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Frankreich: Macrons Hartz IV. Parlament beschließt Kürzungen bei Erwerbslosenversicherung – Gewerkschaften und linke Opposition kündigen Widerstand an

Dossier

Frankreich: Union syndicale Solidaires im Kampf gegen die Arbeitslosenversicherungsreform„Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern galt die französische Erwerbslosenversicherung lange Zeit als fortschrittlich. Doch dann kam Emmanuel Macron. In seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2022 ließ Frankreichs Staatschef die Höhe des Erwerbslosengeldes deutlich senken und den Zugang zur Leistung drastisch verschärfen. Nachdem Macron im April für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde, kündigte er einen finalen Angriff gegen die »assurance-chômage« an. Nun ist es soweit. Am Donnerstag nachmittag hat der Senat grünes Licht für die »Reform« der Erwerbslosenversicherung gegeben, zuvor hatte bereits am Dienstag die Nationalversammlung den Text durchgewinkt. In beiden Kammern kam die Mehrheit nur deshalb zustande, weil Macrons Partei Renaissance, die keine absolute Mehrheit im Parlament hat, von der konservativen Partei Les Républicains unterstützt wurde. Als Gegenzug für diesen Dienst hatten die Konservativen von Macron weitere Verschärfungen des Gesetzestextes erhalten…“  Artikel von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 19. November 2022 externer Link – siehe mehr daraus und dazu:

  • Staatsverschuldung: Frankreich kürzt bei Sozialausgaben. Die Regierung Emmanuel Macrons verschärft Regelungen für Arbeitslose und Kranke New
    „Im vergangenen Jahr fehlten in Frankreich aufgrund der stagnierenden Konjunktur auf der Einnahmeseite 21 Milliarden Euro an Steuern und Sozialabgaben. Jetzt soll in derselben Größenordnung auf der Ausgabenseite gestrichen werden. Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung lehnen Steuererhöhungen oder Sonderabgaben für Konzerne mit Superprofiten prinzipiell ab. Darum konzentrieren sich die Sparpläne auf die Sozialausgaben und gehen zu Lasten der schwächsten Franzosen. Priorität hat für Premierminister Gabriel Attal eine Reform der Arbeitslosenversicherung. Es ist bereits die dritte Reform seit dem Amtsantritt von Macron 2017. (…) Die Beschäftigungslosen kosten die Arbeitslosenversicherung und den Staatshaushalt pro Jahr rund 45 Milliarden Euro. Hier sieht die Regierung Sparpotenzial. So ist geplant, den Zeitraum für die Zahlung von Arbeitslosengeld von heute 18 auf künftig zwölf Monate zu kürzen und auch die Höhe der auszuzahlenden Hilfe zu reduzieren. Ferner soll die Dauer der Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung, bis man dort Anspruch auf eine Zahlung erworben hat, um mehrere Monate verlängert werden. Durch diese Art von Maßnahmen sollen Beschäftigungslose mit aller Macht in Arbeitsverhältnisse gedrängt werden. Auch wenn diese weit abseits von ihrer Qualifikation liegen. So hofft man die rund 100 000 Arbeitsplätze zu besetzen, die seit Jahren im Bauwesen oder in der Hotellerie- und Gastronomiebranche offen sind. »Wenn es nach Premier Attal ginge, müsste ein Ingenieur, der älter als 50 ist und keinen Arbeitsplatz findet, der seiner Qualifikation entspricht, einen Job als Tellerwäscher in einem Restaurant akzeptieren«, empört sich François Hommeril, Präsident der Angestellten- und Führungskräftegewerkschaft CFE-CGC. Außerdem plant die Regierung eine Reihe von Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen. So soll in der Privatwirtschaft ein »Karenztag« eingeführt werden, an dem bei Krankschreibungen weder ein Krankengeld durch die Krankenversicherung noch ein Tagegeld durch das Unternehmen gezahlt wird. Im Öffentlichen Dienst existiert dieser Tag schon seit Langem. (…) Weiterhin soll Zusatzpersonal eingestellt werden, um »Sozialhilfebetrüger« oder Ärzte aufzuspüren, die Krankschreibungen aus Gefälligkeit ausgeben. Bereits 2023 wurde die »Schutzgebühr«, die auf Medikamentenpackungen erhoben und weder von der Krankenkasse noch