Sicherheit für alle! Antirassistische Demo anlässlich der IMK 2022 (30.11.-2.12.) in München und die IMK selbst

Dossier

Sicherheit für alle! Antirassistische Demo am 30.11.2022 anlässlich der IMK 2022 (30.11.-2.12.) in München„… Vom 30. November bis 02. Dezember treffen sich die politisch  Verantwortlichen der Polizei- und Sicherheitsbehörden im Rahmen der Innenminister*innenkonferenz in München. Auf dieser wird über die Innere Sicherheit diskutiert. Wir fragen uns: Wessen Sicherheit? Welche Sicherheit? Wer wird geschützt? Wir fordern echte Sicherheit für alle! Wir fordern: Defund the police! Unabhängige Ermittlungsstellen bei Polizeigewalt. Unabhängige und niederschwellige Beschwerdemöglichkeiten für Menschen, die von rassistischen Ermittlungen betroffen sind. Bundesweite Kennzeichnungspflicht für Polizist*innen. Keine Lagerpflicht – sicherer Wohnraum statt unsicherer Lager. Mehr Sozialarbeit und Sprachmittlung statt prekär angestellter Sicherheitsdienste. Sichere und legale Fluchtwege nach Deutschland. Die Sicherheit für alle, hier bleiben zu können. Don’t forget Afghanistan – Afghan*innen schützen und gefährdete Menschen evakuieren…“ Aus dem Aufruf – siehe weitere, nicht nur asylpolitische Informationen:

  • IMK für die Vorratsdatenspeicherung („zum Schutz von Frauen“) und gegen „radikale“ Klima-Aktivist:innen (als „Kriminelle Vereinigung““ – am Rande des Rechtsstaats New
    • Innenministerkonferenz: Für die Vorratsdatenspeicherung, gegen „radikale“ Klima-Aktivist:innen
      „… Zum Abschluss ihrer dreitägigen Konferenz in München haben die Innenminister:innen von Bund und Ländern ihre konservative Linie bekräftigt. Auf der Agenda standen unter anderem die Neuregelung der Speicherung von IP-Adressen und die Proteste „radikaler Klima-Aktivisten“ – also jener Menschen, die mithilfe von zivilem Ungehorsam mehr Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe einfordern. Bei der abschließenden Presse-Konferenz am Mittag zeigte sich Bundesministerin Nancy Faeser (SPD) erfreut, dass sich die Innenministerkonferenz (IMK) einstimmig für die Speicherung von IP-Adressen ausgesprochen hat. Das wird den Konflikt um die anlasslose Vorratsdatenspeicherung innerhalb der Ampel-Koalition weiter anheizen. Die Ministerin verwies auf das von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) präferierte Quick-Freeze-Verfahren. Dieses stelle aus Sicht Faesers nur eine „Methodik“ dar, die jedoch notwendigerweise auf die Speicherung von IP-Adressen angewiesen sei, um Täter:innen schwerer Verbrechen zu ermitteln. Einige Provider würden hierzulande derzeit „gar nichts mehr“ speichern, was sich daher ändern müsse. Die Sozialdemokratin ist nach eigenen Angaben optimistisch, dass sich die Bundesregierung „bald“ einigen werde. Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ließ sie allerdings offen. (…) Ähnlich geeint wie bei der Vorratsdatenspeicherung zeigte sich die IMK bei der Bewertung „radikaler“ Klima-Aktivist:innen. Die Innenminister:innen von Bund und Länder entschieden, die Aktivist:innen stärker beobachten zu lassen. Sie forderten die Sicherheitsbehörden des Bundes auf, ein bundesweites Lagebild zu deren Blockade-Aktionen zu erstellen. Beuth sagte, die Gesellschaft werde durch die „politischen Erpressungsversuche“ der „radikalen, sogenannten Aktivisten […] gegängelt und genötigt“. Weil dies kein friedlicher Protest mehr sei, müssten die Sicherheitsbehörden prüfen, ob es sich bei den Aktivist:innen um eine „kriminelle Vereinigung“ handele, „die arbeitsteilig und bundesweit organisiert vorgeht“…“ Beitrag von Daniel Leisegang vom 2. Dezember 2022 bei Netzpolitik.org externer Link
    • Innenministerkonferenz: Am Rande des Rechtsstaats
