„Heißer Herbst“ und die extreme Rechte: Aufstandsphantasien und die Frage nach der Deutungshoheit
Dossier
„Seit Juli gibt es mittlerweile Debatten um die zu erwartende Proteste rund um eine „Energiekrise“. (…) Extrem rechte Akteur*innen sehnen die Krise herbei und planen aktuell vor allem die Deutungshoheit bei den Protesten zu übernehmen. (…) Am deutlichsten brachte nun der extrem rechte Verleger Götz Kubitschek die Debatten der extremen Rechten in einer Artikelreihe auf den Punkt. (…) So schreibt er hier unmissverständlich: „Ein Aufstand ist unumgänglich“. (…) Wer „Aufstände“ fordert, um die „Zerstörung Deutschlands“ zu verhindern, dürfte kaum an Schweigemärsche und Mahnwachen denken…“ Beitrag vom 5. September 2022 von und bei Mobit – Mobile Beratung in Thüringen – Für Demokratie – Gegen Rechtsextremismus. Siehe dazu:
- Rechte Proteste führen immer öfter zu Gewalt / Mangelnde Strafverfolgung
- Rechte Proteste führen immer öfter zu Gewalt: Polizei und Justiz unternehmen zu wenig bei der Aufklärung rechter Angriffe, warnen Expert*innen
„Kristian Fink erinnert sich genau, die Attacke ist kaum zwei Wochen her. Leipzig, Willy-Brandt-Platz, 17. Oktober: Wie beinahe jeden Montag in letzter Zeit findet auch an diesem ein Aufmarsch der extremen Rechten statt. 1200 Personen nehmen daran teil, darunter AfD-Politiker*innen, Anhänger*innen der »Freien Sachsen« und stadtbekannte Neonazis. Der Aufmarsch trifft auf Gegenproteste. Beide Gruppen seien zwar durch eine Polizeikette getrennt gewesen, die aber eher lückenhaft gewesen sei, erinnert sich Fink. Als aus den Reihen der Rechten ein Böller fliegt und explodiert, sind die Antifaschist*innen kurz abgelenkt. Genau in diesem Moment schlängelt sich ein Mann durch die Polizeiabsperrung, stürmt auf Fink zu und verpasst ihm einen Tritt. Der Gewerkschaftssekretär geht zu Boden, ist kurz benommen, während der Täter sicher wieder »entspannt« in den rechten Aufzug einreiht, wie es Fink beschreibt. Die Polizei hindert den Angreifer nicht daran, später kann er allerdings ermittelt werden. Fink wird versorgt, kommt zur Abklärung möglicher Verletzungen ins Krankenhaus, bleibende Schäden gibt es zum Glück nicht. »Rechte testen gerade sehr genau aus, wie weit sie gehen können«, sagt der Verdi-Sekretär. Drohungen, körperliche Übergiffe, Brandanschläge – Gewalt von rechts gibt es zwar kontinuierlich. Dennoch erlebe insbesondere Ostdeutschland gerade eine neue Welle, warnen Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Sie befürchten eine Eskalation ähnlich wie in den Jahren 2015 und 2016, als es täglich mindestens vier bis fünf Opfer im Osten und Berlin gab. Eindringlich mahnen die Expter*innen die ab Freitag in Erfurt stattfindende Konferenz der ostdeutschen Innenminister*innen, etwas dagegen zu unternehmen. (…) Robert Kusche, Geschäftsführer der RAA Sachsen, warnt, längst seien an vielen Orten »Angstzonen für Menschen entstanden, die von Rassismus, Antisemitismus und rechter Gewalt und Bedrohungen betroffen sind«. Sultana Sediqi vom Verein »Jugendliche ohne Grenzen« in Thüringen kennt solche Erfahrungen aus vielen Gesprächen mit Migrant*innen. Sie hört immer wieder von Geflüchteten, die es inzwischen sogar bereuten, nach Deutschland gekommen zu sein, weil sie auf offener Straße ständig Angriffen ausgesetzt seien…“ Artikel von Robert D. Meyer vom 3. November 2022 in neues Deutschland online - Mangelnde Strafverfolgung. Neue Welle rassistischer Gewalt befürchtet. Nicht einmal jeder fünfte Neonazi-Brandanschlag werde aufgeklärt.
„Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt in Deutschland warnen vor einer neuen Welle rassistischer und rechtsextremer Gewalt. Vor allem in Ostdeutschland gebe es zunehmend Hetze bis hin zu gewalttätigen Angriffen, sagte der Geschäftsführer der Beratungsstelle RAA Sachsen, Robert Kusche, am Donnerstag in einer Onlinepressekonferenz. Jüngstes Beispiel sei der Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Bautzen. Dort hatte es im „Spreehotel“ am Freitag gebrannt, nachdem Fensterscheiben eingeworfen wurden. Vor Ort verschiebt sich nun die Aufnahme von bis zu 200 Menschen auf unbestimmte Zeit. Tage zuvor hatte die AfD eine Kundgebung vor der Unterkunft abgehalten. (…) Es brauche „endlich einen glaubhaften Paradigmenwechsel bei Polizei und Justiz in Ostdeutschland in der Strafverfolgung bei rechten Gewalttaten und bei Maßnahmen gegen rechte Aufmärsche“, forderte Kusche. Noch immer sei in Ostdeutschland die Gefahr, Opfer eines rassistisch, antisemitisch oder rechtsextrem motivierten Angriffs zu werden, dreimal so hoch wie in den westdeutschen Ländern. Unzureichende Strafverfolgung trage dazu bei, dass sich Menschen ermutigt fühlten, mit Hass und Hetze weiterzumachen. „Das kennen wir aus den Jahren 2015 und 2016“, sagte Kusche. So seien 84 Prozent der Ermittlungen zu damaligen Straftaten inzwischen eingestellt worden. Kusche ist Vorstandsmitglied des bundesweiten Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. (…) Laut Verband werden nicht einmal ein Fünftel der Brandanschläge mit einem mutmaßlich rechtsextremen Hintergrund aufgeklärt. 2015 und 2016 seien täglich etwa fünf Menschen in Ostdeutschland und Berlin Opfer rechter Angriffe geworden, hieß es. In den vergangenen Wochen habe es außer in Bautzen auch Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in Mecklenburg-Vorpommern, im bayrischen Krumbach sowie in Großzössen bei Leipzig und in Dresden gegeben. (…) Auch der Projektkoordinator der Thüringer Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Ezra, Frank Zobel, fordert eine konsequentere Strafverfolgung: „Wir erleben eine neue Qualität in der extrem rechten und rassistischen Mobilisierung.“…“ Meldung vom 3. November 2022 im MiGAZIN
- Rechte Proteste führen immer öfter zu Gewalt: Polizei und Justiz unternehmen zu wenig bei der Aufklärung rechter Angriffe, warnen Expert*innen
- Rückläufiger Protest. Montagsdemonstrationen in vielen ostdeutschen Städten mit weniger Teilnehmern. Dafür rechter Schulterschluss
„Erneut sind am Montag in vielen Orten in Ostdeutschland Zehntausende Demonstrantinnen und Demonstranten gegen die Politik der Ampelregierung, gegen die infolge des Wirtschaftskrieges gegen Russland stark gestiegenen Energiepreise, aber auch für Frieden und gegen die als autoritär empfundenen Coronamaßnahmen auf die Straße gegangen. Wie schon in den vergangenen Wochen war nach einem Höhepunkt der montäglichen Proteste in Ostdeutschland am 3. Oktober mit rund 100.000 Teilnehmern ein Rückgang der Teilnehmerzahlen zu erkennen. Allerdings sind Behördenangaben über Teilnehmerzahlen mit Vorsicht zu genießen. Sie bewegen sich erfahrungsgemäß am unteren Ende der Schätzungen. Da es sich oftmals um nicht angemeldete »Spaziergänge« handelte, hat die Polizei gerade in kleineren Orten zudem nicht in jedem Fall Kenntnis davon erlangt oder diese weitergemeldet. Während die Demonstrationsteilnehmer weitgehend einem bürgerlichen Spektrum zuzurechnen waren – darunter angesichts der Energiepreissteigerung um ihre Existenz bangende kleinere Unternehmer und Handwerker –, lag die Organisation der Proteste häufig bei rechten Zusammenschlüssen oder dem »Querdenker«-Spektrum, während Linke weitgehend mit Abwesenheit glänzten…“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 2.11.2022 - Gewalt und Hetze: Wie die Politik die Rechten unterschätzt
„In Ostdeutschland demonstrieren jede Woche Tausende gegen die Bundesregierung – Seite an Seite mit Rechtsextremisten. Der Verfassungsschutz warnt vor einer Radikalisierung. (…) Die aktuellen Proteste gegen die hohen Energiepreise ermöglichen es Extremisten wie Brück, sich bürgernah zu geben und zu vernetzen. Neben Brück steht auch Sanny Kujath vor der Bühne. Ein Rechtsextremist aus Zwickau, der laut Thüringer Verfassungsschutz ein illegales Zeltlager mit Kampfsportlern veranstaltet hat.
