungen zurück, sich seinen zahlreichen laufenden Verfahren zu entziehen, indem er sich ‚mit antizionistischen, fundamentalistischen und messianischen Gruppierungen sowie mit verurteilten jüdischen Terroristen gegen den Staat Israel verschworen hat‘. Der Brief schrieb, dass die rassistischen, homophoben und undemokratischen Absichten der Regierung alle israelischen Bürgerinnen und Bürger im In- und Ausland ins Visier nehmen, und verwies auf die laufenden Pläne zur Überarbeitung des Justizwesens und eine Reihe anderer Gesetzesvorschläge, die die ‚Freiheit von Autor*innen und Künstlern in Israel‘ beeinträchtigen werden. Die Autor*innen schreiben, dass Netanjahu die aktuelle Gesetzgebung in der Knesset unterstützt, die die israelische Polizei in eine ‚politische Polizei verwandeln würde, ein Werkzeug, das jede Diktatur braucht, um die Staatsmacht über die Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen‘. (…) ‚Angesichts des breiten demokratischen zivilen Widerstands gegen die Zerstörung staatlicher Institutionen durch undemokratische Gesetzgebung‘, so der Brief abschließend, forderten sie die beiden Länder auf, ihre geplanten Staatsbesuche beim israelischen Premierminister schnellstmöglich abzusagen. Der Brief endete mit einer Warnung, dass ‚ein dunkler Schatten über ihnen hängen wird‘, sollten die Besuche wie geplant stattfinden.“ Artikel von Gili Izikovich vom 14. März 2023 in Haaretz Online externer Link („Warning of ‚Theocratic Dictatorship,‘ 1,000 Israeli Cultural Figures Call on U.K., Germany to Cancel Netanyahu Visit“)
    • Appell von Jüd*innen aus Deutschland: Die aktuelle Regierung muss aufgehalten werden, sonst läutet sie „das Ende der Demokratie in Israel“ ein
      „… Als Jüdinnen und Juden in Deutschland, als Bürger:innen und Einwohner:innen dieses Staates, denen die Sicherheit und die Zukunft eines demokratischen Staates Israel am Herzen liegt, protestieren wir gegen den Besuch des israelischen Premierministers Benjam in Netanjahu in Berlin. Der Besuch kommt zu einer Zeit, in der seine Regierung Gesetze verabschiedet, die, wenn sie nicht aufgehalten werden, das Ende der Demokratie in Israel bedeuten. Andere Verbündete Israels wie die Vereinigten Staaten halten daher einen Besuch Netanjahus zum jetzigen Zeitpunkt für unangebracht. Es liegt nun an der Bundesregierung, in aller Öffentlichkeit ein klares und deutliches Zeichen sowohl an die israelische Regierung als auch an die demokratischen Kräfte in Israel zu senden. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, sich klar und öffentlich von der antidemokratischen und rassistischen Politik der Regierung Netanjahus zu distanzieren und Stellung zu beziehen: – gegen die Änderungen des Justizwesens, die darauf abzielen, die demokratische Gewaltenteilung abzuschaffen und den Schutz der Rechte marginalisierter Gruppen auszuhebeln. – in Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Proteste für Demokratie in Israel, die von Netanjahu, Mitgliedern seiner Koalition und seines engsten Kreises wiederholt verunglimpft wurden. – gegen das im israelischen Koalitionsvertrag klar benannte, völkerrechtswidrige Ziel, den Anspruch auf das ganze Gebiet zwischen Jordan und Mittelmeer zu bekräftigen und dieses Gebiet zu besiedeln sowie gegen die bereits in Teilen vollzogene de facto Annexion der besetzten palästinensischen Gebiete. – gegen Menschenrechtsverletzungen und gegen die von Regierungsmitgliedern unterstützte Siedlergewalt, wie kürzlich im palästinensischen Huwara.
      Benjamin Netanjahu trägt als Premierminister die Verantwortung für die antidemokratischen Gesetzesvorhaben seiner Regierungskoalition, für die rassistischen und gewaltverherrlichenden Hetzreden seiner Kabinettsmitglieder und für Angriffe auf die demokratische Staatsform, die am 14. Mai 1948 beschlossen wurde. Die heutige Regierung repräsentiert weder jüdische noch demokratische Werte und kann kein Partner für einen auf gemeinsamen Werten basierten Dialog für die Bundesrepublik Deutschland sein. Diese Haltung sollte die Bundesregierung gegenüber Netanjahu klar zum Ausdruck bringen und jede Begegnung mit den rechtsradikalen Ministern seiner Regierung Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir kategorisch und öffentlich ausschließen. Auch rufen wir Jüdinnen und Juden in Deutschland und die jüdischen Gemeinden und Institutionen auf, Netanjahu während seines Besuches keine Bühne zu bieten. Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland – zu der auch Israelis gehören – fühlt sich dem Staat Israel Zeit seines Bestehens eng verbunden, viele haben berufliche Verbindungen, Familie, und Freunde in diesem Land, die seit vielen Wochen auf der Straße für den Erhalt der Demokratie kämpfen. Wir können und wollen nicht tatenlos zuschauen, während Netanjahus Regierung im Eiltempo die Demokratie zerstört und die Gewalt zwischen Israelis und Palästinenser:innen anheizt. Stattdessen müssen wir jetzt an der Seite der Zivilgesellschaft in Israel stehen und mit ihnen und der Mehrheit jüdischer Gemeinschaften weltweit unsere Stimmen erheben für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, gegen die Besatzung und für gleiche Rechte für alle Bürger:innen Israels.“ Erklärung anlässlich Benjamin Netanjahus Besuch in Deutschland vom 14. März 2023 auf Neuer Israelischer Fond.e.V. – Nif-Deutschland externer Link
    • Siehe dazu auch den Artikel von Alon Confino vom 15. März 2023 in Geschichte der Gegenwart externer Link: „Die falschen Lehren aus dem Holocaust“
  • 10. Protestsamstag am 11. März: Hunderttausende gegen Regierung
    Am 10. Protestsamstag zeigte sich deutlich eine weitere Steigerung des Proteste gegen die sog. „Justizreform“ der ultrarechten und faschistoiden Regierung von Ministerpräsident Netanjahu. An den Protesten in rund 100 Orten beteiligten sich mindestens 300.000, manche Schätzungen liegen bei 500.000. Die Demonstrationen von Ärzten oder Lehrern sind geprägt von Losungen wie „Es gibt keine Gesundheit ohne Demokratie“ und „Es gibt keine Bildung ohne Demokratie“. In Israel herrscht zwar nur eine eingeschränkte bürgerliche Demokratie. Aber der Kampf um demokratische Rechte und Freiheiten und gegen die Gefahr des Faschismus ist sehr berechtigt. Inzwischen erwägt auch der Gewerkschaftsbund Histadrut, zum Protest aufzurufen. Derweil hält die Regierung an ihren Plänen fest und die Verabschiedung des Programms in der Knesset wird weiter vorangetrieben. Auch zwischen den Samstagen gehen die Proteste weiter, es gibt Blockadeaktionen speziell gegen die Regierung und besonders auch Netanjahu.“ Kurzmeldung vom 13.03.2023 bei Rote-Fahne-News externer Link, siehe auch:

    • Zehntausende demonstrieren gegen Schwächung der Demokratie
      In einigen Städten wurden am zehnten Samstagabend der Proteste in Folge Teilnehmerrekorde erreicht, Zehntausende Menschen haben in Israel wieder gegen die geplante Justizreform demonstriert. In einigen Städten wurden am zehnten Samstagabend der Proteste in Folge Teilnehmerrekorde erreicht, wie israelische Medien meldeten. Allein in Tel Aviv seien rund 145.000 Demonstranten auf die Straßen gezogen, in Haifa rund 50.000. Auch in Jerusalem, Beerscheba, Eilat und etlichen anderen Städten gab es Kundgebungen…“ Artikel von Cindy Riechau vom 11.03.2023 in juedische-allgemeine.de externer Link
  • Elf Verletzte durch Wasserwerfer, Tränengas und Blendgranaten der Polizei gegen Proteste am »Tag der Störung« während Knesset die Justizreform durchwinkt
    • Israelis protestieren mit »Tag der Störung« gegen Justizreform
      „… Zahlreiche Menschen in Israel haben am Mittwoch gegen die geplante Justizreform der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu protestiert. Vor neuen Beratungen im Parlament über das Vorhaben blockierten Demonstranten am Mittwoch die Hauptautobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem. »Israel ist keine Diktatur, Israel ist nicht Ungarn«, skandierten sie. Viele von ihnen schwenkten blau-weiße Fahnen in den israelischen Landesfarben. An belebten Bahnhöfen in Tel Aviv verhinderten Demonstranten die Abfahrt von Zügen, indem sie deren Türen blockierten. Polizisten feuerten nach Reuters-Angaben unter anderem Blendgranaten in Richtung der Protestierenden. Für den Tagesverlauf wurden weitere Proteste erwartet, da die Organisatoren zu einem »Tag der Störung« aufgerufen hatten. Netanyahus Gegner werfen ihm und seiner Koalition vor, mit der Reform gezielt die Judikative schwächen zu wollen und die Demokratie zu untergraben. (…) Der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hatte im Vorfeld ein hartes Vorgehen gegen die Demonstranten angekündigt. Er werde nicht zulassen, dass eine »Meuterei« oder »Anarchisten« Straßen blockierten, sagte er…“ Agenturmeldung vom 1. März 2023 im Spiegel online externer Link
    • Polizei geht mit Wasserwerfern und Blendgranaten gegen Protest vor. Der Aufruf des israelischen Finanzministers, ein Dorf „auszuradieren“, schockiert die USA.
