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Schwedens und Finnlands Nato-Beitritt: „Nicht von Erdogan erpressen lassen“

Dossier

Kein Nato-Angriff auf SyrienDer türkische Staatschef will die Skandinavier vor Nato-Beitritt zwingen, Nordsyriens kurdische Selbstverwaltung zu blockieren. Deren YPG befreite die Region vom IS. Nordsyriens kurdische Autonomieregierung appelliert an die Nato-Führung, sich nicht von Ankara erpressen zu lassen. Schwedens und Finnlands avisierter Nato-Beitritt dürfe nicht auf Kosten der nordsyrischen Selbstverwaltung erfolgen. Nach Zugeständnissen an den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan würde dieser seinen Krieg gegen die kurdische Autonomiebewegung intensivieren. „Ein Kniefall vor Erdogan wird die Bemühungen um eine friedliche Lösung in Syrien torpedieren“, sagte Khaled Davrisch, der Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Berlin, dem Tagesspiegel. „Das türkische Regime hält gemeinsam mit dschihadistischen Verbündeten schon heute zahlreiche Orte in Syrien besetzt und bombardiert regelmäßig unsere Städte.“ Gebe der Westen nun nach und reduziere die humanitäre Hilfe vor Ort, käme dies einer Kapitulation gleich…“ Artikel von Hannes Heine vom 23.5.2022 beim Tagesspiegel online externer Link („Nicht von Erdogan erpressen lassen – Syriens Kurden appellieren an Nato“), siehe dazu:

  • Stockholm kuscht vor Erdogan: Verhandlungen mit Ankara um schwedischen NATO-Beitritt. Gericht gibt grünes Licht für Auslieferung von kurdischem Flüchtling New
    Am Montag wollen Vertreter Schwedens und der Türkei zu einer neuen Verhandlungsrunde über eine im Frühjahr letzten Jahres beantragte NATO-Mitgliedschaft des bislang neutralen skandinavischen Landes zusammentreffen. Dessen Beitrittsbegehren war bislang am Veto aus Ankara gescheitert. Die türkische Regierung beschuldigt Schweden, Rückzugsort für »Terroristen« – gemeint sind insbesondere Anhänger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie mit der Gülen-Bewegung verbundene Journalisten – zu sein. (…) Die Türkei habe »berechtigte Sicherheitsbedenken«, Schweden allerdings »bedeutende konkrete Schritte unternommen, um den türkischen Bedenken entgegenzukommen«, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen mit Erdogan am vergangenen Wochenende in Istanbul. So hat Stockholm seine bislang liberale Anti­terrorismusgesetzgebung türkischen Wünschen angepasst. Das neue Terrorgesetz, mit dem bereits die bloße Mitgliedschaft in einer als terroristisch gelisteten Vereinigung mit mehrjährigen Haftstrafen geahndet werden kann, ist am 1. Juni in Kraft getreten. Nun seien »konkrete Schritte erforderlich, um Schwedens Antrag auf NATO-Beitritt umzusetzen«, erklärte der neue türkische Außenminister und vormalige Geheimdienstchef Hakan Fidan laut der Tageszeitung Daily Sabah nach einem Telefonat mit seinem schwedischen Amtskollegen Tobias Billström am Mittwoch.
