Neues Polizeigesetz für Sachsen-Anhalt: Bodycams, elektronische Fußfessel, „Section Control“ zur Geschwindigkeitsüberwachung
„Moderne Möglichkeiten für die moderne Polizeiarbeit. (…) Das sieht ein Gesetzentwurf zur Novellierung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) vor, der vom Kabinett am Dienstag verabschiedet wurde. (…) Die wichtigsten geplanten Änderungen des SOG sind der Einsatz der elektronischen Fußfessel zur Abwehr von terroristischen Straftaten als dauerhafte Befugnisnorm, der dauerhafte Einsatz von Einsatzdokumentationstechnik (sogenannte Bodycam) und die angekündigte Geschwindigkeitsüberwachung durch Abschnittskontrollen (sogenannte Section Control). Daneben umfasst die Novellierung die Klarstellung, dass die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten auch beinhaltet, für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen…“ Meldung vom 24. Mai 2022 in „Du bist Halle“ , siehe dazu:
- Polizeigesetz Sachsen-Anhalt: Polizei darf weiter Bodycams und Fußfesseln einsetzen
„Sachsen-Anhalt diskutiert ein neues Polizeigesetz, das schon im Dezember verabschiedet werden könnte. Die schwarz-rot-gelbe Regierung möchte verstärkt Bodycams einsetzen, obwohl selbst die Polizei deren Wirkung anzweifelt. Auch elektronische Fußfesseln sollen präventiv zum Einsatz kommen.
Die Landesregierung in Sachsen-Anhalt möchte das dortige Polizeigesetz ändern . Es geht darum, den Einsatz von Bodycams und elektronischen Fußfesseln dauerhaft im Gesetz zu verankern. Beide Technologien hat die Polizei im Bundesland in den vergangenen Jahren bereits im Einsatz erprobt. Beweise für die Wirksamkeit beider Maßnahmen sind dünn, trotzdem sollen sie jetzt eine dauerhafte Rechtsgrundlage bekommen. Neu eingeführt werden soll auch die sogenannte „Section Control“: ein neues Verfahren, um zu schnell fahrende Autofahrer*innen zu erwischen. Vom Einsatz der Bodycam verspricht sich die Landesregierung vor allem mehr Sicherheit für Polizist*innen. Die am Körper getragenen Kameras sollen vor Gewalt gegen Einsatzkräfte abschrecken und im Zweifel Beweismittel liefern. Funktioniert hat das in Sachsen-Anhalt bislang nicht. (…) Voraussichtlich wird der Entwurf Mitte Dezember erneut im Plenum beraten. Frühestens dann könnte das Gesetz verabschiedet werden. Gegenwind gibt es aus der Opposition: Die Grünen kritisieren die Regelungen zu Bodycams . Die Linke lehnte den Entwurf im Landtag bislang vollständig ab.“ Beitrag von Franziska Rau vom 21.10.2022 bei Netzpolitik - RAV-Stellungnahme zum Entwurf des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt
„Der vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung zielt neben der Einführung kameragestützter Geschwindigkeitsüberwachung auf festgelegten Verkehrsabschnitten als Modellprojekt (Section Control) in erster Linie auf eine Verstetigung und teilweise umfangreiche Erweiterung bislang zu Erprobungszwecken befristeter polizeilicher Eingriffsbefugnisse zur Überwachung, Verhaltenssteuerung und Beweissicherung des als Bedrohung wahrgenommenen „polizeilichen Gegenübers“ von erheblicher Grundrechtsrelevanz. Dabei tritt vor dem Hintergrund zweifelhafter Wirksamkeit und auf ungenügender empirischer Entscheidungsgrundlage die präventive Zielrichtung der gesetzlichen Befugnisse hinter ihrer primär repressiven Praxisbedeutung zurück, was (kompetenz-)verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die mit der im Entwurf vorgeschlagenen deklaratorischen Klarstellung, dass die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten „gleichrangige“ Teilaufgabe der Polizei sei, womöglich retuschiert, aber kaum beantwortet werden können. Dabei fehlen nicht nur wirksame Regelungen zum Schutz von durch Amts- oder Berufsgeheimnis geschützten Vertrauensverhältnissen, sondern auch hinreichende Beteiligungsrechte der Betroffenen, um eine notwendige Erweiterung der Transparenz des polizeilichen Handelns zu erreichen. Damit genügt der Entwurf auch nicht den vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers…“ Umfangreiche RAV-Stellungnahme vom 22.9.22