      „… Etwa 39 Menschen seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Der Sprecher eines Krankenhauses der Stadt sprach gegenüber der AFP von elf verletzten Demonstrierenden, die in die Klinik eingeliefert worden seien. Während die Menschen auf die Straße gingen, stimmten die israelischen Abgeordneten über das jüngste kontroverse Gesetzesvorhaben der Regierung ab. (…) 62 zu 20 Stimmen einem kontroversen Gesetzentwurf zu, der die Möglichkeiten zur Amtsenthebung des Ministerpräsidenten einschränkt. Nach dieser ersten Abstimmung wird das Gesetz an einen Parlamentsausschuss weitergeleitet, der entscheidet, ob in erster Lesung über das Vorhaben abgestimmt wird. Auch sprachen sich die Abgeordneten in einer vorbereitenden Abstimmung für ein Gesetz aus, dass die Todesstrafe für „Terroristen“ vorsieht: 55 Parlamentarier stimmten dafür, neun dagegen. Der Gesetzesvorschlag ist in Israel sehr umstritten. Das Land wandte die Todesstrafe bisher nur einmal in seiner Geschichte an: Im Jahr 1962 wurde der Holocaustorganisator Adolf Eichmann nach einem neunmonatigen Prozess hingerichtet. (…) Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich sprach sich dafür aus, die palästinensische Kleinstadt Huwara im Westjordanland „auszuradieren“. Smotrich, der auch für den Siedlungsausbau im Westjordanland zuständig ist, sagte am Mittwoch bei einer Konferenz der Wirtschaftszeitung TheMarker: „Ich denke, das Dorf Huwara muss ausradiert werden. Ich denke, der Staat Israel muss dies tun – um Gottes willen keine Privatleute.“ Die USA kritisierten den Aufruf von Smotrich. Seine Äußerungen seien unverantwortlich, widerwärtig und ein Aufruf zur Gewalt, sagte Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums, am Mittwoch in Washington. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu müsse sich davon öffentlich distanzieren. Price sagte, so wie die USA „die palästinensische Aufstachelung zur Gewalt verurteilen, verurteilen wir auch diese provokanten Äußerungen, die ebenfalls auf eine Aufstachelung zur Gewalt hinauslaufen“. Nach Schätzungen des Zentralen Palästinensischen Statistikbüros leben in Huwara rund 7.400 Palästinenser…“ Meldung vom 2. März 2023 in der Zeit online externer Link
    • Draußen Protest, drinnen Zustimmung
      Blockierte Straßen, Verletzte, Festnahmen: In Israel werden die Proteste gegen die Justizreform heftiger. Trotzdem hat die Regierungsmehrheit sie in der Knesset vorangebracht – die Opposition boykottierte die Abstimmungen. (…) Der Entwurf enthält zudem einen Passus, der für die Aufhebung verfassungswidriger Gesetze die Zustimmung von zwölf der 15 Richter des obersten Gerichts fordert. Ein ursprünglicher Entwurf hatte die Einstimmigkeit aller 15 Richter gefordert. Der Entwurf kann nun dem Parlamentsplenum vorgelegt werden. Die Opposition boykottierte die Abstimmung in dem Ausschuss. Das Parlament stimmte zudem in Vorablesung mit großen Mehrheiten für die Einführung der Todesstrafe für Terroristen und einen Gesetzentwurf, der verhindern soll, dass der Generalstaatsanwalt oder der Oberste Gerichtshof den Ministerpräsidenten zwangsweise beurlaubt. Der Entwurf sieht vor, dass ein Ministerpräsident nur auf zwei Weisen seines Amtes enthoben werden kann: wenn er sein Amt niederlegt oder durch einen Mehrheitsbeschluss von drei Vierteln der Kabinettsminister, der von einer Mehrheit von mindestens 90 Parlamentsabgeordneten bestätigt wird…“ Meldung vom 01.03.2023 in tagesschau.de externer Link
  • Den 7. Samstag in Folge protestieren in Israel 100.000 Menschen – Streiks und Großdemonstration am 20.2. zur ersten Lesung der Reform
    • »Israel darf keine Diktatur werden«: 100.000 Israelis demonstrieren gegen umstrittene Justizreform
      Zwei Tage vor der ersten Lesung der Justizreform im Parlament sind in Israel unzählige Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die rechte Regierung zu protestieren. Viele baten Joe Biden und Emmanuel Macron um Hilfe. (…)Für Montag sind wie in der vergangenen Woche Streiks und eine Großdemonstration in Jerusalem geplant. Israels Polizeichef, Kobi Schabtai, warnte unterdessen angesichts einer aufgeheizten Stimmung vor politischer Gewalt…“ Meldung vom 18.02.2023 im Spiegel online externer Link
    • Justizreform: Wieder demonstrieren Zehntausende Israelis
      In Israel will die neue ultra-rechte Regierung die Justiz mit einer Reform schwächen. Am Montag soll die erste Lesung zur Gesetzesänderung stattfinden. Seit Wochen protestieren Zehntausende in mehreren Städten dagegen. Den siebten Samstag in Folge sind in Israel Zehntausende Menschen gegen die geplante Justizreform auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Veranstalter waren es mehr als 100.000 Demonstranten. In Tel Aviv trafen sich die Protestierenden im Stadtzentrum. Auf ihren Schildern war unter anderem „Israel darf keine Diktatur werden“ zu lesen, außerdem gab es Appelle an die internationale Gemeinschaft wie „Biden, Macron – helft uns“. Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba und anderen Städten gab es Demonstrationen. (…) Am Montag soll die erste Lesung der Reform im Parlament stattfinden. Insgesamt sind drei Lesungen nötig, um ein Gesetz zu ändern. Für Montag sind weitere Streiks und eine Großdemonstration in Jerusalem geplant.“ Meldung vom 18.02.2023 in tagesschau.de externer Link
    • Israel billigt Gesetz, das Palästinensern die Staatsbürgerschaft entzieht und sie deportiert
      Die israelische Knesset hat ein Gesetz verabschiedet, das es der Regierung ermöglicht, Palästinensern, die nachweislich „Terrorakte“ begangen haben, die Staatsbürgerschaft oder den Wohnsitz zu entziehen. Das neue Gesetz zielt ausschließlich auf Palästinenser in Israel und im besetzten Ostjerusalem ab und ermöglicht ihre Abschiebung in das besetzte Westjordanland und den Gazastreifen. Rechtsexperten zufolge würden solche Abschiebungen einen Akt der Zwangsumsiedlung darstellen, der ein Kriegsverbrechen ist.“ engl. Meldung vom 17.2.2023 bei Democracy Now! externer Link
  • Landesweite Proteste und Streiks in Israel gehen weiter – Regierung will nun auch Siedlungen in Westjordanland legalisieren
    • Außenposten im Westjordanland: Westen kritisiert Israels Siedlungspläne
