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Polnische Flüchtlingspolitik – auch diesseits der belarussischen Grenze ganz „europäisch“

Dossier

Protest in Polen gegen die polnische Flüchtlingspolitik„… Eine Gruppe von 50 Migranten aus Afghanistan und dem Irak kampiert seit knapp zwei Wochen auf einem Grenzstreifen zwischen Polen und Belarus unter dem freien Himmel. Die Grenzbeamten der beiden Länder sorgen dafür, dass sie weder vor noch zurückdürfen. (…) Die polnischen Grenzbeamten würden die Lebensmittellieferung aus dem nahen polnischen Dorf Usnarz Gorny unterbinden, hieß es. Auch würde kein medizinisches Personal durchgelassen. Polnische Reporter weisen darauf hin, dass die Flüchtlinge verbal Antrag auf Asyl stellen, die Grenzbeamten täten so, als würden sie dies nicht hören. (…) Mittlerweile hat die nationalkonservative Regierung in Warschau auch 1.000 Soldaten zur Grenze im Nordosten des Landes beordert, um Stärke zu demonstrieren…“ Aus dem Artikel von Jens Mattern vom 22. August 2021 bei Telepolis externer Link. Siehe hier weitere Informationen zur polnischen Flüchtlingspolitik (für die belarussische siehe das Dossier Lager für Flüchtlinge in Belarus: So zeigt man dem Diktator-Partner, was Humanität ist. Und bezahlt auch ihn dafür…):

  • Abschottung trotz Vollbeschäftigung: Polens Premier Premier Tusk will nicht nur das Asylrecht aussetzen – er will auch die Arbeitsmigration drosseln New
    „… Bei Marathon International Logistics in Posen brummt der Laden. 400 Lkw sind für das Unternehmen europaweit unterwegs. Und nächstes Jahr soll um weitere 100 Fahrzeuge aufgestockt werden. Doch dafür braucht es Fahrer. Die Vize-Vorstandsvorsitzende Aleksandra Kaszub sieht hier Probleme auf sich zukommen: „Wir erwarten eine Situation, in der uns der Einstellungsprozess noch mehr Zeit und Mühe abverlangt, die Dokumente zusammenzubekommen.“ Der Prozess werde komplizierter, und das sei schädlich für die Entwicklung des Unternehmens. (…) Grund für Kaszubs Sorgen ist die neue Migrationsstrategie von Polens Regierung. Premier Donald Tusk hatte sie Mitte Oktober vorgestellt. (…) Tusk hat klar gemacht, was sein vorrangiges Ziel ist: „Mir wäre es zunehmend lieber, die Arbeitsmigration würde Köpfe bedeuten und nicht nur billige Arbeitskräfte.“ Nach und nach dämmert vor allem Unternehmern, was das für sie bedeuteten könnte. Denn in der Baubranche, der Gastro- oder der Logistikbranche suchen die Unternehmen weniger qualifizierte Arbeitskräfte. Hier kommt bereits jetzt bis zu einem Viertel der Beschäftigten aus Nicht-EU-Ländern. Bei Marathon International Logistics ist es sogar die Hälfte. Ukrainer, Belarusen oder Georgier sichern der Firma den wirtschaftlichen Erfolg. Denn unter den Polen gibt es immer weniger Menschen, die manuelle Arbeit machen wollen. (…) Der polnische Arbeitsmarkt ist so leergefegt wie nie seit 1990, seit dem Ende des Kommunismus. Es herrscht quasi Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote liegt laut Eurostat gerade mal bei 2,9 Prozent und ist damit nach der von Tschechien die zweitniedrigste in der EU. Hinzu kommt, wie in vielen anderen europäischen Ländern, die demografische Entwicklung. 2023 verzeichnete das Land das sechste Jahr in Folge einen Bevölkerungsrückgang. Laut aktuellen Prognosen könnte Polen bis 2035 zwei Millionen Arbeitnehmer verlieren. Unternehmen setzen deshalb verstärkt auf Arbeitskräfte aus dem Ausland. Aktuell arbeiten rund 1,1 Millionen Ausländer in Polen, was 6,7 Prozent der gesamten Arbeitnehmerschaft in Polen entspricht. Den Großteil machen Ukrainer aus, gefolgt von Belarusen – also Polens direkte Nachbarn. Doch in den letzten Jahren gab es einen verstärkten Anstieg von Migration aus weit entfernten Ländern wie Bangladesch oder Nepal, aus Kolumbien oder Simbabwe. Teilweise verfünffachte sich hier die Zahl der Anträge für eine Arbeitserlaubnis von 2022 auf 2023. (…) Maciej Wronski, Vorsitzender eines Arbeitgeberverbandes im Bereich Transport und Logistik, ärgert sich über die Pläne der Regierung. (…) Noch hat er Hoffnung, dass die Strategie so nicht umgesetzt wird. Die Regierung müsse ja irgendwann merken, dass sie an der Realität vorbei plane.“ Beitrag von Kristin Joachim vom 23. November 2024 bei tagesschau.de externer Link
  • Polen nach den Wahlen: Geht mit dem Regierungswechsel nun die Chance auf eine neue Migrationspolitik einher?
    „… Seit der politischen Transformation von 1989 wurde Polen als postkommunistisches Land definiert, das „auf Migration warte“. In den Folgejahren einer „Politik ohne Politik“ kam es nicht nur zu Demokratisierungs-, sondern auch zu Europäisierungsprozessen, das heißt der Anpassung der polnischen Grenzpolitik an EU-Standards. Die Auswirkungen sind nach wie vor spürbar. Bis heute gibt es in Polen keine kohärente Migrationspolitik, geschweige denn ein Integrationsmechanismus, der auf humanitären Prinzipien beruht. (…) Die seit der Transformation ergriffenen Maßnahmen zielten darauf, Migrant:innen davon abzuhalten, langfristig in Polen zu bleiben. Mit den EU-Beitrittsverhandlungen, die 2004 mit dem Beitritt Polens endeten, wurde ab Ende der 1990er Jahre Fragen der Migration mit dem Thema Sicherheit verknüpft. Mit dieser Versicherheitlichung der Migrationsfrage und dem politischen Druck, den Grenzschutz zu verstärken, wurde die öffentliche Debatte zum Thema immer weiter eingeschränkt und auf die Botschaft „Die Grenzen müssen verteidigt werden“ reduziert. Anstatt über eine systematische gesellschaftliche Inklusion zu sprechen, wurde in Polen das Zepter des Handelns dem Grenzschutz anvertraut. Infolgedessen wurden in den letzten drei Jahrzehnten geschlossenen Haftanstalten für Migrant:innen eröffnet, die Grenzen militarisiert und Abschiebepraxen ausgebaut. Einem Verständnis von Flucht und der Sicherstellung systemischen Schutzes für Geflüchtete wurde wenig Bedeutung beigemessen, Diskussionen über die Integration von Geflüchteten, Rassismus, Entmenschlichung und soziale Spaltung nicht geführt. Seit 2015 hat sich diese Tendenz nochmals verstärkt, ein Narrativ der Angst vor einem „Zustrom von Migranten“und der „Notwendigkeit“, sich gegen „die Anderen zu verteidigen“, ist dominant geworden. (…) In den am 15. Oktober 2023 stattgefundenen Parlamentswahlen konnte nun überraschend die sogenannte demokratische Opposition der letzten acht Jahre bestehend aus der Bürgerkoalition [Koalicja Obywatelska], dem Dritten Weg [Trzecia Droga] und der Neuen Linke [Nowa Lewica] eine Mehrheit erringen. Sie wird voraussichtlich Ende Dezember/Anfang Januar 2024 eine Regierung bilden. Schon vor den Wahlen erklärten die drei Parteien ihren Willen, in vielen Bereichen den Fragen reproduktiver Rechte, der Klimagerechtigkeit, der Unabhängigkeit der Gerichte oder der Wohnungsfrage Änderungen aus menschenrechtlicher Perspektive vorzunehmen. Auf migrationspolitische Herausforderungen fehlen allerdings damals wie heute Antworten. Dazu gehören das seit langem bestehende systematische Fehlen einer Integrationspolitik, der institutionelle Rassismus sowie ein immer stärker werdender fremdenfeindlicher Diskurs. (…) Nach den Wahlen wurde zudem eine parlamentarische Gruppe für Migrationspolitik eingerichtet, die NGOs, die sich für Migrant:innen einsetzen, zu ihren Beratungen hinzugezogen hat. Es ist jedoch schwer zu sagen, ob die Arbeit dieser Gruppe einen wirklichen Einfluss auf die Ergebnisse des konkreten Regierungshandelns und die Einstellung der Parteien haben wird, die sich bisher in Bezug auf die Rechte von Migrant:innen sehr zurückhaltend gezeigt haben. Wir erwarten zumindest eine Rücknahme der bisherigen Kriminalisierung und Repression gegen Einzelpersonen und Organisationen, die im polnisch-belarussischen Grenzgebiet humanitäre Hilfe leisten. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Koalition zu substanzielleren Veränderungen führen wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die jüngsten Wahlen im Feld der Migration nicht viel verändert haben. NGOs und Aktivist:innen haben noch einen langen Weg vor sich, um die Regierung dazu zu zwingen, einen sozialen Wandel herbeizuführen. Was die letzten drei Jahrzehnte zeigen ist allerdings, dass der Ausgangspunkt dafür in einer grundsätzlich veränderten Perspektive auf Migration liegen muss.“ Einschätzung von Katarzyna Czarbota und Aleksandra Łoboda von der Helsinki Foundation for Human Rights bei medico international am 28. November 2023 externer Link
  • Polen: Hungerstreiks in »bewachten Zentren«. In Polen inhaftierte Geflüchtete protestieren gegen Unterbringung in Gefängnislagern 
    „Mehrere Tage lang waren über 70 Geflüchtete im polnischen Przemyśl in der vergangenen Woche im Hungerstreik, einige hatten auch keine Flüssigkeit mehr zu sich genommen. Ihr Protest in einem Flüchtlingsgefängnis begann am Dienstag und wurde am Samstag gewaltsam beendet. Maskierte Polizisten haben die Anstalt in der Nähe der Karpaten an der ukrainischen Grenze gestürmt und einige der Hungerstreikenden dabei verletzt. Laut der solidarischen Grupa Granica seien die Insassen von der Polizei eingeschüchtert und bedroht worden. Einer der Demonstranten sei ins Krankenhaus gebracht, andere in Gewahrsam genommen worden. Nachdem die Polizei weitere Verhaftungen oder sogar Isolationshaft angedroht habe, hätten die Menschen ihren Protest gestoppt. (…) Przemyśl ist eines der sechs berüchtigten Gefängnislager, in denen die Regierung Asylsuchende unterbringen lässt. Offiziell firmieren diese als »bewachte Zentren« und stehen unter Verwaltung der Grenzschutzbehörden. Betroffen sind ausschließlich Menschen, die über Belarus nach Polen eingereist sind. Die meisten von ihnen kommen aus Krisenstaaten wie etwa Syrien, Irak, Iran, Afghanistan, Pakistan, Kamerun, Niger oder Somalia. Viele wollen eigentlich nach Deutschland weiterreisen und dort ihren Asylantrag stellen. In den umzäunten Lagern mit vergitterten Fenstern waren bereits Tausende Männer, Frauen und Kinder eingesperrt. Laut der Grupa Granica sollen im ersten Halbjahr 2023 über 1000 Menschen dort hingebracht worden sein, darunter 56 Minderjährige. Ihre Haft kann von sechs Monaten auf bis zu 18 Monate verlängert werden. Über die Dauer der Unterbringung und die mögliche Verlängerung entscheidet ein Gericht, mögliche Alternativen zur Inhaftierung werden dabei nicht berücksichtigt. (…) Immer wieder treten die Insassen der sechs »bewachten Zentren« in den Hungerstreik, die Aktion in Przemyśl war jedoch die bislang größte dieser Art in Polen. Kleinere Hungerstreiks soll es der Grupa Granica zufolge weiterhin in Krosno Odrzański geben, wo zwei Personen damit ihren Protest ausdrücken. In Kętrzyn verweigert eine Person seit Mitte August das Essen.“ Artikel von Urszula Bertin und Matthias Monroy vom 14. September 2023 in Neues Deutschland online externer Link, siehe dazu noch:

    • Polen ist kein sicherer Staat
      „Die Ampel-Koalition diskutiert, welche Länder als »sichere Drittstaaten« eingestuft werden sollen, um Asylsuchende im vereinfachten Verfahren dorthin zurückschieben zu können. Kritiker weisen daraufhin, dass Angehörigen verschiedener Minderheiten auch in den Kandidaten Georgien oder Moldawien Verfolgung droht. Auch in manchen EU-Staaten sind Geflüchtete nicht sicher. Bekannt ist dies für Griechenland: Deutsche Gerichte urteilen, dass sogenannte Dublin-Überstellungen dorthin gegen die Menschenrechte verstoßen. Die gleichnamige Verordnung bestimmt, dass Asylsuchende dort den Ausgang ihres Verfahrens abwarten müssen, wo sie zuerst in die EU eingereist waren. Auch Polen verletzt unablässig die Menschenrechte für Geflüchtete. Schon die massenhaften Zurückschiebungen an der Grenze zu Belarus wären Anlass genug, Dublin-Überstellungen aus anderen EU-Staaten nach Polen zu stoppen. Dass asylsuchende Erwachsene und Kinder bis zu eineinhalb Jahre in einem Gefängnislager verbringen müssen und schikaniert werden, dürfen die Bundesregierung und Brüssel nicht länger ignorieren.“ Kommentar von Matthias Monroy vom 14. September 2023 in Neues Deutschland online externer Link
  • Illegal eingereist: Liefert Polen wehrpflichtige Männer an die Ukraine aus? 
    „… Etwa 80.000 wehrpflichtige ukrainische Männer befinden sich laut ukrainischen Behörden derzeit in Polen. Der ukrainische Abgeordnete Dawyd Arachamija, Fraktionsvorsitzender der Partei von Wolodymyr Selenskyj, „Diener des Volkes“, will sie in die Ukraine zurückholen. Er schlägt vor, dass die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden die Auslieferung von wehrpflichtigen Männern beantragen, die die Ukraine „illegal verlassen“ haben, um der Einberufung zu entkommen. Auf Anordnung von Präsident Selenskyj sollen alle nach dem 24. Februar 2022 von militärärztlichen Kommissionen ausgestellten Bescheinigungen über Dienstuntauglichkeit überprüft werden. Die Behörden in Kiew gehen davon aus, dass bis zu Zehntausende von Männern im wehrpflichtigen Alter gegen 3.000 bis 15.000 Dollar falsche Bescheide erhalten haben könnten. (…) Um all diese Männer ins Land zurückzubringen, muss die Ukraine für jeden von ihnen ein internationaler Haftbefehl ausstellen. Ein Sprecher des Hauptkommandos der polnischen Polizei erklärte gegenüber Rzeczpospolita, wie das funktionieren soll: „Wenn wir einen ausländischen Staatsbürger, zum Beispiel bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle, festhalten, zeigt unser System, dass es sich um eine Person handelt, die von der ukrainischen Staatsanwaltschaft gesucht wird, da dort Interpol-Daten vorhanden sind. Wir nehmen eine solche Person fest und informieren die Staatsanwaltschaft. Ob sie ausgeliefert wird, entscheidet das polnische Gericht“. (…) Nach Informationen, die Rzeczpospolita vom Grenzschutz erhalten hat, liefert Polen im Rahmen eines Abkommens mit der Ukraine bereits ukrainische Bürger aus, die Einwanderer nach Europa schleusen. (…) Die Ukraine hat neben Polen gemeinsame Grenzen mit weiteren Ländern, in die ukrainische Männer eingereist sein könnten:die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Moldawien. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Geflüchteten in die Zehntausende gehen könnte.“ Meldung vom 4. September 2023 in der Berliner Zeitung online externer Link