Wie gefährlich ist es für eine Stadt, wenn sich Rechtsextremisten offen bei Demonstrationen vernetzen? Zwickaus Oberbürgermeisterin Constance Arndt beschwichtigt im Interview mit “frontal”: „Ich bin nicht der Verfassungsschutz, aber aus meiner Perspektive heraus sehe ich für so eine extreme Entwicklung in Zwickau keine Anzeichen.“ Benjamin Winkler, der die rechte Szene in Sachsen für die Amadeu Antonio Stiftung beobachtet, widerspricht: „Wir haben das Netzwerk. Wir haben diese schwache Zivilgesellschaft und zum Teil auch schwache Reaktion aus der Verwaltung, die diesen Neonazi-Strukturen wenig entgegenzusetzen hat.“ So habe sich das NSU-Trio ganz bewusst mehr als zehn Jahre in Zwickau versteckt. Winkler warnt davor, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Vor ihren Morden hatten sich die Rechtsterroristen auch auf Demonstrationen radikalisiert. Bei den Protesten kommt es immer wieder zu Gewalt gegen Pressevertreter:innen und Gegendemonstrant:innen. Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer sieht auf den Demonstrationen im Osten eine bedrohliche Entwicklung (…) “frontal” fragt nach bei Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD), wie sie verhindern will, dass aus den Umsturzfantasien rechter Terror entsteht. Die SPD-Politikerin betont, dass sie angesichts der steigenden Preise verstehen könne, dass Menschen auf die Straße gehen. „Deswegen war es so wichtig, dass die Bundesregierung Entlastungspakete zur Verfügung stellt. 300 Milliarden Euro. Außerdem habe sie nicht den Eindruck „dass in der Mitte der Gesellschaft das verfängt, was von Rechtsaußen kommt“. Doch lässt sich die Radikalisierung wirklich mit Geld stoppen?...“ Text und Video der Frontal-Reportage von Jonas Helm und Maximilian Hübner am 29.10.2022 beim ZDF - Am Montag, 17.10. wurde ein ver.di Gewerkschaftssekretär aus dem montäglichen rechten Aufzug in Leipzig körperlich massiv angegriffen
- „Gestern wurde ein @_verdi Gewerkschaftssekretär aus dem montäglichen rechten Aufzug körperlich massiv angegriffen. Dazu erklärt Sebastian Viecenz, Geschäftsführer von ver.di Leipzig-Nordsachsen: „Wir verurteilen diesen Angriff & stehen solidarisch an der Seite all der Menschen, die sich seit Monaten dem rechten montäglichen Treiben entgegenstellen. Wir fordern von Polizei & Versammlungsbehörde die Gefahr für unsere Gesellschaft, aber auch für Leib & Leben, die von diesen Aufzügen ausgeht, endlich ernst zu nehmen.“ #le1710 #fuckrassismus #wirsindmehr“ Thread von ver.di Bezirk Leipzig-Nordsachsen vom 18.10.22 (darunter einige Solidaritätserklärungen), siehe dazu:
- „In diesem Video ist bei Sekunde 2 eindeutig zu erkennen, dass der Böller aus der verschwörungsideologischen Demo in den Gegenprotest geworfen wird. Daraufhin rufen Demonstrationsteilnehmer „Jawohl!“ und „Rein in das Gesindel!“. #le1710“ Tweet von Leipzig nimmt Platz vom 18.10.22 mit Video
- Manic Monday: In den Klein- und Mittelstädten im Osten haben die AfD und ihr politisches Vorfeld das Protestgeschehen fest in der Hand