      Israel will den Siedlungsbau im Westjordanland vorantreiben – als Reaktion auf die jüngsten Anschläge. Mehrere westliche Staaten kritisierten die Pläne scharf und zeigten sich „zutiefst beunruhigt“. Befürchtet wird, dass die Spannungen zunehmen. Trotz Kritik mehrerer westlicher Staaten hat der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich angekündigt, sich für die Aufhebung von Baubeschränkungen in israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland einzusetzen. Die Legalisierung von neun bisher illegalen Siedlungsaußenposten durch die Regierung sei „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber wir sind damit natürlich nicht zufrieden“, erklärte Smotrich am laut Berichten israelischer Medien. Der Ausbau von Siedlungen sei „die wahre Antwort auf den Terror“, so Smotrich weiter. Die Legalisierung und Förderung weiterer Siedlungen sei ein logischer Schritt. Am Sonntag hatte das israelische Sicherheitskabinett die sofortige Legalisierung von neun Außenposten im Westjordanland beschlossen sowie den Ausbau bestehender Siedlung angekündigt. Insgesamt sollen weitere knapp 10.000 Siedlungseinheiten für jüdische Siedler in den besetzten palästinensischen Gebieten genehmigt werden. Anlass waren zwei tödliche Anschläge von Palästinensern innerhalb von zwei Wochen…“ Meldung vom 14.02.2023 in tagesschau.de externer Link
    • Die Sorge vor schweren Unruhen wächst
      Die Regierung von Benjamin Netanjahu will die umstrittene Justizreform in Israel trotz Massenprotesten umsetzen. Gegner des Vorhabens warnen vor gewalttätigen Reaktionen. (…) Am Montag hat begonnen, was laut einer aktuellen Umfrage des Israel Democracy Institute 56 Prozent der 9,5 Millionen Israelis entschieden ablehnen: Der Justizausschuss der Knesset hat einen Teil der umstrittenen Justizreform in seiner ersten Lesung gebilligt und damit der Schwächung des Rechtsstaats zugestimmt. So soll dem Obersten Gericht die Einmischung in die Grundgesetze untersagt werden und das Parlament Einfluss auf die Auswahl von Richterinnen und Richtern erhalten. Insgesamt sind für die Justizreform noch drei Lesungen im Parlament notwendig. Aber es wirkt nicht so, als würden sich die Befürworter der Reform von den Massenprotesten beeindrucken lassen. Und das wiederum nährt die Angst, dass die aktuelle Situation zu Unruhen führen könnte. (…) Laut der Umfrage des Israel Democracy Institutes halten 31 Prozent der Befragten Unruhen für wahrscheinlich. In den Medien wird bereits diskutiert, ob es zu einem Bürgerkrieg zwischen jüdischen Israelis kommen könnte. Tatsächlich beobachtet Israels Inlandsgeheimdienst Shin Bet die regierungsfeindlichen Protestgruppen genau, hat aber auch die extreme Rechte im Blick. Wie Israels linke Tageszeitung Haaretz mit Verweis auf mehrere Polizeiquellen berichtet, arbeite der Shin Bet zum einen eng mit der Polizei zusammen, um linksextreme Aktivisten zu überwachen und „Angriffe auf Regierungseinrichtungen“ zu verhindern. Zum anderen, hieß es, fürchteten die Sicherheitsdienste, dass rechte Aktivisten zu den Protesten reisen könnten mit dem Ziel, die Demonstrierenden zu verletzen…“ Analyse von Steffi Hentschke, Tel Aviv, vom 14. Februar 2023 in der Zeit online externer Link
    • Parlament blockiert. Pläne zur »Justizreform«: Landesweite Proteste und Streiks in Israel. Unternehmen befürchten Einbußen durch Ultrarechtsregierung
      „In Israel haben die wochenlangen Proteste gegen Benjamin Netanjahus Ultrarechtsregierung am Montag eine neue Qualität erreicht. Allein in Jerusalem drängte sich zwischen dem Parlamentsgebäude und dem Obersten Gerichtshof eine unüberschaubare Menge von Menschen, deren Zahl am Nachmittag auf bis zu 100.000 geschätzt wurde. Zuvor war der erste Gesetzesvorschlag zur radikalen Umgestaltung des Justizwesens zur ersten Lesung in der Knesset zugelassen worden. Tausende waren seit den Morgenstunden in überfüllten Nahverkehrszügen, gecharterten Bussen und langen Autokonvois aus vielen Teilen des Landes, vor allem aus dem Großraum Tel Aviv, nach Jerusalem gekommen. Zahlreiche Politiker aller Oppositionsparteien richteten das Wort an die Protestierenden. Die Kundgebung bot am Montag einmal mehr das Bild eines Meeres blauweißer Nationalflaggen. Die Proteste der »Queer community«, die zu Beginn der Demonstrationen in Tel Aviv in großer Zahl mit Regenbogenflaggen aufgetreten waren, scheinen mittlerweile in den Hintergrund getreten. Die Kundgebung in Jerusalem am Montag fiel zusammen mit einem erstmaligen Streikaufruf, der nach bisherigen Berichten hauptsächlich von Angestellten der Hightech-Branche getragen wurde, in der Israel international eine maßgebliche Stellung innehat. Nach Meldungen, die aus der Branche kommen, hatten fast 300 Unternehmen ihre Angestellten nicht nur für den Tag freigestellt, sondern geradezu ermutigt und unterstützt, unter anderem durch das Anmieten von Bussen, zur Kundgebung nach Jerusalem zu fahren. Auch Zehntausende Ärzte und Wissenschaftler beteiligten sich an den Protesten. Dagegen steht die große Traditionsgewerkschaft Histadrut, die im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen von großer Bedeutung ist, einstweilen abseits. Neben der Hightech-Branche haben sich dem politischen Protest auch Anwaltskanzleien und Banken angeschlossen. Es herrscht die Sorge, dass Netanjahus Regierungskoalition nicht nur dem allgemeinen Standing des zionistischen Staates großen Schaden zufügen, sondern auch die Chancen international tätiger israelischer Unternehmen zur geschäftlichen und finanziellen Kooperation nachhaltig verschlechtern wird. Schließlich strebt Netanjahu nicht nur eine umfassende »Justizreform« an, die Kritiker für den Untergang der israelischen Demokratie halten, sondern regiert zusammen mit ultrarechten Kräften, die ein totalitäres und rückwärtsgewandtes Religionsverständnis durchsetzen wollen…“ Artikel von Knut Mellenthin in der jungen Welt vom 14. Februar 2023 externer Link
    • Tausende demonstrieren vor Parlament in Israel
      „… In der Knesset bereiteten sich die Abgeordneten auf die erste von drei Abstimmungen über die Justizreform vor. Draußen bietet sich für einen Montag ein ausgesprochen unübliches Bild: Mindestens 80 000 Menschen waren vor das Gebäude in West-Jerusalem gekommen, um gegen ebendiese Pläne zu demonstrieren – Vorhaben, die nach Ansicht vieler das israelische Rechtssystem aushöhlen und unter die Kontrolle derjenigen stellen würden, die gerade die Mehrheit im Parlament stellen. Denn die könnten mit ihrer Mehrheit von 61 Stimmen jederzeit jedes Urteil des obersten Gerichtshofs überstimmen, hätten bei der Ernennung von Richter*innen und Staatsanwält*innen das letzte Wort. Vor allem Justizminister Jariv Levin, Abgeordneter jenes Likud, dessen liberale Vorgänger-Parteien seit den 30er Jahren das Rechtssystem in intensiven Debatten mitgeprägt haben, betont zwar immer wieder, dass es alles Linke seien, die da jetzt auf die Straße gehen. Doch unter den Demonstrant*innen finden sich viele Menschen, die aus traditionellen Likud-Familien stammen. »Diese Politiker zerstören alles, wofür unsere Eltern und Großeltern gekämpft haben«, sagt Ya’akov Alsberg, ein 30-jähriger Arzt, der noch vor Monaten von sich sagte, dass er sich nicht vorstellen könne, jemals etwas anderes zu wählen als den Likud. Am Montag protestierte er mit seiner gesamten Familie, allesamt