von den Zusatzkassen erstattet wird, von 50 Eurocent auf einen Euro verdoppelt. Sie soll Patienten zu einem sparsamen Umgang anhalten. Jetzt soll noch eine Strafgebühr für jeden Arzttermin eingeführt werden, den ein Patient erhalten, aber nicht wahrgenommen hat. Geplant ist eine Strafe von zehn Euro, von denen je fünf Euro an den Arzt und an die Krankenkasse gehen. All diese Pläne zeugen von einer neuerlichen neoliberalen Kursänderung der Wirtschaft- und Sozialpolitik. Gewerkschaften und linke Parteien laufen Sturm dagegen, aber auch bei der rechten Opposition und im Regierungslager regen sich Bedenken. (…) Für die Arbeitslosenreform fehlt eine Mehrheit im Parlament. Premier Attal will sie deshalb per Regierungsdekret und somit ohne ein parlamentarisches Votum durchsetzen. Damit die Widerstände nicht Ausmaße ähnlich der Rentenreform 2023 annehmen, stellt Attal eine Arbeitsgruppe in Aussicht. Diese soll prüfen, ob Unternehmen mit inflationsbedingten Superprofiten mit einer Sonderabgabe belegt werden sollten. Dabei geht es vorrangig um Energiekonzerne, die von der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Krise profitieren.“ Artikel von Ralf Klingsieck vom 8. April 2024 in Neues Deutschland online externer Link
  • Nein zu Zwangsarbeit und Sklaverei! Frankreich kopiert im Arbeitsmarktgesetz für Vollbeschäftigung die Hartz-Gesetze und plant u.a. Ein-Euro-Jobs
    • Neues Arbeitsmarktgesetz: Frankreich plant Ein-Euro-Jobs
      Paris kopiert einen Teil der deutschen Hartz-Reformen. Die konservative Rechte will so gegen „Profiteure“ der öffentlichen Fürsorge vorgehen. Die Abgeordneten der Regierungsparteien haben mit Unterstützung der Stimmen der konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR) am Dienstagabend ein Arbeitsmarktgesetz verabschiedet, das – so die optimistische Bezeichnung der Zielsetzung – zur „Vollbeschäftigung“ führen soll. Die unmittelbare Absicht dabei ist, die statistisch ausgewiesene Arbeitslosenrate zu verringern. (…) Während einige Punkte der Gesetzesvorlage rein formalen Charakter haben, wie zum Beispiel die Umbenennung der Arbeitsämter von „Pôles emploi“ in „France travail“, gibt eine Reform der finanziellen Unterstützung der Erwerbslosen weiterhin viel zu reden. Wer von diesen keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr bekommt, erhält grundsätzlich ein Existenzminimum, das seit 2007 unter der Abkürzung RSA (Revenu de solidarité active) bekannt ist.
      Leistungsempfänger sollen Gegenleistung bringen
      Eine Einzelperson ohne Arbeitseinkommen bezieht rund 600 Euro, ein Paar mit einem Kind etwa das Doppelte. Das war für die RSA-Empfänger bisher mit einer (moralischen) Verpflichtung verbunden, Möglichkeiten für eine Erwerbstätigkeit oder eine Fortbildung zu nutzen. Vor allem in rechten bürgerlichen Kreisen existiert indes die Vorstellung, dass es unter den RSA-Empfängern zu viele „Profiteure“ gebe, die diese finanzielle Hilfe beziehen, ohne auch nur die geringste Anstrengung um eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu unternehmen, und sich so oft definitiv aus der Berufswelt entfernen. Da auch Präsident Emmanuel Macron noch in seiner letzten Wahlkampagne gefordert hat, die Leistungsbeziehenden müssten „ihren Teil der Anstrengung“ liefern, nahmen ihn die LR-Abgeordneten beim Wort, indem sie verlangten, für das RSA müsse einen Gegenleistung – im Stil der Ein-Euro-Jobs – erbrecht werden. Das wurde nun umgesetzt: Grundsätzlich muss für das RSA in Zukunft eine (unbezahlte) „Aktivität“ zur Wiedereingliederung von 15 Stunden pro Woche belegt werden. Nur wer daran aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der Betreuung von Kindern gehindert ist, wäre eventuell von dieser Verpflichtung ausgenommen. Worin genau diese Aktivitäten bestehen, bleibt noch sehr vage. Gewerkschaften und linke Oppositionsparteien protestieren gegen eine Form von „Fronarbeit“…“ Artikel von Rudolf Balmer vom 11.10.2023 in der taz online externer Link, siehe dazu:
    • Nein zu Zwangsarbeit und Sklaverei!