    Insbesondere fordert die Türkei die Auslieferung Dutzender vermeintlicher Terroristen, darunter neben anerkannten politischen Flüchtlingen auch schwedische Staatsbürger. Am Dienstag hat das oberste schwedische Gericht erstmals die Auslieferung eines mutmaßlichen PKK-Unterstützers an die Türkei für zulässig erklärt. Von den türkischen Justizbehörden habe es die Zusicherung gegeben, dass gegen den 35jährigen, der nach seiner Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe aufgrund eines Drogendelikts im Jahr 2014 nach Schweden geflohen war, nicht wegen politischer Vergehen wie »Propaganda für eine terroristische Organisation« oder »Präsidentenbeleidigung« ermittelt werde, hieß es von seiten des Gerichts in Stockholm. Ob es tatsächlich zu einer Auslieferung kommt, muss nun die schwedische Regierung entscheiden…“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 09.06.2023 externer Link, siehe dazu:

    • Anklage wegen PKK-Unterstützung in Schweden
      Wenige Tage vor der Wiederaufnahme der NATO-Beitrittsgespräche mit der Türkei hat die schwedische Staatsanwaltschaft einen Mann wegen Unterstützung der PKK angeklagt. Die Anklage basiert auf Geheimdienstinformationen aus Deutschland und Frankreich…“ Meldung vom 11 Juni 2023 bei ANF externer Link
    • Stockholm: „No to NATO, No Erdogan Laws in Sweden“
      Hunderte Menschen demonstrierten am Sonntag, den 4. Juni in Stockholm gegen den Nato-Beitritt von Schweden und gegen die massiven Einschränkung der demokratischen Rechte, die die Regierung auf Druck von Erdogan umgesetzt hat. Diese so genannten Anti-Terror-Gesetze waren zum 1. Juni in Kraft getreten sind, ermöglicht es, jeden zum Terroristen zu erklären, der die PKK bzw. den Befreiungskampf der Kurden unterstützt. Erdogan blockiert weiterhin die Aufnahme Schwedens in die Nato. Die kämpferische Demo mit vielen PKK-Fahnen unter der Losung „No to NATO, No Erdogan Laws in Sweden“ konnte allerdings stattfinden, obwohl Erdogan ein Verbot gefordert hatte.“ Meldung vom 06.06.2023 in den Rote-Fahne-News externer Link
  • Erpressung wirkt: Schweden liefert türkischen Staatsbürger aus 
    Schweden geht im Streit um den NATO-Beitritt einen weiteren Schritt auf Ankara zu – und liefert einen türkischen Staatsbürger aus. Ein weiteres Auslieferungsgesuch lehnte das Justizministerium in Stockholm jedoch ab. Schweden hat der von Ankara geforderten Auslieferung eines türkischen Staatsbürgers zugestimmt. Es handele sich um den 29-jährigen Ömer Altun, der in der Türkei wegen Betrugs zu 15 Jahren Haft verurteilt worden sei, erklärte das schwedische Justizministerium. Die Auslieferung geschieht vor dem Hintergrund der anhaltenden türkischen Ablehnung des geplanten NATO-Beitritts Schwedens. Die Auslieferung eines schwedischen Staatsbürgers, den die türkische Justiz der Mitgliedschaft in einer „Terrororganisation“ beschuldigt, lehnte Stockholm hingegen ab. „Ein schwedischer Staatsbürger darf nicht ausgeliefert werden“, schrieb das Justizministerium zur Begründung. Die Auslieferung von Personen, die von der türkischen Justiz gesucht werden, ist eine der Streitfragen, wegen derer sich die Türkei bisher weigert, dem NATO-Beitrittsgesuch Schwedens zuzustimmen. Allgemein fordert Ankara von der Regierung in Stockholm ein härteres Vorgehen gegen kurdische Aktivisten in Schweden, die es als „Terroristen“ bezeichnet. Voraussetzung für die nun gewährte Auslieferung Altuns ist, dass sein Fall in der Türkei erneut vor Gericht verhandelt wird…“ Meldung vom 06.04.2023 in tagesschau.de externer Link („Schweden liefert türkischen Staatsbürger aus“)
  • NATO-Norderweiterung: Ankara gibt grünes Licht für Finnland, aber nicht für Schweden: Zuckerbrot und Peitsche
    • Schwedens Nato-Beitritt: Zuckerbrot und Peitsche