angestammte Likudnikim, vor der Knesset. (…) Die israelische Gesellschaft scheint tief gespalten. Oppositionschef Jair Lapid sagte vor Journalisten, eine Verabschiedung des Gesetzes würde »das Ende der demokratischen Ära dieses Landes« markieren. Netanjahus Regierung bezeichnete er als »extremistisch und korrupt«. Bereits am Sonntagabend hatte sich der israelische Präsident Jitzchak Herzog zu Wort gemeldet und Netanjahu in einer seltenen TV-Ansprache an die Nation aufgefordert, die erste Lesung auszusetzen, um einen Dialog zu ermöglichen – vergeblich, wie man weiß. In der ungewöhnlich emotionalen Ansprache warnte Herzog, Israel stehe »am Rande eines rechtlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruchs«. Das Staatsoberhaupt forderte die Regierung auf, den Gesetzgebungsprozess zu unterbrechen und mit der Opposition nach einem Kompromiss zu suchen. (…) Bedürfnisse meldet mittlerweile aber auch die ultraorthodoxe Partei Schas an, die nach wie vor daran knabbert, dass Netanjahu auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs Innen- und Gesundheitsminister Arijeh Deri feuern musste: Deri wurde wegen Korruption und Steuerhinterziehung verurteilt und war insgesamt 22 Monate inhaftiert. Nun möchte Schas gerne durchsetzen, dass an der Klagemauer das Tragen »unangemessener Kleidung« sowie das Abspielen von Musikinstrumenten unter Strafe gestellt werden. Außerdem soll Frauen der Vollzug bestimmter religiöser Riten untersagt werden. Im Judentum haben sich in den vergangenen Jahrzehnten Strömungen entwickelt, in denen Frauen Rollen einnehmen, die in der Ultraorthodoxie Männern vorbehalten sind. Unterdessen kündigte Bundesjustizminister Marco Buschmann an, er werde noch im Februar nach Israel reisen, um sich mit seinem Amtskollegen Levin zu treffen.“ Artikel von Oliver Eberhardt vom 13. Februar 2023 in Neues Deutschland online externer Link
    • Hunderttausende #Israel|is demonstrieren und streiken am Montag gegen die geplante Justizrevision der rechtsextremen #Netanyahu-Regierung. Hier protestieren Aktivisten der linken Bewegung Standing Together im Süden von #TelAviv. @omdimbeyachad #PalestineThread von Ardor vom 13. Feb. 2023 externer Link mit Fotos, siehe auch den Twitter-Account von Standing Together externer Link und deren Homepage externer Link
  • Nach Angriff mit mehreren Toten: Israel setzt Antiterrorregeln um, die sich auch gegen Familien von Angreifern richten 
    „Israelische Sicherheitskräfte haben in der Nacht zum Sonntag das Haus eines palästinensischen Attentäters versiegelt, der am Freitagabend in Ost-Jerusalem sieben Menschen getötet hatte. Damit wurde eine Entscheidung des Sicherheitskabinetts um Premierminister Benjamin Netanyahu sofort umgesetzt. Der 21-jährige Attentäter war von Polizisten noch am Tatort erschossen worden. Er hatte das Feuer auf Menschen eröffnet, die nach dem Gebet aus einer Synagoge gekommen waren. Sein Haus befindet sich im Viertel A-Tur im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems. Nach dem Anschlag hatte die Polizei bereits mehr als 40 Menschen aus dem Umfeld des Palästinensers festgenommen. (…) Die Regierung Netanyahu hatte am Samstagabend eine Reihe von neuen Antiterrorregelungen beschlossen, „damit Terroristen und ihre Unterstützer einen Preis zahlen“. Demnach soll der Wohnort eines Attentäters künftig versiegelt und dann zerstört werden. Israel will zudem Angehörigen von Attentätern, die Terror unterstützen, soziale Rechte entziehen. Außerdem ist ein neues Gesetz im Gespräch, wonach Angehörigen von Attentätern mit israelischer Identitätskarte diese entzogen werden soll. Ob und wie genau überprüft werden soll, ob jemand Terror-Unterstützer ist, war zunächst unklar. Israelis sollen zudem leichter Lizenzen für Schusswaffen bekommen…“ Meldung vom 29. Januar 2023 bei tagesschau.de externer Link („Israel setzt Antiterrormaßnahmen um“)
  • Nein zur „Diktatur der Kriminellen“: Über 130.000 Menschen protestieren erneut gegen die antidemokratischen Reformen der Netanjahu-Regierung 
    Erneut zieht ein großer Demonstrationszug durch die israelische Metropole Tel Aviv. Der Protest richtet sich gegen die rechte Regierung von Ministerpräsident Netanjahu. Unter den Teilnehmern ist auch der ehemalige Regierungschef Lapid. Mehr als hunderttausend Menschen haben in Tel Aviv nach Polizeiangaben gegen die neue Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu protestiert. Demonstrantinnen und Demonstranten versammelten sich den dritten Samstagabend infolge an mehreren Orten im Zentrum der israelischen Küstenstadt. Dabei schwenkten sie unter anderem israelische Flaggen. Auf Plakaten war zu lesen „Stoppt das Ende der Demokratie“ oder Bilder Netanjahus mit dem Schriftzug „Verbrecher“. Auch Ex-Ministerpräsident Jair Lapid nahm an der Kundgebung teil. Rund tausend Polizisten waren Medienberichten zufolge im Einsatz. Es war die bisher größte Demonstration gegen die neue Regierung, die Ende Dezember vereidigt worden war. Auch in den Städten Jerusalem, Haifa und Beerscheba gingen Tausende Menschen auf die Straßen. (…) Angeheizt wurden die Proteste in dieser Woche von einem weitreichenden Urteil des Höchsten Gerichts. Die Richter hatten am Mittwoch entschieden, dass Israels Innen- und Gesundheitsminister, Arie Deri, sein Amt nicht behalten darf. Die Richter begründeten ihr Urteil mit der wiederholten Verurteilung Deris. Zudem führten sie an, dass er im vergangenen Jahr bei einem Verfahren wegen Steuervergehen vor Gericht versicherte, sich aus der Politik zurückzuziehen…“ Meldung vom 21.01.2023 bei n-tv externer Link („Hunderttausend Menschen demonstrieren in Tel Aviv“)

  • Massenproteste gegen rechtsextreme Regierung in Israel: Vorboten revolutionärer Kämpfe
    „…  Nur zwei Wochen nach der Wahl der rechtesten Koalitionsregierung in der Geschichte des Landes, die durchsetzt ist von Rassisten und regelrechten Faschisten, versammelten sich rund 100 000 Menschen auf dem Habima-Platz. Dort protestierten sie gegen die Pläne des neuen Regimes, die direkte politische Kontrolle über die Justiz auszuüben. Weitere Tausende protestierten in Jerusalem vor dem Haus von Premierminister Benjamin Netanjahu sowie in Haifa und Rosch Pina. (…) Die Machtübernahme durch solche politischen Kriminellen und Provokateure hat den Zorn der Massen geweckt. Auf selbstgebastelten Plakaten warnten sie vor „Faschismus“, einem „Staatsstreich“, einer „kriminellen Regierung“ und dem „Ende der Demokratie.“ Juden und israelische Araber trugen gemeinsam palästinensische Flaggen, obwohl Ben-Gvir die Polizei aufgefordert hatte, hart durchzugreifen…“ Aus dem Artikel von Chris Marsden am 20.1.2023 bei wsws externer Link
  • Widerstand in Israel: Gegen die Tyrannei der Mehrheit. In einer entscheidenden Frage bleibt die Bewegung allerdings gespalten.
