Neues Territorialkommando der Bundeswehr für Inlandseinsätze

Dossier

Bundeswehr übt Straßenkrieg„… Die Bundeswehr bekommt ab Oktober 2022 ein Territoriales Führungskommando in Berlin. Neben dem Einsatzführungskommando, das von Schwielowsee bei Potsdam aus seit 2001 alle Auslandseinsätze der Bundeswehr führt, soll das neue Territoriale Führungskommando alle Einsatzaufgaben der Bundeswehr im Inland aus einer Hand koordinieren und befehligen. Laut Pressemitteilung des Verteidigungsministeriums ist es verantwortlich “für die operative Führung nationaler Kräfte im Rahmen des Heimatschutzes, einschließlich der Amts- und Katastrophenhilfe sowie der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit.” (…) Damit würde die Rolle der Bundeswehr vom Rettungsanker, im Falle der Überforderung ziviler Strukturen, zur zentralen Schaltstelle umgestellt. Die befürchtete Militarisierung des Katastrophenschutzes durch Zivil-Militärische-Zusammenarbeit würde somit auch strukturell in Form gegossen…“ IMI-Analyse 2022/32 von Martin Kirsch vom 23. Juni 2022 externer Link („Neues Territorialkommando: Truppenaufmarsch, Inlandseinsätze und Reformvorhaben“), siehe dazu:

  • IMI zum „Territorialen Führungskommando“ in Berlin: An der Grenze der Verfassungsmäßigkeit: Neue Schaltzentrale für Inlandseinsätze der Bundeswehr New
    Am 1. Oktober hat das „Territoriale Führungskommando“ der Bundeswehr in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin seine Arbeit aufgenommen: Eine „Schaltzentale für Inlandseinsätzeexterner Link. So nennt es Martin Kirsch von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) externer Link. Er warnt davor, dass diese neue Einrichtung dazu beitragen könnte, dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren immer normaler wird – allen Gefahren und auch der Verfassung zum Trotz. Wir haben Martin Kirsch gefragt, was es mit dem „TFK“ genau auf sich hat.“ Interview vom 14. Oktober 2022 beim Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei
  • Neues Territorialkommando – Kommandeur sieht Verfassungsrecht eher flexibel
    „… Erster Befehlshaber des TFK wird der Dreisternegeneral Carsten Breuer, der im vergangenen Jahr nach einem Ruf von Kanzler Scholz bereits als Krisenmanager für die nationale Impfkampagne im Kanzleramt residiert hatte (siehe IMI-Standpunkt 2021/062). Als künftiger Nationaler Territorialer Befehlshaber wird Breuer künftig zwei Kernaufgaben haben. Einerseits die Vorbereitung auf die Nationale Territoriale Verteidigung – die Verteidigung der Heimatfront im Kriegsfall – und die Aufgabe des aufmarschführenden Kommandos, von dem aus Truppenbewegungen von Bundeswehr und NATO durch die Bundesrepublik koordiniert werden. Und zweitens die Koordination sämtlicher Inlandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen der sogenannten Amts- und Katastrophenhilfe (siehe IMI-Analyse 2022/32). Das Spektrum reicht dabei von Naturkatastrophen wie Hochwasser, Waldbränden und extremen Schneefällen über Pandemien bis hin zur Unterstützung der Polizei im Falle von großen Terroranschlägen. Entsprechende Szenarien am Rande des verfassungsrechtlich Möglichen werden bereit seit 2017 regelmäßig trainiert (siehe IMI-Analyse 2019/35). Mit welcher Perspektive Krisenmanager Breuer auf seinen verfassungsmäßig heiklen Job blickt, machte er bei einer Rede zur Außerdienststellung externer Link des Kommando Territoriale Aufgaben – dem kleineren Vorgängerkommando des TFK – am Vormittag des 26. September in Berlin deutlich. (…) Auch wir müssen immer wieder die Frage nach der Zweckmäßigkeit von Verfahren, von Verordnungen und Vorschriften stellen – immer jeden Tag in unserem täglichen Dienst.“ Etwas zugespitzt lässt sich Breuers Position wohl so zusammenfassen: nicht nur in der Not geht politisch/militärische Zweckrationalität auch mal vor Vorschriften, Gesetze … und die Verfassung?…“ IMI-Standpunkt 2022/039 von Martin Kirsch vom 28. September 2022 externer Link
  • Territorialkommando – Heimatschutzregimenter
    Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) bereits am 20. September 2022 berichtete, soll das neue Heimatschutzregiment 3 der Bundeswehr ab 2024 im niedersächsichen Nienburg aufgebaut werden. Zuvor hatten sich zentrale Figuren der niedersächsischen Regierungskoaltion aus SPD und CDU für eine Stationierung der Reservetruppe im Nordwesten stark gemacht. Zum 1. Oktober wird in Berlin das neue Territoriale Führungskommando der Bundeswehr offiziell an den Start gehen. (siehe IMI-Analyse 2022/32) Dort sollen künftig alle Inlandseinsätze der Bundeswehr koordiniert werden. Das Spektrum reicht von Hochwasser und Coronaeinsatz über mögliche Unterstützung der Polizei bei Terroranschlägen (in der verfassungsrechtlichen Grauzone) bis zur Organisation der Heimatfront im Kriegsfall. Dann wäre das neue Kommando sowohl für den Schutz von Kasernen und kriegswichtiger Infrastruktur, als auch für die Durchführung und Absicherung großer Truppen- und Materialbewegungen von NATO und Bundeswehr durch Deutschland zuständig…“ IMI-Aktuell 2022/462 vom 26. September 2022 externer Link
  • Bundeswehr im Inland: Neue Bürgerkriegszentrale
    Bundeswehr verfügt neuerdings über Führungskommando für »Heimatschutz«. Zu den Aufgaben zählen Terrorabwehr und Zerschlagung von Aufständen
    An diesem Montag stellen Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (beide SPD) in der Julius-Leber-Kaserne im Berliner Ortsteil Wedding das neugeschaffene »Territoriale Führungskommando« der Bundeswehr in Dienst. Es soll ab dem 1. Oktober rund um die Uhr insgesamt 550 Soldaten und 250 Zivilisten beschäftigen. Lambrecht hatte am 13. Juni in einem Tagesbefehl die Einrichtung des Kommandos angeordnet. »Der russische Einmarsch in der Ukraine« habe die Notwendigkeit unterstrichen, die Führungsorganisation der Streitkräfte »verstärkt auf die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten«. Laut dem Befehl ist das Territorialkommando »verantwortlich für die operative Führung nationaler Kräfte im Rahmen des Heimatschutzes, einschließlich der Amts- und Katastrophenhilfe sowie der zivil-militärischen Zusammenarbeit«. Es nehme zugleich die Aufgaben als »aufmarschführendes Kommando« für nationale Verlegungen gemäß den Planungen der NATO wahr und organisiere die Verlegung alliierter Kräfte in Deutschland in enger Abstimmung mit den NATO-Kommandos. (…) Der Befehlshaber des neuen Kommandos, Generalleutnant Carsten Breuer, der vom Herbst 2021 bis Mai dieses Jahres den »Coronakrisenstab« im Bundeskanzleramt leitete, erklärte gegenüber dpa am Sonntag, mit der neuen Einrichtung solle die Reaktionsfähigkeit auf eine gezielte Destabilisierung zügig verbessert werden. Eine »hybride Einflussnahme auf die Sicherheitsarchitektur Deutschlands, also dieser Zustand, bei dem man sagen muss, das ist nicht mehr ganz Frieden, aber es ist auch noch nicht ganz Krieg«, sei der »Worst Case« für seine Zentrale. Die Vokabel »hybride Kriegsführung« öffnet der Willkür zum Erlass von Notstandsmaßnahmen Tür und Tor. Ihre Definition reicht vom militärischen Angriff über angeblichen wirtschaftlichen Druck bis zu Hackerattacken und Propaganda in Medien. »Dieses zu beherrschen«, so Breuer, »und zwar in der gesamten Bandbreite, das macht den Kern dieses Kommandos aus.« Es solle zudem die »Hülle für einen nationalen Krisenstab zur Verfügung stellen«. Der »Heimatschutz« kann marschieren.Artikel von Arnold Schölzel in der jungen Welt vom 26.09.2022 externer Link

Siehe zum Inlandeinsatz im LabourNet auch die Dossiers:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=205371
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