  • Besonders schmerzhafte Ungleichbehandlung von Schutzsuchenden in Polen – das nun auch noch eine Verschärfung des Ausländerrechts beschlossen hat
    • Unerträgliche Ungerechtigkeit: Die Ungleichbehandlung von Schutzsuchenden aus der Ukraine und aus anderen Ländern ist bekannt. In Polen ist sie jedoch besonders schmerzhaft sichtbar.
      „Nicht alle Schutzsuchenden sind gleich. Zumindest suggeriert das die Ungleichbehandlung von Schutzsuchenden aus der Ukraine und Schutzsuchenden aus anderen Teilen der Welt. Die einen erhalten ohne bürokratischen Aufwand und individuelle Prüfungen ein Bleiberecht in Deutschland. Die anderen müssen den monatelangen, kräftezehrenden und ergebnisoffenen Asylprozess über sich ergehen lassen. Die einen dürfen sofort arbeiten, die anderen noch nicht einmal ihren Aufenthaltsort innerhalb der Republik selbst wählen. Allein der Reisepass – also die Nationalität – der jeweiligen Schutzsuchenden ist ausschlaggebend dafür, in welche Kategorie sie einsortiert werden. (…) Die rassistische Ungleichbehandlung fängt aber nicht erst im Aufnahmeland Deutschland an. Polen ist Transitland für viele Schutzsuchende. Im Süden teilt Polen eine 526 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wurden rund 8,5 Millionen Grenzübertritte zu Fuß, per Bus, Auto oder Zug nach Polen registriert. Im Osten grenzt Polen an Belarus. Die sog. „Östliche Landroute“, neben der Balkanroute und dem Weg über das Mittelmeer, eine der meistgenutzten Migrationsrouten nach Westeuropa, führt über Belarus und Polen nach Westeuropa. 186 Kilometer der Grenze verläuft über Land. Dort steht ein über 5 Meter hoher, Stacheldrahtzaun, zusätzlich gesichert mit Kameras, Bewegungsmeldern und seismischen Sensoren. Die Abschottungs-Technologien wurde auch von der EU finanziert. Die Realität für ukrainische Flüchtende und Schutzsuchenden aus anderen Ländern, die über die „Östliche Landroute“ nach Polen gelangen, könnte kaum unterschiedlicher -kaum ungerechter sein. (…) Schätzungen zur Folge hat Polen seit 2021 Zehntausende illegale Pushbacks nach Belarus durchgeführt. Lukaschenkos aktive Provokation hat mittlerweile aufgehört, die Gewalt gegenüber Belarus und Polen reisende Schutzsuchende durch polnische Grenzbeamt:innen nicht. Die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen an der polnisch-belarussischen Grenze reihen sich in die rassistische Abschottungspolitik der EU, die an allen ihren Außengrenzen in Form von Misshandlungen und illegalen Pushbacks zu sehen ist, ein. (…) Allein in der vergangenen Woche (6.-12. Feb. 2023) wurden drei Leichen von Schutzsuchenden im polnischen Grenzwald gefunden. Auch wenn die Identität, sowie die genaue Todesursache der Toten noch ungeklärt ist, ist klar, dass sie Opfer des Grenzregimes wurden und die EU ihren Tod zu verantworten hat. (…) Freiwillige, die Schutzsuchende mittels aktivistischer Interventionen, z. B. in Form von Essens- und Kleidungslieferungen, bei der Durchquerung des ostpolnischen Waldes unterstützen, werden kriminalisiert. (…) Im schlimmsten Fall droht eine mehrjährige Haftstrafe. Wer zu nah an den Grenzwall kommt, riskiert ein Bußgeld und evtl. einen strafrechtlichen Prozess…“ Beitrag vom Marita Fischer vom 1. März 2023 im MiGAZIN externer Link
    • Gestern hat der polnische Sejm eine Verschärfung des Ausländerrechts gebilligt. Die Änderungen bedeuten u.a. massive Einschränkungen des Rechtswegs für von Ausweisung betroffenen Migrant*innen. Frappierend ist, dass auch ein großer Teil der „Linken“ nicht dagegen gestimmt hat – bis auf Partia Razem und einzelne weitere Abgeordnete…“ Thread von kapturak vom  27. Jan. 2023 externer Link mit Verweisen auf polnische Quellen
  • Erneuter Todesfall an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze, Pushback unterkühlter Geflüchteter – und die Regierung feiert Hightech-Flüchtlingsabwehr
    • Erneuter Todesfall eines Flüchtenden an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze bestätigt.  Der BLR-Grenzschutz entdeckte am Samstag die Leiche eines Mannes direkt am Grenzzaun auf belarusischer SeiteTweet von kapturak vom 20. Nov. 2022 externer Link
    • Heute Nacht wurde ein 16jähriger sudanesischer Geflüchteter von @FundOcalenie  in der Eiseskälte an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze allein und massiv unterkühlt aufgefunden. Die Schuhe waren ihm an den Füßen festgefroren, ließen sich nicht abnehmen. Abdulrahman kam ins Krankenhaus. Inzwischen hat ihn der Grenzschutz von dort wieder abtransportiert. Aktivist*innen sind erschüttert. Der 16jährige könne in seinem Zustand nicht einmal gehen. Dem Jugendlichen droht ein umgehender Pushback nach Belarus. Temperaturen in den Wäldern an der Grenze zu Belarus bei bis zu -10 Grad.“ Thread von kapturak vom 19. Nov. 2022 externer Link zu einer Meldung von Fundacja Ocalenie externer Link (@FundOcalenie) mit dem Aufruf an diese zu spenden externer Link
    • Hightech-Flüchtlingsabwehr. Das PL-Innenministerium präsentierte diese Woche den ersten Abschnitt der „elektronischen Barriere“ an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Auf fast 200km Länge werden ca. 3000 Wärme- und Nachtsichtkameras sowie 400km Detektions-Kabel verbaut.“ Tweet von kapturak vom 20. Nov. 2022 externer Link mit Fotos aus der polnischen Presse
  • [Ab dem 1. August – trotz unzähliger Berichte über schlimme Zustände & Inhaftierungen möglich] Dublin-Abschiebungen nach Polen müssen gestoppt werden 
    Sie haben die lebensgefährliche EU-Außengrenze Belarus-Polen überwunden, stellen einen Asylantrag – und kommen in Haftzentren mit zu wenig Platz, Beratung und medizinischer Versorgung. Viele Schutzsuchende fliehen nach Deutschland weiter. Doch ab dem 1. August droht ihnen die Abschiebung nach Polen – trotz systematischer Grundrechtsverletzungen.
    Das polnische Dorf Wędrzyn ist nur etwa 50 Kilometer von Frankfurt (Oder) entfernt. Vor knapp einem Jahr wurde in Teilen des gleichnamigen Truppenübungsplatzes ein »bewachtes Zentrum für Ausländer« eingerichtet, wie es beschönigend heißt. Damit reagierte Polen darauf, dass mehr Schutzgesuche als zuvor gestellt werden. Seither hat das Haftlager den Ruf, das schlimmste in Polen zu sein. Berichten zufolge sind knapp 600 Personen in Wędrzyn inhaftiert. Das sind sowohl Personen im Asylverfahren als auch Drittstaatler*innen im Ausweisungsverfahren, etwa nach der Strafhaft. Und das unter extremen Bedingungen: Zeitweise müssen sich in Wędrzyn rund 24 Schutzsuchende einen Raum teilen. Die Unterbringung in solchen geschlossenen Lagern droht auch den Schutzsuchenden, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens aus einem EU-Land nach Polen zurückgeschoben werden, weil sie dort die EU zuerst betreten hatten.
    Zwar hatte Polen im Februar 2022 diese Dublin-Rückübernahmen vorübergehend eingestellt – angesichts der Aufnahme von mehr als einer Million ukrainischer Flüchtlinge, die vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine flohen. Mit Schreiben vom 23. Juni 2022 gab Polen jedoch bekannt, ab dem 1. August 2022 wieder Dublin-Überstellungen zu akzeptieren. Doch darauf darf Deutschland nicht eingehen! Schutzsuchende, die vor der unhaltbaren Behandlung in Polen nach Deutschland weitergeflohen sind, dürfen nicht nach Polen zurückgeschoben werden – denn dort werden sie absehbar systematisch inhaftiert. Da die Haftbedingungen für Geflüchtete in Polen menschenunwürdig und erniedrigend sein können, stellt dies einen systemischen Mangel im Aufnahmesystem dar. Deutschland muss in diesen Fällen per sogenanntem Selbsteintritt auf die Abschiebungen nach Polen verzichten und die Asylverfahren selbst durchführen…“ Pro-Asyl-Pressemitteilung vom 28.07.2022 externer Link
  • Im Flüchtlingsgefängnis von Białystok 
    „In Polen werden Flüchtlinge, die einen Asylantrag stellen und ein Recht auf Schutz haben, ebenso inhaftiert wie Menschen, die in ihre Heimat abgeschoben werden sollen. Sie sind oft monatelang hinter Gittern. Meral Zeller und Elisa Rheinheimer von PRO ASYL haben ein solches Gefängnis im Osten des Landes besucht. Eine meterhohe Mauer zieht sich um das Gelände des Gefängnisses von Bialystok, das offiziell »Guarded center for Foreigners« heißt, also »bewachtes Lager für Ausländer«. Es befindet sich auf dem Gelände des polnischen Grenzschutzes, das Areal ist weitläufig. Das Gefängnisgebäude selbst, ein Backsteinbau, ist von einer weiteren Mauer mit Stacheldraht umgeben. Ein Schild mit dem blau-gelben Sternenkranz der EU prangt neben dem hohen Eisentor am Eingang. Es sieht aus, als seien hier Schwerverbrecher untergebracht. Tatsächlich sind Flüchtlinge inhaftiert. Dank unserer polnischen Partnerorganisation, Anwält*innen der Menschenrechtsorganisation Helsinki Foundation for Human Rights, erhalten wir Zugang; der schriftlichen Antragstellung von PRO ASYL wurde stattgegeben. Dass wir hereingelassen werden, zeigt auch: Es ist eines der besseren Einrichtungen des Landes. Die Zustände in vielen anderen Haftzentren sind bedeutend schlechter, wie wir aus Erfahrungsberichten von Geflüchteten wissen. Weitere Akteure, darunter unabhängige Psychotherapeut*innen, bestätigen, dass ihnen immer wieder der Zugang zu verschiedenen Lagern versperrt bleibt. Die Verwaltungschefin holt uns am Eingang ab und führt uns zum Gefängnisgebäude. Im Innenhof ist eine Sportanlage, doch sie ist verwaist, niemand ist zu sehen. Die Häftlinge könnten diese jederzeit nutzen, beteuert die Verwaltungschefin, ebenso wie die Bibliothek. Die Schilderungen der Gefangenen hören sich anders an. »Wir dürfen nirgendwo alleine hingehen, es muss immer eine Lehrperson oder jemand von der Security dabei sein«, erklärt ein Mann. Eine Kinderzeichnung an der Wand zeugt davon, dass hier bis vor kurzem noch Familien mit Kindern untergebracht waren, nun wurden diese in ein anderes Haftzentrum verlegt und Białystok dient als Haftanstalt für Männer. Viele von ihnen erzählen, dass sie schon seit über sechs Monaten inhaftiert sind, in wechselnden Lagern. Einen Grund für die mehrfache Verlegung kennen sie nicht, jedoch wird mit jedem Wechsel die mühsam gesuchte Unterstützung schwieriger…“ Bericht von und bei Pro Asyl vom 20. Juli 2022 externer Link
  • Die Mauer, Stolz der polnischen Regierung, unterbindet die Fluchtbewegungen nicht, erhöht aber die Gefahr für Leib und Leben der Menschen 
    Dies ist dem mit Fotos und Links versehenen Thread von kapturak vom 9.7.2022 externer Link zu entnehmen: „Nachdem die PiS-Regierung stolz die Fertigstellung der Barriere an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze verkündet hat, gibt es erste Aufnahmen davon, wie Flüchtende den Zaun überwinden. @GrupaGranica  meldet zuletzt wieder steigende Flüchtlingszahlen. Die Mauer unterbindet die Fluchtbewegungen nicht, erhöht aber die Gefahr für Leib und Leben der Menschen. @GrupaGranica berichtet aktuell von vielen Flüchtenden mit gebrochenen Gliedmaßen. U.a eine Schwangere fiel von der Barriere und brach sich ein Bein. Die EU-Ostmauer durchschneidet ganze Landschaften,  zieht sich durch Wälder, Sümpfe, Flüsse…“
  • Verloren im Niemandsland: Flüchtlinge an der belarussisch-polnischen Grenze – Aktivisten, die ihnen helfen, werden eingeschüchtert und verfolgt 
    Sie kommen aus Syrien, Afghanistan und Mali und versuchen in die EU zu gelangen: Flüchtende im Urwald an der Grenze zwischen Belarus und Polen. Aktivisten, die ihnen helfen, werden eingeschüchtert und verfolgt. (…) Offiziell sind seit August 2021 auf polnischer Seite der Grenze 15 Menschen ums Leben gekommen. Die Grupa Granica-Freiwilligen sprechen jedoch von einem Vielfachen dieser Zahl. Denn vielen Migranten, die in Gefahr gerieten, gelinge es nicht, eine SMS mit Hilferuf aus den Sümpfen zu schicken, weil es dort keinen Empfang gibt oder weil der Grenzschutz zuvor ihre Powerbanks und Smartphones zerstört hat. (…) Dabei verbietet das polnische Recht diese Hilfe nicht etwa – im Gegenteil: Es ist sogar strafbar, Menschen in Not Hilfe zu verweigern. Trotzdem geht der polnische Staat gegen Menschen vor, die Flüchtlingen helfen. Im April 2022 wurde Oliwkas und Kubas Mitstreiterin Weronika des Menschenschmuggels beschuldigt. Sie hatte ihre Kollegen mit Lebensmitteln und Kleidung zur nächsten Flüchtlings-Gruppe im Wald gebracht und war allein in einem leeren Auto zurückgefahren, als sie von der Polizei angehalten wurde. Die SMS mit einem Hilferuf von Flüchtlingen auf ihrem Handy reichte den Polizisten aus, um die 21-Jährige für 48 Stunden festzunehmen. „Der Beamte erklärte mir, dass als Flüchtling nur gilt, wer vor einem Krieg in das nächstgelegene Land flieht“, berichtet Weronika. „Die Menschen in den Wäldern gelten also nicht als Flüchtlinge, daher darf ihnen auch nicht geholfen werden.“ Die Staatsanwaltschaft forderte drei Monate Untersuchungshaft – doch das Gericht stimmte nicht zu. Nun ist die Studentin zwar auf freiem Fuß, muss aber seit vier Monaten regelmäßig zu Anhörungen vor Gericht erscheinen. Theoretisch drohen ihr bis zu acht Jahre Gefängnis. (…) Acht solcher Internierungsstellen gibt es in Polen derzeit, verteilt über das ganze Land. In Bialystock sind derzeit rund 700 Menschen eingesperrt. Im Frühjahr 2022 waren es an die 2000. Sie sitzen ohne Anklage und Verfahren ein, bis entschieden ist, ob sie deportiert werden – oder Asyl erhalten. Im Internierungszentrum Wedrzyn, unweit der deutschen Grenze, sind Flüchtlinge in einen Hungerstreik getreten, um gegen ihre Internierung zu protestieren. Das Büro des vom polnischen Parlament gewählten Ombudsmannes, der für die Einhaltung der Menschenrechtsstandards im Land zuständig ist, hat einen Bericht veröffentlicht, der die dramatischen Zustände schildert, unter denen die in Wedrzyn Internierten leben müssen: weniger als zwei Quadratmeter pro Person, kein Kontakt zu Familie oder Anwälten, keine Spaziergänge, mit Dutzenden von Fremden in einem Raum…“ Reportage von Agnieszka Hreczuk vom 07.07.2022 bei dw.com externer Link – wir empfehlen erneut die Berichterstattung von kapturak externer Link auf Twitter
  • Grenzmauer in Polen an der Grenze zu Belarus ist fertig: PRO ASYL kritisiert weitere Aufrüstung gegen Flüchtlinge an der EU-Außengrenze 
    „… Es ist noch keine Woche her, dass Schutzsuchende an den Grenzmauern von Melilla grausam zu Tode kamen. Dennoch intensivieren die EU-Mitgliedsstaaten den Kampf gegen Schutzsuchende an den Grenzen immer weiter. Heute feiern der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki und der polnische Grenzschutz die Hochsicherheitsanlage entlang der polnischen EU-Außengrenze zu Belarus. „Die EU-Grenzen werden durch Mauern, Zäune und Hightech-Überwachung immer gefährlicher und damit tödlicher. Auch hier werden weiterhin Menschen sterben“, kritisiert Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL. Laut Medienberichten kamen seit September 2021 allein an der Grenze zwischen Polen und Belarus mindestens 21 Menschen auf der Flucht ums Leben. (…) Schon Ende August 2021 hatte Polen mit dem Bau eines 2,5 Meter hohen Stacheldrahtzauns entlang der 400 Kilometer langen Grenze zu Belarus begonnen. Im Herbst 2021 beschloss das polnische Parlament die Aufrüstung der Grenzanlage: 180 Kilometer lang, 5,5 Meter hoch aus Stahl, Bewegungsmelder und Wärmebildkameras. Bereits im Januar 2022 wurde mit dem Bau des 353-Millionen-Euro Projekts begonnen, das nun in Rekordzeit  fertiggestellt wurde. Die Grenzanlage ist dabei nur ein Baustein der Abschottung. Zusätzlich sorgte Polen zwischenzeitlich mit Pushbacks (völkerrechtswidrige Zurückweisungen), mehreren Tausend Soldat*innen sowie weitreichenden Gesetzesänderungen, mit denen das Land internationales Recht bricht, dafür, dass der Zugang zu Schutz in Polen unmöglich geworden ist. Leidtragende sind Schutzsuchende unter anderem aus dem Irak, aus Syrien, Afghanistan und Jemen, die versuchen, über die östliche Route in die EU einzureisen…“ Pressemitteilung vom 30. Juni 2022 von und bei Pro Asyl externer Link, siehe auch:

  • Rechtlos in Polen. Letzter Ausweg Hungerstreik: Schutzsuchende über Monate ohne Zugang zu Asylverfahren inhaftiert. Zuständige Behörden ignorant 
    Adäquate medizinische und psychologische Betreuung, eine unabhängige Begleitung des Asylprozesses und Unterbringung in einem offenen Aufnahmezentrum: Das sind die Forderungen der Schutzsuchenden, die seit Monaten in polnischen Internierungslagern festgehalten, abgeschottet und misshandelt werden. In Lesznowola südlich der Hauptstadt Warschau befinden sich zehn von ihnen seit 28 Tagen im Hungerstreik. Es sind politisch verfolgte Kurden aus dem Irak und der Türkei. Aktivisten berichteten junge Welt, dass sich am Montag weitere inhaftierte Asylsuchende aus anderen Zentren dem Hungerstreik angeschlossen haben. Die Streikenden in Lesznowola haben ihre Forderungen per SMS nicht nur an Unterstützer, sondern auch direkt an die mit dem Management der Zentren befassten polnischen Grenzbeamten gerichtet. Versuche von Aktivisten, mit den Beamten in Kontakt zu treten, blieben ebenso erfolglos wie immer wieder organisierte Demonstrationen, zuletzt am Sonntag vor dem Internierungslager, der Streik und offizielle Anfragen von einigen polnischen Parlamentariern. (…)
    Eine polnische Psychologin und Aktivistin, die sporadisch Kontakt zu Internierten hat, berichtete jW von den menschenrechtswidrigen Zuständen in dem Lager in Lesznowola. So wurde unter anderem der Internetzugang der Inhaftierten radikal beschränkt. Ihnen ist der Zugang zu sozialen Netzwerken verwehrt, und auf ihr E-Mail-Postfach haben sie nur eine halbe Stunde pro Tag Zugriff. Bei ihrer Ankunft müssen sich die Schutzsuchenden Leibesvisitationen unterziehen, private Lebensmittel werden vom Wachpersonal in den Müll geworfen. Über 2.000 Menschen, darunter auch Hunderte Frauen und Kinder, befinden sich derzeit nach jW-Informationen in Polen in Internierungshaft. Offiziell werden die Gefängnisse als »bewachte Zentren für Ausländer« bezeichnet. Dieser Euphemismus verdeckt die systematischen Rechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen durch die polnischen Beamten hinter den Mauern und Zäunen. Nach ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung stehen den Gefangenen nur zwei Quadratmeter pro Person zu…“ Artikel von Marita Fischer in der jungen Welt vom 01.06.2022 externer Link – wir verweisen erneut auf die aktuelle Berichterstattung von kapturak auf Twitter externer Link
  • [Strafanzeigen gegen Helfende] Schmuggler oder Retter? Polens gespaltene Haltung zur Hilfe für Flüchtlinge 
    Warum werden Freiwillige an der ukrainischen Grenze wie Helden behandelt, während diejenigen, die Familien bei der Überfahrt aus Weißrussland helfen, strafrechtlich verfolgt werden?
    Weronika Klemba hatte gerade eine Gruppe anderer Freiwilliger in einem Wald nahe der polnisch-weißrussischen Grenze abgesetzt, als sie von der Polizei angehalten wurde. Die 21-jährige Studentin wollte nicht verraten, dass sie dort war, um einigen der Hunderten von Menschen zu helfen, die in den Wäldern leben, denn „ich wollte nicht, dass sie erfahren, wo die Flüchtlinge sind“, sagt sie. „Ich wusste, dass sie in einem schlechten Zustand waren, und ich wollte nicht, dass sie nach Weißrussland zurückgeschoben werden.“ Klemba, die als Freiwillige für den Club der Katholischen Intelligenz in der Nähe der Grenze arbeitet, sagt, dass sie dann verhaftet wurde und man ihr sagte, sie sei eine „verdächtige Person“. Das erste, was ihre Eltern von ihrer Verhaftung erfuhren, war, als die Polizei am nächsten Morgen ihre Wohnung in Warschau betrat, um nach Klembas Computer zu suchen. Klemba wurde 48 Stunden lang auf der Polizeiwache festgehalten, bevor sie freigelassen und wegen der Organisation eines illegalen Grenzübertritts angeklagt wurde. (…)
    Erst im vergangenen Monat sammelte Klemba mehr als 60.000 Zloty (10.700 £), um ukrainischen Kriegsflüchtlingen zu helfen. Doch nun drohen ihr acht Jahre Gefängnis für ihre Bemühungen, verschiedenen Flüchtlingen an der weißrussischen Grenze zu helfen. „Die Leute waren sehr stolz auf mich und gratulierten mir, und wenn ich dann an die andere Grenze gehe, bin ich in den Augen der Machthaber eine Kriminelle“. Klemba macht keine solche Unterscheidung: „Jeder sollte Hilfe bekommen, wenn er sich in einer schlechten Situation befindet, egal welche Nationalität er hat. Ich denke, das ist ganz klar.“
    Polen hat seit dem Einmarsch der Russen etwa 2,5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, doch an der Grenze zu Weißrussland gibt es nach wie vor eine 3 km lange Sperrzone, die Hilfskräfte nicht betreten dürfen. Die polnischen Behörden behaupten, die weißrussische Regierung organisiere eine „hybride Operation“, indem sie „illegale Einwanderer“ an die polnische Grenze schickt, die zurückgedrängt werden.
    Eine neue Mauer, die sich fast über die Hälfte der belarussischen Grenze erstreckt, wird derzeit gebaut, und die Freiwilligen vor Ort, von denen viele auch an der ukrainischen Grenze helfen, berichten, dass ihre Arbeit an der belarussischen Grenze zunehmend kriminalisiert wird. Die Freiwilligen berichten, dass die Behörden eine härtere Gangart einlegen und dass Personen, die früher vielleicht nur eine kleine Geldstrafe für die Hilfe von Flüchtlingen erhalten haben, nun mit einer Strafanzeige rechnen müssen.
    Klemba ist einer von immer mehr Personen, die wegen „Organisation eines illegalen Grenzübertritts“ angeklagt sind. Am 22. März wurden vier Personen drei Tage lang festgehalten und angeklagt, nachdem sie festgenommen worden waren, weil sie versucht hatten, einer Familie mit kleinen Kindern im Wald Hilfe zu leisten…“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Artikel von Katy Fallon vom 15.4.2022 in The Guardian externer Link

  • Solidarität in Zeiten von Krieg und Vertreibung: Anarchist*innen an der polnisch-belarussischen Grenze 
    „Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sind fast vier Millionen Menschen geflohen. Doch dies sind kaum die einzigen Flüchtlinge, die heute aus kriegsgebeutelten Ländern fliehen. Seit 2021 hat die Regierung von Belarus Tausende von Flüchtlingen, die durch Kriege in Syrien, Afghanistan, Irak, Äthiopien und anderswo vertrieben wurden, zynisch als Druckmittel eingesetzt (einige deutsche Politiker*innen und Journalist*innen haben daraufhin Geflüchtete aus Belarus als »hybride Waffen« bezeichnet), um Druck auf die Europäische Union auszuüben. Die EU-Regierungen haben darauf kaltschnäuzig reagiert, indem sie diese Flüchtlinge in der Vorhölle zwischen zwei militarisierten Grenzen gefangen ließen und eine Sperrzone einrichteten, um sicherzustellen, dass Beobachter*innen sie nicht sterben sehen können. Trotzdem haben sich die im No-Borders-Team organisierten Anarchist*innen den Beschränkungen widersetzt, um den Flüchtlingen im Namen einer Welt ohne Grenzen zu helfen. Wir sprachen mit Anarchist*innen, die an der Grenze zwischen Polen und Belarus aktiv sind, um mehr zu erfahren. (…) In den letzten Wochen hat sich die polnische Regierung für die Aufnahme der Millionen von Flüchtlingen gelobt, die vor der russischen Invasion in der Ukraine fliehen. Unzählige Menschen in Polen haben den Müttern, Kindern und älteren Menschen, die Tag für Tag nach Polen kommen, ihre Solidarität bekundet, indem sie den Ankommenden an den Bahnhöfen Transportmöglichkeiten anboten und bereitwillig ihre Häuser für Fremde öffneten. Doch seit Monaten frieren und hungern an der nordöstlichen Grenze Polens Migrant*innen aller Altersgruppen aus dem Irak, Syrien, Afghanistan und anderen kriegszerrütteten Ländern, die in dem Grenzstreifen zwischen Polen und Belarus gestrandet sind. In einer Zeit, in der es weltweit mehr gewaltsam vertriebene Menschen gibt als je zuvor in der Geschichte, wirft diese Katastrophe ein Schlaglicht auf die Ressentiments der Europäischen Union gegenüber nicht-weißen Migrant*innen und deutet auf eine Zukunft hin, in der Regierungen vertriebene Bevölkerungsgruppen systematisch als politische Druckmittel einsetzen werden. (…) »Paradoxerweise hat uns die Situation in der Ukraine die natürliche Nähe und Leichtigkeit vor Augen geführt, wie angesichts von Bedrohungen über Staatsgrenzen hinweg gegenseitige Hilfe geleistet wird«, sagt D-. »Die Beseitigung der Mechanismen zur Entwicklung autoritärer Strukturen ist nur einer der Faktoren, die die Öffnung der Grenzen begünstigen.« Zu den weiteren wichtigen Schritten auf dem Weg zu einer grenzenlosen Welt gehören nach Ansicht der NBT-Aktivist*innen die Entwicklung eines Plans zur langsamen Entmilitarisierung, die Stärkung pro-ökologischer Programme, die gerechte Verteilung und Umverteilung von Ressourcen, die Arbeit zur Beseitigung von Armut und Hunger, die Erziehung zu ethischen Einstellungen und der Aufbau eines Netzwerks sich selbst organisierender und selbst verwaltender lokaler Strukturen…“ Beitrag vom 29. März 2022 von und bei Crimethinc.com externer Link
  • An den polnischen Grenzen herrscht Doppelmoral – Grupa Granica fordert Solidarität gegen Polens doppelzüngige Flüchtlingspolitik
    • An den polnischen Grenzen herrscht Doppelmoral
      Nein, die rechtsgerichtete polnische Regierung ist nicht plötzlich zu einer Truppe liberaler Menschenfreunde mutiert, nur weil sie so solidarisch mit der Ukraine ist. Die Pushbacks an der belarussischen Grenze gehen weiter – und die EU schaut zu.
      An der polnischen Grenze sterben Menschen auf der Flucht – an Erschöpfung, Kälte, Hunger, Durst. Wer sich durch die sumpfigen Urwälder von Belarus nach Polen kämpft, ist dem falschen Versprechen des Diktators Alexander Lukaschenko aufgesessen, dass über Minsk ein vergleichsweise sicherer Weg in die EU führt – die Menschen aus dem Irak, Jemen, Syrien oder Afghanistan sowie vielen afrikanischen Ländern hoffen, in Europa ein besseres Leben führen zu können. Stattdessen erwartet sie oft die Brutalität der polnischen Grenzbeamten. Diese Tragödie geht nicht allein auf Kosten der nationalpopulistischen polnischen PiS-Regierung. Mit ihrem Gerede von einer „hybriden Attacke“ durch den belarussischen Diktator gab die EU der stramm rechten Regierung in Warschau den willkommenen Vorwand, mit aller Härte gegen Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika vorzugehen. Die Grenzschützer behandeln die Frauen und Männer, Kinder und Alten wie Angreifer und Staatsfeinde, die brutal abgewehrt werden müssen – und drängt viele von ihnen in illegalen Pushbacks auf die belarussische Seite…“ Kommentar von Viktoria Großmann vom 2. April 2022 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link, siehe dazu:
    • Building solidarity against Poland’s two-faced refugee policy (Solidarität gegen Polens doppelzüngige Flüchtlingspolitik)
      Die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge in Polen hat das Bild eines Landes gezeichnet, das Flüchtlinge willkommen heißt. Doch die Krise an der Grenze zu Weißrussland erzählt eine andere Geschichte.
      Der Einmarsch Russlands in der Ukraine hat mehr als 10 Millionen Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Die meisten von ihnen haben innerhalb des Landes Zuflucht gesucht, aber bis Anfang April sind etwa 4,2 Millionen Menschen ins Ausland geflohen, von denen sich etwa 2,4 Millionen derzeit in Polen aufhalten. Bei denjenigen, die aufgenommen wurden, sehen wir die Fähigkeit zur Unterstützung als Reaktion auf eine brutale Krisensituation. An und für sich ist dies ein Beispiel dafür, wie Gesellschaften die Täuschung des Mangels teilweise überwinden und die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigen können.
      Gleichzeitig untergräbt die Leichtigkeit, mit der jetzt innerhalb weniger Wochen Hilfe und Unterkunft für Millionen von Menschen organisiert wird, die Grundannahme der angeblichen „Flüchtlingskrise“ in Europa, bei der es nie um einen Mangel an Platz oder Ressourcen ging. Eine Person brachte es auf Twitter auf den Punkt: „Europa hatte nie eine Migrantenkrise. Es hat eine Rassismus-Krise.“ Diese Wahrheit wird nicht nur durch die Art und Weise bestätigt, wie nicht-weiße Flüchtlinge, die die Ukraine verlassen, an den Grenzen behandelt werden, sondern auch durch die humanitäre Krise, die sich seit Sommer 2021 an der polnischen Grenze zu Weißrussland abspielt. Hier werden die Flüchtlinge nicht mit heißem Tee und kostenlosem Transport empfangen, sondern mit Tränengassalven, Stacheldraht und Pushbacks…“ engl. Beitrag der Grupa Granica am 3. April 2022 beim Roar-Magazin externer Link (maschinenübersetzt)
    • Siehe die Homepage von Grupa Granica externer Link und die Berichterstattung von Kapturak auf Twitter externer Link
    • Vor einigen Wochen war der Fotograf Andreas Zierhut an der polnisch-belarusischen Grenze. Aus seinen Gesprächen, u.a. mit einer Aktivistin der @GrupaGranica entstand dieser leise, sehenswerte Film von medico international auf youtube externer Link
  • ai: Immer noch Pushbacks nach Belarus. Vielen Geflüchteten wird in der EU bis heute ein faires Asylverfahren verweigert 
    „… [Hat sich im Zuge der Aufnahme der aus der Ukraine Fliehenden auch die Situation der Menschen verbessert, die seit dem vergangenen Herbst versucht haben, über Belarus in die EU zu gelangen?] Nein, es gibt bis heute Pushbacks in Richtung Belarus. Dabei handelt es sich bei diesen Menschen meist um Syrer*innen oder Afghan*innen, die tatsächlich Zugang zu Asylverfahren gebraucht hätten. Mit ihnen wird völlig anders umgegangen als mit Menschen, die aus der Ukraine fliehen. In dem Zusammenhang haben wir auch die Vorschläge der EU-Kommission scharf kritisiert, die Standards bei den Asylverfahren an der Ostgrenze der EU abzusenken. Dazu gehört, dass Menschen in sogenannten Transitzentren untergebracht werden dürfen. Dazu gehört auch, dass Asylverfahren in die Länge gezogen werden können, um die Einreise möglichst unattraktiv zu machen. Eine Delegation von Amnesty hat sich Mitte März in Litauen, Lettland und Polen einen Überblick über die Lage Geflüchteter verschafft. Was waren Ihre Eindrücke? Wir haben uns bei unserer Recherchereise die Bedingungen in der Abschiebungshaft in diesen Ländern angeschaut. In diesen Haftanstalten sind teils auch Familien mit Kindern untergebracht. Das betrifft tatsächlich Tausende. Sie haben nicht mal die Möglichkeit bekommen, ein Asylverfahren zu durchlaufen, sondern sind gleich in dieser Abschiebungshaft gelandet. Die zulässige Höchstdauer der Abschiebungshaft wurde in Polen, Litauen und Lettland teilweise von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Die Schicksale dieser Menschen werden in der EU ignoriert. Sie müssen sofort aus der Abschiebungshaft entlassen werden, die zudem noch eine völlig unwürdige, menschenunwürdige Unterbringungssituation darstellt…“ Interview von Jana Frielinghaus am 29.03.2022 im ND online externer Link mit Franziska Vilmar, Expertin für Asylpolitik in der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI). Siehe dazu:

  • Flucht nach Polen: Abwesenheit des Staates. Solidarität von unten als Antwort auf Geopolitik von oben. Eindrücke aus Warschau und von der polnisch-belarusischen Grenze 
    „… Der Hauptbahnhof in Warschau ist überlaufen, Tausende Menschen stehen in verschiedenen Schlangen für unterschiedliche Leistungen an. Im ersten Stock wurde aus Decken ein Bettenlager errichtet, die Menschen harren hier seit Tagen aus. Viele wissen nicht wohin. (…) So auch eine Gruppe von Azeris aus Aserbaidschan. Ich erkenne sie am türkischen Dialekt und bin verwundert. Was machen sie hier? Es handelt sich um Bauarbeiter, die in der Ukraine gearbeitet hatten. Einer von ihnen ist über 70. Seit mehr als 23 Jahren hat er dort seinen Unterhalt verdient und steht jetzt vor dem Nichts. Als die ersten Bomben auf Kiew fielen, wurden sie entlassen, der ausstehende Lohn nicht gezahlt. Irgendwie sind sie in einen Zug gekommen und nun im ersten Obergeschoss des Warschauer Bahnhofs gestrandet. Geld für ein Flugticket nach Aserbaidschan haben sie nicht, die Botschaft hat sie abgewiesen. Sie seien selber dafür verantwortlich, wie sie zurückkommen. (…) Wer einen Eindruck von der Ungleichbehandlung „richtiger“ und „falscher“ Kriegsflüchtlinge bekommen möchte, der muss nur einen Blick auf den Twitter-Account des polnischen Grenzschutzes werfen. Zwei Arten von Tweets wechseln sich dort ab. Zum einen werden täglich Zahlen genannt, wie viele weitere Menschen vor dem russischen Krieg in der Ukraine über die Grenze nach Polen geflohen sind. Beim Schreiben dieser Zeilen sind es bereits über 1,5 Millionen Menschen. Zum anderen werden täglich Erfolge bei der Abwehr „illegaler“ Flüchtlinge aus Belarus vermeldet und Fotos durchschnittener Grenzzäune getwittert, betitelt etwa mit: „Am 11. März versuchten 46 Ausländer illegal auf polnisches Territorium zu gelangen. Sie warfen Steine und Baumstämme auf die Grenzschützer. 26 Migranten wurden festgenommen.“ Die ungleiche Behandlung ist himmelschreiend. Menschen, die sowieso schon (oft rassistischer) Diskriminierung ausgesetzt sind, tritt dies in Kriegs- und Krisensituationen nochmal deutlicher gegenüber: Drittstaatsangehörige, Schwarze Menschen, People of Colour und auch Rom:nja sowie LGBTIQ-Personen. In der Ukraine leben zwischen 120.000 und 400.000 Rom:nja, die zu einem erheblichen Teil keine Papiere haben und die an der Flucht aus der Ukraine gehindert werden. Aufgrund historischer Verbindungen zwischen der Sowjetunion und vielen afrikanischen Ländern studierten viele Menschen von dort in der Ukraine. Zudem sei es bezahlbar und trotzdem nah an der EU, sodass viele Familien lange sparen, um ihren Kindern ein Studium in der Ukraine zu finanzieren, erzählt ein Ghanaer, der in Polen lebt und Hilfe organisiert. Er berichtet uns auch vom Überfall eines rassistischen Mobs, der am polnisch-ukrainischen Grenzübergang in Medyka versucht habe, Jagd auf Schwarze und andere PoCs zu machen.(…) Für die Aktivistin, die sich seit Monaten um die aus Belarus Kommenden kümmert, ist die Ungleichbehandlung von Ukrainer:innen einerseits und Menschen aus dem Nahen Osten und afrikanischen Ländern andererseits kaum auszuhalten. „Das ist Rassismus und Segregation“, sagt sie. Genauso wie für unsere Ansprechpartner:innen in Warschau ist es für die Grupa Granica unklar, welche Zukunft vor allem Schwarze, People of Colour und andere in Polen haben, die nicht in den herrschenden Flüchtlingsdiskurs passen. Ihre Perspektive ist denkbar schlecht. Ein Bericht aus Europa im Jahr 2022. Eigentlich undenkbar.“ Bericht von Kerem Schamberger vom 14. März 2022 bei medico international externer Link
  • [Protest gegen den Mauerbau in Wroclaw, Polen] Wir sind ein Riss in eurer Mauer 
    Während des 8. Geburtstags von Samba Wrocław haben wir unseren Widerstand gegen den Bau der Mauer an der polnisch-belarussischen Grenze gezeigt. Die Aktion wurde vom No Borders Team vorbereitet. Ein Video.
    Wir sind der Meinung, dass es keine Grenzen und keine Mauern geben sollte und dass die Menschen nicht in bessere Menschen, die im so genannten reichen Norden leben, und in die zweite Kategorie, den armen Süden, unterteilt werden sollten. Durch das Schüren von Konflikten und die Lieferung von Waffen haben die politischen und wirtschaftlichen Eliten des globalen Kapitals zu lange von dieser Spaltung profitiert. Als gewöhnliche Einwohner*innen Polens haben wir mehr gemeinsam mit einem Kurd*in, der vor der Verfolgung aus Kobane flieht; mit einer afghanischen Frau, die ihrer Grundrechte beraubt und zum Objekt gemacht wird, nur weil sie eine Frau ist, oder einer angolanischen Familie, die vor dem Klimawandel flieht. Als Menschen haben wir die Pflicht, einander zu unterstützen, insbesondere diejenigen, die in Not sind. Auch wenn das Gesetz diese Unterstützung unter Strafe stellt, werden wir nicht taub bleiben für die Schreie unserer Schwestern und Brüder; indem wir uns in einem gemeinsamen Kampf vereinen, verwandeln wir die Krise in eine neue Form der Gemeinschaft. Lasst uns dieses unmenschliche Projekt gemeinsam stoppen! Bericht mit Video vom 12. Februar 2022 bei Enough14D externer Link und:

    • ein weiteres Video von Integration Nightmares auf Twitter externer Link sowie ebd. deren Bericht externer Link: „Rund 200 Anarchist*innen und Linke aus #Germany und #Poland schlossen sich an diesem Samstag in #KrosnoOdrzańskie einer spontanen Demo gegen die Abschiebehaft für Flüchtlinge an. Nach kleinen Zusammenstößen mit der Polizei wurden 11 Personen festgenommen und 3 Personen landeten im Krankenhaus #noborder #RefugeesWelcome
    • Siehe auch den Thread von kapturak vom 13.2.22 externer Link: „… Die 11 Personen, die gestern während des Protests gegen den Flüchtlingsknast festgenommen wurden, sind immer noch nicht frei, müssen eine weitere Nacht im Arrest verbringen…“
  • 130 eingesperrte & schutzsuchende Menschen im Hungerstreik in dem Lager Wędrzyn in der polnischen Grenzregion
    Hinter Mauern und Stacheldraht werden Menschen auf der Flucht seit Monaten in der polnischen Grenzregion in dem Lager #Wędrzyn, in dem gefängnisartige Zustände herrschen, festgehalten und ihrer Freiheit beraubt. Seit gestern sind einige von ihnen im #Hungerstreik. Ohne über Abläufe und Prozesse informiert zu werden oder Zugang zu Anwält*innen zu erhalten, werden sie kriminalisiert und körperlich wie psychisch misshandelt. Seit gestern Morgen, dem 9. Februar, befinden sich 130 eingesperrte & schutzsuchende Menschen in einem #Hungerstreik. Mit ihrer einzigen Möglichkeit zu protestieren, setzen sie ihr letztes Mittel, den eigenen Körper, ein und riskieren ihre Leben. Die Menschen haben Zettel mit dem Wort „Freiheit!“ an ihre Türen gehangen, um ihr Menschenrecht einzufordern. Die EU arbeitet allerdings genau am Gegenteil: Mehr Abschottung, Aufrüstung der Grenzpolizei, ein Mauerbau und das bewusste Sterbenlassen flüchtender Menschen! Wir stellen uns dem entgegen und informieren Menschen über die Zustände in den EU-Grenzregionen…“ Thread von Seebrücke vom 10.2.2022 externer Link
  • 12.02.22: Internationale Demonstration gegen das Auffanglager Vengen in Krosno, Polen: Schluss mit der Kriminalisierung von Migration
    Wir möchten unsere Solidarität mit all jenen zum Ausdruck bringen, die in den geschlossenen Auffanglagern inhaftiert sind. Offiziell werden sie zwar als Erstaufnahmeeinrichtungen bezeichnet, wir ziehen es allerdings vor, von Auffanglagern zu sprechen, weil die Bedingungen, unter denen Menschen dort leben, nichts mit dem zu tun haben, was rechtlich gesehen eine Erstaufnahmeeinrichtung sein sollte. Wir werden diese Menschen nicht vergessen, auch wenn die Behörden alles in ihrer Macht stehende tun, um ihre Existenz aus dem öffentlichen Bewusstsein fernzuhalten. Bewegungsfreiheit ist kein Verbrechen. Jeder Mensch hat das Recht, den Wohnsitz zu wechseln, sei es, weil er ein besseres Leben sucht oder aus jeglichen anderen Gründen. Doch obwohl sie kein Verbrechen begangen haben, werden Migrant:innen in ganz Europa verfolgt und inhaftiert. Das ist inakzeptabel! Um unsere Solidarität zu zeigen, haben wir uns entschieden, dem geschlossenen Auffanglager Vengen einen Besuch abzustatten…“ Aufruf bei Kontrapolis externer Link
  • Erfrieren in der Roten Zone: Die Lage für Geflüchtete in Polen an der Grenze zu Belarus ist weiterhin lebensgefährlich. Das Oberste Gericht hat das Betretungsverbot der sogenannten Rote Zone mittlerweile gekippt 
    „Den ganzen Herbst über blieben die Geflüchteten an der Grenze zwischen Polen und Belarus ein Thema in den Nachrichten, seit dem Jahreswechsel ist es still geworden. »Zu Unrecht«, sagt Katarzyna Wappa, eine Lehrerin aus der Kleinstadt Hajnówka, direkt an dem »Rote Zone« genannten Sperrgebiet. Es ist Mitte Januar. Wappa ist mit anderen Anwohnerinnen und Anwohnern unterwegs, um Essen, Kleidung und Tee in die Wälder der Region zu dort umherirrenden Menschen zu bringen, die es über die Grenze geschafft haben. »In manchen Nächten sind es hier minus 15 Grad Celsius, das ist lebensgefährlich«, sagt sie. Bislang sind offiziell 21 Todesopfer registriert worden, die tatsächliche Zahl könnte weit höher liegen. (…) Wie viele Menschen noch in Belarus und im Grenzstreifen festsitzen und auf eine Möglichkeit zum Grenzübertritt warten, ist unklar. Allein in einem Lagerhallenkomplex im belarussischen Dorf Brusgi hielten sich nach Angaben des Roten Kreuzes am 20. Januar 767 Menschen auf. (…) Polen registrierte 2021 rund 39 700 Versuche, die Grenze illegal zu übertreten. Wie viele – nach willkürlichen Maßstäben – für ein Asylverfahren nach Polen hereingelassen wurden, veröffentlichte die Regierung nicht. Wie viele Menschen, die es illegal über die Grenze geschafft haben, direkt nach Belarus zurückgeschoben wurden, ist ohnehin unklar. Jene, die einreisen dürfen, kommen auf unbestimmte Zeit in Internierungslager. Nach Angaben der polnischen Grenzpolizei befanden sich Ende Dezember 1 750 Asylsuchende in den neun Lagern des Landes. (…) Clara Anne Bünger, eine Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, hatte Kontakt zu einem der Insassen. »Selbst die polnische Ombudsperson hat die Situation in den Haftlagern als Verstoß gegen Artikel drei der Europäischen Menschenrechtskonvention – also das Verbot von Folter – beschrieben«, sagte Bünger dem ND. Ein Geflüchteter aus dem Lager in Wędrzyn habe berichtet, dass er mit über 20 Menschen in einem Raum untergebracht sei. (…) Derweil hat das Oberste Gericht Polens zur Überraschung vieler, die von diesem nur noch der rechtsnationalistischen Regierungspartei PiS genehme Entscheidungen erwartet hatten, am 18. Januar das Betretungsverbot für die sogenannte Rote Zone entlang der Grenze aufgehoben. (…) Geklagt hatten Journalisten der Agentur AFP und des Fernsehsenders Arte, die nach eigenen Angaben aus Versehen in die Zone gefahren und dafür bestraft worden waren. Das Gericht entschied nun, dass die flächendeckende, nicht nur kurzzeitige Sperrung des Gebiets verfassungswidrig sei. Unklar ist, ob die Regierung nun Hilfsorganisationen ungehindert Zugang gewährt.“ Artikel von Christian Jakob vom 27. Januar 2022 aus der Jungle World 2022/04 externer Link
  • Spendensammlung: 4-Wheel-Drive im polnischen Grenzgebiet benötigt! externer Link
  • Erneuter Hungerstreik im polnischen Geflüchtetenlager / Oberstes Gericht in Polen erklärt Zugangsverbot für Journalist*innen/Hilfsorgas an der Grenze für verfassungswidrig
    • Erneuter Hungerstreik im polnischen Geflüchtetenlager Wędrzyn. 7 syrische Gefangene protestieren mit diesem verzweifelten Mittel gegen die fürchterlichen Bedingungen im Lager und die sich unerträglich lange hinziehenden Prozeduren. Trotz wiederholter Proteste, Revolten und Berichte über die katastrophalen Zustände in dem Lager mit über 600 gefangenen Geflüchteten unternimmt die Ausländerbehörde nichts…“ Thread von kapturak vom 20.1.2022 externer Link
    • Das Oberste Gericht in Polen hat das komplette Zugangsverbot für Journalist*innen und Hilfsorgas an der Grenze zu Belarus für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil könnte Präzedenzcharakter für die Geflüchtetenhilfe in der Sperrzone haben. U.a. betont das Gericht, dass es nicht möglich sei, humanitäre Hilfe einzuschränken. Die Verhältnismäßigkeit und die ausnahmslose Allgemeinheit des Verbots wird angegriffen. Besonders stellt das Gericht auch auf das Informationsrecht und die demokratische Aufgabe der Presse ab. Anlass für diese Bewertung durch das Gericht war die Anfechtung der Verurteilung von drei Arte/AFP Journalist*innen, die im vergangenen September in die Zone gefahren waren. Das Oberste Gericht hat diese nun freigesprochen. D.h. Präzedenz, kein direktes Urteil über das Verbot.“ Thread von kapturak vom 20.1.2022 externer Link
    • Suizidversuche, Depression, Ängste – Psychologin über das Flüchtlingsgefängnis Wędrzyn bei Frankfurt (Oder)
      Die Psychologin Maria Książak fährt regelmäßig in die überfüllten polnischen Flüchtlingsgefängnisse in Wędrzyn und Krosno nahe Frankfurt (Oder). Im MOZ-Interview erklärt sie, wie sich die widrigen Zustände auswirken und warum es dort Suizidversuche gibt…“ Artikel von Nancy Waldmann vom 20. Januar 2022 in moz.de externer Link (ab da kostenpflichtig)
  • Schutzsuchende in Gefangenschaft: Hunderte Asylsuchende sitzen in Polen auf unbestimmte Zeit in Haft – ohne Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung und rechtlichem Beistand
    „… Ein Großteil von denen, die es über die Grenze schaffen und nicht direkt weiterreisen können, wird in Polen inhaftiert. Über 2000 Asylsuchende sind nach »nd«-Informationen in geschlossenen Haftlagern interniert. In Krosno Odrzańskie prangt ein Plakat mit Webung für die militärische Ausbildung für den Grenzschutz an einer Mauer, ein Mann mit Kampfausrüstung und Maschinenpistole im Anschlag zielt auf die Betrachterin. Sprechen will man hier weder mit den ausländischen Journalist*innen noch mit einer Delegation von Abgeordneten der Linkspartei.
    Ebenfalls nicht weit von der deutschen Grenze entfernt, in Wędrzyn, befindet sich mitten in einem Militärgebiet ein weiteres geschlossenes Gefangenenlager. Die meisten Menschen, die die polnisch-belarussische Grenze passieren, landen hier. Nach Informationen der polnischen Ombudsstelle sind hier über 600 asylsuchende Männer im Alter über 18 interniert, manchmal auch Minderjährige. Damit ist das Lager schon jetzt überfüllt, weitere 300 Menschen sollen folgen. Viele der Inhaftierten kommen aus Kriegs- und Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan und Irak und haben auch auf der Flucht Gewalt erfahren. In dem Camp sind sie täglich mit Schüssen, Maschinengewehren und Militärangehörigen konfrontiert. Auch hier wird ausländischen Journalist*innen kein Zugang gewährt.
    Tomasz Aniśko sitzt für die Grünen im polnischen Parlament. Er lebt nicht weit von Wędrzyn entfernt und hat das Lager bereits mehrere Male besucht. »Ich wusste selbst lange nicht, dass es dieses Lager gibt«, sagt er gegenüber »nd«. Seit er es weiß, hat er die dort gefangenen Asylsuchenden immer wieder besucht. »Man muss vorsichtig sein, was man erzählt. Ich selbst habe nichts zu befürchten, aber die Inhaftierten könnten bestraft werden, für das, was sie mir erzählt haben«, sagt er. (…)
    Die Menschen sind in ehemaligen Militärbaracken untergebracht, 150 Menschen in einer Baracke, sie teilen sich Kantine und Duschräume. Pro Schlafsaal sind über 20 Menschen verschiedenster Herkunft und Religion untergebracht, etwa zwei Quadratmeter pro Person. Smartphones sind nicht erlaubt, viele Menschen sind so von der Außenwelt abgeschnitten. Die Menschen sitzen auf unbestimmte Zeit in Haft – ohne Informationen über ihr Asylverfahren oder Zugang zu einem Rechtsbeistand, ohne Übersetzer*innen. Legal dürfte das nicht sein…“ Artikel von Ulrike Wagener, Warschau, vom 18.01.2022 im ND online externer Link
  • Belarus-Polen: Das Drama an der Grenze geht weiter 
    „… Noch immer riskieren Männer, Frauen und Kinder ihr Leben, um bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt von Belarus in die EU zu gelangen. Das öffentliche Interesse ist jedoch abgeflaut und die mediale Aufmerksamkeitskarawane hierzulande längst weitergezogen. Das liegt einerseits an den sinkenden Zahlen von Flüchtlingen, die über die Belarus-Route Deutschland erreichen. So hatte die deutsche Bundespolizei für den Oktober noch 5.294 „unerlaubte Einreisen mit Belarus-Bezug“ festgestellt, während sie im Dezember nur noch 521 solcher illegalen Grenzübertritte erfasste. Aber es gibt einen weiteren Einflussfaktor: Die Blockade-Strategie der polnischen Regierung gegen humanitäre Helfer und mediale Berichterstatter scheint zunehmend aufzugehen. Sie basiert vordergründig auf der seit September eingerichteten und hermetisch abgeriegelten Sperrzone entlang der mehr als 400 Kilometer langen Grenze. Sie reicht drei Kilometer ins Land hinein und wird hermetisch überwacht. Bei Eintritt in die Sperrzone drohen Journalisten und Aktivisten bis zu 30 Tage Haft. Derart können Journalisten kaum über Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen durch polnische Sicherheitsbehörden berichten. Zusätzlich schüchtern Militärangehörige Journalisten und Aktivisten immer wieder ein (…) Die Schikane- und Blockadepolitik der polnischen Regierung richtet sich neben Journalisten auch gegen renommierte internationale Hilfsorganisationen. Anfang Januar teilte Médecins Sans Frontières (MSF) mit, dass sie ihre Notfallhelfer aus dem Grenzgebiet abgezogen haben. Obwohl es „immer noch Menschen gibt“, die sich in den Wäldern versteckten und Unterstützung bräuchten, „konnten wir sie nicht erreichen“, sagte eine MSF-Sprecherin. Drei Monate hatte sich die Organisation um eine Zugangsgenehmigung für das Grenzgebiet bemüht – ohne Erfolg. (…) Allerdings sind es nicht nur Staatsvertreter, die freiwillige Helfer in den zurückliegenden Monaten an ihrer Arbeit gehindert haben. Auch manche Anwohner der Grenzregion begegneten ihnen mit offener Feindseligkeit. (…) Wie nötig die Notfallhilfe war, zeigt die Bilanz von „Medycy na Granicy“: Mehr als 100 Notfall-Einsätze fuhren die Mediziner innerhalb von nur sechs Wochen. Dabei halfen sie rund 300 Menschen, die nach Tagen und Wochen in den frostkalten Wäldern unterkühlt, entkräftet oder verletzt waren. Für mindestens 21 Menschen allerdings kam jede Hilfe zu spät. Sie starben im polnisch-belarussischen Grenzgebiet beim Versuch in die EU zu gelangen, so die Zählung von Médecins Sans Frontières für das vergangene Jahr. (…) Während die Toten an der EU-Außengrenze zuletzt kaum noch öffentliche Erwähnung fanden, stand der Begriff „Pushback“ gerade kurzfristig im medialen Fokus: „Pushback“ wurde Mitte der Woche zum Unwort des Jahres 2021 gekürt…“ Beitrag von Martin Hoffmann vom 15. Januar 2022 beim MDR externer Link
  • Geflüchtete an der polnischen Grenze: »Die Menschen müssen aus dem Wald raus« 
    Nothilfekoordinatorin Frauke Ossig im Gespräch mit Ulrike Wagener am 12. Januar 2022 bei neues Deutschland online externer Link „über den Rückzug von Ärzte ohne Grenzen aus dem polnischen Grenzgebiet (…) Die Zahl der Menschen, die die Grenze überqueren, ist durch die Militarisierung der Grenze und den Bau von Zäunen deutlich gesunken. Aber es gibt nach wie vor Menschen – darunter auch Kinder –, die die Grenze überqueren und sich im Waldgebiet aufhalten. Gefangen zwischen Grenzschützern auf der einen und der anderen Seite. Sie verstecken sich dort, aus Angst zurückgewiesen werden, ohne die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Diese Menschen brauchen unsere Hilfe, aber wir können sie nicht erreichen. Polen ist die Blockade gelungen. Es bleibt den Anwohnern vor Ort überlassen, Hilfe zu leisten. (…) Jemand, der krank oder verletzt im Wald ist und Hilfe braucht, läuft das Risiko, zurückgeschickt zu werden, wenn er sich an die Behörden wendet. Wir stellen nicht infrage, dass die Behörden medizinische Hilfe leisten würden, wenn sich jemand meldet. Aber es wird ignoriert, dass die Menschen sich bei den Behörden nicht melden. (…) Die Menschen haben Angst, zurück nach Belarus gedrängt zu werden – viele haben dort Gewalt erfahren – ohne Asyl oder internationalen Schutz in der EU beantragen zu können. (…) Uns wurde von diversen Pingpong-Pushbacks berichtet, von Polen nach Belarus, von Belarus nach Polen. In Belarus wurden zurückgedrängte Menschen daran gehindert, nach Minsk weiterzureisen. Sie wurden quasi im Grenzgebiet blockiert. Wir haben von einigen Menschen Ausweisungsbescheide gesehen, die die polnischen Grenzschützer ausstellen. Unter anderem von einem Syrer, der ein Recht auf den Antrag auf internationalen Schutz haben sollte -– wie eigentlich jeder, der die Grenze überquert. Die Grundrechte der Menschen werden missachtet. (…) Wir sind keine Politiker, wir können keine politischen Lösungen schaffen. Wir können nur wiederholen: Nach wie vor befinden sich Menschen bei Minusgraden im Wald. Und diese Menschen müssen aus dem Wald raus. Das wird freiwillig aber nur passieren, wenn sie Zugang zu humanitärer Unterstützung haben – und zu fundamentalen Grundrechten…“
  • „Das Recht wird an die inhumane Praxis angepasst“: Ein Gespräch über die EU-Ostgrenze und das Asylrecht 
    Ein Gespräch von Volker Weichsel mit Ansgar Gilster in der Zeitschrift Osteuropa 8-9/2021 externer Link über Asylrecht, Humanität und die Dimension der Krise. „Herr Gilster, wie viele Menschen aus dem Nahen Osten und Afghanistan sind in den vergangenen Monaten über Belarus in die Europäische Union gekommen? (…) Realistisch ist, dass 25 000 bis 30 000 Menschen den Versprechungen des Minsker Regimes geglaubt haben, 20 000 Menschen auf die eine oder andere Weise in die EU gelangt sind, 4000 sich noch in Belarus befinden und gut 3000 Personen zurück in den Irak geflogen wurden. Im polnischen Grenzgebiet, das weiterhin militärische Sperrzone ist, irren immer noch Menschen durch die Wälder – ob Dutzende oder gar Hunderte, lässt sich nicht sagen. Seit Wochen dringen von dort keine Informationen mehr nach außen. Reporter ohne Grenzen spricht von einem „Notstand für die Pressefreiheit“. Diese politisch verhängte Stille bereitet mir gegenwärtig die größte Sorge. (…) Artikel 8 der EU-Aufnahmerichtlinie aus dem Jahr 2013 besagt: Personen dürfen nicht allein deshalb in Haft genommen werden, weil sie einen Asylantrag stellen. Ein Asylgesuch ist keine Straftat. Jeder hat das Recht, einen Asylantrag in der EU zu stellen, sobald er sich auf EU-Boden befindet. Zwar ist Haft nicht grundsätzlich verboten, aber ein ultima-ratio-Mittel und an hohe Anforderungen geknüpft, weil es ein gravierender Eingriff in die persönliche Freiheit ist. Da es sich bei Asylsuchenden auch nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) um per se besonders schutzbedürftige Personen handelt, hält der EGMR jede Inhaftierung, die länger dauert als „vernünftigerweise notwendig“, für rechtswidrig. Auch die Europäische Grundrechtecharta ist in dieser Hinsicht klar: Sobald ein milderes Mittel bereitsteht, ist Haft rechtswidrig. Jeder Fall muss einzeln geprüft werden. Minderjährige Kinder dürfen beispielsweise nach Artikel 11.2 der Aufnahmerichtlinie nur im „äußersten Falle“ und „für den kürzestmöglichen Zeitraum“ festgehalten werden – während der Staat alle Anstrengungen unternehmen muss, sie in geeignete Unterkünfte zu entlassen. Kurz: Die pauschale, massenhafte Inhaftierung von Geflüchteten ist verboten. Das neue litauische Asylrecht, das seit Sommer 2021 vorschreibt, Schutzsuchende nach der Einreise für ein halbes Jahr zu inhaftieren, ist europarechtswidrig. Aber Litauen ist kein Einzelfall. An vielen Orten entlang der EU-Außengrenze ist die katastrophale Unterbringung und Inhaftierung geflüchteter Menschen zum Dauerzustand geworden. (…) Polens Regierung hat billigend in Kauf genommen, dass Menschen an Kälte, Erschöpfung und Hunger sterben. (…) Es gibt das völkerrechtliche Gebot der Nichtzurückweisung, auch Non-refoulement-Gebot oder Refoulement-Verbot genannt. (…) Dennoch brechen EU-Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen dieses Recht systematisch und immer unverhohlener – auf dem zentralen Mittelmeer, in der Ägäis, an der kroatisch-bosnischen Grenze. Das ist hinreichend belegt. (…) Die Polizei versucht Hilfe zu unterbinden. Wie anderswo werden auch an der östlichen EU-Außengrenze Flüchtlingshelfer eingeschüchtert und kriminalisiert…“
  • #Polen: Geflohen – und im Gefängnis gelandet 
    Nach dramatischen Wochen im Grenzstreifen haben es Tausende Flüchtlinge von Belarus nach Polen geschafft. Dort werden sie häufig in Haftanstalten interniert. Für die Betroffenen setzt sich damit das Trauma fort.
    Auf dem Weg zum Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus wird man schon Kilometer vor dem Sperrgebiet von Polizeikontrollen angehalten: „Führen Sie etwas Gefährliches bei sich? Transportieren Sie nicht-polnische Menschen?“, fragen die Kontrolleure. Etwa 12.000 polnische Soldaten, Polizisten und Grenzschützer sind hier im Einsatz. Auch wenn der Notstand aufgehoben wurde, scheint hier eine Art Ausnahmezustand zu herrschen. Was ist aus den Menschen geworden, die über diese EU-Außengrenze nach Polen gelangten? Rund 11.000 sind nach Deutschland gekommen. Etwa 2000 weitere Menschen sollen weiter in Polen sein, die meisten in „geschlossenen Einrichtungen“. (…) Die Schilderungen der Insassen ähneln sich: Sie haben um Asyl gebeten – Polen habe sie interniert. Das Land fährt einen harten Kurs gegen sie. Die Migrationskrise vom Herbst ist noch nicht zu Ende. Dabei waren die Zahlen versuchter Grenzübertritte aus Belarus in den vergangenen Wochen rückläufig – mit täglich zwischen etwa 20 und 40. In den Monaten zuvor waren es jeweils mehrere hundert Menschen am Tag. 
    Trotzdem hält die polnische Regierung neben dem harten Umgang mit den Fremden auch an ihrem Plan zum Bau einer festen Barriere an der Grenzlinie fest. Auf 186 Kilometern Länge soll ein Stahlzaun entstehen, gehalten von zigtausend Streben. Die Bauarbeiten dafür gehen jetzt los…“ Reportage von Olaf Bock, ARD-Studio Warschau, und Isabel Schayani, WDR, vom  07.01.2022 bei tagesschau.de externer Link
  • „Meine Großmutter versteckte jüdische Kinder“: Polens Flüchtlingsnetzwerk im Untergrund 
    Während Tausende versuchen, die weißrussisch-polnische Grenze zu überqueren, um in Europa Asyl zu suchen, versuchen lokale Aktivisten zu helfen
    Auf dem Dachboden einer Hütte im Wald in der Nähe des polnischen Dorfes Narewka hockt ein junger irakischer Kurde, zitternd vor Kälte und Angst. Durch das Dachfenster blinken die blauen Lichter von Polizeifahrzeugen an den Wänden seines Verstecks. Draußen suchen Dutzende von Grenzschützern im Schneesturm nach Menschen wie ihm. Unten sitzt der Hausbesitzer schweigend mit seiner verängstigten Frau und seinen Kindern. Der junge Kurde ist einer von Tausenden von Asylbewerbern, die über die Grenze zu Weißrussland nach Polen gekommen sind, wo unzählige andere auf ihrem Weg nach Europa festsitzen. Die polnische Familie hat ihm eine Unterkunft angeboten. Doch wenn die polnische Polizei ihn findet, läuft er Gefahr, über die Grenze zurück in die weißrussischen Wälder bei Minusgraden geschickt zu werden, während seine Beschützer Gefahr laufen, wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung angeklagt zu werden.
    Während Menschen, die vor Konflikten oder Hunger fliehen, mitten im eisigen Winter an der polnisch-weißrussischen Grenze festsitzen, haben polnische Familien Hunderte von verzweifelten Menschen heimlich in ihren Häusern versteckt. Die Angst vor dem Klopfen an der Tür, wenn die Grenzpolizei eine Fahndung einleitet, weckt schreckliche Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg, als Tausende polnische Juden während der Nazi-Besatzung bei ihren Nachbarn Zuflucht fanden. (…)
    Während des Krieges half einer seiner Onkel, der vor einigen Jahren starb, Dutzenden von jüdischen Familien in Warschau, der Deportation zu entgehen. Heute, 80 Jahre später, hat Jakub mindestens 200 Menschen versteckt und ihnen geholfen, die Gefahr liefen, über die Grenze zurück nach Weißrussland getrieben zu werden. „Ich habe das, was ich heute tue, nie mit dem verglichen, was mein Onkel getan hat“, sagt Jakub. „Ich helfe diesen Menschen, weil sie Hilfe brauchen. So einfach ist das.“…“ So beginnt (maschinenübersetzt) die spannende (engl.) Reportage von Lorenzo Tondo am 24.12.2021 in The Guardian externer Link mit Fotos von Alessio Mamo
  • Während wir Weihnachten feiern: Geflüchtete sitzen weiter in der Kälte fest 
    Während wir uns in Deutschland auf ruhige Weihnachtsfeiertage im Kreise der Familie vorbereiten, stecken an den europäischen Außengrenzen immer noch Geflüchtete fest und harren bei Minusgraden in den Wäldern an der polnisch-belarussischen Grenze aus. Für diese Menschen braucht es schnelle Lösungen! Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung sich klar zu ihrer humanitären Verantwortung und dem Flüchtlingsschutz bekannt – aber gegen die fortlaufende humanitäre Katastrophe an den europäischen Außengrenzen wird nichts unternommen. Tatenlos sehen Deutschland und die anderen EU-Staaten dabei zu, wie Schutzsuchende seit Wochen verzweifelt an der Grenze zwischen Polen und Belarus festsitzen und von Grenzbeamten des EU-Mitgliedsstaates immer wieder illegal zurückgewiesen werden. Mindestens 17 Menschen sind dort schon ums Leben gekommen, das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat kürzlich ihre Geschichten und die Todesumstände dokumentiert externer Link. Die Gewalt an den Außengrenzen, die fehlende Rechtsstaatlichkeit und ihre tödlichen Folgen werden dabei von deutschen und europäischen Politiker*innen toleriert, es wird sogar kritiklos Solidarität bekundet. (…) Es braucht jetzt eine rasche, politische Entscheidung für eine Aufnahme der Geflüchteten an der polnisch-belarussischen Grenze und zwar noch in diesem Jahr – bevor weitere Tote zu beklagen sind. Die neue Bundesregierung muss dabei klar Partei für die schutzsuchenden Menschen ergreifen und darf die Verantwortung Polens an den menschenverachtenden und rechtswidrigen Praktiken nicht länger kleinreden!“ Meldung vom 23.12.2021 von Pro Asyl externer Link
  • Abschiebung von Kindern: UN kritisieren Polen, Baerbock schweigt
    Experten des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte waren weder von Polen noch Belarus in die Grenzregion vorgelassen worden. Das Team trug dennoch besorgniserregende Aussagen zusammen. Eine Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) hat in einer Erklärung kritisiert externer Link, dass polnische Sicherheitskräfte einem UN-Team den Zugang zur Grenzregion verwehrt haben. Auch die belarussischen Behörden hätten den UN-Experten den Zugang zum Grenzgebiet von ihrer Seite aus verwehrt, so Elizabeth Throssell über die Mission, die vom 29. November bis zum 3. Dezember dauerte. (…) Polen hatte den Grenzkonflikt als „hybriden Krieg“ seitens Belarus zu einem militärischen Konflikt hochgespielt, bei dem die Migranten als Waffen des Gegners betrachtet und entsprechend behandelt werden. Die EU duldet dies nicht nur, sondern hat das Vorgehen sogar übernommen. (…) Wer nicht zurückgeschickt wurde, kam in Haft. Wie es scheint, hat dies die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/ Die Grünen) bei ihrem Antrittsbesuch in Polen am 10. Dezember nicht kritisch thematisiert, obgleich sie und die Grünen ansonsten die Menschenrechte hochhalten – etwa mit Blick auf die innenpolitische Situation in Russland und Belarus. (…) Scharf wird aber auch Polen kritisiert. Nach zahlreichen Berichten seien Menschen, darunter auch Kinder, die um Asyl baten, „sofort und automatisch von Polen nach Belarus abgeschoben worden“. Viele hätten die Grenze mehrmals in beiden Richtungen überquert. Das OHCHR fordert Polen daher auf, das Gesetz zu ändern, nach dem Menschen, die nicht offiziell die Grenze überschritten haben, sofort abgeschoben werden…“ Artikel von Florian Rötzer vom 22. Dezember 2021 in Telepolis externer Link
  • Europas Abschied vom Asylrecht: Das Drama an Polens Grenze
    Im Jahr 2021 feierte die Staatengemeinschaft das 70jährige Jubiläum der Genfer Flüchtlingskonvention – das bis heute wichtigste internationale Dokument für den Flüchtlingsschutz. (…) Heute jedoch wird die Gültigkeit der Konvention ebenso wie ihre Umsetzung in europäisches Recht grundsätzlich infrage gestellt: An den europäischen Außengrenzen werden Schutzsuchende immer öfter brutal abgewiesen und ihnen wird ein individuelles Asylverfahren verwehrt. Die Eskalation der Situation an der polnisch-belarussischen Grenze im Oktober und November 2021 markiert eine besonders dramatische Episode dieser systematischen Politik der Entrechtung. Schon im November waren dort laut Zählung der „taz“ insgesamt 13 Menschen gestorben. Statt jedoch die humanitäre Notlage zu beenden, sprechen die EU-Mitgliedstaaten von einem „hybriden Krieg“, den der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko mittels der „Migranten“ führen würde. Zwar verfolgt dieser mit dem Durchwinken der Geflüchteten tatsächlich handfeste politische Interessen, nämlich das Ende der EU-Sanktionen gegen sein Land. Die EU wiederum ist angesichts der Tatsache, dass in der Vergangenheit alle Bemühungen einer innereuropäischen Umverteilung von Asylsuchenden gescheitert sind, in dieser Frage leicht erpressbar. Dennoch dient das Bedrohungsszenario von der hybriden Kriegsführung, das angesichts von einigen Tausend schutzsuchenden Geflüchteten an der Grenze gezeichnet wird, den EU-Regierungen vor allem als Rechtfertigung, um sich ihrer rechtsstaatlichen Verantwortung zu entledigen. (…) Dass an der Grenze eine „Black Box“ errichtet wird, ist jedoch keine polnische Besonderheit: Die Innenminister der EU versuchen seit langem, die Anwendung des geltenden Rechts zu umgehen, sei es an der griechischen, der italienischen oder der spanischen Grenze. Dahinter steht das Kalkül, die Durchsetzung des Rechts so schwer wie nur möglich zu gestalten. Dass die polnische Regierung für ihre Abriegelung der Grenze – geplant ist unter anderem eine 5,5 Meter hohe und 140 Kilometer lange Stahlbarriere – Beifall und Solidaritätsbekundungen aus vielen EU-Mitgliedstaaten und auch von führenden deutschen Politikern erhalten hat, trägt zur Unterstützung dieser Politik der Entrechtung bei. Was an der polnischen Grenze passiert, liegt in mehrfacher Hinsicht in der Verantwortung der Europäischen Union. (…) Verantwortungslos handelt die EU auch in ihrem Umgang mit der polnischen Regierung. Die EU-Kommission ist die „Hüterin der Verträge“ und müsste auch das in Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta kodifizierte individuelle Asylrecht verteidigen. Vorrangig sicherte die Kommission der polnischen Regierung jedoch eine solidarische Unterstützung bei der Grenzabwehr zu. (…) Große Teile der EU dulden den Zaunbau und illegale Pushbacks oder unterstützen das gar aktiv, weil sie eine problematische Analyse teilen. Demnach könnten autoritäre Parteien wie die AfD oder der französische Rassemblement National aus der Aufnahme von Geflüchteten politisches Kapital schlagen. Eine harte Migrationspolitik hingegen würde zugleich die politischen Freiheiten, darunter die Binnenfreizügigkeit, innerhalb der EU verteidigen. Doch diese These ist angesichts der tatsächlichen Konsequenzen des brutalen Grenzregimes nicht haltbar…“ Artikel von Maximilian Pichl in den Blättern von Januar 2022 externer Link
  • Weiterhin aktuell und Spenden nötig: Unterstützt den Kampf  gegen die Festung EU an der polnisch-weissrussischen Grenze! 
    No Borders-Aktivisten bauen ein Netzwerk der Solidarität an der polnisch-weißrussischen Grenze, um den Menschen zu helfen, das Grenzregime zu überleben. Helfen Sie bei der Finanzierung von Erster Hilfe, lebensnotwendiger Versorgung, Lebensmitteln, Rechtshilfe und Logistik… siehe deren Unterstützungspage externer Link und hier die Infos zu ihrer Arbeit im Interview:

    • Menschliches Pingpong im Grenzgebiet
      Ein Gespräch von Magda Schröer vom 18. Dezember 2021 in Direkte Aktion externer Link mit Aktivist:innen über die Situation an der polnisch-weißrussischen Grenze: „… Für viele von ihnen war dieser Weg die einzige Möglichkeit, aus einem Land zu fliehen, in dem sie mit dem Tod bedroht waren. Unter ihnen überwiegen Jemeniten, Syrer, Kurden, Afghanen und Kongolesen. Überall herrscht Krieg, und ein Billigflug nach Minsk schien wie ein Lotterielos. (…) Die Armee spürt diese Menschen mit Hunden, Drohnen und Wärmebildgeräten auf. Sie sind nicht nur körperlich extrem erschöpft, sondern auch geistig nicht fit. Die Freiwilligen trafen sehr oft auf Menschen, die über Selbstmord nachdachten oder völlig apathisch waren und zu denen nur sehr wenig Kontakt bestand. Das ist sehr schlecht für Kinder, die die ganze Situation nicht verstehen und den Wald nachts beängstigend genug finden. (…) Wir erhielten einen Notruf von einer Frau, die sich mit ihrem zweijährigen Kind verlaufen hatte, als sie auf der Flucht die grüne Grenze überquerte. Sie hatte mehrere Stunden lang nach ihm gesucht. Als wir ankamen, hörten wir es weinen, aber im nächtlichen Wald ist es sehr schwierig, die Quelle des Geräuschs zu lokalisieren, und wir konnten es nicht finden. Wir haben auch zweimal einer Frau geholfen, die im Wald eine Fehlgeburt hatte. Praktisch jeden Tag begegnen wir Menschen, die sich in einem sehr schlechten körperlichen und geistigen Zustand befinden. Jeder dieser Menschen hat in seinem eigenen Land die Hölle durchgemacht und dann an dieser Grenze. (…) Es gibt immer noch viele Menschen in der Zone, die vor einiger Zeit die Grenze überschritten haben. Aufgrund der Kälte werden immer mehr Menschen mit schweren Unterkühlungserscheinungen gefunden. In diesem Fall werden sie in ein Krankenhaus gebracht, wo sie von der Polizei überwacht werden, und nach zwei Tagen werden sie in Gefängniszellen gepackt und über die Grenze zurückgeschickt. (…) Ich denke, dass diese Welle jetzt aufgrund des Mauerbaus und des kalten Wetters zurückgehen könnte. Diese Strecke wird jedoch im Frühjahr wieder befahren werden. Trotz der schrecklichen Dinge, die hier geschehen, ist es eine viel schnellere Route als die anderen. Wenn mensch sich entscheidet, aus einem vom Krieg zerrütteten Land zu fliehen, ist er bereit, das Risiko einzugehen, weil ihm dort ohnehin der Tod erwartet…“
  • [Doku] Flüchtlingsdrama an der Grenze zwischen Belarus und Polen
    Der Białowieża-Nationalpark im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus ist einer der letzten Urwälder Europas und seit Monaten Schauplatz einer humanitären Katastrophe. Seit Anfang Juli kommen verstärkt Migranten und Flüchtlinge aus Fernost, aber auch aus dem Irak, Afghanistan und Afrika per Flugzeug nach Belarus. Von dort versuchen sie, über die grüne Grenze in die EU zu gelangen. Die EU wirft Alexander Lukaschenko vor, dass er die gegenwärtige Migrationskrise absichtlich herbeigeführt hat und die Migranten als „lebendige Waffen“ gegen die EU missbraucht. Seit November 2021 eskaliert die Lage vor Ort, Polen verhängte einen Ausnahmezustand in den Landkreisen entlang der Grenze. Insgesamt liegen 183 Ortschaften in dem Gebiet. Der Zutritt ist nur Einwohnern erlaubt. Humanitäre Hilfe ist so nur noch eingeschränkt möglich. Die Reportage begleitet Aktivist*innen im polnischen Grenzgebiet. Wir zeigen wie Helfer versuchen, Flüchtlinge vor Hunger und Kälte zu bewahren.“ Video des Beitrags von MDR Investigativ vom 16.12.2021 bei youtube externer Link
  • Migration über Belarus: Erneuter Leichenfund in Polens Grenzgebiet
    Erneut wurde in Polens Grenzgebiet zu Belarus ein Toter von Soldaten entdeckt. Vermutlich handelt es sich dabei um einen Migranten aus Nigeria. In dem Grenzgebiet sind schon mehrere Menschen gestorben. (…) Polens Grenzschutz meldete am Mittwoch 51 Versuche eines illegalen Grenzübertritts binnen 24 Stunden. In der Nähe der Ortschaft Czeremsza durchbrach demnach eine Gruppe von 35 Migranten die Grenzbefestigung und drang mehrere Meter auf polnisches Gebiet vor. Die polnischen Uniformierten seien mit Laser- und Stroboskopstrahlen geblendet und mit Steinen beworfen worden, sagte eine Sprecherin. Die Migranten wurden festgenommen und zur Grenze zurückgebracht…“ Meldung vom 08.12.2021 bei RND externer Link
  • Flüchtlingsdrama im Grenzgebiet: „Ihr sterbt in Belarus oder geht nach Polen“
    Seit Wochen versuchen Tausende Migrant*innen, über die polnisch-belarussische Grenze in die EU zu gelangen. Polen und die EU werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Geflüchtete gezielt als politisches Druckmittel einzusetzen, indem Sicherheitskräfte sie immer wieder in Richtung Polen schicken. Doch auch Polen trägt offenbar seinen Teil dazu bei, dass schutzbedürftige Menschen ohne humanitäre Hilfe bei Kälte und ohne Versorgung im Wald ausharren müssen. Mehrere Menschen starben bereits. Sperrgebiet an der belarussischen Grenze: Die Zustände an der polnisch-belarussischen Grenze sind nach wie vor dramatisch. Migrant*innen berichten, dass belarussische Sicherheitskräfte sie immer wieder zu illegalen Grenzübertritten drängten: „Sie zwangen uns jeden Tag, die polnische Grenze zu überqueren. Sie sagten uns: ‚Entweder ihr sterbt in Belarus oder ihr geht nach Polen.‘ „Wir flehten sie an: ‚Wir wollen bitte zurück‘, aber das war ihnen egal“, erzählt ein 24-jähriger Syrer, der anonym bleiben möchte. (…) Unter anderem der EU-Menschenrechtsrat und die katholische Kirche haben Polen aufgefordert, Hilfe in der Sperrzone zu ermöglichen. Der von Polen verhängte Ausnahmezustand ist Ende November ausgelaufen, doch das Parlament hat Regelungen beschlossen, die de facto dasselbe bedeuten: Die Sperrzone bleibt, Hilfsorganisationen müssen weiterhin draußen bleiben. (…) Freiwillige Helfer*innen, darunter viele Polen und Polinnen, wollen weiterhin den Migrant*innen helfen – so gut man sie helfen lässt…“ Reportage von Jenifer Girke und Anne Brühl vom 7.12.2021 beim ZDF externer Link
  • Protest-Kampagne gegen den Krieg gegen die Migration im poln. TV: Den Tod mit Musik übertönen. Während an der Grenze Menschen getötet werden, solidarisieren sich Eurostars (Captain Jack, No Mercy und Lou Bega) – mit den Täter:innen 
    Morgen findet an der EU-Außengrenze zu Belarus ein vom polnischen Verteidigungsministerium organisiertes Konzert mit dem Titel „Mauer hinter der polnischen Uniform“ („Murem za polskim mundurem“) statt. Wir hätten nicht erwartet, dass wir diesen Satz einmal schreiben würden. Aber in den letzten Jahren ist vieles möglich geworden, was vorher undenkbar war. „Limbo Nr. 5“ – wie tief kann man sinken? Mit diesem Konzert soll „Unterstützung für die Truppen, die die Ostgrenze verteidigen“, gezeigt werden. Um es klar zu sagen: Die Truppen verteidigen die Grenze nicht gegen eine fremde Macht, gegnerische Soldaten oder Terroristen. Die Truppen „verteidigen“ die Grenze gegen ein paar tausend Menschen, Männer, Frauen und Kinder, die internationalen Schutz suchen, wie es ihnen nach europäischem und internationalem Recht zusteht. Seit Monaten frieren, hungern und sterben sie an den Grenzen zwischen der EU und Weißrussland. Sie werden von beiden Seiten misshandelt, geschlagen und unter Druck gesetzt. Journalist:innen, NGOs, Aktivist:innen: Niemand darf die stark militarisierte Zone betreten, niemand ist vor Ort, um Menschenrechtsverletzungen zu beobachten. (…) Anstatt diejenigen zu unterstützen, die noch an die Versprechen der EU glauben, und diejenigen, die versuchen, die Werte, auf denen die EU ursprünglich aufgebaut wurde, und die Rechtsstaatlichkeit in Europa zu verteidigen, geben sich diese Musiker:innen für die Propaganda des gleichen widerlichen Krieges gegen die Migration und die Menschenwürde her wie all die Offiziere, die an den Grenzen Griechenlands, Kroatiens, Bosniens, Serbiens, Spaniens, Libyens, der Türkei, Rumäniens, Bulgariens, Albaniens, Nordmazedoniens, Ungarns, Italiens, Frankreichs, Österreichs, Sloweniens, Spaniens und jetzt auch Litauens, Estlands und Polens systematische Verletzungen der Menschenrechte begehen – finanziert von der EU. (…) Wir fordern daher Lou Bega (Mambo No 5), No Mercy (Where do you go), Las Ketchup (Asereje), Loona (Bailando), Captain Jack (Captain Jack), Ace of Base-Sängerin Jenny Berggren (All that she wants) und alle anderen auf, ihre Teilnahme an dieser Propagandakampagne zur Rechtfertigung systematischer Grundrechtsverletzungen, die als Beginn einer neuen Periode des Faschismus in Europa in die Geschichte eingehen werden, unverzüglich zurückzuziehen. Schließt euch uns an und lasst diese Künstler:innen wissen, dass, während sie auftreten werden, weiterhin Menschen an derselben Grenze sterben. Lasst sie wissen, dass ihr Auftritt zur Legitimierung einer rassistischen Erzählung beiträgt, die diejenigen feiert und unterstützt, die die grundlegendsten Menschenrechte verletzen.
    Lasst diese Künstler:innen und Künstler:innen (von denen viele selbst BIPOC sind) wissen, dass ein Auftritt bei diesem Konzert bedeutet, sich auf die falsche Seite der Geschichte und auf die falsche Seite des Kampfes gegen dieses rassistische, zunehmend faschistische Regime zu stellen. Schreibt ihnen jetzt!...“ Protest-Kampagne vom 5.12.21 von Josoor externer Link mit Mail-Text und Vorschlägen für Social Media Posts

  • »Sonder-Asylrecht« für osteuropäische Grenzstaaten
    Mit einem »Sonder-Asylrecht« für die Grenzstaaten zu Belarus will die Kommission u.a. Grenzverfahren massiv ausweiten. Anstatt gegen Pushbacks an der Grenze vorzugehen, kommt die Kommission den Staaten also stark entgegen. Doch die Beschwichtigungstaktik schlägt fehl: Polen lehnt den Vorschlag ab – und will das Asylrecht vollständig aussetzen. (…) Mit ihrem Vorschlag will die Europäische Kommission den Grenzstaaten zu Belarus – Polen, Lettland und Litauen – eine massive Verschärfung des Asylrechts erlauben. Konkret schlägt die Kommission vor: De facto Aussetzung des Asylrechts für 4 Wochen (…) Massive Ausweitung von Grenzverfahren (…) Absenkung von Unterbringungsstandards (…) Vereinfachte Abschiebungen von der Grenze (…) Registrierungspunkte (…) Diese Sonderregeln sollen für alle Asylsuchenden gelten, die über die Grenze von Belarus in eins der drei Länder kommen oder gekommen sind. Das Sonderrecht soll zunächst für sechs Monate gelten, wobei die Kommission bereits darauf hinweist, dass es auch zu einer Verlängerung kommen könnte. (…) In ihrem Vorschlag betont die Kommission mehrfach das non-refoulement Gebot und zielt vermutlich auch mit der Benennung von Registrierungspunkten auf ein Ende der Pushbacks ab. Doch ist eine solche Kehrtwende nicht zu erwarten. Polen dürfte sich durch die Vorschläge der Kommission vielmehr darin bestärkt sehen, mit seiner offensichtlichen Missachtung von Europarecht durchzukommen…“ Pro-Asyl-Meldung vom 02.12.2021 externer Link und deren PM vom 2.12.21 externer Link: PRO ASYL zu den Vorschlägen der EU-Kommission: Kotau vor den Asyl-Hardlinern
  • „Gesetz zum Schutz der Grenzen“ in Polen
    PL-Präsident Duda hat das „Gesetz zum Schutz der Grenzen“ unterzeichnet. Ab 2.12. wird damit der dann auslaufende Ausnahmezustand an der Grenze zu Belarus, durch den Presse und Hilfsorganisationen dort der Zutritt verwehrt ist, de facto verstetigt. Der Innenminister kann nach Empfehlung des Grenzschutzes für ein bestimmtes Gebiet den temporären Ausnahmezustand verhängen (Übertragung der Prärogative des Präsidenten in dieser Frage). Lokale Grenzschutzkommandanten können Journalist*innen den Zugang bewilligen oder verwehren. Der Innenminister macht umgehend von den neuen Notstandsbefugnissen Gebrauch und verhängt ein Zugangsverbot für 183 Ortschaften entlang der Grenze zu Belarus bis zum 1. März 2022...“ Thread von kapturak vom 30.11.21 externer Link
  • Polnisch-belarussische Grenze: Reporter ohne Grenzen: Berichte werden unmöglich gemacht
    Medienberichte über die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze sind vergleichsweise rar. Ein verhängter Notstand und ein Anschlussgesetz in Polen untersagen Journalisten das Betreten der Grenzgebiete. „Reporter ohne Grenzen“ protestieren…“ Meldung vom 03.12.2021 beim Migazin externer Link
  • Festung EU: Die kalte Grenze
    Mehrere Tage Schneefall und Minusgrade werden für die Grenzregion von Belarus und Polen gemeldet. Migranten und Asylsuchende harren dort in den Wäldern aus. Es sind keine guten Nachrichten für diejenigen, die in der Grenzregion von Belarus zu Polen versuchen, auf illegale Weise das Gebiet der EU zu erreichen: „Der Schnee bedeutet, dass die Menschen im Wald sterben werden“, erklärt Marysia Zlonkiewicz von der Hilfsorganisation „Grenzgruppe“ auf Anfrage. Durchnässt und erschöpft hätten die Migranten aus dem Nahen Osten und afrikanischen Ländern wenig Chancen im Frost. „Wir treffen nun Personen im weit schlechteren Zustand als noch einige Wochen vorher“, so die Aktivistin, die zusammen mit anderen Helfern seit Monaten versucht, die Menschen im Wald mit dem Notwendigsten zu versorgen…“ Beitrag von Jens Mattern vom 02. Dezember 2021 in Telepolis externer Link
  • Polnische Helfer: In Berlin berichtet eine Aktivistin von Einsätzen für Geflüchtete
    „… Am Montagabend berichtete eine Aktivistin in Berlin über die schwierige Arbeit des No-Border-Netzwerkes in Polen. Dabei handelt es sich um ein Bündnis von Gruppen und Einzelpersonen, die Geflüchtete unterstützen. Die Aktivistin nennt sich Goja. Sie betonte, die Unterstützer*innenszene in Polen sei politisch sehr heterogen. Sie reiche von einigen Linksliberalen, die sich für die Migrant*innen aus Gründen der Menschenrechte engagieren, bis zu christlichen Gruppen. Allerdings gehört die einflussreiche, aber sehr konservative katholische Kirche nicht zu den Unterstützer*innen. Dort finde vielmehr die Propaganda der rechten polnischen Regierung Gehör, nach der die Geflüchteten als Bedrohung für das christliche Abendland dargestellt werden. (…) Auch Aktivist*innen der feministischen Bewegung in Polen beteiligen sich an der Arbeit des No-Border-Netzwerkes. Ihre Tätigkeit wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass Teile der polnischen Regierung noch restriktiver gegen Abtreibung vorgehen wollen. Der Kampf dagegen fordert die Kraft der Frauenrechtlerinnen. Einige Bewohner*innen der Grenzorte, so Goja, signalisierten mit grünen Lichtern in den Fenstern, dass Geflüchtete bei ihnen willkommen sind. Doch längst hätten auch die Staatsorgane mitbekommen, was das grüne Licht bedeute, und versuchten, gegen diese Menschen vorzugehen. Schließlich sei der Grenzbereich schon lange zum Notstandsgebiet erklärt worden, wo elementare Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden. Auch Presse hat dort bekanntlich seit Langem keinen Zugang mehr. Die Aktivistin schilderte, wie neben der Polizei auch Bürgerwehren Jagd auf Geflüchtete machen. In ihren Reihen betätigen sich auch bekannte polnische Faschisten. Es seien Fälle bekannt geworden, wo Geflüchtete von ihnen zusammengeschlagen und beraubt wurden. Für das No-Border-Netzwerk sind die Handlungsmöglichkeiten gegen die rechten Umtriebe äußerst beschränkt, sagte Goja. Die Unterstützung durch eine größere Zivilgesellschaft fehle. Doch solidarische Initiativen aus der Bundesrepublik arbeiten mit dem polnischen Netzwerk zusammen…“ Artikel von Peter Nowak vom 30. November 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • #GrünesLichtFürAufnahme! – Zeige deine Solidarität! 
    Grüne Lichter strahlen an vielen Orten im polnischen Grenzgebiet in die dunkle und kalte Nacht hinein. Sie signalisieren schutzsuchenden Menschen: Hier bekommt ihr Hilfe! Anwohner*innen, die geflüchtete Menschen nicht den kalten Wäldern oder dem brutalen Grenzschutz überlassen wollen, hängen grüne Lichter in ihre Fenster um zu zeigen, dass sie hier eine warme Suppe, Kleidung und Nothilfe bekommen können. Schließ auch du dich den polnischen Anwohner*innen an und zeig deine Solidarität mit geflüchteten Menschen! Hänge ein grünes Licht in dein Fenster oder stell es auf Deinen Balkon. Wie das geht erfährst du hier. Lasst  uns im kommenden Winter in ganz Deutschland grüne Lichter der Solidarität und Unterstützung erstrahlen und ein deutliches Signal an die Ampel senden: Hilft den Menschen und nehmt Sie endlich auf. Wir machen am ersten Advent den Anfang und bringen tausende grüne Lichter an den Ort der Entscheidung: Zum Deutschen Bundestag. Dort wollen wir mit einer Lichtaktion ein grünes Zeichen der Solidarität senden. Schließt euch an und kommt am ersten Advent mit eigenen grünen Lichtern um 16 Uhr vor den Reichstag.“ Aufruf der Initiative mauerfall.jetzt bei Seebrücke externer Link und diesen auch auf Twitter externer LinkLabourNet Germany hat es bereits umgesetzt externer Link
  • Menschen als „Waffe“? Was uns die Flüchtlingskrise an der polnischen Grenze über westliche Werte lehrt
    „… Unabhängig von dieser Ansicht des polnischen Militärs stellt sich mit Blick auf das Forum die Frage, weshalb von einer eigentlich seriösen Nachrichtenquelle Mordaufrufe toleriert werden. Eine der möglichen Antworten könnte lauten, dass das Schüren fremdenfeindlicher Hysterie den Interessen der herrschenden polnischen Politklasse dient, wobei sich Hass auf Migranten leicht mit Hass auf Russland und Putin verbinden lässt. Polnische Politiker geben dabei rhetorisch die Richtung vor, indem sie Migranten und Flüchtlinge wiederholt als „hybride Waffe“ bezeichnen und die Ansammlungen friedlicher Zivilisten an der Grenze – überwiegend Männer im jüngeren und mittleren Alter, aber auch viele Familien mit Frauen und Kinder – als Instrument eines militärischen Kräftemessens sehen. Die rechtskonservative polnische Führung stellt sich als Retterin des Abendlandes vor einer bevorstehenden Invasion der Barbaren dar. (…) Die Entmenschlichung von Migranten ist aber keine allein polnische Erfindung. Der Aufbaustab „Strategie-, Analyse- und Resilienz-Zentrum“ (SAR) legte noch im April dem deutschen Außenministerium und dem Verteidigungsministerium ein Geheimpapier vor, das Migranten als künftige „hybride Waffe“ in der Hand des „belarussischen Diktators“ Alexander Lukaschenko bezeichnet externer Link. Das entsprechende Vokabular hat die deutsche Politik seitdem übernommen. Nun ähneln sich die Erzählungen, die der deutsche Außenminister Heiko Maas, Zeitungen wie die FAZ oder die EU-Kommission bereits seit mehreren Wochen gebetsmühlenartig wiederholen: Belarus führe einen „hybriden Krieg“ gegen die EU und setze dabei Migranten als Waffen ein. Polen müsse sich gegen diesen Angriff verteidigen und dürfe dabei auf uneingeschränkte Solidarität Deutschlands und der EU zählen…“ Artikel von Wladimir Sergijenko vom 23. November 2021 in Telepolis externer Link
  • Polen will Schutzsuchende »zurückführen«. Weltgesundheitsorganisation spricht von besorgniserregender Gesundheitslage an EU-Außengrenze
    Mehr als 100 schutzsuchende Menschen wurden am Wochenende nach Informationen der polnischen Regierung von Grenztruppen davon abgehalten, die Grenze zwischen Belarus und Polen zu passieren. Wie ein WHO-Vertreter nach einem Besuch in einer Notunterkunft im belarussischen Brusgi an der Grenze zu Polen sagte, sei die gesundheitliche Lage der Schutzsuchenden besorgniserregend. Die Situation im Grenzgebiet ist wegen der eingeschränkten Pressefreiheit kaum zu überschauen. Die ersten Menschen aus irakischen Kurdengebieten, denen ein Grenzübertritt verwehrt wurde, wurden unterdessen bereits zurück in den Irak geflogen. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa berichteten sie dort von Misshandlungen und Folter sowohl durch polnische und belarussische Polizeikräfte. Währenddessen geht der Diplomatiepoker zwischen Polen, Belarus und der EU weiter. Polens Präsident Mateusz Morawiecki erklärte sich bei einem Besuch in Estland am Sonntag überraschend bereit, für die »Rückführung« der Schutzsuchenden aufzukommen: »Wir sind jeden Moment in der Lage, die Rückkehr der Migranten in ihrer Herkunftsländern zu finanzieren«, sagte er…“ Artikel von Ulrike Wagener vom 21.11.2021 im ND online externer Link
  • Heyva Sor schickt Hilfsgüter zu belarussischer Grenze
    Von Heyva Sor gesammelte Hilfsgüter werden an die polnische EU-Außengrenze transportiert, um die Schutzsuchenden in Belarus zu versorgen. Der Kurdische Rote Halbmond (Heyva Sor a Kurdistanê) externer Link und die Hilfsorganisation „Wir packen’s an – Nothilfe für Geflüchtete e.V.“ externer Link haben gemeinsam eine Sammlung von Hilfsgütern für die Schutzsuchenden an der polnischen EU-Außengrenze organisiert. Die Hilfsorganisationen haben nach einer Spendenkampagne für 2.000 Personen Lebensmittel, Kleidung, Powerbanks, Schuhe, Mäntel, Regenmäntel und Decken gekauft. Nun begann der Transport an die polnische EU-Außengrenze. Vertreter:innen von Heyva Sor a Kurdistanê und Wir packen´s an bedankten sich für die Solidarität mit den Schutzsuchenden. (…) Dolaşır weist auf die Lage der Menschen an der Grenze hin, von denen viele aus Kurdistan kommen: „Vor allem die Lage der Frauen und Kinder ist verzweifelt. Menschen sind bereits an Hunger, Kälte und Mangel an angemessener Kleidung gestorben. Wir wollen den Menschen dort so weit wie möglich helfen.“…“ Meldung vom 22.11.2021 bei ANF externer Link
  • Update Belarus: Nun schickt auch Estland Soldaten
    Die Lage an der Grenze zwischen Belarus und Polen hat sich entspannt, viele Flüchtlinge wurden abtransportiert, einige sogar in ihre Heimat zurückgeflogen. Dennoch steigt das Kriegsrisiko – nun schickt auch Estland Soldaten. Das baltische EU-Land wird auf Ersuchen der Regierung in Warschau rund 100 Angehörige seiner Streitkräfte entsenden. Darunter seien Pioniere und Militärpolizisten, teilte der estnische Verteidigungsminister Kalle Laanet in Tallinn mit. Polen hat Laneets zufolge die Regierung in Tallinn am Montagabend um Beistand ersucht. “Zuvor wollten sie nur politische Unterstützung, aber jetzt brauchen sie praktische Hilfe. Soweit ich weiß, hat bisher nur Großbritannien Polen praktische Unterstützung geleistet”, sagte er. Auch London hat zusätzliche Truppen geschickt – der Konflikt wird so immer mehr militarisiert. Dabei hat Polen eben bestätigt, dass die Migrantenlager an Grenze in Belarus mittlerweile leer seien…“ Beitrag vom 19. November 2021 bei Lost in EU externer Link
  • Hier sind tausende Soldaten und Checkpoints. Sie fragen: Wo willst du hin? Was hast du vor? Wen triffst du? Sogar nach den Namen deiner Eltern fragen sie dich. Als sei ein Krieg ausgebrochen.“ Das sagt Kasia Wappa in der neuen Folge des @nothilfe -Podcasts #GlobalTrouble…“ Thread mit Audio von medico international vom 20.11.21 externer Link Audio Datei
  • [Aufruf] Stoppt die Kinderrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen!
    Zum internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November fordert PRO ASYL gemeinsam mit 27 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, die Rechte der Geflüchteten an den EU-Außengrenzen zu wahren. Die Menschen im Grenzgebiet zu Belarus müssen umgehend evakuiert werden und Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren erhalten. Statt Abschottung und rechtswidriger Pushbacks fordern die unterzeichnenden Organisationen einen sofortigen Zugang zum Grenzgebiet für humanitäre Organisationen, um die Geflüchteten versorgen zu können. Mit Blick auf Europa kritisiert PRO ASYL, dass Angela Merkel und Emmanuel Macron die Rückkehr der Geflüchteten vorbereiten, ohne dass sie die Chance haben, ihre Asylgründe innerhalb der Europäischen Union geltend zu machen. „Mit einem entschlossenen, menschenrechtskonformen Handeln Deutschland und der EU hätte der Tod des einjährigen Kindes aus Syrien und der weiterer Schutzsuchender verhindert werden können“, sagt PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt. (…) Die unterzeichnenden Organisationen fordern, dass die Krise im Sinne der geflüchteten Menschen, unter ihnen Familien und Kinder, gelöst wird. Dazu gehören Evakuierungen, der Zugang zu Asylverfahren in der EU und eine umgehende humanitäre Versorgung…“ Pressemitteilung vom 19.11.2021 bei Pro Asyl externer Link zum Appell externer Link
  • Europa macht dicht: Flüchtlinge vor geschlossenen Grenzen
    Tausende Menschen harren an der Grenze zwischen Polen und Belarus aus. Polen sichert seine Grenze. Und Deutschland? Deutschland schickt Solidaritätsbekundungen. Das Asylrecht und andere grundlegende Menschenrechte scheinen plötzlich optional. Völkerrechtler fürchten eine Normalisierung von Rechtsbrüchen…“ Text externer Link und Video externer Link des Beitrags von Lara Straatmann, Lutz Polanz und Luisa Meyer in der Monitor-Sendung vom 18.11.2021