    „«Als israelischer Bürger ist es schlichtweg meine Pflicht, hier zu sein», sagt Ofer Waldman und hält seinen Regenschirm in die Höhe. Mit ihm versammelten sich am vergangenen Samstagabend trotz strömendem Regen rund 80 000 Menschen auf dem Habimaplatz in Tel Aviv, um gegen die Pläne der neuen rechtsextremen Regierung unter Comeback-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu demonstrieren. Auch in Haifa und Jerusalem fanden Proteste statt. Waldman steht inmitten der Ausläufer des israelischen Flaggenmeers, unweit der wenigen palästinensischen Flaggen. Dort fühlt sich der Autor und Aktivist am wohlsten. Eine Zusammenarbeit zwischen palästinensischen und jüdischen Israelis treibt der 43-Jährige schon lange voran. Als Zwanzigjähriger war er mit dem West-Eastern Divan Orchestra als Hornist für einige Jahre nach Berlin gezogen. Seit seiner Rückkehr beteiligt er sich an Aktivitäten der Graswurzelbewegung Omdim Bejachad, einer Organisation, die jüdische und palästinensische Bürger:innen für Frieden und Gleichberechtigung mobilisiert. (…) Waldman ist das, was man als linken Zionisten bezeichnet: Für ihn muss es einen demokratischen Staat geben, der die Heimstätte der Jüd:innen ist. Gleichzeitig müssten palästinensische Israelis über volle Rechte als Staatsbürger:innen verfügen. Aber spätestens seit die neue Regierung im Amt ist, stellt er vieles infrage, auch seine Selbstdefinition: «Der Begriff ‹Zionismus› wurde inzwischen von antidemokratischen, offen rassistischen Kräften gekapert.» (…) Ben-Gvir hat vor wenigen Wochen qua Gesetzesänderung ein beispielloses Ausmass an Macht über die Polizei erhalten, aber so leicht macht es ihm diese dann doch nicht. Laut Medienberichten wurde zwar irgendwo auf der Demo eine palästinensische Fahne beschlagnahmt; die anderen aber flatterten ungestört weiter. Die Debatte um die Palästinafahne ist nicht neu. In der Vergangenheit gab es bereits einige Versuche, sie in der Öffentlichkeit verbieten zu lassen. Bislang durfte die Fahne dann konfisziert werden, wenn «eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Schwenken der Fahne zu einem ernsthaften Bruch des öffentlichen Friedens führt». Zentrales Thema der Proteste ist ohnehin etwas anderes: die Justizreform. (…) Klare Worte kamen vergangene Woche erstmals auch von Esther Hayut, der Präsidentin des Obersten Gerichts. Sie sprach von einem Versuch, die gerichtliche Unabhängigkeit abzuschaffen und eine «Tyrannei der Mehrheit» einzuführen. Am Donnerstag dann veröffentlichten fast alle israelischen Generalstaatsanwälte und Staatsanwältinnen ein gemeinsames Schreiben, in dem sie vor der «Zerstörung des Justizsystems» warnten. (…) Der Grossteil der Regierungskritiker:innen will zunächst gegen die Justizreform kämpfen und die Diskussion um die Situation der Palästinenser:innen hintanstellen, auch wenn die meisten von ihnen die Besatzung kritisch sehen dürften. Waldman hält dies für falsch: «Die jetzige Lage ist genau das Resultat einer falschen Denkweise, die Symptome statt der Krankheit bekämpfen will.» Bislang sind die Proteste jüdisch geblieben; palästinensische Israelis sind an der Demonstration kaum zu finden. In der vorletzten Woche war ein Aktivist mit einer Palästinenserfahne angegangen worden, die palästinensischen Israelis dürften spüren, dass dies – zumindest bislang – nicht ihr Protest ist. Transparente mit Aufschriften wie «Es gibt keine Demokratie mit Besatzung» waren am Samstag nur vereinzelt zu sehen. Gemässigte rechte Politiker:innen wiederum haben ihre Teilnahme an der Demonstration mit dem Argument abgesagt, dass dort palästinensische Fahnen geschwungen werden könnten. (…) Könnte die scharfe Rhetorik der Regierung die zersplitterten Oppositionslager zusammenschweissen? Waldman schüttelt den Kopf. «Ich habe die grausame Hoffnung», sagt er, «dass die radikalen Schritte der Regierung zu einer blutigen Katastrophe führen. Und dass den Israelis dann klar wird, dass an die Stelle der radikalen Regierung eine Politik treten muss, die die Besatzung und die Diskriminierung der Palästinenser:innen nicht ausblendet.» Welche Rolle wird Europa spielen? Auch da ist Waldman pessimistisch. «Europa, vor allem Deutschland, führt lieber Selbstgespräche über Israel, als sich der veränderten Realität im Land zu stellen.» Die unheilige Allianz zwischen konservativen Kräften, die in Israel einen Verbündeten im Kampf gegen den Islam sehen, und jenen, die hinter jeder Kritik an Israel eine antisemitische Motivation wähnten, lähme Europa, so der Aktivist. «Und zwar in dem Moment, in dem die demokratischen Kräfte in Israel den europäischen Beistand am nötigsten bräuchten.»“ Artikel  von Judith Poppe aus der WOZ Nr. 3 vom 19. Januar 2023 externer Link
  • Rechtes Gruselkabinett: Israels neue Regierung ist so antipalästinensisch wie keine vor ihr – was bedeutet das?