      Bei der Beratung des Gesetzentwurfs der Regierung „für Vollbeschäftigung“ in der Nationalversammlung hat die Rechte eine ihrer Marotten durchgesetzt: RSA-Empfänger sollen gezwungen werden, mindestens 15 Stunden pro Woche zu arbeiten, um ihre Unterstützung zu erhalten, was den Arbeitgebern zugute kommt, die keinen Cent zahlen müssen. In Wirklichkeit hat diese Zwangsarbeit nur ein Ziel: die RSA-Empfänger massenhaft aus dem System zu streichen und die Arbeiterklasse ins tiefste Elend zu stürzen! Und nein, die RSA-Empfänger sind keine Profiteure des Systems! Die RSA ist eine bedingungslose Leistung und ein minimales Sicherheitsnetz, das gerade einmal zum Überleben reicht. Es handelt sich um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in einer schweren Lebenslage befinden, von denen viele von der Arbeit geschädigt und völlig arbeitsunfähig sind. Die wahren Profiteure sind die Rentiers und die Finanzwelt, das ist die Welt von Macron! Heute wie gestern und morgen steht Solidaires an der Seite der prekärsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und wird dies auch in Zukunft tun. Nieder mit der Gratisarbeit und der Sklaverei!“ franz. Stellungnahme der Union syndicale Solidaires vom 29.9.2023 externer Link („Non au travail obligatoire et à l’esclavage!“, maschinenübersetzt
  • France Travail: Die Aufforderung zur „Remobilisierung“ von Menschen mit Behinderungen
    „Der Gesetzentwurf für Vollbeschäftigung wird seit Montag, dem 18. September, in der Nationalversammlung diskutiert, nachdem er in erster Lesung vom Senat im beschleunigten Verfahren angenommen worden war. Neben seinen bekanntesten Teilen, insbesondere der Reform des RSA, weckt der Gesetzentwurf auch Befürchtungen, da er France Travail die Kontrolle über die Beratung von Menschen mit Behinderungen überträgt und eine doppelte Aufforderung zur Aufnahme einer Arbeit in Aussicht stellt. Der Ausschuss für soziale Angelegenheiten der Nationalversammlung prüft seit Montag, dem 18. September, den Gesetzentwurf „für Vollbeschäftigung“. Der Text, der sich im beschleunigten Verfahren befindet, wurde bereits in erster Lesung vom Senat verabschiedet. Alle Leistungsempfänger (Arbeitslosigkeit, RSA, Jugendvertrag, behinderungsbedingte Leistungen) sollen in einer einzigen Organisation mit erweiterten Kompetenzen zusammengefasst werden, die Pôle Emploi ersetzt: France Travail. Die Reform, die insbesondere für ihre RSA-Komponente bekannt ist, bringt auch neue Bestimmungen für die Arbeit von Menschen mit Behinderungen mit sich. Die Soziologen Pierre-Yves Baudot und Jean-Marie Pillon warnten in einem Beitrag, der im Juli in Le Monde erschien: „Diese Reform führt nicht dazu, dass durch Arbeit Autonomie geschaffen wird, sondern dazu, dass Menschen mit Behinderungen den Imperativen der Produktion von Marktwerten stärker untergeordnet werden…“ franz. Artikel von Maïa Courtois vom 19.9.2023 in Rapports de Force externer Link („France Travail : l’injonction à la « remobilisation » des personnes en situation de handicap“, maschinenübersetzt)
  • Zwangsarbeit in Macron-Version. Französischischer Senat beschließt »Reform« der Grundsicherung RSA. Linke und Gewerkschaften empört 