  • Baby stirbt in einem Wald an der EU-Grenze
    Ein einjähriges Kind aus Syrien ist in einem Wald in Polen an der belarussischen Grenze gestorben, wie internationale Medien unter Berufung auf polnische Hilfskräfte am Donnerstag meldeten. Es handelt sich um das jüngste bislang bekannte Todesopfer unter den Flüchtlingen an der Ostgrenze der EU. Der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli, äußerte sich erschüttert…“ Meldung vom 18.11.2021 beim Tagesspiegel online externer Link
  • Europa rüstet auf
    Warschau stellt die Situation an der Grenze als Angriff dar und geht mit Gewalt gegen Migranten vor. Jetzt wird erwogen, die NATO einzuschalten. Sieht so die künftige Grenzpolitik der EU aus? Kühl sagt Heiko Maas, glückloser Außenminister, Deutschland werde diese Menschen nicht aufnehmen. Es scheint egal, ob sie erfrieren oder nur erkranken. Egal, ob sie schon europäischen Boden betreten und damit das Recht auf ein Asylverfahren haben. In Brüssel wird nicht über ein Vertragsverletzungsverfahren diskutiert, sondern über die Bezahlung einer Mauer. Auf jeden Migranten, auf jede Frau, jedes Kind, kommen inzwischen drei oder vier Uniformierte an dieser Grenze der Schande – nicht mit dem Auftrag zu helfen, sondern mit dem gesetzwidrigen Pushback-Befehl. Go, go, go ist ihre Botschaft. (…) Die Sprache zeugt heute unverändert von militantem Denken: „hybrider Angriff“ (von der Leyen), „menschliche Schutzschilde“ (Morawiecki) oder „weißrussischer Staatsterror“ (Steinmeier). Nun erwägt die polnische Regierung, die NATO um Rat zu bitten. Und dies wenige Tage nach der Pariser Libyen-Konferenz, die erneut veranschaulicht hat, wie andauernd die Schäden in dem von der NATO mitverursachten „Failed state“ sind. (…) Die Methoden Lukaschenkos sind nicht hinnehmbar. Aber sind nicht die „Strafaktionen“ des Westens auch eine Form von Staatsterrorismus?...“ Kommentar von Daniela Dahn vom 19.11.2021 in der Freitag-Ausgabe 46/2021 externer Link
  • Menschenrechtler fordern Aufnahme von Flüchtlingen aus Polen
    „…Mit einer Mahnwache vor dem Bundeskanzleramt hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf die Lage der an der polnisch-belarussischen Grenze gestrandeten Flüchtlinge aufmerksam gemacht. Diese müssten umgehend von EU-Ländern aufgenommen und humanitär versorgt werden, forderte die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch in Berlin. Viele der Geflüchteten seien Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten wie Kurden und Jesiden aus dem Irak und aus Syrien oder Hasara aus Afghanistan. Sie flüchteten vor Verfolgung, Krieg und Gewalt in ihren Heimatländern. Die Geflüchteten würden benutzt, um geopolitische Interessen durchzusetzen, beklagte der Nahost-Referent der GfbV, Kamal Sido. Dass sie als politisches Druckmittel missbraucht würden, sei nicht ihr Fehler. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ahme die Erpressungstaktik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach. „Dieses Handeln ist verbrecherisch“, betonte der aus Syrien stammende Nahost-Experte. Die Menschen, die bei Minusgraden in den Wäldern an der Grenze ausharrten, dürften dafür nicht verantwortlich gemacht werden…“ Meldung vom 18. November 2021 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Polnisch-belarussische Grenze: „Geflüchtete sind keine Waffen!“ – Ärzt*innenorganisation IPPNW fordert sofortige Aufnahme der Geflüchteten sowie schnelle und umfangreiche humanitäre Hilfe
    „Angesichts der sich zuspitzenden Lage an der polnisch-belarussischen Grenze und der Brutalität der Sicherheitskräfte gegenüber den Geflüchteten, zeigt sich die internationale Ärzt*innenorganisation IPPNW zutiefst betroffen über die kategorische Ablehnung der EU-Außenminister*innen diese Menschen aufzunehmen. Die Ärzt*innenorganisation verweist auf die katastrophale humanitäre Lage im Grenzgebiet, wo derzeit etwa 3.000 Menschen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ausharren und verurteilt die Entscheidung der Minister*innen die Sanktionen gegen Belarus zu verschärfen, anstatt das Leben Geflüchteter zu retten. „Inzwischen sind mindestens neun Menschen im Grenzgebiet ums Leben gekommen, darunter auch Minderjährige. Mit der Weigerung die Schutzsuchenden aufzunehmen, nimmt die EU weitere Tote billigend in Kauf“, kritisiert Carlotta Conrad, Ärztin und IPPNW-Vorstandsmitglied. Der EU sei die Sicherung der Festung Europa und die Demonstration von Härte gegenüber dem belarussischen Machthaber Lukaschenko wichtiger als Menschenrechte, Humanität und Rechtsstaatlichkeit. Conrad betont: „Deutschland und die EU müssen von Polen einfordern, die rechtswidrigen Pushbacks über die Grenze zu beenden und humanitäre Hilfsorganisationen ins Grenzgebiet zu lassen.“ (…) „Die Menschen haben legitime Gründe für ihre Flucht und das Recht vor Verfolgung, Krieg, Hunger und Perspektivlosigkeit Schutz in der EU zu suchen. Der Großteil der Geflüchteten stammt aus Kriegs- und Krisengebieten wie Irak, Syrien, Afghanistan und Jemen, an deren Situation die westliche Staatengemeinschaft eine Mitverantwortung trägt“, so Conrad abschließend…“ IPPNW-Pressemitteilung vom 17. November 2021 externer Link
  • Tränengas gegen Asylsuchende. Geflüchtete in Belarus versuchen, polnische Grenze zu überwinden. Warschau beantragt NATO-Beratungen
    Die Lage am polnisch-belarussischen Grenzübergang Kuznica-Bruzgi ist am Dienstag eskaliert. In den Vormittagsstunden versuchte eine Gruppe von Asylsuchenden, die die belarussische Seite des Übergangs seit gestern blockiert hatte, auf die polnische Seite zu gelangen. Andere versuchten, den Grenzzaun einzureißen. Die polnische Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Gegen Mittag beruhigte sich die Lage offenbar wieder. Polens Innenminister Mariusz Kaminski lobte die Polizisten und Soldaten für ihren »entschlossenen Einsatz«. Praktisch jede Erklärung der polnischen Behörden enthält Hinweise auf eine angebliche Beteiligung belarussischer Militärs oder Polizisten an den versuchten Grenzübertritten. Dabei kam es zu Widersprüchen: So wurde einerseits behauptet, die »Angreifer« hätten »europäische Gesichtszüge« gehabt, andererseits dagegen, sie seien vermummt gewesen, und Polen hoffe, sie später auf Vergleichsaufnahmen identifizieren zu können. Unabhängig nachprüfen lassen sich diese Angaben nicht, weil von der polnischen Seite keine Journalisten an die Grenze gelassen werden. Dagegen sprach ein auf belarussischer Seite präsenter Reporter des US-Senders CNN von verzweifelten und zu allem entschlossenen Migranten als handelnden Personen…“ Artikel von Reinhard Lauterbach, Poznan, in der jungen Welt vom 17.11.2021 externer Link
  • Flüchtlingen Einreise in die EU gestatten, humanitäre Soforthilfe in der EU leisten
    PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt fordert, den an der polnisch-belarussischen Grenze Festsitzenden die Einreise in die EU zu gestatten, so eine humanitäre Lösung herbeizuführen und einen Teil der Menschen in Deutschland aufzunehmen. „Es ist eine Verrohung der Sprache, wenn aus Flüchtlingen illegale Migranten werden. Und darauf folgt ein erbarmungsloses Handeln, das die Not der Menschen und ihre zum Teil durchaus legitimen Gründe, in die EU zu kommen, außer Acht lässt. Darunter sind Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen. Sie haben ein Recht auf Schutz und Asyl in der EU. Wir fordern, dass Deutschland all denjenigen die Einreise nach Deutschland gestattet, die familiäre Bezüge zu Deutschland haben. Und das scheint bei vielen Afghanen, Syrern und Irakern, die sich dort aufhalten, der Fall zu sein“, sagte Burkhardt. (…) Burkhardt warnte eindringlich vor weiteren Toten und einem de facto-Ausstieg der EU aus dem Flüchtlingsrecht. „Es muss möglich sein, an der EU-Grenze ein Asylgesuch zu äußern. Die Komplettabriegelung mit Zäunen und Mauern verhindert dies. Es ist fatal, dass auch die neue Bundestagspräsidentin Bas diesen gefährlichen Weg mitgehen will.“ Auf harte Kritik von PRO ASYL stößt der von Migrationsforscher Gerald Knaus vorgetragene und von einigen Politikern aufgegriffene Vorschlag, die Schutzsuchenden direkt nach Moldawien und die Ukraine zu bringen. Dies ist eine illusorische Scheinlösung. Sie setzt einen schmutzigen Deal mit Lukaschenko voraus. Denn nur dann könnten die Geflüchteten von Belarus aus dorthin gebracht werden. Die andere Möglichkeit wäre, sie aus Polen weiter in einen Drittstaat abzuschieben. Dies geht nur unter Bruch des EU-Rechts…“ Pressemitteilung vom 15.11.2021 von und bei Pro Asyl externer Link
  • Brüssel lässt sterben. Polnisch-belarussische Grenze: Weitere Todesopfer, teils erfolgreicher Massendurchbruch. Streit über Aufnahme Geflüchteter
    Die humanitäre Krise an der polnisch-belarussischen Grenze hat ein weiteres Menschenleben gekostet. Die polnische Grenzbehörde teilte am Wochenende mit, in einem Waldgebiet sei die Leiche eines 20jährigen Mannes aus Syrien gefunden worden. Über die Todesursache sei nichts bekannt. Ein zweites Todesopfer gab es am Sonnabend auf seiten des polnischen Militärs. Ein an der Grenze eingesetzter Soldat erlag einem Schuss aus seiner Dienstwaffe. Ob es ein Unfall oder Suizid war, ließ die offizielle Mitteilung offen. In der Nacht zum Sonntag durchbrach nach polnischen Angaben eine Gruppe von etwa 50 Asylsuchenden aus dem Irak die Grenzbefestigungen und gelangte auf polnisches Gebiet. 22 von ihnen seien wieder festgenommen worden, teilte die Grenzbehörde mit. Sie warf dem belarussischen Militär vor, die Situation zu eskalieren, etwa durch Beihilfe zur Beschädigung der Grenzbefestigungen. Bilder des polnischen Verteidigungsministeriums zeigten, wie von belarussischer Seite die polnischen Grenzbeamten mit Laser- und flackerndem Licht geblendet worden seien. Auch seien Asylsuchende von belarussischen Einsatzkräften mit Tränengasdosen ausgestattet worden und hätten damit polnische Grenzbeamte angegriffen. Die polnische Regierung warnte vor einem angeblich unmittelbar bevorstehenden Massendurchbruch und warf Belarus vor, es wolle die Flüchtlingskrise zum Dauerzustand machen. Als Beleg wurde angeführt, dass auf belarussischer Seite inzwischen Militärzelte für die Schutzsuchenden aufgebaut und Feldküchen installiert worden seien. Die polnische Grenzbehörde macht sich inzwischen offenbar Sorgen um ihr öffentliches Erscheinungsbild. Eine Pressesprecherin sagte am Sonnabend, sie wisse von Beamten, die sich täglich zusätzliche Stullen mitnähmen, um sie den festsitzenden Menschen zu geben. (…) Das oppositionelle polnische Portal oko.press veröffentlichte Hinweise, welche Formen der Hilfe für durchs Land irrende Asylsuchende gerade noch erlaubt seien, und welche als »Beihilfe zum illegalen Aufenthalt« strafbar. Erlaubt sei, Geflüchteten Essen und Trinken, eine Waschgelegenheit und gegebenenfalls ein Nachtlager anzubieten, sofern nach dem Eindruck des Helfenden deren Leben und Gesundheit in Gefahr sei. Als Zeichen der Hilfsbereitschaft grün leuchtende Laternen vors Haus zu stellen, sei ebenfalls nicht verboten, denn es sei Sache des Bewohners, wie er sein Haus beleuchte. Das Aufladen von Telefonen oder die Abgabe von Landkarten seien Grenzfälle, jedenfalls verboten sei dagegen, Menschen mit »unpolnischem Aussehen« als Anhalter ins Landesinnere mitzunehmen…“ Artikel von Reinhard Lauterbach, Poznan, in der jungen Welt vom 15.11.2021 externer Link
  • Deutsche Medien im Krieg: Journalist*innen aller Couleur fantasieren im AfD-Slang eine Invasion an der polnisch-belarussischen Grenze herbei
    “ An der belarussisch-polnischen Grenze sind bis jetzt mindestens zehn Menschen gestorben – zuletzt ein 14-jähriger Junge. (…) Entlang des Grenzzauns ereignet sich eine humanitäre Katastrophe – wobei Katastrophe eigentlich das falsche Wort ist, denn die Situation wird willentlich erzeugt. Vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, der polnischen Regierung und der EU. Viele deutsche Medien wollen die Situation indes nicht als tödliche Falle verstehen, sondern als militärische Auseinandersetzung. Auf den Fotos, die entsprechende Artikel bebildern, wimmelt es von schwer bewaffneten Soldaten und Unmengen von Stacheldraht. Bei der Zeit, der Welt, beim Spiegel ist die Botschaft: Wir sind im Krieg. Das Narrativ des »hybriden Krieges« oder der »hybriden Bedrohung« hat sich rasant etabliert. In der Zeit konstatierte Ulrich Ladurner: »Polen hat das Recht, sich in diesem hybriden Krieg zu verteidigen, und die EU hat die Pflicht, dem Land beizustehen, weil Polen auch die EU verteidigt. So einfach ist das.« So einfach ist es nur, wenn man vergisst, dass es hier um Menschen geht. Wenn man vergisst, dass diese Menschen sterben müssen, weil die EU ihre Grenzen vehement abschottet. Es ist ein alter Diskurs, Schutzsuchende zur Bedrohung zu stilisieren, gegen die man sich verteidigen müsse. Im aktuellen Fall lässt sich die Verantwortung mit Lukaschenko als gegnerischem Gegenüber besonders gut auslagern. Und wenn man sich im Krieg befindet, ist bekanntlich jedes Mittel recht. Eine bessere Legitimation für den sinnlosen Tod von Menschen gibt es kaum. (…)Noch-Außenminister Heiko Maas (SPD) betont, dass sich die EU nicht erpressen lasse. Das wäre ja schön, doch nicht erpressbar wäre die EU erst, wenn sie die rassistische Panik vor Menschen auf der Flucht durch eine Politik der Mitmenschlichkeit ersetzen würde. Dann könnte sie die Schutzsuchenden einfach aufnehmen. Der eingebildete Krieg hätte sich damit auch erledigt. Stattdessen schürt die EU ihn lieber weiter und lässt Menschen an der Grenze erfrieren. Und die deutschen Medien trommeln mit.“ Kommentar von Larissa Schober vom 13. November 2021 aus ak 676 externer Link
  • An der polnischen Grenze: »Eine Politik, die Menschen einfach sterben lässt«
    Ein Interview von Pro Asyl vom 12. November 2021 mit der polnischen Rechtsanwältin Marta Górczyńska externer Link: „Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze spitzt sich von Tag zu Tag zu. Sehen Sie Anzeichen für Deeskalation, gibt es in Polen Politiker*innen, die zu Mäßigung und Menschlichkeit aufrufen? [Marta Górczyńska:] Leider nein. Es ist eine humanitäre Katastrophe auf allen Ebenen, die sich hier mitten in Europa abspielt. Der Politik geht es ausschließlich darum, die Grenzen zu schützen; niemand erwähnt auch nur humanitäre Hilfe, die die Flüchtlinge so dringend benötigen. Es wird von Tag zu Tag kälter, die Temperaturen sinken auf den Gefrierpunkt. Die Menschen haben kein Dach über dem Kopf, nichts zu essen, keine warme Kleidung. Frauen erleben dort draußen Fehlgeburten. Polen verwehrt den Schutzsuchenden trotz Aufforderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedwede medizinische und humanitäre Hilfe. Menschen sterben. Nicht weil wir keine Möglichkeiten hätten, sie zu retten. Sondern weil wir, weil Europa, sie sterben lässt. Es ist ein Albtraum. (…) Das Militär darf die »rote Zone« betreten, also die drei Kilometer Sperrgebiet entlang der Grenze. Sonst niemand, weder Ärzt*innen noch Journalist*innen oder Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen. Das ist dramatisch, in mehrfacher Hinsicht. Erstens haben wir so kaum journalistische Informationen und Bilder darüber, was sich im Dschungel dort abspielt. Es ist nicht einfach nur ein Wald, in dem die Schutzsuchenden ausharren, sondern tatsächlich ein Dschungel: Der älteste Urwald Europas, ein Gebiet, das von Sümpfen und Flussläufen durchzogen ist. Dort leben Bisons, und nachts heulen die Wölfe. Dramatisch ist es aber in erster Linie, weil die Geflüchteten kaum versorgt werden. Die Einzigen, die neben den Sicherheitskräften Zugang zu ihnen haben, ist die lokale Bevölkerung. Die tut, was sie kann, aber die Menschen, die dort leben, sind mit dieser Verantwortung völlig überlastet. (…) Einfache Bürgerinnen und Bürger werden zu Lebensretter*innen, die aber weder Erfahrung mit solchen Situationen haben noch die richtige Ausrüstung. Sie bringen Schlafsäcke, Tee in Thermoskannen und heiße Suppe zu den Geflüchteten in den Wald. Doch es ist gar nicht so leicht, sie zu erreichen – wegen der Sumpflandschaft, aber auch, weil sich viele aus Angst vor den polnischen Sicherheitskräften verstecken. Oft kommen nicht einmal die Krankenwagen, wenn man sie ruft. Und wer hat schon eine Trage zuhause? Die Einheimischen haben neulich notdürftig mit einer Hängematte jemanden transportiert. Sie haben ein 2‑jähriges Kind aus dem Sumpf gezogen, das fast ertrunken wäre. Von einem 14-jährigen Jungen erzählt, der dort alleine herumirrt, weil die polnischen Sicherheitskräfte seinen Vater nach Belarus zurückgeschickt und ihn vergessen haben…“
  • »Vor sechs Jahren wäre das nicht denkbar gewesen«
    Die Aktivistin Liza Pflaum hat Schutzsuchenden an der polnisch-belarussischen Grenze Winterkleidung und andere Hilfsgüter gebracht (…) Die Sperrzone ist ein Gebiet, in der keine Kontrolle von außen mehr stattfinden kann. Und es wird aktiv verhindert, dass Nichtregierungsorganisationen (NGOs) humanitäre Hilfe leisten. Am Donnerstagmorgen habe ich in einer polnischen Zeitung gelesen, dass genau bei dem Grenzübergang, an dem wir waren, ein 14-jähriger Junge gestorben ist. Wenn Leute, die im Wald allein unterwegs sind, erfrieren, werden wir es wahrscheinlich nicht einmal erfahren. Meiner Meinung nach ist das deswegen ein Todesstreifen: Es kommen Menschen ums Leben und das wird auch ganz bewusst in Kauf genommen. (…) wir haben uns lange mit den Aktivist*innen vor Ort unterhalten. Die haben uns zum Beispiel von einer achtköpfigen Familie berichtet, die in der EU Asyl beantragen möchte und schon achtmal wieder zurück auf die andere Seite der Grenze gedrängt wurde. (…) Ich gehe davon aus das, dieser Raum gezielt für Propaganda verwendet wird. Ich denke das ist auch ein Grund dafür, dass keine Journalist*innen und humanitäre Organisationen zugelassen werden. Einerseits vom belarussischen Militär, in dem gezielte Bilder verbreitet werden, auf denen fast nur Männer zu sehen sind und geflüchtete Menschen als gewalttätig dargestellt werden. Hiermit sollen Ängste geschürt werden, mit denen insbesondere rechte Kräfte seit Jahren arbeiten. Diese Bilder entsprechen aber nicht den Berichten, die wir von Zivilgesellschaft und Aktivist*innen vor Ort bekommen haben. Die sagen, dass sehr viele Familien mit Kindern da sind, dass die Menschen in einer Sackgasse feststecken und es für sie kein Zurück mehr gibt. Auf der anderen Seite bekommt jede Person, die das Grenzgebiet auf der polnischen Seite betritt, eine SMS, in der es heißt: Sie kommen nicht nach Polen rein, hören sie nicht darauf, was das belarussische Militär sagt, die Grenzen sind zu und nehmen sie keine Pillen des belarussischen Militärs. Was das mit den Pillen auf sich hat, keine Ahnung, darüber habe ich bereits gerätselt, ob es hier um echte oder metaphorische Pillen geht. (…) Ich glaube, man muss wegkommen von der Idee, dass man die Grenzen verteidigen muss. Dort steht uns weder ein bewaffnetes Militär gegenüber, noch eine große Gefahr, sondern Menschen, die Schutz und Hilfe suchen. Vor diesen muss man überhaupt nichts verteidigen. Da muss ein wirkliches Umdenken stattfinden, und dann muss man sich mit den konkreten Problemen beschäftigen: Wie können die Leute herkommen, was sind Möglichkeiten der Einreise, wie werden sie untergebracht, wie finden sie in die Gesellschaft hinein? Da müssen wir Kraft und Energie investieren und nicht darein zu verhindern, dass Menschen kommen. Was wir jetzt an der Grenze zu Belarus sehen, wäre vor sechs Jahren nicht denkbar gewesen. Heute passiert es und niemand ist geschockt. Wir bewegen uns darauf zu, dass nicht mehr davor zurückgeschreckt wird, fliehende Menschen militärisch aufzuhalten. Das heißt, in der Zukunft könnte an den Grenzen auf sie geschossen werden. Das ist genau das, was die AfD 2015 schon indirekt gefordert hat. Und heute sind wir da beinahe angekommen…“ Interview von Ulrike Wagener vom 12.11.2021 im ND online externer Link
  • Solidarität kennt keine Grenzen! Unterstützungsaktion für Geflüchtete an der deutsch-polnischen Grenze
    „… Was können Sie/ was könnt ihr tun? Seid solidarisch mit Menschen auf der Flucht und bietet ihnen Eure direkte Hilfe an – mit einem wärmenden Getränk oder der Vermittlung zu Hilfsstrukturen. Vernetzen Sie sich mit anderen solidarischen Menschen! Ihre Mail – Adresse oder andere Kontaktdaten können Sie gerne bei uns hinterlegen. Wir informieren Sie über weitere Aktionen. Organisiert Unterstützung für die neu ankommenden Menschen. Diese werden zuerst in Erstaufnahmeeinrichtungen (In Sachsen: Dresden, Chemnitz, Schneeberg, Leipzig oder Dölzig, In Brandenburg: Eisenhüttenstadt) untergebracht und kommen dann in einigen Monaten in den Kommunen an. Tretet rassistischer Hetze und Forderungen nach Abschottung und neuen Grenzen entgegen! Spenden Sie für die Menschen auf der Flucht! Sprecht Vereine wie die Flüchtlingsräte und progressive Abgeordnete aus eurer Region/ eurem Bundesland an. Sie sind über die bestehende Situation und Bedarfe informiert.
    Spendenkonto für solidarische Organisationen und Initiativen in Polen: Roter Baum Leipzig e. V.  IBAN: DE22500310001056268002, BIC: TRODDEF1, Triodos Bank Deutschland
    Aufruf zu Unterstützungsaktionen! Wir rufen auf zur Solidaritätsaktion! Am Freitag, den 12. November 2021 werden wir uns zwischen 16 und 18 Uhr entlang der polnisch-deutschen Grenze versammeln um ein Zeichen zu setzen, um uns zu vernetzen und um Spenden zu sammeln. In Sachsen könnt ihr uns hier antreffen: Bad Muskau Grenzübergang Postbrücke, Görlitz Altstadtbrücke, Ostritz Grenzübergang  Bahnhofstraße, Zittau Grottauer Brücke…“ Aufruf vom 9.11.2021 beim Sächsischen Flüchtlingsrat externer Link
  • Spendenaufruf: Für das Recht auf Rechte – Hilfe für Geflüchtete an der polnisch-belarussischen Grenze
    Moria, Lipa, Lampedusa, Kanaren: Die Außengrenzen der EU sind Schauplatz eines permanenten Ausnahmezustands. Das nächste Kapitel dieser menschenrechtlichen und humanitären Katastrophe spielt sich in in den Wäldern zwischen Belarus und Polen ab. Mehrere tausend Geflüchtete halten sich derzeit in der Grenzregion auf – unter ihnen auch viele Familien mit Kindern. Seit dem Sommer hat die europäische Abschottung hier mindestens neun Menschenleben gefordert. Die polnische Regierung hat die Region zur Sperrzone erklärt, lässt niemanden durch ihre Kontrollpunkte und verhindert damit Öffentlichkeit und Solidarität. Und die EU schaut wie immer zu oder weg. (…) Anstatt weitere Zäune zu errichten und mehr Soldaten in die Grenzregion zu schicken, braucht es jetzt freien Zugang für Helfer:innen, einen humanitärer Korridor für die Geflüchteten, ihre Aufnahme in Europa und sichere Fluchtwege. Für die Nothilfe und Menschrechtsarbeit an der polnisch-belarussischen Grenze bitten wir um Ihre Spende unter dem Stichwort Flucht & Migration.“ Spendenaufruf von Medico externer Link, den wir nachdrücklich unterstützen! Spendenkonto: medico international, IBAN: DE21 5005 0201 0000 0018 00, BIC: HELADEF1822, Frankfurter Sparkasse, Spendenstichwort: Flucht & Migration
  • Rechtsbruch: Hilfsorganisationen fordern Zugang zu Flüchtlingen an EU-Außengrenze – Maaßen spricht von „geshuttleten“ Menschen
    An der polnisch-belarussischen Grenze stranden immer mehr Menschen beim Versuch, in die EU zu gelangen. Unter ihnen sind auch Jesiden aus dem Irak, die seit dem Überfall der Terrormiliz „IS“ auf ihre Dörfer keine Heimat mehr haben. Hilfsorganisationen pochen auf einen raschen Zugang zu den Flüchtlingen an der polnisch-belarussischen Grenze. Die polnische Regierung müsse internationale Organisationen wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR oder „Ärzte ohne Grenzen“ zu den Menschen lassen, um sie zu versorgen, erklärte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty, Julia Duchrow, am Mittwoch in Berlin. Amnesty wirft Polen vor, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen, ohne ihnen Zugang zu einem Asylverfahren zu geben. Damit verstoße das Land gegen internationales Recht. Die Bundesregierung setzt indes auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen. (…) Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, dass sich niemand ungestraft „an Lukaschenkos menschenverachtenden Aktivitäten beteiligen“ dürfe. Diese Botschaft werde an die Herkunfts- und Transitstaaten der Menschen ebenso wie Fluggesellschaften gehen, mit Hilfe derer die Menschen „nach Belarus geshuttled werden“. Nach Angaben seiner Sprecherin wollen die EU-Außenministerinnen und -Außenminister am Montag in Brüssel unter anderem auch darüber beraten.“ Meldung vom 11.11.2021 beim Migazin externer Link
  • Grünes Licht für Aufnahme: #MauerfallJetzt!
    „… Wir fordern die Bundesregierung und die Ampelkoalition als zukünftige Regierung dazu auf, eine direkte Aufnahme der Menschen von der polnisch-belarussischen Grenze in Deutschland sofort zu ermöglichen, den Zugang zu rechtsstaatlichen Asylverfahren für geflüchtete Menschen sicherzustellen und sich für das Ende der Gewalt in den polnischen und deutschen Grenzregionen sowie das Ende der illegalen PushBacks an der polnisch-belarussichen Grenze einzusetzen. Für die kommende Woche rufen wir deswegen zu dezentralen Aktionen auf. Lasst uns zudem Proteste und Aktionen in Brandenburg vor Ort unterstützen! Lasst uns unseren Protest und Solidarität mit den fliehenden Menschen auf die Straßen unser Städte und Kommunen, vor die Parlamente und polnischen Konsulate tragen und uns der europäischen Abschottung kraftvoll entgegenstellen. Wir fordern: #GrünesLichtFürAufnahme!...“ Aufruf zu Aktionen bei Seebrücke externer Link
  • Flüchtlingssterben im Niemandsland
    EU debattiert im Kampf gegen Flüchtlinge über die Zulassung völkerrechtswidriger Pushbacks und zieht Sanktionen gegen Fluggesellschaften in Betracht, deren Dienstleistungen Flüchtlinge nutzen. In ihrem erbitterten Kampf gegen Flüchtlinge zieht die EU die Zulassung offener Völkerrechtsbrüche an den EU-Außengrenzen in Betracht und droht mit einer Sanktionsschlacht gegen Fluggesellschaften. Anlass sind die Flüchtlinge, die über die Grenze zwischen Belarus und Polen in die Union zu gelangen suchen. Warschau schottet die Grenze immer härter ab; mindestens acht Flüchtlinge sind mittlerweile im Niemandsland zu Tode gekommen. UN-Organisationen laufen Sturm. Obwohl zahlreiche Flüchtlinge aus Ländern stammen, die von europäischen Staaten per Krieg zerstört (Afghanistan, Irak) oder durch die Förderung bewaffneter Aufstände und durch Sanktionen ruiniert wurden (Syrien), ist die EU nicht bereit, sie aufzunehmen; stattdessen wird in Brüssel nun die Zulassung von Pushbacks diskutiert, die laut Genfer Flüchtlingskonvention illegal sind. Zudem stellt die Union Sanktionen gegen Fluggesellschaften in Aussicht, mit deren Flugzeugen Flüchtlinge nach Belarus gelangen; erwogen wird der Entzug von Landerechten. Betroffen sind Airlines aus der Türkei, aus Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und weiteren Ländern. (…) Die Zustände unmittelbar an der Grenze sind nur ansatzweise bekannt, weil Polens Regierung im unmittelbaren Grenzgebiet den Ausnahmezustand verhängt hat und nicht nur Journalisten, sondern sogar Hilfsorganisationen den Zutritt verweigert. Klar ist, dass auf belarussischer Seite der Grenze oder im Niemandsland Tausende Flüchtlinge festsitzen – bei zunehmender Kälte und oft ohne Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und Medikamenten. Polnische Grenzwächter setzen gegen Flüchtlinge, die die Stacheldrahtbarrieren an der Grenze überwinden wollen, Tränengas ein. Mindestens acht Flüchtlinge sind bisher im Niemandsland zu Tode gekommen; dabei könne die tatsächliche Opferzahl „viel höher“ sein, erklärte bereits Ende Oktober mit Blick auf die polnische Zugangssperre zum Grenzgebiet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (…) Mittlerweile gewinnt nicht nur die Forderung neuen Zuspruch, die EU solle umgehend Mittel für den Bau von Stacheldrahtbarrieren an ihren Außengrenzen bereitstellen. Die Forderung wurde im Oktober von zwölf EU-Staaten schriftlich geäußert und findet immer mehr Unterstützer – auch in Deutschland…“ Beitrag vom 10.11.2021 von und bei German-Foreign-Policy externer Link (Teil II)
  • EU prüft Rückführung der Menschen an der Grenze zu Belarus
    Die humanitäre Lage der Menschen an der belarussisch-polnischen Grenze spitzt sich zu. Die EU pocht auf Einhaltung von Grundrechten, kritisiert Polen aber nicht. Von der Leyen will prüfen, wie die Menschen zurückgeführt werden können. Die EU-Kommission pocht mit Blick auf die Menschen an der belarussisch-polnischen Grenze auf die Wahrung der Grundrechte, ohne jedoch Polen direkt zu kritisieren. Die Kommission verfolge die Lage genau und sei über die humanitäre Situation besorgt, sagte ein Sprecher am Dienstag in Brüssel. Zugleich äußerte er, die Kommission sei nicht vor Ort, sie könne auch nicht „jedes einzelne Ereignis“ in der EU rechtlich bewerten und besitze keine Kompetenz, um angebliche Push Backs zu untersuchen. (…) Die Linken-Europaabgeordnete Cornelia Ernst hingegen wies darauf hin, dass die Menschen an der Grenze das Recht hätten, einen Asylantrag zu stellen. „Man muss nicht nur gegen Lukaschenko vorgehen, sondern auch gegen Polen und alle Mitgliedstaaten, die hier die Menschenrechte mit Füßen treten.““ Meldung vom 10.11.2021 beim Migazin externer Link
  • Hilfsorganisationen fordern legale Einreise für Flüchtlinge aus Polen – die EU nehme den Tod von Menschen in Kauf
    „… Die Organisationen forderten die Bundesrepublik vor der Abfahrt des Busses am Montag aus Berlin auf, einen humanitären Korridor für die Flüchtlinge einzurichten und auf ein Ende der Verletzung von deren Menschenrechten durch die polnischen Behörden zu dringen. Seit Wochen nehme die Europäische Union an der polnisch-belarussischen Grenze den Tod von Menschen durch Kälte und Hunger in Kauf, sagte Tareq Alaows von der Initiative Seebrücke. Dass die an der Grenze gestrandeten Menschen als „Waffe“ bezeichnet würden, wertete er als Zeichen zunehmender Abschottung in der deutschen Asylpolitik. (…) Das Bundesinnenministerium habe noch keine Antwort auf die Bereitschaft von insgesamt 270 Kommunen zur Aufnahme von Flüchtlingen gegeben, beklagte Livia Pflaum von der Hilfsorganisation. Es sei ein „Armutszeugnis“, dass die Parteien bei ihren Verhandlungen über eine mögliche Ampelkoalition um Ministerposten stritten, anstatt auf die humanitäre Krise an der polnisch-belarussischen Grenze zu reagieren. Beide Organisationen forderten das Bundesinnenministerium auf, dem Bus zu erlauben, an der Grenze gestrandete Flüchtlinge nach Deutschland zu bringen.“ Meldung vom 9. November 2021 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Reisebus auf Rettungsmission: Initiativen wollen Geflüchtete an EU-Außengrenze evakuieren. Doch das hängt von Seehofers Zustimmung ab
    „Ein großer Reisebus steht mitten auf dem Pariser Platz in Berlin, etwa 20 Kisten mit der Aufschrift »Wir packen’s an – Nothilfe für Geflüchtete« sind davor platziert. Darin befinden sich vor allem Powerbanks zum Aufladen von Handys, Stirnlampen und feste Winterschuhe. Am Montag machten sich Aktivist*innen auf den Weg an die polnisch-belarussische Grenze, um Hilfsgüter für die im Grenzgebiet feststeckenden Geflüchteten abzuliefern und sich mit Unterstützer*innen vor Ort zu vernetzen. Im besten Fall wollen sie etwa 50 Geflüchtete mit nach Deutschland nehmen. »Am Dienstag wird in Deutschland der Jahrestag des Mauerfalls gefeiert, gleichzeitig findet eine humanitäre Katastrophe an der EU-Außengrenze statt. (…) Ruben Neugebauer von LeaveNoOneBehind sieht die Bundesregierung in der Verantwortung, einen humanitären Korridor einzurichten, um Geflüchtete aus dem Grenzgebiet zu evakuieren. »Es kann nicht sein, dass hier die Zivilgesellschaft einspringen muss, um den Menschen zu helfen«, sagte er. (…) Neugebauer mahnte: »Am 9. November gedenken wir der Opfer der Reichspogromnacht. ›Nie wieder Faschismus‹ heißt auch, dass Menschenrechte für alle gelten müssen und nicht nur für Menschen mit deutschem Pass.« (…) »Die Menschenrechte müssen auch an der EU-Außengrenze gelten. Die Mauer muss weg!«“ Beitrag von Lola Zeller vom 8. November 2021 bei neues Deutschland online externer Link