    „Pünktlich zur Vereidigung der sechsten Regierung von Benjamin (Bibi) Netanjahu am 29. Dezember 2022 gratulierte Olaf Scholz dem alt-neuen Premierminister mit warmen Worten: »Für die anstehenden Aufgaben wünsche ich Ihnen gutes Gelingen, eine glückliche Hand und viel Erfolg« schrieb der Bundeskanzler, wohl wissend, welche »anstehenden Aufgaben« die neue Regierung in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten hat. Gleich im ersten Absatz hat sie unmissverständlich erklärt, was ihre höchste Priorität ist: »Das jüdische Volk hat ein exklusives und unbestreitbares Recht auf alle Teile des Landes Israel. Die Regierung wird die Besiedlung in allen Teilen des Landes Israel, in Galiläa, dem Negev, dem Golan und Judäa und Samaria fördern und entwickeln«. Eine so klare Zurückweisung des palästinensischen Selbstbestimmungsrechts gab es seitens einer Regierung in Jerusalem noch nie – in diesem propagierten Groß-Israel vom Jordan bis zum Mittelmeer können Palästinenser*innen nur als rechtlose Untertanen leben, wenn sie nicht gänzlich aus dem Land vertrieben werden sollen. Die zweite Option, d.h. der »totale Krieg« und die »Umsiedlung der Feinde Israels« in die arabischen Nachbarländer, steht im Wahlprogramm der Partei Otzma Yehudit (jüdische Macht), die in der neuen Regierung sitzt und den neuen Polizeiminister mit weitreichenden Befugnissen stellt. Dennoch, außer Glückwünsche kam von der Bundesregierung, die sich der Unterstützung der Zwei-Staaten-Lösung noch offiziell verpflichtet sieht, nichts. Am gleichen Tag stimmte der deutsche UNO-Vertreter mit 26 anderen Ländern dagegen, die Situation in den palästinensischen Gebieten vom Internationalen Gerichtshof juristisch überprüfen zu lassen. Für Deutschland steht Israel eindeutig über dem Völkerrecht. (…) Neben der systematischen Entrechtung der nicht-jüdischen Bevölkerung nimmt die Regierung vor allem die Unabhängigkeit der Justiz und anderer rechtsstaatlicher Institutionen ins Visier. Der Versuch von Netanjahu, das gegen ihn laufende Verfahren wegen Bestechung, Betrug und Veruntreuung aus der Welt zu schaffen, ist dafür nur eine Teilerklärung. Fast alle Rechtsexpert*innen bewerten die geplante Reform als Ende der ohnehin brüchigen Gewaltenteilung. Diese Reform sieht vor, dass eine Mehrheit im Parlament Entscheidungen des Obersten Gerichts für ungültig erklären kann, Politiker*innen größeren Einfluss auf die Ernennung von Richter*innen erhalten und Gutachten von Verwaltungsjurist*innen zu bloßen Empfehlungen degradiert werden. All dies in einem Staat, der nicht mal eine Verfassung hat. (…) Eine konkrete Antwort auf den drastischen Rechtsruck hat aber auch die linke Opposition nicht. Dass eine Zwei-Staaten-Lösung aussichtslos ist, wird zur Kenntnis genommen, ändert aber noch nicht die politische Praxis. Es gibt zwar nur einen Staat zwischen Jordan und Mittelmeer und genauso viele Palästinenser*innen wie Juden_Jüdinnen in diesem Gebiet; eine Zukunftsvision, ganz zu schweigen von einer politischen Organisation, die beide Bevölkerungsgruppen vereinen könnte, ist jedoch noch nicht in Sicht. Die neue Regierung, deren Mitglieder nicht nur den Apartheid-Zustand im ganzen Land zementieren wollen, sondern zum Teil auch mit einem Genozid drohen, machen diese Vision nötiger denn je.“ Artikel von Yossi Bartal aus ak 689 vom 17. Januar 2023 externer Link
  • Israel: 100.000 protestieren gegen Angriffe der rechtsextremen Regierung auf die Justiz
    Am Samstag demonstrierten trotz starken Regens 100.000 Israelis auf dem Habima-Platz in Tel Aviv. Sie protestierten gegen die Pläne von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, das Rechtssystem des Landes zu ändern und den Obersten Gerichtshof zu schwächen. Diese und weitere Demonstrationen mit Tausenden von Teilnehmern in Jerusalem, Haifa und Rosch Pina im Nordwesten des Landes sind die bei weitem größten Proteste gegen die Regierung seit Jahren. Viele Demonstranten trugen israelische Flaggen, andere jedoch auch selbstgemachte Plakate, auf denen sie vor „Faschismus“, „Putsch“, einer „kriminellen Regierung“, dem „Ende der Demokratie“, Angriffen auf demokratische und soziale Rechte und Korruption warnten. Sie wandten sich auch gegen Netanjahus Rückkehr an die Macht. Auf einem Plakat hieß es: „Eher sterben wir, bevor wir die Demokratie aufgeben.“ Andere trugen palästinensische Flaggen. Dabei hatte der neue Minister für nationale Sicherheit und Vorsitzende der Partei Jüdische Stärke, Itamar Ben-Gvir, die Polizei angewiesen, hart gegen das Zeigen palästinensischer Flaggen im öffentlichen Raum durchzugreifen. Die Anordnung erfolgte, nachdem am vorletzten Samstag mehrere Teilnehmer einer regierungsfeindlichen Demonstration in Tel Aviv palästinensische Flaggen geschwenkt hatten. Netanjahu und seine rechtsextremen Verbündeten hatten dies scharf kritisiert.
    Die Demonstrationen am Samstag waren deutlich größer als die Proteste in der Woche zuvor. Sie zeigten die wachsende Beunruhigung und Wut jüdischer und palästinensischer Israelis über das politische Programm von Netanjahus rechtsextremer Regierungskoalition. Ihr gehören neben Likud auch die drei faschistischen und rassistischen Parteien Religiöser Zionismus, Jüdische Stärke und Noam, sowie die beiden rechten religiösen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum an.
    Ihre politische Agenda umfasst eine Vormachtstellung der Juden, Gesetze nach dem Vorbild der Apartheid, die Annektierung großer Teile des Westjordanlandes, die Ausweitung illegaler Siedlungen, jüdische Gebete in der al-Aqsa-Moschee und die Rücknahme von Maßnahmen gegen Diskriminierung. Die Umsetzung all dieser Zielvorstellungen erfordert eine umfassende Änderung des israelischen Rechtssystems.
    Um politisch abweichende Meinungen zu unterdrücken, wird die Regierung vermehrt Polizei und Militär einsetzen. Dies richtet sich sowohl gegen die Palästinenser in den Gebieten, die seit dem Sechstagekrieg von 1967 rechtswidrig besetzt sind, wie auch gegen jüdische und palästinensische Arbeiter in Israel
    …“ Artikel von Jean Shaoul vom 17. Januar 2023 bei wsws externer Link
  • Tel Aviv: 80.000 Israelis protestieren im strömenden Regen
    „… Von Balkonen und Hausdächern war weit und breit nur ein Meer aus Regenschirmen und blau-weißen Israel-Flaggen zu sehen. Normalerweise ist der Tel Aviver Rothschild-Boulevard im Regen verwaist. Doch obwohl ein Wolkenbruch den nächsten jagte, drängten sich an diesem Samstagabend Zigtausende auf der Ausgehmeile der Stadt. Sie alle hatten nur ein Ziel: den Habima-Platz am nördlichen Ende der Straße. (…) Rund 80.000 waren gekommen, um gegen die Regierungspläne für weitreichende Änderungen im Justizsystem zu protestieren. Es war die zweite Woche der Demonstrationen, nachdem Justizminister Yariv Levin (Likud) angekündigte hatte, die unabhängige Justiz einzuschränken – und der größte Protest, den Israel seit Jahren gesehen hat. Viele waren mit gecharterten Bussen aus dem ganzen Land angereist. Zum Klang von Hupen und Trommeln skandierten sie: »Demokratia, Demokratia« oder »Freiheit, Gleichheit und eine aufrichtige Regierung«. (…) »Ich bin völlig durchnässt und friere, aber das ist besser als diese Regierung«, sagte Maayan, während sie durch Pfützen lief und ein Schild in die Höhe hielt: »Eine Demokratie besteht aus drei Säulen«. Die Studentin war mit Freunden aus einem der Vororte gekommen, um ihrem Unmut Luft zu machen. »Seit die neue Koalition an der Macht ist, habe ich solche Angst um mein Land, dass ich kaum mehr schlafen kann. Wir müssen demonstrieren, wenn es sein muss, jeden Tag. Weil unser Leben sonst bald völlig anders aussehen könnte und unsere Rechte, vor allem die für Frauen, vielleicht fundamental eingeschränkt werden.« (…) Der offen homosexuelle Sänger Ivri Lider sang zum Auftakt der Kundgebung einen seiner Hits, während die Menge ihre Handys in die Höhe hielt und den abendlichen Habima-Platz erhellte. Im Anschluss rief der Vorsitzende der Bewegung für die Qualität der Regierung, Eliad Shraga, der Menge zu: »Denken Sie immer daran, dass wir die Kälte und den Regen einer liberalen Demokratie der Hitze und Hölle einer faschistischen Diktatur vorziehen.« Die Regierung aber ziele darauf ab, »die DNA des Staates Israel zu verändern und ihn von einem säkularen Staat in einen religiös-fundamentalistischen Staat zu verwandeln«…“ Artikel von Sabine Brandes vom 15. Januar 2023 in der Jüdischen Allgemeinen online externer Link, siehe auch:

    • [Video] Proteste gegen Justizreform in Israel: Rund 80.000 Menschen auf den Straßen
      „Israels Premier Netanjahu will die Macht des Obersten Gerichts beschneiden. Kritiker sehen die Unabhängigkeit der Justiz durch die Pläne in Gefahr. Staatspräsident Herzog warnte am Sonntag vor einer Verfassungskrise.“ RND-Video vom 15. Januar 2023 externer Link (Videolänge ca. 1:30 Min.)