„… Montag für Montag sind ostdeutsche Mittelstädte Schauplatz des Protests gegen Inflation und Energiekrise. Kundgebungen und Demonstrationen sind in Orten dieser Größenordnung ein gesellschaftliches Ereignis, durch welches eine öffentliche politische Hegemonie suggeriert wird, der sich niemand entziehen kann. Der wöchentliche Protest ist nicht zuletzt ein lokales Event, bei dem Vergemeinschaftung entsteht, die über die Sphäre des Politischen hinausreicht. In Annaberg-Buchholz im Erzgebirge setzte sich der Oberbürgermeister an die Spitze des Protests. Die Initiator*innen verbaten sich vorab jedes sichtbare Zeichen von Parteien. Gemeinsam wandte man sich an die Bundesregierung dafür Sorge zu tragen, dass eine Energie-Notlage nicht eintrete. Die örtlich beobachtbare Übernahme des Protestformats durch lokale Berühmtheiten bei gleichzeitiger Beteiligung extrem rechter Akteure verweist auf das Maß der Normalisierung rechter Akteur*innen im ostdeutschen lokalen Kontext. (…) Auf den montäglichen Demonstrationen kommen konkrete Forderungen nach Umverteilung zugunsten prekär arbeitender Menschen wenig bis gar nicht vor. Es dominieren Themen und Forderungen, die inhaltlich wenig akzentuiert sind. Diese Diffusität, die auf den ersten Blick politische Unschärfe der Protestinhalte suggeriert, dürfte absichtsvoll gewählt sein, um nach vielen Seiten politisch anschlussfähig zu bleiben. (…) Seit Wochen ist in der Presse zu lesen, bei den Protesten in Ostdeutschland sei die Querfront, also das absichtsvolle Zusammenspiel rechter und linker Protestakteur*innen bereits an der Tagesordnung. Um dies zu beurteilen, bedarf es einer Begriffsklärung. Eine politische Querfront liegt vor, wenn sich zwei zuvor gegensätzlich gegenüberstehende politische Positionen anlassbezogen oder ideologisch grundsätzlich aufeinander zu bewegen und zu neuen politischen Inhalten amalgamieren. Eine punktuelle Überschneidung politischer Analysen zum Ukraine-Krieg und dessen Folgen zwischen linken und rechten bzw. verschwörungsideologischen Akteur*innen ist zweifelsohne für eine emanzipatorische Linke ebenso ein Problem, wie die Teilnahme rechter Akteur*innen an linken Protestformaten. Eine Querfront im politisch-historischen Sinne ist dies jedoch nicht. Diese wird von der extremen Rechten auch gar nicht erstrebt. Deren Werben um Resonanz bei einem linken Publikum zielt vielmehr auf eine Übernahme rechter ideologischer Essentials durch linke Protestakteur*innen. Dass die extreme Rechte hierfür nach Andockpunkten in der Linken sucht, und diese auch findet, steht auf einem anderen Blatt. Eine Querfront jedoch ist erst dann gegeben, wenn sich Linke offensiv und absichtsvoll dazu bereitfinden, mit rechten Protestakteur*innen zur Erreichung eines angeblich höheren Ziels zu kooperieren. (…) In der skizzierten Gemengelage haben es linke Ansätze schwer, sich Gehör zu verschaffen. Es fehlt vor Ort in den Regionen an Aktivist*innen, tragenden Strukturen und soziokulturellem Umfeld, das linken Lesarten der Krise und Auswege dort Resonanz verschaffen könnte, wo es notwendig wäre: in den Quartieren prekär Beschäftigter oder von Transferleistungen lebender Menschen. Es fehlt in jeder Hinsicht an Ressourcen, etwa eine effektive soziokulturell verankerte Stadtteilarbeit ins Werk zu setzen, und dauerhaft zu etablieren, was eine Voraussetzung für die Sichtbarkeit linker Antworten auf die Krise wäre. Linke Bündnisse wie »Genug ist genug« haben es im Osten schwer, jenseits des sehr kleinen habituell postmaterialistisch geprägten Milieus wahrgenommen zu werden. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Betrieben in Ostdeutschland ist so gering wie die Tarifbindung, große Sozialverbände agieren vielfach als Filialen ihrer westdeutschen Mutterschiffe, ohne Kompetenz für die spezifischen ostdeutschen Gemengelagen in der sozialen Frage…“ Artikel von Marcel Hartwig aus ak686 vom 18. Oktober 2022 - Böller und Pflugscharen. Wie sich die Montagsdemonstrationen in Leipzig nach dem großen Auftritt der Linken entwickeln