      „… Joachim Herrmann lag deutlich vorne. Bei einer Abstimmung der Organisation Jugendliche ohne Grenzen wurde der bayerische Innenressortchef am Freitag zum »Abschiebeminister 2022« gewählt. Der CSU-Politiker setzte sich mit 57,6 Prozent der Stimmen gegen seine Amtskollegen Michael Stübgen aus Brandenburg und den Sachsen Armin Schuster durch. Die beiden CDU-Politiker lagen bei 29,1 beziehungsweise 13,3 Prozent. Wenig später machte Herrmann deutlich, warum er diesen Negativpreis verdient hat. Er trat als Gastgeber der dreitägigen Innenministerkonferenz in der Landeshauptstadt München vor die Presse und sprach sich für eine »Begrenzung der allgemeinen Zuwanderungszahlen und eine konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber« aus. Prioritär sollten Menschen behandelt werden, die aus der Ukraine vor dem Krieg flüchteten. Schutzsuchende, die versuchen, über die Balkanroute Deutschland zu erreichen, will der bayerische Innenminister hingegen fernhalten. Sie müssten von anderen europäischen Ländern oder außerhalb von Europa aufgenommen werden, sagte er. Insbesondere die rot-grün-gelbe Koalition im Bund solle diesbezüglich mehr tun. (…) Die Bundesregierung will denjenigen, die als »gut integriert« gelten, mit dem neuen »Chancen-Aufenthaltsrecht« helfen. Wer es bisher nicht auf dem deutschen Arbeitsmarkt geschafft hat, bei dem sinken auch die Bleibechancen. In der Union sind damit viele unzufrieden, obwohl es sich lediglich um eine Selektion von Menschen zugunsten von Unternehmen handelt. Denn die Konservativen vermuten, dass immer mehr Migranten ins Land gelockt werden, die sich Hoffnung auf eine Zukunft in Deutschland machen. (…) Viele Diskussionen bei dem Treffen drehten sich neben der Asylpolitik um die Aktivisten der Letzten Generation. Herrmann verkündete, dass ein Lagebild zu den Aktivitäten der Gruppe erstellt werde. Der Minister warf den Klimaaktivisten Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und die Gefährdung von Menschen vor. Sein Kollege Beuth sprach sogar von einem »Angriff auf den Luftverkehr«. Die Aktivisten hatten nicht nur Straßen, sondern zeitweise auch den Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) blockiert. Bei der Pressekonferenz wurde gemutmaßt, dass die Letzte Generation eine kriminelle Organisation sei. (…) Die Innenminister haben das Treffen in München auch genutzt, um für die Vorratsdatenspeicherung zu trommeln…“ Artikel von Aert van Riel vom 2. Dezember 2022 in Neues Deutschland online externer Link
    • Komplett perfide und unehrliche Instrumentalisierung feministischer Ziele, um mehr #Überwachung & #Polizei zu rechtfertigen. Patriarchale Gewalt lässt sich nicht durch Polizei und Kameras reduzieren, Polizei selbst (re)produziert Gewalt und Sexismus. #StopCarceralFeminism…“ Thread von Grundrechtekomitee vom 3.12. externer Link zum Tweet von @NancyFaeser vom 2. Dez. externer Link: „Ich habe bei der #Innenministerkonferenz dafür geworben, für eine höhere Polizeipräsenz der Landespolizeien an kriminalitätsbelasteten Orten zu sorgen. Um Frauen zu schützen brauchen wir auch mehr Videoüberwachung an Orten, an denen Straftaten begangen werden.“
    • Wichtig auch der Thread von Jürgen Döschner vom 3.12. externer Link: „Ich habe den Eindruck, dass vielen (Medien) die Dimension des Innenminister:innen-Beschlusses zur möglichen Einstufung der #LetzteGeneration als „Kriminelle Vereinigung“ nicht ganz bewusst ist. Schon die reine Mitgliedschaft wäre eine Straftat, die mit bis zu 5 Jahren Gefängnis bestraft werden könnte. Selbst die Werbung oder Unterstützung könnte mit bis zu 3 Jahren Haft bestraft werden. Der entsprechende Paragraph (129) wurde in Deutschland erstmals 1871 ins Reichsstrafgesetzbuch eingefügt. Er wurde laut Wikipedia in dieser Zeit auch zur politischen Verfolgung von Sozialdemokraten & Sozialisten eingesetzt. (…) „Im Nationalsozialismus erreichte der Missbrauch der Vorschrift zur Bekämpfung Oppositioneller ihren Höhepunkt. Praktisch jeder Andersdenkende, der sich mit anderen zusammentat, wurde mit der Begründung, er plane die Bildung einer kriminellen Vereinigung, kriminalisiert.“ Heißt es in dem Artikel weiter. Diese Auslegungsfähigkeit und Möglichkeit des politischen Missbrauchs behielt der Paragraph auch nach dem Ende des  Nazi-Regimes. Von 1950 bis 1968 gab es über 100.000 Ermittlungsverfahren va gegen Gegner der Wiederaufrüstung und Kommunisten. Inzwischen ist die Zahl der Verurteilungen stark rückläufig, was aber das politische & repressive Potential dieses Paragrafen nicht mindert. Denn nur ganze 5 % aller Ermittlungen führen zu einer Anklage, weshalb auch von einem „Schnüffelparagrafen“ gesprochen wird. Denn er legalisiert das Ausspähen des gesamten Umfeldes – in diesem Fall der Klimabewegung samt tangierter Politiker:innen & Journalist:innen – und das meist ohne Kenntnis der Betroffenen. Die Erklärung der @AufstandLastGen zu einer „Kriminellen Vereinigung“ wäre also nicht nur eine beispiellose Eskalation im Umgang mit diesen Aktivist:innen. Es wäre der Versuch, die gesamte Klimabewegung zu kriminalisieren – und das Recht politisch zu instrumentalisieren…“
    • Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Strategie- und Justizdebatte zur Klimapolitik: „Die Deutschen haben die Pflicht, ungehorsam zu sein“
    • Und asylpolitisch: Innenministerkonferenz setzt Abschiebungen in den Iran aus – mit Ausnahmen bei Gefährdern oder Tätern schwerer Straftaten
  • PRO ASYL zur IMK: Schluss mit der Hetze gegen Flüchtlinge 
    „Vor der am Mittwoch beginnenden Konferenz der deutschen Innenminister*innen (IMK) kritisiert PRO ASYL die Tendenzen, unterschiedliche Flüchtlingsgruppen gegeneinander auszuspielen. Eine Unterscheidung in „gute Flüchtlinge“ aus der Ukraine und „schlechte Flüchtlinge“ aus anderen Ländern ignoriert die Leiden vieler Schutzsuchender und fördert Ängste, Ressentiments und Alarmismus in der Gesellschaft. Auch an den europäischen Außengrenzen müssen demokratische und humanitäre Werte verteidigt und sichere Fluchtwege geschaffen werden. „Menschen müssen ungeachtet ihrer Nationalität, Herkunft oder Religion gleich behandelt werden. Wir warnen entschieden davor, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen und so Vorbehalte und Rassismus zu stärken. Wer von ‚illegaler Migration‘ spricht oder sich weigert, nicht-ukrainische Geflüchtete aufzunehmen, gefährdet auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Vor 30 Jahren mussten wir erleben, wie rassistische Hetze und eine alarmistische Diskussion über das Recht auf Asyl zu zahllosen Brandanschlägen führte“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. (…) „Auch das Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen selbst hat viele Mängel. Ein gravierender Fehler ist, dass Menschen, die in Nachbarländer geflohen sind, sich nicht für das Programm bewerben dürfen, obwohl sie auch dort noch in Gefahr sind. Das Programm muss für sie geöffnet werden. Zudem ist das ganze Verfahren intransparent und zu kompliziert“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. (…) Die Politik der Abschottung an den Außengrenzen Europas ist gescheitert: Sie brachte keine geregelte Einreise, dafür aber extremes Leid bis hin zu Tausenden von Toten. Die EU muss legale Fluchtwege schaffen, um das Leid und das Sterben von Hundertausenden Flüchtlingen zu beenden. (…) Sichere Fluchtwege führen auch dazu, dass die Europäische Union nicht unter Druck gesetzt werden kann, wenn zum Beispiel der belarussische Diktator Lukaschenko mit Visaerleichterungen eine neue Fluchtroute nach Europa ermöglicht. „Wer sich nicht instrumentalisieren oder unter Druck setzen lassen möchte, richtet sichere Fluchtwege ein und schafft Mauern, wie sie zum Beispiel gerade in Polen gebaut wurden, ab, die nur zu mehr Leid und Todesfällen führen“, sagt Alaows…“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 29. November 2022 externer Link
  • Der vollständige Aufruf externer Link auf der Aktionsseite zur Demo am 30.11.2022 ab 18.00 Uhr am Geschwister-Scholl-Platz in München
  • Aufruf auch bei Karawane München externer Link
  • Geplant ist auch ein Gala-Abend mit Wahl des Abschiebeministers externer Link (München | Bellevue di Monaco | 01. Dezember 2022)
  • Mehr Informationen und Mobilisierungsmaterial auf der Aktionsseite: https://www.imk2022.bayern/ externer Link
  • #noIMK

Siehe zuletzt: IMK im Juni 2022 in Würzburg: »Angekündigter Kurswechsel in der Migrationspolitik muss endlich umgesetzt werden« – Bleiberecht und Aufnahme jetzt!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=206284
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