      „… Gut ein Jahr lang haben Erdoğan und Orbán die beiden nordischen Nato-Aspiranten am Nasenring durch die Manege gezogen. Und Stockholm wie Helsinki haben sich von den »starken Männern« der Türkei und Ungarns willig vorführen lassen, nachdem Russlands Angriff auf die Ukraine Verteidiger der Allianzfreiheit ausgeknockt hatte. Hand in Hand wollen die beiden Nachbarn eigentlich unter den fatalen Schirm der nuklearen Abschreckung treten, Putin und der Welt Einigkeit demonstrieren. Dieses Gelöbnis ist kaum noch zu halten. Nach dem ungarischen hat nun erwartungsgemäß auch das türkische Parlament nur Finnlands Nato-Beitrittsprotokoll gebilligt. Damit sind die benötigten Stimmen aller 30 Mitglieder beisammen. Die nächsten Schritte vor der offiziellen Aufnahme Finnlands auf dem Nato-Gipfel in Vilnius im Juli sind reine Formalität. Es ist ein militärisch und strategisch bedeutsamer Zuwachs an ihrer Nordflanke. Er bedeutet eine neue lange Grenze des Militärpakts zu Russland, die eine mögliche Konfliktzone darstellt – wobei der Kreml ausschließen kann, dass es die Finnen zurück in die »russische Welt« zieht. Dem Antrag der Schweden hingegen zeigen Ankara und Budapest weiter die kalte Schulter. Die Türken monieren, dass diese bei der Verfolgung von exilierten »Terroristen« nicht wie versprochen spuren. Schließlich macht man vor, wie freihändiger Umgang mit Demokratie geht. Das Thema dient Erdoğans AKP und ihrem rechtsextremen Koalitionspartner MHP als Munition im Wahlkampf vor dem Urnengang am 14. Mai. Wie der Präsident umzustimmen ist, hat der Migrations- und Asylpakt mit der EU gezeigt. Diesmal pokert Erdoğan unter anderem um Kampfjets aus den USA. Und Orbán führt mit seiner Kritik an Stockholms Haltung im Rechtsstaatsstreit die EU vor und will von Brüssel weiter Geld sehen.“ Kommentar von Peter Steiniger vom 31. März 2023 in Neues Deutschland online externer Link – siehe zum Hintergrund:
    • Nato-Norderweiterung: Ankara gibt grünes Licht für Finnland, aber nicht für Schweden
      „… Dem Nato-Beitritt Finnlands steht nichts mehr im Weg: Als letzter Mitgliedsstaat stimmte am späten Donnerstagabend auch die Türkei dafür. Eine Mehrheit im türkischen Parlament votierte um kurz vor Mitternacht (Ortszeit) für die Aufnahme. Somit sind nur noch Formalitäten zu erledigen, ehe Finnland zum 31. Nato-Mitglied werden kann. 28 der 30 bisherigen Mitgliedsstaaten hatten schon vor längerer Zeit dafür gestimmt – Ungarn dann am Montag dieser Woche. (…) Die Politik [Schwedens] ist dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan immer noch zu prokurdisch – obwohl im Zuge der Beitrittsverhandlungen bereits kurdische Aktivisten aus Schweden an die Türkei ausgeliefert wurden. Ankara wirft Schweden vor, unzureichend gegen „Terrororganisationen“ wie die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorzugehen, und kritisiert, dass weitere Auslieferungsgesuche nicht beantwortet würden. Zudem beschwerten sich türkische Diplomaten und Regierungskreise mehrfach über Kundgebungen und Demonstrationen, auf denen in Schweden Kritik an Erdogans Politik geäußert wurde. (…) Auch Ungarn hat den schwedischen Beitritt noch nicht ratifiziert und monierte zuletzt schwedische Aussagen zum Thema Rechtsstaatlichkeit und Korruption. (…) Ob und wann die Türkei und Ungarn auch grünes Licht für Schwedens Nato-Beitritt geben, ist unklar. Stockholm hofft, dass dies bis zum nächsten Nato-Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilnius im Juli der Fall sein könnte. (…) Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson hatte schon Mitte März signalisiert, dass er nicht unbedingt den zunächst angestrebten Doppelbeitritt bevorzugt, wenn sich dadurch die Aufnahme beider Länder verzögern würde: Sollte Finnlands Beitrittsprotokoll zuerst ratifiziert werden, dann sei auch Schweden sicherer vor russischer Einflussnahme als mit einem Finnland außerhalb der Nato, hatte Kristersson erklärt.“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 31. März 2023 bei Telepolis externer Link
  • NATO-Norderweiterung: Erdogan stellt neue Forderungen: Auslieferung von rund 130 „Terroristen“ 