„… Erneut beteiligten sich in Leipzig mehr als 1000 Menschen an der rechten Montagsdemonstration – dabei wollten eigentlich Linke wie der Leipziger Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann die Montagsdemos mit Sozialprotesten wieder aufleben lassen. Doch gut einen Monat, nachdem die Partei mit großem Auftritt und allerhand Prominenz, allen voran der Ikone Gregor Gysi, den »heißen Herbst« ausgerufen hatte, ist von diesem Vorhaben nicht mehr viel übrig. Ihre Fahnen sind längst wieder eingerollt, nun bestimmen die Rechten das Demonstrationsgeschehen an den Montagen. Anlässlich der Energiekrise und des Ukraine-Krieges inszenieren sie sich als Kümmerer und Friedensfreunde und garnieren ihre Botschaften mit einem ordentlichen Schuss Wenderhetorik. So war auf dem Fronttransparent des Demo-Zuges die Parole »Schwerter zu Pflugscharen« zu lesen, die in der DDR vor allem von Kirchenkreisen in Opposition zur Einführung des Wehrunterrichtes verbreitet worden war. Auch sonst waren immer wieder Bezüge zum Osten und zur Wendezeit zu vernehmen: »Das System ist am Ende, wir sind die Wende!«, skandierten die Demonstrant*innen, und: »Frieden schaffen ohne Waffen!« Geprägt worden war diese Forderung einst von den DDR-Regimekritikern Robert Havemann und Rainer Eppelmann, die 1982 in ihrem »Berliner Appell« vor einem Atomkrieg warnten und zur Abrüstung in Ost und West aufriefen. Auch der Fußball-Schlachtruf »Ost-Ost-Ostdeutschland!« war zu hören. (…) Die wahre Gesinnung dieser Demonstration versteckte sich weiter hinten, wo die Fahnen der Freie Sachsen wehten. Die rechtsextreme Kleinstpartei war schon bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen in Sachsen als maßgeblicher Akteur in Erscheinung getreten. Und es gab auch ein Banner der AfD mit der Aufschrift »Unser Land zuerst«. Interessant: Die Freien Sachsen stehen auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD.
Hunderte Antifaschist*innen beteiligten sich an einer Gegendemonstration des Aktionsnetzwerks »Leipzig nimmt Platz«. Sie waren klar in der Unterzahl, anders als noch Anfang September. (…) Einerseits geht die Teilnehmer*innenzahl auch in Leipzig wieder leicht zurück, andererseits warnte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit Blick auf die Gesamtsituation vor einer neuen »faschistischen Bewegung«. Vermutlich sieht man die Gefährlichkeit der Montagsdemos am ehesten in der ostdeutschen Provinz: Laut Bericht der »Zeit« hat der Bautzener CDU-Oberbürgermeister Karsten Vogt am Montagabend bei der dortigen Mahnwache gesprochen – vor eindeutig rechtsextremer Symbolik. Von linken Demos spricht dort wohl kaum jemand.“ Artikel von Max Zeising vom 18.10.2022 im ND online
Siehe zum Hintergrund unser Dossier: : Startet mit #SyltEntern und ähnlichen Aktionen eine heiße Phase der Proteste gegen Preissteigerungen und Verarmung?