    „Die Franzosen hatten die »Rentenreform« noch gar nicht verdaut, da preschte Präsident Emmanuel Macron im Juni schon mit dem nächsten Angriff auf den Sozialstaat vor. Er wolle dank einer »Reihe neuer Reformen« bis zum Ende seiner Amtszeit 2027 im Land Vollbeschäftigung erreichen, kündigte er damals an. Die erste »Reform« des »Projet de loi pour le plein emploi« wurde nun am Montag vom Senat beschlossen. Dabei geht es um das wohl brisanteste Vorhaben aus der neuen »Reformserie« von Macron: Die Grundsicherung RSA (revenu de solidarité active), die vor allem Langzeiterwerbslose und Alleinerziehende in Anspruch nehmen, soll an strengere Konditionen geknüpft werden. Besonders hervorzuheben sind dabei die Einführung von Sanktionen nach dem Vorbild von Hartz IV in Deutschland sowie das Knüpfen der Sozialleistung an eine Mindestarbeitszeit. Letzteres hatte Macron während seines Wahlkampfs immer wieder versprochen und dabei betont, dass RSA-Empfänger dadurch »ermutigt« würden, »sich wieder einen Job zu suchen«. Da die soziale Lage im Land aktuell sehr angespannt ist, wurde das Vorhaben aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Der von den Konservativen dominierte Senat griff die Idee nun jedoch wieder auf und verabschiedete das Gesetz so, wie es ursprünglich von Macron geplant war. Konkret soll die Sozialhilfe RSA (zwischen 500 und 600 Euro pro Monat für eine alleinstehende Person) an »mindestens 15 Stunden Arbeitszeit pro Woche« geknüpft werden, wie es jetzt im von den Senatoren überarbeiteten Artikel 2 des Gesetzentwurfs heißt, der die »Rechte und Pflichten« der Sozialhilfebezieher regelt. Kommt man dem nicht nach, drohen Sanktionen bis hin zur kompletten Streichung der Stütze. Die Senatsfraktionen der Sozialisten, Kommunisten und Grünen kritisierten den Passus scharf…“ Artikel von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 12. Juli 2023 externer Link, siehe dazu:

  • Hartz IV in Frankreich: »Reform« der Erwerbslosenversicherung tritt in Kraft. Kürzung der Bezugsdauer eng verbunden mit der geplanten »Rentenreform« 
    „Nun ist es soweit: Am Mittwoch ist in Frankreich die zweite »Reform« der Erwerbslosenversicherung von Staatspräsident Macron in Kraft getreten. Wesentlicher Bestandteil der Gesetzesänderung, die das deutsche Hartz-System zum Vorbild hat, ist die Kürzung der Bezugsdauer des Erwerbslosengeldes. Konkret soll diese abhängig von der Situation auf dem Arbeitsmarkt ständig variieren. Je niedriger die Erwerbslosenquote ist, desto geringer soll die Bezugsdauer sein. Die Idee dahinter ist, dass es in Zeiten niedriger Erwerbslosigkeit – also vermeintlich boomender Konjunktur – leichter sei, einen Job zu finden. Die Gewerkschaften widersprechen dieser Logik und argumentieren, dass es beispielsweise einem gekündigten Metallarbeiter im Norden wenig bringe, wenn gerade viel im IT-Sektor in Paris rekrutiert würde. Durch die »Reform« kann die Bezugsdauer in Zukunft um 25 Prozent von 24 auf 18 Monate gekürzt werden. In seiner ersten Amtszeit (2017 bis 2022) hatte Macron bereits die Höhe des Erwerbslosengeldes deutlich gesenkt und den Zugang zur Leistung drastisch verschärft. Die Maßnahme ist eng verbunden mit der geplanten »Rentenreform«, gegen die aktuell massenhaft mobilisiert wird. Denn wenn das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre erhöht wird, werden ältere Beschäftigte gezwungen, mehr zu arbeiten. Entweder diese bleiben dann tatsächlich in ihren Jobs oder die Unternehmen entlassen sie, weil sie als zu teuer und nicht produktiv genug gelten. Im ersten Fall verringert die Erhöhung des Rentenalters das Angebot an Arbeitsplätzen, die sonst durch Pensionierung für andere Generationen frei würden. Im zweiten Fall erhöht Macrons Vorhaben die Erwerbslosigkeit der älteren Generation. Mit anderen Worten: Die »Rentenreform« schafft so oder so Erwerbslosigkeit – und die soll sich durch das seit Mittwoch geltende Gesetz ja nicht zu gemütlich anfühlen.“ Meldung von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 2. Februar 2023 externer Link