  • 50 Frauengruppen bilden neue Koalition als Antwort auf die Netanjahu-Regierung
    Die Koalition für Frauenorganisationen und Gleichberechtigung hofft, die Vertretung von Frauen voranzutreiben und diskriminierende Gesetzesvorschläge in Israel zu bekämpfen. In Israel wurde ein neuer Dachverband von Frauenorganisationen gegründet, um auf die mangelnde Vertretung von Frauen in der kürzlich eingesetzten Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu zu reagieren. Die Koalition für Frauenorganisationen und Gleichberechtigung umfasst mehr als 50 Frauengruppen. Von den 32 Ministern in Netanjahus Kabinett sind nur sechs Frauen. Und zwei der Parteien in seiner Koalition – das ultraorthodoxe Vereinigte Tora-Judentum und Schas – weigern sich grundsätzlich, Frauen in ihre Kandidatenlisten für die Knesset, das israelische Parlament, aufzunehmen, geschweige denn durch eine Ministerin im Kabinett vertreten zu sein. Im Gegensatz dazu waren in der vorherigen Regierung ein Drittel der Minister Frauen. (…) „Wir bestehen aus über 50 Organisationen und es kommen ständig neue hinzu“, sagte sie. „Wir haben verstanden, dass es jetzt an der Zeit ist, uns zusammenzuschließen und zusammenzuarbeiten, denn wenn die Regierung auch nur die Hälfte der geplanten Schritte umsetzt, wird die Situation für Frauen im Staat Israel sehr schlecht sein. Zer Katzenstein sagt, sie sei „besorgt über den Extremismus, über die geplante Diskriminierung und die mangelnde Vertretung von Frauen in der Regierung.“ (…) Ausgehend von den öffentlichen Positionen, den Wahlkampfversprechen und den Koalitionsvereinbarungen der verschiedenen Parteien in Netanjahus neuer Regierung gehen Beobachter davon aus, dass eine Reihe von diskriminierenden Gesetzen und Maßnahmen bevorstehen könnten. Dazu gehören Maßnahmen, die eine Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum zulassen, weibliche Soldaten von bestimmten israelischen Militäreinheiten ausschließen und es privaten Unternehmen gestatten, Frauen aus religiösen Gründen die Bedienung zu verweigern oder ihnen zu bestimmten Zeiten den Zutritt zu verwehren. „Dies ist die Stunde der Wahrheit für die Bürger Israels, vor allem für die Frauen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und zusammenarbeiten“, sagte Gali Etzion, Leiterin der Abteilung für Gesetzgebung und Beratung bei Na’amat, Israels größter Frauenorganisation, gegenüber The Media Line. „Sie könnten den Status der Frauen in Israel im Bereich des Familienrechts, der häuslichen Gewalt und in vielen anderen Bereichen zurücknehmen, und das werden wir nicht zulassen“, sagte sie…“  engl. Artikel von MAYA MARGIT und STEVE GANOT vom 15.1.2023 in Jerusalem Post online externer Link („50 women’s groups form new coalition in response to Netanyahu gov’t“, machinenübersetzt)
  • Israel will den Obersten Gerichtshof und jede richterliche Opposition abschaffen
    Mit einer Mehrheit von nur vier Sitzen schickt sich die neue Regierung an, eine der weitreichendsten Machtergreifungen in der Geschichte des Landes zu vollziehen, indem sie die einzige Kontrolle und das Gleichgewicht der Macht des Parlaments fast auf einen Schlag beseitigt
    Am Abend des 5. Januar trat ein Politiker mit den trockenen Manieren eines Buchhalters aus der Vorstadt, aber der inneren Wut eines stählernen Eiferers auf ein Podium in Jerusalem und erklärte seine Absicht, die israelische Demokratie zu beenden.  In einer Pressekonferenz zur besten Sendezeit kündigte Yariv Levin, der neue Justizminister in der seit zwei Wochen amtierenden Regierung von Benjamin Netanjahu, eine Reihe von weitreichenden Änderungen am Justizsystem des Landes an, die, wenn sie umgesetzt werden, der Regierung und dem Parlament unkontrollierte Macht verleihen würden. 
    Der Oberste Gerichtshof wäre nicht mehr in der Lage, Gesetze oder Regierungsentscheidungen, die als rechtswidrig erachtet werden, zu kippen – jede derartige Entscheidung könnte nun mit einer einfachen parlamentarischen Mehrheit „außer Kraft gesetzt“ werden. Das Verfahren der einvernehmlichen Ernennung von Richtern, wie es bisher üblich war, würde entfallen – die Regierung würde das Verfahren dominieren und die Gerichte mit ihren eigenen Leuten besetzen. Professionelle Rechtsberater in den verschiedenen Ministerien würden nicht mehr unparteiisch und verbindlich beraten – sie wären nun alle politisch ernannt und würden ihren Chefs fast freie Hand garantieren. 
    Derzeitige und ehemalige Justizbeamte, Rechtsexperten und Oppositionsführer sind sich einig: Es droht die schwerste Verfassungskrise in der Geschichte des Landes, eine Form des „Regimewechsels“ per Gesetz.
    „Die nächstliegende Parallele wäre eine Revolution mit Panzern“, sagte ein ehemaliger Oberster Richter des Obersten Gerichtshofs am vergangenen Wochenende und sprach von einer „hohlen Demokratie“ wie in Polen und Ungarn. 
    Israel hat bekanntlich keine Verfassung, kein Oberhaus des Parlaments, keine föderale Aufteilung der Behörden und keine separate Exekutive mit Vetorecht (etwa einen Präsidenten). 
    Die Wähler wählen einfach ein nationales Parlament, das dann eine Regierung mit Exekutivbefugnissen ausstattet. Die „unerträgliche Leichtigkeit“ des israelischen Systems, sagte mir Prof. Suzie Navot, eine Vizepräsidentin des Israel Democracy Institute, einer überparteilichen Denkfabrik.
    Nach den Parlamentswahlen vom 1. November letzten Jahres kehrten Netanjahu und seine jüdisch-nationalistischen und ultra-orthodoxen Verbündeten mit einer Mehrheit von vier Sitzen im Parlament dramatisch an die Macht zurück und bildeten eine Regierung, die weithin als die rechtsextremste aller Zeiten angesehen wird. Daher die große Angst vor der Aushöhlung des Obersten Gerichtshofs und der Abschaffung jeglicher Kontrolle und Gewaltenteilung.
    Wie Generalstaatsanwalt Gali Baharav-Miara, der höchste juristische Beamte des Landes, letzten Monat warnte, würde Israel „mit dem Prinzip der Mehrheitsregel allein dastehen. Das und nichts weiter, Demokratie nur dem Namen nach, aber nicht in der Substanz“, wenn die genannten Pläne umgesetzt würden. 