    Die Türkei blockiert weiterhin einen NATO-Beitritt von Schweden. Staatspräsident Erdogan verlangt zunächst die Auslieferung von rund 130 „Terroristen“. Die Türkei will ihre Blockadehaltung gegenüber einem NATO-Beitritt von Schweden vorerst nicht aufgeben. Sein Land könne einer Mitgliedschaft des nordischen NATO-Aspiranten nur dann zustimmen, wenn es „Terroristen“ ausliefere. Das sagte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan am Sonntag bei einer Veranstaltung der AKP-Jugend in Muğla. Die Äußerungen Erdogans zielen unter anderem auf politische Aktivist:innen und Geflüchtete aus dem kurdischen Spektrum. Insgesamt verlangt die Türkei demnach die Auslieferung von knapp 130 Personen, die sie als Terroristen einstuft. Unter ihnen befinden sich auch Anhänger der Bewegung des islamistischen Predigers Fethullah Gülen. Ankara macht die Organisation („FETÖ“) des im Exil in den USA lebenden ehemaligen AKP-Partners für den als „Geschenk Gottes“ bezeichneten Putschversuch 2016 verantwortlich. „[Schwedens] Parlamentspräsident wollte seinen Amtskollegen besuchen. Unser Parlamentspräsident hat das Treffen aber abgesagt, weil sie denken, die jetzige Türkei sei die alte Türkei,“ so Erdogan. Mit Verweis auf pro-kurdische Demonstrationen in dem Land sagte der Regimechef: „Wenn Schweden an dieser Situation nichts ändert, werden die Spannungen zwischen uns noch viel mehr zunehmen“. Erdogan erneuerte außerdem seinen Vorwurf, auch in Deutschland, Frankreich und Großbritannien würden sich „Terrororganisationen“ unbehelligt zeigen können. Auch diese Länder seien aufgefordert, entsprechende Personen nicht zu beherbergen und sie an die Türkei auszuliefern…“ Meldung vom 16.1.2023 bei ANF externer Link
  • Weitere Details zum Schweden-Türkei-Deal aufgetaucht
    Ein in der schwedischen Presse veröffentlichtes Regierungsdokument hebt hervor, wie weit die Konzessionen von Schweden an das AKP/MHP-Regime in der Bekämpfung der kurdischen Freiheitsbewegung gehen. (…) Zuletzt wurde Mahmut Tat, ein asylsuchender politischer Aktivist, auf Wunsch der Türkei aus Schweden ausgeliefert und in Istanbul sofort inhaftiert. Ein von der schwedischen Zeitung Dagens Nyheter am Mittwoch veröffentlichtes Dokument, das auf den 25. November datiert ist, zeigt einmal mehr, wie weit die Kollaboration geht. (…) In dem mit „Umsetzung des trilateralen Abkommens zwischen der Türkei, Schweden und Finnland“ betitelten Dokument betont Schweden, wie sehr es sich dem „Kampf gegen den Terrorismus“, gemeint ist der kurdische Freiheitskampf, verschrieben habe. Insbesondere das Aufenthaltsrecht wird offenbar als Waffe eingesetzt. So heißt es, schwedische Behörden würden nun verstärkt auf „PKK-bezogene Sicherheitsprobleme“ im Verfahren für die Erteilung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen achten. Es sei bereits ein Dutzend Personen an der Einreise gehindert oder „zur Ausreise gezwungen“ worden. (…) Weiterhin biedert sich die schwedische Regierung mit ihrem neuen Anti-Terror-Gesetz an, für das eigens von Rechtskonservativen und Sozialdemokraten einhellig die Verfassung geändert wurde. Diese Gesetze gelten als „Kniefall vor Erdoğan“. Künftig kann die schwedische Regierung damit neue Gesetze einführen, die die Versammlungsfreiheit einschränken, wenn es sich um Vereinigungen handelt, die an Terrorismus beteiligt sind oder ihn unterstützen. Außerdem wird unter dem Schlagwort Auslandsspionage die Weitergabe geheimer Informationen unter Strafe gestellt und ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Die Änderungen bedeuten auch Einschränkungen des Rechts, Informationen bereitzustellen, die dem schwedischen Verhältnis zu anderen Staaten oder Organisationen wie der UNO oder der NATO schaden könnten. Damit wird insbesondere die Pressefreiheit angegriffen, da so investigative Recherchen praktisch unmöglich werden. (…) Der schwedische Geheimdienst Säpo hat dem Dokument zufolge seine Zusammenarbeit mit dem türkischen Geheimdienst MIT „intensiviert“. So ist von einem Treffen zwischen Säpo und MIT im September die Rede. Dort habe man über eine „langfristige“ Zusammenarbeit diskutiert…“ Meldung vom 16. Dezember 2022 in den ANF-News externer Link