  • Macron packt den Tiger in den Tank und die dicken „Reformen“ aus: Reform der Arbeitslosenversicherung ist in vollem Gange, Gewerkschaften hellauf empört
    Die mehrfach aufgeschobene Renten„reform“ kommt (voraussichtlich) nun kommende Woche definitiv auf den Tisch; jene der Arbeitslosenversicherung ist in vollem Gange. Gewerkschaften zeigten sich hellauf über Letztere empört…“ Teil I des Artikels von Bernard Schmid vom 2.1.2003 mit umfangreichen Informationen zum Stand der Reform der Arbeitslosenversicherung
  • Reform der Erwerbslosenversicherung durch Verfassungsrat gebilligt – der Kampf gegen alle Reformen des sozialen Rückschritts muss verstärkt werden: Arbeitslosigkeit ist keine Schande! 
    Der Verfassungsrat hat am 15. November das gesamte Gesetz zur Reform der Arbeitslosenversicherung für gültig erklärt. Auch wenn es keine Überraschung gibt, ist es doch erstaunlich, dass er einen Monat für seine Entscheidung gebraucht hat, um schließlich alles durchgehen zu lassen. Während viele Juristen die Ernsthaftigkeit der Rechtmäßigkeit der während der Parlamentsdebatten eingebrachten Maßnahmen ernsthaft in Frage stellen, wie z. B. die Vermutung der Kündigung bei Aufgabe des Arbeitsplatzes durch einen Arbeitnehmer, eine Bestimmung, die gegen das IAO-Übereinkommen 158 verstoßen könnte, hat sich der Verfassungsrat nicht darum gekümmert und die Maßnahme für gültig erklärt. Das zeigt, wie relevant und legitim diese bedauerliche Entscheidung ist, die ebenfalls dazu beiträgt, die Rechte der am wenigsten begüterten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu zerstören. Es handelt sich in Wirklichkeit um eine völlig politische Entscheidung. Und es ist dem Kräfteverhältnis im Streik und auf der Straße zu verdanken, dass die Justiz eine soziale Neigung annehmen kann. Ein Beweis dafür ist, dass der Staatsrat die vorangegangene Reform für 2019 in einem Kontext starker sozialer Mobilisierungen gegen die besagte Reform ausgesetzt hat. Aber wenn die Aussetzung der Reform positiv ist, ist ihre Aufhebung noch besser. Es ist die Mobilisierung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die es in Wirklichkeit ermöglicht, dies zu erreichen und stattdessen sozialen Fortschritt aufzubauen.
    Also nein, Arbeitslosigkeit ist keine Schande! Und die Arbeitslosigkeit wird nicht dadurch bekämpft, dass man Arbeitslose verunglimpft und ihre mageren Rechte und Leistungen kürzt. Ihre Situation wird auch nicht dadurch verbessert, dass man sie zwingt, jede beliebige Arbeit anzunehmen. Die Arbeitslosigkeit wird durch die Aufteilung der Arbeitszeit (32 Stunden an vier Tagen ohne Lohnverlust), durch Lohnerhöhungen, durch Masseneinstellungen in den ausgebluteten öffentlichen Diensten und durch Investitionen in ökologische Bereiche bekämpft.
    Während die Rentenreform die Arbeitszeit verlängern und die Zahl der Arbeitslosen erhöhen soll, ruft die Union syndicale Solidaires alle dazu auf, den Kampf gegen alle Reformen des sozialen Rückschritts zu verstärken: Es ist das gleiche kapitalistische Projekt, das aufgehoben werden muss!