    Justizminister Levin hat sich klar ausgedrückt: Dies ist nur die erste Stufe dessen, was er euphemistisch als „Justizreform“ bezeichnet hat. Rechtsexperten gehen davon aus, dass in der Folge auch das Amt des Generalstaatsanwalts selbst untergraben wird, mit dem Ziel (wie von einigen im letzten Sommer vorausgesagt), Netanjahus laufenden Korruptionsprozess zu stoppen. Der Rest der Netanjahu-Koalition, einschließlich Levin, sind seit langem ideologische Gegner der Gerichte und Rechtsberater – sie sehen in ihnen eine aufdringliche Kontrolle in Fragen wie dem ungehinderten Bau von Siedlungen im Westjordanland, der generellen Befreiung der Ultra-Orthodoxen vom Militärdienst und der Verletzung von Minderheitenrechten, einschließlich der Rechte von arabisch-israelischen Bürgern oder afrikanischen Wirtschaftsmigranten. 
    Alan Dershowitz, der als Netanjahu-naher Anwalt und Pro-Israel-Aktivist bekannt ist, sagte diese Woche gegenüber dem israelischen Armeeradio, dass selbst er der Meinung sei, dass die vorgeschlagenen „Reformen der Mehrheit viel zu viel Macht geben“ und dass „bürgerliche Freiheiten und Minderheitenrechte in Gefahr sind“. Navot stimmte dem zu und erklärte, dass ohne die Aufsicht des Obersten Gerichtshofs „die Regierung tun kann, was sie will, ohne Grenzen. Es wird niemanden geben, der kommen und sie daran hindern kann“. 
    Letzte Woche habe ich einen prominenten linken Aktivisten auf die Agenda der Regierung angesprochen und ihn gefragt, ob er sich Sorgen mache, dass verschiedene israelische Menschenrechtsorganisationen in Zukunft verboten werden könnten. „Vergessen Sie diese Gruppen“, sagte er und spitzte die Hypothese zu. „Denken Sie daran, was passiert, wenn das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Balad verbietet“, die arabisch-israelische politische Partei, die als die „radikalste“ gilt, weil sie für Israel als „Staat aller seiner Bürger“ eintritt. „Wenn sie Balad verbieten, werden die anderen arabisch-israelischen Parteien keine andere Wahl haben, als die nächsten Wahlen aus Solidarität zu boykottieren. Und es wird wahrscheinlich auch viele linke israelisch-jüdische Wähler geben, die das Gleiche tun werden“, fügte er hinzu. Netanjahu und seine rechten Verbündeten hätten dann freie Bahn für einen Wahlsieg auf ewig. 
    Netanjahu, Levin und andere Regierungsvertreter behaupten ihrerseits, sie wollten lediglich „das richtige Gleichgewicht“ zwischen den verschiedenen Zweigen wiederherstellen, den ihrer Ansicht nach zu aktivistischen linken Obersten Gerichtshof zügeln und „dem Volk die Souveränität zurückgeben“ (wie sie es in seinen gewählten Vertretern repräsentiert).
    Wie Netanjahu es in einer Kabinettssitzung Anfang dieser Woche ausdrückte: „Es geht nicht um die Zerstörung der Demokratie, sondern um die Stärkung der Demokratie … . Dies ist die Umsetzung des Willens der Wähler, und das ist das Wesen der Demokratie.
    „…“ engl. Artikel von Neri Zilber vom 13.1.2023 in New Lines Magazine externer Link („Israel Set to Dismantle Supreme Court and Any Judicial Opposition“, maschinenübersetzt)
  • MAAN: Gegenüber der rechtsextremen Regierung vertreten wir eine Vision von Gleichheit und einem gemeinsamen Kampf von Palästinensern und Israelis.
    Die am 29. Dezember vereidigte rechtsextreme Regierung lässt keinen Zweifel daran, wie das Jahr 2023 aussehen wird. Der renommierte israelische Autor David Grossman bezeichnete die Vielzahl der Gesetze bereits als „Realität des Chaos“.
    Es handelt sich um eine Änderung grundlegender Gesetze und Regelungen (wie der Plan, ein Gesetz zu erlassen, das es der Knesset ermöglicht, Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs außer Kraft zu setzen, Politikern die Wahl von Richtern zu gestatten usw.), die das israelische Justizsystem jahrzehntelang beherrschten, und die zu einem vollständigen Regimewechsel führen können.
    Die von Netanjahus sechster Regierung und seinen Partnern Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir unternommenen Schritte richten sich gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten und die palästinensischen Bürger Israels. Gleichzeitig arbeitet die neue Regierung systematisch daran, die säkulare Bildung und Kultur zu beeinträchtigen und sie durch religiöse Vorschriften und die Halakha zu ersetzen, indem sie die freie Presse, die freie Meinungsäußerung von Künstlern und die Legitimität von LGBTQ+-Gemeinschaften unterdrückt.
    Der wichtigste und folgenreichste Aspekt der Pläne dieser Regierung sind die Schritte, die sie unternimmt, um die Annexion des Westjordanlandes vorzubereiten und damit dem Paradigma der Zwei-Staaten-Lösung ein Ende zu setzen. Letztere diente jedoch über ein Jahrzehnt lang als beste Tarnung für das De-facto-Apartheidsystem, das Israel den Palästinensern auferlegt hat.
    Diese Entwicklungen sind das unvermeidliche Ergebnis eines Prozesses, der in Israel vor vielen Jahren begann. Israel hielt seine Besatzung über Millionen von Palästinensern ohne politische oder bürgerliche Rechte aufrecht und führte ein Regime der institutionellen Diskriminierung palästinensischer Bürger Israels. Es ist kein Zufall, dass der Staat sich weigerte, eine Verfassung auszuarbeiten, in der grundlegende universelle Prinzipien und Menschenrechte verankert wären.
    Der Erfolg der extremen Rechten bei den letzten Wahlen ist weniger ein Ausdruck ihrer Stärke als vielmehr ein Ausdruck der Schwäche der liberalen Opposition. Die heterogene Regierung des Wandels unter Bennet und Lapid, die 2021 gebildet wurde, um Netanjahu zu stürzen, erwies sich als unfähig, eine alternative Vision anzubieten.
    Die neue Regierung wird auch von der Spaltung der Palästinenser profitieren, wo die korrupte Palästinensische Autonomiebehörde der Fatah in Ramallah sitzt und das repressive religiöse Regime der Hamas den Gaza-Streifen kontrolliert.
    Trotz dieser düsteren Realität weigert sich MAAN, zu verzweifeln. Seit über zwanzig Jahren stehen wir im Zentrum des Kampfes für allgemeine Menschen- und Arbeitnehmerrechte. Während MAAN Israelis und Palästinenser gewerkschaftlich organisiert und Gruppen von Arbeitnehmern in einer Reihe von Branchen vertritt, investiert MAAN auch große Anstrengungen und Ressourcen in die Änderung der Vereinbarung über die Einstellung von Palästinensern in die israelische Belegschaft. Im Rahmen dieser Bemühungen haben wir eine öffentliche Kampagne initiiert, die Green Cards für Palästinenser fordert, damit sie frei nach Israel einreisen und dort arbeiten dürfen. Ein besonderer Schwerpunkt ist auch der Kampf der palästinensischen Frauen um Gleichberechtigung.
    Vor dem Hintergrund klarer Pläne, die De-facto-Annexion des Westjordanlandes zu einer vollendeten Tatsache zu machen, ist klar, dass Israel zu einem Apartheidregime geworden ist.
    Wir blicken nicht mit Nostalgie auf „das gute alte Israel“ zurück. MAAN stützt seinen Kampf auf das Prinzip der Gleichheit aller Menschen in dem Gebiet zwischen Jordan und Meer. Auf der Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Palästinensern und Israelis fordern wir den gemeinsamen Aufbau eines demokratischen Staates, der eine Alternative zu der gewalttätigen und zerstörerischen Realität bieten kann, die durch jahrelange Besatzung und Ungerechtigkeit entstanden ist
    .“ engl. Erklärung der alternativen Gewerkschaft WAC-Maan externer Link vom 2.1.2023 (maschinenübersetzt)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=208067
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