  • Schweden liefert aus. Finnland verbietet kurdische Fahnen
    „Schweden und Finnland wollen der NATO beitreten, dem Militärpakt, der weltweit „Demokratie und den wertegeleiteten Westen“ gegen Autoritarismus und Diktatur verteidigt. Finnlands Präsident Sauli Niinistö bezeichnet den NATO-Beitritt als „Triumph der Demokratie“. Doch bevor die beiden nordischen Länder grünes Licht für den Beitritt erhalten, müssen sie beweisen, dass sie wirklich für die Werte der NATO einstehen. Ihre Anträge auf Beitritt zum transatlantischen Wertebündnis bedürfen der Zustimmung aller 30 Mitgliedstaaten, von denen bisher 28 die erforderlichen Protokolle ratifiziert haben. So kommt jetzt Ungarn und der Türkei die Rolle des Schiedsrichters zu. (…) Die Einwände der Türkei beruhen hauptsächlich darauf, dass aus Sicht Ankaras Schweden und Finnland „Terroristen“ beherbergen und unterstützen. So bezeichnete der türkische Präsident Erdoğan die beiden Länder als „Gasthäuser für Terrororganisationen“. Schweden etwa verweigere die Auslieferung von 30 „Terroristen“ der kurdischen Arbeiterpartei PKK. (…) Dabei hat Schweden bereits im September erstmalig wieder Rüstungsexporte an die Türkei bewilligt und im November eine Verfassungsänderung zur Verschärfung seiner Anti-Terror-Gesetze verabschiedete. (…) Anfang November hat sich die schwedische Regierung öffentlich von der Autonomieverwaltung Nordostsyriens distanziert, um „den türkischen Bedenken entgegenzukommen“. Außenminister Tobias Billström sagte hinsichtlich der Partei der Demokratischen Einheit (PYD) und der Volksverteidigungseinheiten (YPG), deren Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seien „zu eng, um gut für die Beziehungen zwischen uns und der Türkei zu sein“. Hauptziel seiner Regierung sei Schwedens NATO-Mitgliedschaft. (…) In Finnland hat die Blockade des NATO-Beitritts durch die Türkei eine Debatte darüber ausgelöst, ob Finnland wieder „finnlandisiert“ wird, diesmal gegenüber der Türkei. Dieser Begriff bezeichnete im Kalten Krieg das vorsichtige innenpolitische Verhalten Finnlands gegenüber der Sowjetunion. Finnland hat die jüngste Angriffe der Türkei auf zivile Infrastruktur in den selbstverwalteten Gebieten Nord- und Ostsyriens Gebieten nicht verurteilt, und nun scheint sich die „Finnlandisierung“ auch auf die Innenpolitik auszudehnen. Am Dienstag vergangener Woche konnte man in Helsinki die innenpolitischen Folgen des NATO-Beitrittsprozesses beobachten: Erstmals verbot die Polizei Fahnen kurdischer Organisationen. Bisher war in Finnland die Fahne der PKK nicht verboten, und noch eine Woche vorher wehte in der finnischen Hauptstadt an ähnlicher Stelle die Fahne der kurdischen Arbeiterpartei auf einer Kundgebung in Solidarität mit den Aufständen in Iran. Doch auf der Großdemonstration von „Helsinki ilman natseja“ (Helsinki ohne Nazis) am Dienstag (6.12.) wurde mit Verweis auf das Polizeigesetz sogar das Schwenken von anderen kurdischen Fahnen untersagt. Neben dem Banner der PKK, die von der EU als Terrororganisation eingestuft wird, wurden auch das Zeigen der Fahnen der kurdischen Organisationen KCK (Union der Gemeinschaften Kurdistans), YPG, YPJ und PYD verboten. (…) In der Türkei loben die Regierungsmedien die Polizei von Helsinki für das Verbot von PKK-Fahnen.“ Beitrag vom 14. Dezember 2022 bei kommunisten.de in Kooperation mit marxistische linke externer Link
  • Schweden liefert Kurden Mahmut Tat an Türkei aus – dort bereits verhaftet 
    Mahmut Tat ist von Schweden an die Türkei ausgeliefert worden. Gegen den kurdischen Asylsuchenden liegt ein rechtskräftiges Urteil von knapp sieben Jahren Freiheitsstrafe wegen vermeintlicher Betätigung für die PKK vor.
