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Arbeitsrechtliche Sonderregelung: Warum der ORF viele Mitarbeiter prekär beschäftigt
„… „Der ORF steht ab 2024 vor einer der größten Finanzierungskrisen in seiner Geschichte“, warnte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann im November seinen Stiftungsrat. Weißmann fordert daher eine gesetzliche Neuregelung der Finanzierung bis Ende März 2023. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF ist schon jetzt Sparen angesagt. Die Gehaltserhöhungen für die nächsten beiden Jahre fielen entsprechend niedrig aus. Doch manche stellen das Unternehmen bereits seit Jahren über ihre eigenen Rechte und hanteln sich von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten. Denn der Erfolg von Österreichs größtem Medienunternehmen ist auch auf eine gesetzliche Ausnahme gebaut: Laut ORF-Gesetz darf das Unternehmen unendlich oft befristete Arbeitsverträge direkt aufeinander folgend vergeben. Sogenannte „Kettenverträge“ dürfen sonst nur Universitäten, Theater und der Bund nützen. Alle anderen Unternehmen müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbefristet anstellen, wenn sie länger in derselben Funktion tätig sind…“ Artikel von Maximilian Miller vom 17.1.2023 in Kleine Zeitung online und mehr daraus:
- Weiter im Artikel von Maximilian Miller vom 17.1.2023 bei Kleine Zeitung online : „(…) Das hat gute Gründe: „Kettenbefristungen sind verpönt, weil sie dazu führen, dass man niemals in einen Kündigungsschutz kommt“, erklärt die Arbeitsrechtlerin Sieglinde Gahleitner, denn: „Wenn eine Befristung ausläuft, kann der Dienstnehmer nichts dagegen tun, es sei denn, die Beendigung erfolgte wegen einer Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz.“ Da das ORF-Gesetz aber ständige Kettenverträge erlaubt, haben sie im ORF System. Aus freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die einzelne Sendungen oder Beiträge produzieren, werden feste Mitglieder in den Redaktionen des ORF. Dank der rechtlichen Sonderstellung des ORF werden sie aber oft nur so lange angestellt, bis ihr nächster Beitrag erscheint. (…) Aus Sicht der Arbeitsrechtlerin Gahleitner verstößt der ORF allerdings gegen EU-Recht: „Es gibt keinen sachlichen Grund, warum der ORF ohne jede zeitliche Begrenzung über Jahrzehnte hinweg befristete Verträge aneinanderreihen können soll.“ Die Sonderregelung verstoße gegen die Befristungsrichtlinie und stelle darüber hinaus eine Diskriminierung von Teilzeit-Beschäftigten dar, da nur Beschäftigte, die nicht mehr als 4/5 der Normalarbeitszeit arbeiten, unter diese Regelung fallen. (…) Die Juristin stützt sich dabei sowohl auf Entscheidungen des EuGH in ähnlichen Konstellationen als auch auf ihre Erfahrungen, die sie durch die Vertretung von Mitarbeiter:innen des ORF sammeln konnte: „Der ORF schließt oft Vergleiche, wenn es um solche Sachen geht“, erzählt sie. Das müsse das Unternehmen ihrer Meinung nach tun, um eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof (EUGH) zu verhindern, denn, so Gahleitner: „Das ist eine Regelung, die meiner Meinung nach nicht halten würde, wenn man sie vor den EUGH bringt.“ Einigt sich der ORF aber außergerichtlich und stellt die Klägerin oder den Kläger doch an, kann das Verfahren nicht bis zum EUGH geführt werden. (…) Viele trauen sich aber nicht, vor Gericht zu ziehen: „Der ORF hat in Österreich eine Monopolstellung und wer als Journalist Karriere machen möchte, weiß, dass eine Klage gegen den ORF große Nachteile auf einem überschaubaren Markt für ihn haben kann“, sagt Gahleitner. [Ex-Ö1-Redakteurin] Jana Wiese hofft hingegen, dass sich durch ihren Schritt an die Öffentlichkeit auch die Situation ihrer früheren Kolleginnen und Kollegen bei Ö1 bessert, denn: „unter so prekären Bedingungen sollte niemand arbeiten“.“
- Siehe auch das Blog von Jana Wiese