    “ fr. Erklärung vom 16.12.2022 der Union syndicale Solidaires externer Link („Reform der Erwerbslosenversicherung: Die Stimme ihres Meisters“, maschinenübersetzt)
  • Arbeitslosenversicherungsreform: Noch ein sozialer Rückschritt! Protest im Pariser Arbeitsamt am 15.12.
    Arbeitslosenversicherungsreform: Noch ein sozialer Rückschritt! Solidaires ruft dazu auf, in den nächsten Wochen alle möglichen Mobilisierungsrahmen aufzubauen, um den Sieg zu erringen. Beginnend mit einer Hauptversammlung im Pariser Arbeitsamt am 15.12. um 18:30 Uhr!..“ fr. Tweet von Union syndicale Solidaires vom 6. Dez. 2022 externer Link mit Aufruf, siehe auch deren Stellungnahme vom 22.11.2022 externer Link
  • Details der Reform im Artikel von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 19. November 2022 externer Link: „… Wesentlicher Bestandteil der »Reform« ist, dass die Bezugsdauer beim Erwerbslosengeld verkürzt wird, damit das System »strenger ist, wenn Stellen unbesetzt bleiben«, so die von Macron gewählte Formulierung. Konkret sieht das Gesetz vor, dass die Bezugsdauer abhängig von der Situation auf dem Arbeitsmarkt ständig variiert. Je niedriger die Erwerbslosenquote ist, desto geringer soll die Bezugsdauer sein, so das Modell. Die Idee dahinter ist, dass es in Zeiten niedriger Erwerbslosigkeit – also vermeintlich boomender Konjunktur – leichter ist, einen Job zu finden. »Das ist totaler Quatsch«, erklärte CGT-Gewerkschaftssekretär Denis ­Gravouil am Freitag im jW-Gespräch. »Das bedeutet, dass einem gekündigten Metallarbeiter im Norden die Ansprüche auf Erwerbslosengeld zusammengestrichen werden, nur weil es zum Beispiel gerade viele Arbeitsplätze in der Pariser IT-Branche gibt.« Die perverse Logik dahinter sei, dass dann »alle Arbeiter ein Interesse daran haben, dass ihr Nachbar seinen Job verliert, damit sie selbst richtig geschützt sind«, sagte Hadrien ­Clouet, Abgeordneter des Linksbündnisses NUPES, gegenüber dieser Zeitung. Das Hauptanliegen der »Reform« sei, den »Druck auf Erwerbslose zu erhöhen, prekäre Jobs anzunehmen«, erklärte Clouet weiter. Und das wird nicht nur durch die Verkürzung der Bezugsdauer erreicht: »Wer in Zukunft zu viele Jobangebote ablehnt, dem können die Leistungen komplett gestrichen werden«, ergänzte CGT-Mann Gravouil. (…) Am kommenden Montag will die Regierung weitere Details zur »Reform« vorstellen. Mitte Dezember soll dann ein Dekret erlassen werden, damit die neuen Regeln der Erwerbslosenversicherung ab Februar 2023 in Kraft treten können, kündigte das Arbeitsministerium am Freitag an. Für die CGT und die linke Opposition, die die »Reform« vor Gericht anfechten wollen, bleibt damit nicht mehr viel Zeit. Und sowieso: Mit der geplanten »Rentenreform«, die das Rentenalter von derzeit 62 auf 65 Jahre anheben soll, wartet bereits der nächste Großangriff auf das Sozialsystem, den Gewerkschaften und Linke abwehren werden müssen. Bei dem Thema sei das Mobilisierungspotential aber deutlich größer als beim Erwerbslosengeld, versicherte Gravouil. »Wenn Macron das durchsetzten will, werden wir einen Generalstreik organisieren – und dann wird er ein Problem haben!«“
  • Der Kampf hat schon zuvor begonnen, am 5. Oktober 2022 gab es einen Streiktag gegen die Arbeitslosenversicherungsreform, siehe den Aufruf bei der SUD externer Link

Siehe zur Vorgeschichte die Rubrik Widerstand gegen das neue Arbeitsgesetz 2016 und v.a. Widerstand gegen Macrons „Loi travail 2“ 2017

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=207119
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