    Schweden hat den Kurden Mahmut Tat an die Türkei ausgeliefert. Tat war am 22. November in Schweden festgenommen worden und wurde in Mölndal festgehalten. Am Freitagabend wurde er vom Flughafen Arlanda in Stockholm nach Istanbul geflogen und verbrachte die Nacht in Gewahrsam der Flughafenpolizei. Er wird vermutlich im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt. Gegen Mahmut Tat war 2015 ein Strafverfahren wegen Betätigung für die Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) eingeleitet worden. Er wurde zu sechs Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, das Urteil ist rechtskräftig. Vor sieben Jahren hatte er in Schweden politisches Asyl beantragt. Der Asylantrag wurde abgelehnt. Die Türkei verhindert den beantragten NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens unter dem Vorwurf, diese Länder, insbesondere Schweden, seien Hinterland für die PKK. Schweden und Finnland hatten deshalb im Juni ein Auslieferungsabkommen mit der Türkei unterzeichnet. Schweden hatte Anfang November angekündigt, noch weiter auf die Türkei zuzugehen und die Anti-Terror-Gesetze zu verschärfen. Künftig kann die schwedische Regierung damit neue Gesetze einführen, die die Versammlungsfreiheit einschränken, wenn es sich um Vereinigungen handelt, die an „Terrorismus“ beteiligt sind oder ihn unterstützen. Bislang hatte Schweden seine Anti-Terror-Gesetze vergleichsweise liberal gestaltet, um die Vereinigungsfreiheit zu schützen…“ Meldung vom 3.12.2022 bei ANF externer Link („Schweden liefert Kurden an Türkei aus“), siehe aktuell:

    • Hier ein Bild von Mahmut Tat wie er nach Abschiebung aus Schweden von der türkischen Polizei inhaftiert wird. Er wird nun für Jahre hinter Gitter verschwinden. Dafür darf Schweden dann aber in die Nato… Wehe es kommt nochmal einer mit „gemeinsame Werte“ und so.“ Tweet von Kerem Schamberger vom 3. Dez. 2022 externer Link mit Foto und – z.B. -:
    • Angehörige und Begleiter von #MahmutTat empfangen ihn so in #Turquia , nachdem er aus #Suecia abgeschoben und in #Turquia bei der Ankunft festgehalten wurde. „Wir sind an Ihrer Seite. Sei nicht ängstlich. Wir sind keine Terroristen. #MahmutTat ist kein Terrorist“, sagen sie. Die türkischen Behörden erlauben ihnen nicht, ihn zu sehen.“ span. Tweet von Amina Hussein vom 3. Dez. 2022 externer Link mit Video
  • Nato-Beitritt von Schweden und Finnland: Ankara bremst wieder – auf Kosten der kurdischen Bevölkerung 
    „Der Nato-Beitritt von Finnland und Schweden wird nicht so schnell über die internationale Bühne gehen. Grund sind die Vorbehalte und Forderungen der Türkei gegenüber beiden Ländern. „Finnland und Schweden beherbergen Terroristen“ erklärte jüngst Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan angriffslustig. So soll die mögliche Auslieferung von sechs Personen, welche Finnland bereits abgelehnt hatte, nach dem Willen Ankaras noch einmal neu bewertet werden. Das finnische Justizministerium hat dies jedoch am Freitag abgelehnt, da ein entsprechendes Urteil nicht noch einmal angefochten werden kann. Formaljuristisch korrekt, die Frage ist nur, ob in Ankara in solchen Kategorien gedacht wird. Im August hatte die Türkei zudem einen weiteren Auslieferungsantrag gestellt. Die Türkei ist eines der fünf Länder, die den Beitritt noch nicht ratifiziert haben. Bereits im Mai hatte Erdogan den Prozess der Antragsstellung beider Länder boykottiert. (…) Grundsätzlich gibt es in beiden skandinavischen Ländern kein generelles Auslieferungsverbot an die Türkei.Schweden hat im August zum ersten Mal seit Jahren einem Auslieferungsgesuch der Türkei nachgegeben, dabei handelte es sich jedoch um einen Betrugsfall; Finnland hat bei zwei Personen die Auslieferung genehmigt, auch hier ging es nicht um Politik, sondern um Sexualdelikte. Auslieferungsanträge an Personen, welche bereits die Staatsbürgerschaft der jeweiligen Länder haben, lehnen beide Staaten ab. Weniger stur soll es inoffiziell zugehen. Nach Einschätzungen des finnischen öffentlich-rechtlichen Senders YLE laufen „fieberhafte Verhandlungen“ auch „Handel“ zwischen Helsinki und Ankara ab, damit der Beitritt Finnlands nicht weiter verzögert wird. Die offiziellen Treffen zeigen jedoch keine Fortschritte. Sedat Önal, der stellvertretende Außenminister und Erdogan-Vertraute traf kürzlich Unterhändler beider Länder in Finnland. Auch er machte keinerlei Zugeständnisse bezüglich des Antrags, brachte jedoch Fotos von schwedischen Demonstrationen mit, wo die PKK-Flagge zu sehen sei. Im Vorfeld hatte sich die Türkei beschwert, dass Schweden die Auslieferungsgesuche der Türkei nicht ernst nehme und das Waffenhandels-Embargo nicht umgesetzt werde. In Schweden wurde am 11. September gewählt, dabei liegt der bürgerlich-rechte Block vorne. Das Thema Ukraine oder Nato kam nicht vor, das Gros der Parteien, bis auf die Linke und einen Teil der Grünen hat sich für den Beitritt entschieden. (…) Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass Erdogan letztendlich Putins Seite vertritt – mit dem Argument, der Westen habe „Russland provoziert“, rechtfertigt er das russische Abstellen der Gaslieferungen. Mit einem raschen Einlenken in Ankara ist somit kaum zu rechnen. Aber auch Finnland zeigte Entschlossenheit. Die rasche Ablehnung des erneuten Überprüfens der Auslieferungsanträge durch das Justizministerium bewies, dass Helsinki im Verhandeln um das Einverständnis Ankaras Grenzen setzen kann.“ Beitrag von Jens Mattern vom 12. September 2022 bei Telepolis externer Link
  • Schwedens Nato-Beitritt: 73 Bauernopfer. Wie es scheint, bekommen die Kurd:innen im Land die Zugeständnisse an die Türkei nun mit aller Härte zu spüren 
    „Schweden und Finnland wollen in die Nato, und dafür schrecken die beiden Länder auch vor den ganz grossen Konzessionen an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht zurück. Ein Beitritt muss von den Mitgliedern des Bündnisses einstimmig gutgeheissen werden – und das Mitglied Türkei lässt sich sein Ja teuer bezahlen. Die Liste der Konzessionen, die Ankara am Nato-Gipfel Ende Juni in Madrid aushandeln konnte, ist lang. Alle aber haben sie eines gemeinsam: Sie dienen Erdogans Krieg gegen die kurdische Bewegung. Einschränkungen von Waffenlieferungen in die Türkei, die nach ihrer Invasion in Rojava 2019 beschlossen wurden, werden fallen gelassen; die beiden Länder verpflichten sich, zukünftig keine Rüstungsembargos gegen die Türkei zu verhängen; und obendrein verkaufen die USA der Türkei vierzig neue F16-Kampfflugzeuge und rüsten Jäger auf, die die Türkei von den USA gekauft hatte. Der Jet wurde gegen Rojava, die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien, eingesetzt. (…) Mit einer der Abmachungen opfern Schweden und Finnland gar einen Teil ihrer eigenen Bevölkerung Erdogans Machtpolitik: Die türkische Delegation hatte am Nato-Gipfel klargemacht, dass ihr Ja zum finnischen und besonders zum schwedischen Nato-Beitritt davon abhängen würde, ob politische Flüchtlinge an die Türkei ausgeliefert würden. Diese Abmachung trifft vor allem Kurd:innen in Schweden, wo ihre Community besonders gross ist. Nach den Verhandlungen in Madrid sagte Erdogan an einer Medienkonferenz, dass sich Schweden zur Auslieferung von 73 Personen bereit erklärt habe. Ein Dementi gab es aus Stockholm nicht – nur einen Kommentar, wonach man sich an Gesetze halten werde. Nun scheinen sich die ersten Folgen des Deals zu zeigen. Mitte August kündigte die schwedische Regierung an, einen wegen Kreditkartenbetrug verurteilten kurdischen Türken ausliefern zu wollen – eine «Routineangelegenheit», wie Justizminister Morgan Johansson sagte. (…) Eine Woche nach der Regierungsankündigung wurde in Schweden der kurdische Flüchtling Zinar Bozkurt festgenommen. Bei der Beantragung des Asyls hatte Bozkurt vor acht Jahren seine Homosexualität, seine kurdische Identität und seine Unterstützung der linken Partei HDP als Fluchtgrund angegeben. (…) In Schwedens kurdischer Diaspora geht nun jedoch die Angst um. [Anwalt Miran] Kakaee sagt, dass sich derzeit viele seiner Mandant:innen bei ihm erkundigen würden, was die Nato-Absprachen für sie bedeuteten. Dass unter Kurd:innen in Schweden die Furcht umgeht, bestätigt auch Ridvan Altun vom Kurdischen Zentrum für eine demokratische Gesellschaft: «Wir Kurd:innen sind vor Erdogans Unterdrückung nach Europa geflüchtet. Und jetzt werden wir auf türkischen Druck hin auch hier verfolgt.» Seit seiner Festnahme befindet sich Zinar Bozkurt im Hungerstreik. «Zinars Fall ist in die Mühlen der Nato-Beitrittsverhandlungen geraten», sagt sein Anwalt Kakaee. Selbst wenn seine Verhaftung keine Folge der Nato-Verhandlungen wäre: «Der Ausgang der Sache wird auch politische Folgen haben» – die Auslieferung könnte zum Präzedenzfall werden. Derweil droht Erdogans Regierung weiter damit, die Beitrittsgesuche aus Europas Norden abzuschiessen, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden.“ Artikel von Florian Sieber aus der WOZ vom 8. September 2022 externer Link
  • Nato-Erweiterung: Wo ist sie hin, die feministische Außenpolitik?
    Für den Nato-Beitritt liefern Schweden und Finnland Kurd:innen an Erdoğan aus. Mit einer „feministischen Außenpolitik“ ist das nicht vereinbar...“ Ein Kommentar von Meret Weber am 30. Juni 2022 in ze.tt der Zeit online externer Link – leider momentan im Abo
  • Nato-Norderweiterung: Erdogans Ja-Wort und sein Kostenvoranschlag
    „… In einer Liste des Abkommens externer Link wird ersichtlich, dass sich die Türkei mit fast allen Forderungen durchgesetzt hat. So ist nun eine Unterstützung der in Syrien operierenden Volksverteidigungseinheiten (YPG) sowie der Demokratischen Kräfte Syriens (DFS) in Schweden verboten. Vor allem die schwedische Außenministerin Ann Linde wie der schwedische Verteidigungsminister Peter Hultqvist hielten Kontakte zu den kurdischen Organisationen, welche die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ bekämpft hatten externer Link. Allerdings ist es eine Interpretationsfrage, ob Schweden diese Organisationen bislang unterstützte und wie Ankara zukünftige humanitäre Unterstützung für die syrische Region interpretieren wird. Zudem soll das Waffenembargo Schwedens gegen die Türkei aufgehoben werden, auch wollen beide Länder die Auslieferungsgesuche der Türkei noch einmal überprüfen. Nach Angaben der Zeitung „Dagens Nyheter“ hat der schwedische Inlandsgeheimdienst Säpo bereits eine Liste von zehn Personen erstellt externer Link, die an die Türkei ausgeliefert werden könnten und Kontakte zur auch in EU-Ländern verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) haben sollen…“ Beitrag von Jens Mattern vom 30. Juni 2022 in Telepolis externer Link
  • Schweden und Finnland unterzeichnen Verpflichtungserklärung
    Schweden und Finnland haben die von der Türkei geforderte Verpflichtungserklärung unterzeichnet. Im Gegenzug blockiert die Türkei nicht länger ihre Aufnahme in die NATO…“ Meldung vom 28. Juni 2022 bei ANF externer Link

Siehe auch unser Dossier: Im Schatten von Afghanistan und Ukraine: Türkei bombardiert in Nordostsyrien und Nordirak

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