  • Appell polnischer Hilfsorgas angesichts einer akuten Zuspitzung der Situation
    Appell der Grupa Granica (Bündnis polnischer Hilfsorgas) angesichts einer akuten Zuspitzung der Situation an der Grenze von Polen und Belarus. Besonders große Zahl von Geflüchteten gerade auf dem Weg an die Grenze. Zugleich immer gewalttätigere Tendenz des BLR-Grenzschutzes. (…) English version of the appeal (…) Es gibt aus Belarus Aufnahmen eines Trecks von mehreren Hundert Geflüchteten auf dem Weg Richtung polnische Grenze. Auf polnischer Seite in der Region bereits massive Mobilisierung von Grenzschutz und Militär.“ Thread von kapturak vom 7.11.2021 externer Link mit Video und Grafik des Appells
  • Grenze von Polen und Belarus: Die ausgelagerte Grausamkeit
    An Polens Grenze zu Belarus herrscht seit zwei Monaten gesetzlicher Ausnahmezustand. Ein vom Lukaschenko-Regime gesteuerter Zuzug von Flüchtlingen soll Polen, die baltischen Staaten und die EU destabilisieren – und tut es auch. Doch zum Glück gibt es Menschen, die ihr Mitgefühl behalten (…) Das Ende Oktober vom polnischen Parlament verabschiedete, umstrittene Asylgesetz legalisiert die schon zuvor übliche Praxis der Pushbacks, deren Brutalität trotz Ausnahmezustand in die Öffentlichkeit drang: Schwangere Frauen wurden über Grenzzäune geworfen, weinende Kinder gewaltsam weggeschafft, den durstenden und hungernden Menschen an der Grenze Nahrung und Getränke verweigert. Die Novelle erlaubt dem zuständigen Grenzbeamten nun offiziell, „den Antrag auf internationalen Schutz unbearbeitet zu lassen“. Dies ist zwar nur dann möglich, wenn der Antrag „von einem Ausländer gestellt wurde, der sofort nach dem Übertreten der Grenze aufgehalten wurde“. Doch was heißt „sofort“? Eine Minute, eine Stunde? Hundert Meter hinter der Grenzlinie oder auch fünf Kilometer weiter im Land? Keine Frage: Die Schwammigkeit in der Formulierung des polnischen Gesetzes soll Interpretationsspielraum für Politik und Grenzbehörden eröffnen. Die den polnischen Rechtsstaat kritisierende EU-Kommission müsste angesichts des Pushbacks-Gesetzes – laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR verstößt es sowohl gegen die Genfer Flüchtlingskonvention als auch gegen EU-Recht – auf die Barrikaden gehen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson zeigte sich besorgt, die Kommission prüfe die Übereinstimmung mit EU-Recht. „Pushbacks dürfen nie legalisiert werden“, so Johansson. Der Erfahrung nach zu urteilen, etwa dem Umgang der EU mit dem ungarischen Grenzregime, dürfte es bei der verhaltenen, „prüfenden Sorge“ bleiben. Die polnische Pushback-Praxis ist im unausgesprochenen Sinne Brüssels. Und auch Berlins, das keine neuen Flüchtlinge will – viele, die sicher in Polen ankommen, machen sich auf den Weg Richtung Deutschland…“ Reportage von Jan Opielka vom 07.11.2021 in der FR online externer Link
  • Flüchtlinge sterben, Werte nicht
    Ein Eiserner Vorhang, eine Mauer – der Westen erwärmt sich für Neuerungen an der Grenze zum Osten und anderswo. Hauptsache die Asylbewerber kommen nicht rein. (…) Diesmal sind es nicht die vielen Ertrinkenden im Mittelmeer – die sind allenfalls noch Thema in Kleinstmeldungen –, sondern die Flüchtlinge, die über das Baltikum oder Polen nach Europa kommen. Dabei wird in der Sache, abgesehen vom grenzschützenden Aufrüstungsbedarf, wenig Neues geboten. Erstaunlich ist jedoch, wie die damit verbundenen Fragen in der Öffentlichkeit verhandelt werden. Schon die Einordnung der Personen, die sich zur Flucht aufmachen, als Fall von Migration fällt auf. Lange Zeit war es selbstverständlich, asylsuchende Menschen nach eben diesem Status, den sie in der modernen Staatenwelt haben, zu benennen – oder eben als Flüchtlinge. Die Kennzeichnung als Migranten stellt die Notsituation der Asylsuchenden infrage und den betreffenden Personenkreis mit Auswanderern oder denjenigen, die sich aus beruflichen Gründen regional verändern wollen, auf eine Stufe. Mehr und mehr ist auch von illegalen Grenzüberschreitungen oder Grenzverletzungen die Rede: „Seehofer bietet an, die Präsenz der Bundespolizei deutlich zu erhöhen, um die illegale Einreise von Flüchtlingen zu unterbinden.“ (SZ, 21.10.21) Damit nehmen die Politik und in deren Gefolge die Medien eine Position ein, die sich zur Verteidigung der Grenzen gegen illegale Elemente verpflichtet sieht. So wird im Prinzip jedem hochgerüsteten Grenzschutz, ob Zaun, Stacheldraht oder Mauer, das Wort geredet. Apropos illegal: Wie sollten Flüchtlinge denn auch anders ins Land kommen? Einen Visumsantrag in Afghanistan oder Syrien können die Betreffenden ja schlecht stellen, um danach ins Flugzeug zu steigen. Wenn sie Asyl beantragen wollen, müssen sie den Boden der EU oder Deutschlands erreichen – irgendwie. Insofern sind Asylsuchende in ihrer größten Zahl automatisch Grenzverletzer und damit illegal oder kriminell. Die Entscheidung der Politik, diesen Umstand zu betonen und darauf zu bestehen, dass die Betreffenden gefälligst regulär einreisen sollen, kommt der Abschaffung des Asylrechts gleich. (…) Was die Sache betrifft, praktizieren polnische Grenzbeamte genau das, was Seehofer fordert, die Abschiebung illegal eingereister Flüchtlinge: „Für Tausende Migranten aber endet der Weg an der Grenze. Offiziell verhindern Polens Grenzschützer täglich ‚Versuche illegaler Grenzübertritte‘, wobei viele offenbar mehrfach gezählt werden. Internationalem Recht zufolge haben Migranten, auch wenn sie eine Grenze illegal überquert haben, das Recht einen Asylantrag zu stellen.“ (SZ, 27.10.21) So bekommt die alte Protest-Parole „legal, illegal, scheißegal“ eine ganz neue Bedeutung, wird sie doch nicht mehr trotzig gegen die Regierenden gewandt, sondern von denen selber praktiziert...“ Beitrag von Prof. Dr. Suitbert Cechura vom 08.11.2021 im Migazin externer Link
  • Grenze zu Belarus: Neue Regierung, neue Flüchtlingspolitik?
    Das Schweigen der Ampel-Parteien zur Situation von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze zu Belarus verheißt nichts Gutes. Mindestens neun Menschen sind seit Sommer im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus ums Leben gekommen. Und das sind nur die Todesfälle, die bekannt geworden sind. Tatsächlich starben vermutlich sehr viel mehr Menschen beim verzweifelten Versuch, über Belarus in die Europäische Union zu gelangen. Wenn nicht schnell etwas geschieht, werden weitere Grenztote hinzukommen. Tausende Geflüchtete – genaue Zahlen hat niemand – halten sich derzeit in den Wäldern zwischen Polen und Belarus auf. (…) Da die polnische Regierung die Grenzregion zur Sperrzone erklärt hat, ist es äußerst schwierig, Hilfe zu leisten. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, abgeschnitten von medizinischer Versorgung, juristischem Beistand und sonstiger Unterstützung verstecken sich die Menschen vor dem Grenzschutz. Sie haben Angst, gewaltvoll nach Belarus zurückgedrängt zu werden, wo sie von belarussischen Soldat:innen zu einem erneuten Grenzübertritt nach Polen gezwungen werden. Manche haben dieses Ping-Pong-Spiel, das freilich alles andere als ein Spiel ist, bereits mehrfach erlebt. Anstatt gegen solche Pushbacks vorzugehen, legalisierte die polnische Regierung diese erst vor kurzem und kündigte an, die Zahl der Soldat:innen an der Grenze zu Belarus auf 10.000 aufzustocken. Außerdem soll – wie auch in Litauen und Polen – eine mehrere Meter hohe und über 100 Kilometer lange befestigte Barriere an der Grenze zu Belarus entstehen. Das Geschehen an der polnisch-belarussischen Grenze erinnert stark an das, was sich seit Jahren zwischen Bosnien und Kroatien sowie zwischen der Türkei und Griechenland abspielt. Menschen auf dem Weg in die EU erleben brutale und nicht selten tödliche Pushbacks, toleriert oder sogar unterstützt von Brüssel und Berlin. (…) Werden die Verantwortlichen in Brüssel und Berlin den polnischen Grenzschutz erst aufrüsten und eigene Grenzschützer:innen zu seiner Unterstützung schicken, bevor sie sich um den Schutz von Menschenleben im Grenzgebiet kümmern? Werden sie die Legalisierung von Pushbacks und – wie zuvor in Griechenland – die Aussetzung des Asylrechts erstmal eine Weile dulden und warten, bis der Grenzzaun steht, bevor sie eine Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen an Geflüchteten in Erwägung ziehen? Werden die europäischen Regierenden zusehen, wie Aktivist:innen und Hilfsorganisationen sich ins Grenzgebiet durchschlagen und ebenso wie viele Anwohner:innen notdürftig Hilfe leisten, bevor sie der Not ein Ende bereiten? Arbeitet man bereits an neuen Abkommen mit fragwürdigen Partnern jenseits der EU wie beim EU-Türkei-Deal? Wird man wieder versuchen, sich Flüchtlinge gegen Geld und Schweigen bei Menschenrechtsverletzungen oder Verstößen gegen das Völkerrecht vom Leib zu halten?…“ Beitrag von Ramona Lenz vom 08. November 2021 bei medico externer Link
  • Ausgesperrt und festgenommen: Polen behindert Journalisten an der Grenze zu Belarus und hindert Mediziner an Versorgung von Migranten
    • Polen hindert Mediziner an Versorgung von Migranten
      Offenbar benötigen viele Menschen an der Grenze zu Belarus medizinische Hilfe, doch Polens Regierung ist dagegen. Ein Vermittlungsversuch der Kirche ist gescheitert. (…) Das berichtete der TV-Sender TVN24, zudem teilte dies die Organisation Mediziner an der Grenze auf Twitter mit externer Link. Seit Wochen bemüht sich die regierungsunabhängige Hilfsorganisation um den Zugang zu den Menschen, die an der Grenze zwischen Belarus und Polen festsitzen. „Wir wissen, dass dort Dutzende Menschen dringend medizinische Hilfe benötigen. Wir wissen von mehreren Todesfällen und wir wissen, dass es noch mehr Opfer geben wird, wenn die medizinische Hilfe weiter blockiert wird“, hatten die nach eigenen Angaben derzeit 42 medizinisch ausgebildeten Freiwilligen schon vor einer Woche in einem Aufruf geschrieben, den die regierungskritische Zeitung Gazeta Wyborcza veröffentlicht hatte…“ Agenturmeldung vom 1. November 2021 in der Zeit online externer Link
    • Ausgesperrt und festgenommen: Polen behindert Journalisten an der Grenze zu Belarus
      Polen hat im Grenzgebiet zu Belarus den Ausnahmezustand verhängt. Nicht nur Helfer dürfen nicht hinein, sondern auch Journalistinnen und Journalisten. Diese werden immer wieder bei ihrer Arbeit behindert – durch Kontrollen oder sogar durch Festnahmen. Reporter ohne Grenzen beklagt einen „Notstand für die Pressefreiheit“ – mitten in Europa. (…) Auch polnische Journalisten waren da bereits festgenommen worden. Ein „Notstand für die Pressefreiheit“, beklagt Reporter ohne Grenzen – einer, der polnische Medienvertreter auf die Straße bringt. Im September demonstrieren sie vor dem Warschauer Sejm: „Wir stellen fest, dass die Aktivitäten der Regierenden gegen das Prinzip der Redefreiheit verstoßen. Die Staatsführung behauptet, die Situation an der Grenze berge Gefahren für Polen. Umso wichtiger ist doch dann die Anwesenheit der Medien, deren Pflicht es ist, der Gesellschaft eine unabhängige Beurteilung der Ereignisse zu ermöglichen.“…“  Beitrag von Martin Adam vom 2.11.2021 bei Dlf externer Link
  • Hilfsaktion für Schutzsuchende in Polen: Mach mit! Pack an! Spende!
    Die Menschen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus frieren, hungern und sterben. Seit Monaten nehmen die Zahlen der Geflüchteten zu, die versuchen, über die polnische Grenze in die Sicherheit der EU zu gelangen. Augenzeug:innen berichten nun: Soldaten verprügeln die Schutzsuchenden, drängen sie weg – doch Belarus lässt sie nicht mehr zurück kommen. Entlang der Grenze gilt seit dem 2. September der Ausnahmezustand. Die Menschen sitzen fest. Ein großes Konzentrationslager, berichten Helfende. Die Geflüchteten an der polnischen Grenze seien Geiseln der Situation: Belarus lässt sie passieren, um Druck auf die EU auszuüben. Und Polen plant, den Stacheldraht durch eine Mauer zu ersetzen. Ein hässlicher Konflikt, der auf den Rücken der Schutzsuchenden ausgetragen wird! Sie sitzen fest. Was dort passiert ist grausam. Und es ist illegal! Wir lassen sie nicht alleine. Und stehen auf gegen die schreiende Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt. Während die deutsche Regierung und die Europäische Union wegschaut, wollen wir schnell und unkompliziert helfen. Der Winter naht, und die Katastrophe ist schon unübersehbar. Was im Moment am dringendsten gebraucht wird ist Wärme. Die Menschen frieren zu Tode. Schlafsäcke, Isomatten, Zelte, Schuhe, Handschuhe und Nahrungsmittel werden dringend benötigt. Gerade jetzt lassen wir die Menschen nicht alleine…“ Spende für Nothilfe an der polnischen Grenze bei Wir packen’s an e.V. externer Link, siehe dazu:

    • Todesgrenze: Pushbacks an der polnisch-weißrussischen Grenze – Seit zwei Wochen unterstützt das anarchistische „No Borders Team“ Geflüchtete im Grenzgebiet zwischen Polen und Weißrussland
      „… Die weißrussische Route soll vermeintlich der einfachste Weg für Geflüchtete aus den kriegsgebeutelten Teilen der Welt sein, um nach Deutschland und Frankreich zu gelangen. Sie sei kurz, sicher und vor allem billig und ermutigte ganze Familien, sich auf den Weg zu machen und ihren Platz in einer besseren Welt zu suchen. Sie wurde jedoch für viele zum Grab. Als der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko vor zwei Monaten als Reaktion auf die von der EU verhängten Sanktionen damit begann, die Visumspflicht für die meisten afrikanischen und asiatischen Länder abzuschaffen, hatte niemand erwartet, dass die Dinge so schlecht ausgehen würden. In vielen armen Ländern wie Jemen, Kongo und Irak wurden im Eiltempo Reisebüros gegründet, die sehr günstige Reisen nach Belarus verkauften. Sie boten einen Flug, eine Besichtigungstour durch Minsk und eine Busfahrt zur Grenze an. Die Reiseprospekte informierten auch darüber, dass es einfach sei, die EU zu durchqueren, und dass ein Taxi nach Berlin schon von der polnischen Seite aus genommen werden könnte. Im Vergleich zur Balkanroute schien dieser Weg ideal. Der „Reiseboom“ begann. Tausende von Tickets wurden gekauft, und ganze Familien machten sich mit mehreren Generationen auf die Reise in die EU. Sie landeten in Minsk, bekamen eine kurze Stadtbesichtigung und wurden mit dem Bus zur Grenze gefahren. Hier stellte sich jedoch heraus, dass die Realität anders aussah, als ihnen versprochen worden war. Sie wurden dort von den Grenzbeamt:innen durchsucht und aller Geld- und Wertgegenstände beraubt, die sie bei sich trugen. Dann wurden sie in Gruppen in Richtung der polnischen grünen Grenze getrieben, die sie zwei Tage lang in der Hoffnung auf das sagenumwobene Eldorado zu Fuß überquerten. Doch die polnischen Behörden, die die Geflüchteten nicht hereinlassen wollen, errichteten Stacheldrahtzäune und schickten Armee und Polizei an die Grenze. Der Befehl lautete, niemanden hereinzulassen, alle in den Niemandsland-Streifen zu bringen und über den Stacheldraht nach Weißrussland zurückzudrängen. In einem zehn Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze wurde der Ausnahmezustand verhängt. (…) Entlang des Streifens, über den der Ausnahmezustand verhängt wurde, versuchen einige Nichtregierungsorganisationen, Lebensmittel und Wasser zu verteilen. So auch das anarchistische „No Borders Team“, das aus über 50 Personen aus ganz Polen besteht, von denen sich nach dem Rotationsprinzip immer etwa ein Dutzend vor Ort befindet und 24 Stunden am Tag Hilfe leistet…“ Beitrag des No Borders Team vom 26. Oktober 2021 in der Übersetzung von moku bei der graswurzelrevolution externer Link
  • Kurdischer Geflüchteter an polnischer Grenze verstorben
    „… An der östlichen EU-Außengrenze entwickelt sich eine humanitäre Katastrophe: Seit Wochen sind Menschen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus eingekesselt. Am Freitagmorgen ist ein weiterer Schutzsuchender aus Südkurdistan an Hunger und Kälte an der Grenze verstorben. Bei dem Toten handelt es sich laut RojNews um den 25-jährigen Geylan Dilêr aus Hewlêr (Erbil). Nach Angaben der internationalen Bewegung Seebrücke sind bereits mindestens acht Menschen in der Pufferzone ums Leben gekommen. Menschen, die über Belarus in die EU zu fliehen versuchen, werden systematisch aus Polen zurück in die militärisch abgeriegelte Pufferzone gedrängt und dort festgehalten. „Die Menschen sind gezwungen, sich in den Wäldern zu verstecken, die ersten Schneefälle stehen vor der Tür. Sie sind schutzlos Kälte, Nässe und Hunger ausgeliefert“, erklärt die Seebrücke und ruft für kommende Woche unter dem Motto #GrünesLichtFürAufnahme! zu dezentralen Aktionen auf: „Seit Monaten instrumentalisiert der belarussische Machthaber Lukaschenko Menschen aus Krisengebieten und lenkt sie gezielt über Belarus in Richtung der Europäischen Union. Die EU und die Anrainerstaaten Litauen, Lettland und Polen reagieren darauf mit Abschottung und völkerrechtswidrigen PushBacks. In der vergangenen Woche hat das polnische Parlament für die Legalisierung von PushBacks gestimmt und will den Rechtsstaat weiter aushöhlen: Asylanträge können in Zukunft ,ungeprüft‘ abgelehnt werden. Mitten in Europa werden Grenzzäune gegen schutzsuchende Menschen errichtet: Das passiert direkt vor unseren Augen und jetzt dürfen wir nicht wegschauen!“ ANF-Meldung vom 30. Oktober 2021 externer Link
  • Schutzsuchende, die über Belarus und Polen nach Deutschland kommen: »Fast alle haben Blutergüsse am Körper« 
    Schläge, Kälte, Angst um ihre Kinder – und Freude darüber, es geschafft zu haben. Die Schutzsuchenden, die über Belarus und Polen nach Deutschland kommen, haben viel durchgemacht. Einige sprechen darüber mit Josephine Furian, seit zweieinhalb Jahren Seelsorgerin in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt. Im Interview berichtet sie. (…) Zum Beispiel erzählten Eltern mir, dass ihre Kinder beim Durchqueren des Flusses von der Strömung weggerissen wurden. Sie haben sich erst einige Tage später wiedergefunden, ein Bekannter hatte die Kinder entdeckt und zu ihnen gebracht. Wütend berichten viele Geflüchtete mir, dass ihnen nach dem Überqueren der polnisch-deutschen Grenze in Deutschland die Handys weggenommen worden seien. Das ist wirklich schlimm, denn die Handys sind wie Lebensadern für sie. Fotos, Videos, Ermutigungen,  Kontakte sind darin. Verbindungen zu Menschen in der Heimat, aber auch zu Menschen, die sie auf der Flucht getroffen haben. Und sie brauchen auch diese neuen Bekannten, um sich in der Fremde neue Netzwerke aufbauen zu können, denn ihre Familie haben sie zurückgelassen. (…) Alle Geflüchteten leiden unter den großen Gefahren, denen sie bei der Überwindung der Grenzen  ausgesetzt waren. Oft waren sie in Lebensgefahr und hatten Todeserfahrungen! Jetzt berichten die Geflüchteten von der Bedrohung durch den Wald und die Uniformierten. Bei Menschen, die über andere Fluchtwege kamen,  ging die Bedrohung vom Meer oder von den Gefängnissen in Libyen aus. (…) [Mussten noch mehr neue Unterkünfte eröffnet werden?] Ja, auch große, beheizbare Zelte, Container und das ehemalige Abschiebegefängnis. [Geflüchtete werden in einem ehemaligen Gefängnis untergebracht?] Das ist ganz schlimm, die Gefängnisatmosphäre ist zu spüren und die  Fenster sind vergittert. Das kann retraumatisierend wirken für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, weil sie dort bedroht sind, oder die auf der Flucht misshandelt wurden…“ Interview vom 28.10.2021 bei Pro Asyl externer Link
  • [Petition] Not an der polnisch-belarussischen Grenze / Rechte gehen auf „Patrouille“ / Protest gegen braune »Grenzgänger« / Spenden für das „No Borders Team“!
    • [Petition] Eil-Appell: Not an der polnisch-belarussischen Grenze – Jetzt Leben retten!
      „… An der östlichen EU-Außengrenze entwickelt sich eine humanitäre Katastrophe: Seit Wochen sind Menschen zwischen Polen und Belarus eingekesselt. Sie drohen im Grenzgebiet zu erfrieren oder zu verhungern. Mindestens acht Menschen sind bereits gestorben. Dieses Elend muss ein Ende finden! (…) Wir appellieren daher: 1. Die Geflüchteten müssen sofort humanitäre Hilfe erhalten. Ärzt*innen und Hilfsorganisationen müssen unverzüglich und ungehindert ihre wichtige Arbeit vor Ort leisten können. Nur so können weitere Tote verhindert werden. Rechtsanwält*innen und Journalist*innen müssen ebenfalls Zugang erhalten. All dies fordert auch der Polnische Ombudsmann für Bürgerrechte. 2. Wir erwarten von der polnischen Regierung, wie von jeder Regierung in Europa, dass sie geltendes Recht einhält. Dazu gehören die Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Leben und Unversehrtheit, sowie völkerrechtliche Tabus, wie das Verbot Menschen in Gefahr zurückzudrängen (“Push-Backs”) und das Verbot von Folter. 3. Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Menschen, die Schutz innerhalb der EU suchen, haben ein Recht auf individuelle Prüfung ihres Asylgesuchs. Die deutsche Bundesregierung und andere EU-Länder sollten Polen und Litauen unterstützen, Flüchtlinge zu registrieren und ihnen Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu gewähren. 4. Menschen dürfen in Europa niemals zum Spielball von Politik gemacht werden. In Polen und Litauen wiederholen sich Szenarien, wie an der griechisch-türkischen Grenze, in der Ägäis, der bosnisch-kroatischen Grenze und auf dem zentralen Mittelmeer. Die Europäische Union braucht Humanität und Rechtsstaatlichkeit in der Flüchtlingspolitik, nicht Härte und Abschottung. Wir erwarten deshalb, dass die deutsche Bundesregierung sich für eine faire und schnelle Aufnahme und Umverteilung der Geflüchteten in Europa einsetzt, beispielsweise auf die vielen aufnahmebereiten Städte und Kommunen (“Sichere Häfen”). Wir stehen an der Seite derjenigen, die verfolgt werden. Sie alle brauchen Schutz und eine Zukunft! Wir rufen auf, alle zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, Kommunen und Kirchen in Polen zu unterstützen, die solidarisch sind, den Menschen in Not helfen und die Menschenrechte verteidigen. Wir dürfen sie nicht alleine lassen. Öffentlichkeit und Spenden sind gerade jetzt von unschätzbarem Wert – Europäische Solidarität jetzt! Europejska Solidarność teraz!“ Petition bei change.org vom Oktober 2021 externer Link
    • Rechte gehen auf „Patrouille“: Selbstjustiz an der deutsch-polnischen Grenze
      „… Etwa 50 Personen stellte die Brandenburger Polizei am Samstagabend im Großraum Guben fest, die einem Aufruf der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ gefolgt waren, um einen sogenannten „Grenzgang“ durchzuführen. (…) Während die Aktion des „III. Weges“ durch die hohe Polizeipräsenz verhindert werden konnte, waren andere rechtsextreme Gruppierungen in weiteren Orten an der deutsch-polnischen Grenze nach Tagesspiegel-Informationen erfolgreicher. Das legen Posts in den sozialen Netzwerken nahe, die verdeutlichen, dass die Gefahr durch rechte Bürgerwehren an der deutsch-polnischen Grenze real ist. So führte die „Aktionsgruppe Zittau“, die unter anderem der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ nahesteht und als freie Kameradschaft auftritt, im Raum Zittau zwei Nächte hintereinander selbständige „Grenzpatrouillen“ durch, wie die Gruppierung auf dem Messengerdienst Telegram mitteilte. (…) Die sächsische Polizei reagiert indessen verärgert auf die Meldung einer angeblichen Zusammenarbeit zwischen rechter Gruppierungen und Polizeikräften an der Grenze zu Polen. (…) Die rechte Szene in den ostdeutschen Bundesländern macht sich die Thematik der verstärkten Einreise von Migranten über die Belarus-Route intensiver zu Eigen. So tauchten auf verschiedenen Grenzsteinen in der Niederlausitz Plakate auf, auf denen auf arabisch und englisch der Satz „No place for you, our country our rules“ (deutsch: kein Platz für euch, unser Land, unsere Regeln) zu lesen ist. Auch hier scheinen Kräfte der „Jungen Nationalisten“ verantwortlich für die Aktion zu sein.“ Artikel von Julius Geiler vom 25. Oktober 2021 im Tagesspiegel online externer Link
    • Protest gegen braune »Grenzgänger«: 24 Stunden Solidarität. Kundgebungen und Mahnwache von Antifaschisten bei Guben. Protest gegen Neonaziaktion an deutsch-polnischer Grenze
      „Es war eine sternenklare Vollmondnacht. Anhänger der Neonazipartei »Der III. Weg« wollten sich versammeln, um Jagd auf Geflüchtete zu machen. Die Partei hatte in den Tagen zuvor dazu aufgerufen, mit Kopflampen und Nachtsichtgeräten an der deutsch-polnischen Grenze zu patrouillieren, um gegen »Überfremdung« vorzugehen. (…) Mehrere antifaschistische Gruppen aus Berlin, Cottbus und Umgebung hatten am Wochenende mobilisiert, um der Neonaziaktion etwas entgegenzusetzen. Etwa 120 Nazigegner hatten sich in Guben zu einer 24-Stunden-Mahnwache versammelt, die am Sonnabend um 14 Uhr startete und mit der die Teilnehmenden in der Gegend Präsenz zeigen wollten. Auch Anhänger von Geflüchteten- und Seenotrettungsorganisationen beteiligten sich. Die Protestierenden stellten sich gegen die rassistische Einwanderungspolitik der Bundesrepublik und den alltäglichen Rassismus. Die an der Mahnwache Teilnehmenden blieben bis Sonnenaufgang an den Lagerfeuern und diskutierten unter anderem darüber, wie man mit der neuen Situation umgehen könne. Da sich die Neonazis für Sonnabend 22 Uhr verabredet hatte, zogen auch verschiedene linke Kleingruppen von 21.30 Uhr bis spät in die Nacht nach Süden in Richtung Groß Gastrose, wo die Rechten vermutet wurden – manche, um sich ein Bild von der Lage zu machen, andere, um die Neonazis zu konfrontieren. Während am Nachmittag noch auffallend wenig Polizei in der Gegend zu sehen war, rückte nach Einbruch der Nacht die Bundespolizei mit mehreren Fahrzeugen an, die dann zwischen Guben und dem Braunkohletagebau Jänschwalde die Grenze kontrollierte. Bis tief in die Nacht beobachteten Beamte dort die Protestkundgebungen und griffen schließlich die etwa 30 bis 50 Neonazis auf, entwaffneten sie und sprachen Platzverweise aus. Festgenommen wurde niemand. (…) Vorläufig scheint die Bundespolizei noch nicht so weit zu sein, um wie vergleichbare Behörden in anderen europäischen Ländern beim »Grenzschutz« gemeinsame Sache mit rechten »Bürgerwehren« zu machen. Die Konfrontation von Faschisten und Antifaschisten, die verstärkten Flüchtlingsbewegungen um Guben sowie die Medienaufmerksamkeit haben offenbar dazu geführt, dass am Wochenende demonstrativ gegen die Rechten eingeschritten wurde…“ Artikel von Dominik Wetzel in der jungen Welt vom 26. Oktober 2021 externer Link, siehe auch:

  • Polizei unterbindet bewaffnete rechtsextreme Grenzpatrouillen
    Weil mehr Flüchtlinge über die deutsch-polnische Grenze nach Deutschland kommen, patrouillierten bewaffnete Rechtsextremisten an der Grenze. Die Polizei verhinderte die Aktion und stellte mehrere Waffen sicher. Die Polizei hat in Brandenburg an der deutsch-polnischen Grenze nach eigenen Angaben geplante Grenzpatrouillen der rechtsextremen Szene gegen Flüchtlinge verhindert. Bis Sonntagmorgen seien in der Region Guben gegen mehr als 50 Personen Platzverweise ausgesprochen und ihre Identität festgestellt worden, teilte die Polizeidirektion Süd am Sonntag in Cottbus mit. Sie stammten den Angaben zufolge aus den Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bayern. Zu den Grenzpatrouillen hatte die Neonazi-Splitterpartei „Der III. Weg“ aufgerufen. Bei den Personenkontrollen seien unter anderem Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke sichergestellt worden, teilte die Polizei mit. Gegen die Eigentümer der Gegenstände seien Strafverfahren eingeleitet worden. Eine in der Gubener Innenstadt als Gegenversammlung angemeldete 24-stündige Mahnwache sei störungsfrei verlaufen. Zu der Mahnwache hatte ein Netzwerk von Initiativen aus Brandenburg aufgerufen. „Wir wollen den Neonazis nicht die Region überlassen. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Asyl ein Menschenrecht ist und bleibt“, hieß es in dem Aufruf…“ Meldung vom 25.10.2021 beim Migazin externer Link
  • Anwohner an der Grenze Polen – Belarus: „So etwas habe ich noch nie erlebt“
    Anwohner an der polnischen Grenze zu Belarus sind völlig entsetzt über die Lage der geflüchteten Menschen, die sich in den Wäldern verstecken. Manche helfen so gut sie können – und so weit es legal ist. Entlang der über 400 Kilometer langen Grenze, innerhalb des drei Kilometer breiten De-facto-Sperrstreifens, inmitten uralter Wälder und Sümpfe, leben nur relativ wenige Menschen. Aber doch genug, um nach außen zu tragen, was dort geschieht. Wir erreichen Dorota aus dem Dorf Bialowieza am Telefon. Sie sagt: „Ich kann nur sagen, dass es schrecklich ist. Wenn ich durch unseren Ort gehe, sehe ich viel Armee und Polizei, ansonsten ist es menschenleer. Ich habe keinen Krieg erlebt, aber so stelle ich ihn mir vor.“ Dorota lebt wie viele hier vom Tourismus und ist nun arbeitslos. Der polnische Staat hilft Unternehmen, die wegen des Ausnahmezustands schließen mussten, aber Dorota sagt: „Ich will keine Almosen, ich will arbeiten.“ Zur Angst um die eigene Zukunft aber gesellt sich das Bangen um die Fremden, die sich in den Wäldern ringsum verstecken, auf der Hut vor den Behörden und auf der Suche nach einem Weg in den Westen. Dorota sagt: „Ich habe meine Strecke gleich am Naturpark und werde zweimal täglich von Polizei und Grenzschutz überprüft, ob ich nicht irgendwelche Flüchtlinge im Koffer habe. Ich lächle dann und sage nein, aber manchmal denke ich: Was wäre wenn? Ich würde am liebsten welche irgendwo hinfahren, ihnen Essen geben und was zum Anziehen“, so Dorota. Anders als 2015, als Migration ein fernes Medienthema war, sind die Menschen diesmal nicht abstrakt. Grenzlandbewohner Miroslaw Miniszewski sagte dem Internet-Sender Radio Nowy Swiat, er benutze das Wort „Flüchtling“ nicht mehr. „Die fliehen nicht, die sind einfach hier, es sind Menschen.“ Er erzählt weiter: „Wenn ich in den Wald gehe und dort einen Mann mit dünnem Pullover treffe, der dort seit drei Tagen herumläuft und aus Angst schreit, wenn er mich sieht und ich sage, dass er bei mir sicher ist und er mich dann umarmt und 20 Minuten lang weint, dann habe ich so etwas noch nie erlebt.“ Den Menschen im Grenzland ist bewusst, dass das Regime im benachbarten Belarus seine Hände im Spiel hat. Aber wer mit dem konkreten Los dieser Menschen konfrontiert ist, belässt es nicht dabei, wie Julita aus dem Örtchen Stare Masiewo: „Das ist ein hybrider Krieg. Was die auf der anderen Seite machen, ist schlimm. Aber es kommt auch die Frage auf, ob wir uns auch so schrecklich verhalten sollten.“…“ Reportage von Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau, vom 20.10.2021 bei tagesschau.de externer Link
  • [EU-Gipfel] Flüchtlingsabwehr im Niemandsland: 14 Mitgliedstaaten fordern EU-Gelder zum Bau meterhoher Stacheldrahtzäune an den EU-Außengrenzen
    „Die weitere Ausdehnung völkerrechtswidriger Pushbacks an den EU-Außengrenzen und der Bau meterhoher Grenzanlagen aus Stacheldraht beschäftigen den heute beginnenden EU-Gipfel. Zum einen haben Recherchen kürzlich per Videodokumentation bewiesen, dass die seit vielen Jahren dokumentierten und kritisierten Pushbacks an den EU-Außengrenzen von regulären Polizeieinheiten mit Mitteln aus Brüssel durchgeführt werden. Zum anderen fordern 14 EU-Mitglieder, darunter Polen und die baltischen Staaten, EU-Zuschüsse für die physische Abschottung ihrer Grenzen. Weil Polen Flüchtlingen illegal die Einreise verweigert und zudem das Grenzgebiet per Verhängung des Ausnahmezustands für Hilfsorganisationen gesperrt hat, sind bisher mindestens sieben Flüchtlinge im Niemandsland zwischen Polen und Belarus ums Leben gekommen. (…) Wie berichtet wird, hat sich Bundesinnenminister Horst Seehofer ausdrücklich bei seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Kamiński für die Flüchtlingsabwehr an der Grenze zu Belarus bedankt. Anlass war, dass inzwischen auch Flüchtlinge, die über Belarus in die EU eingereist sind, in der Bundesrepublik aufgegriffen werden. Seehofer schlägt Kamiński explizit vor, künftig gemeinsame deutsch-polnische Grenzpatrouillen durchzuführen – direkt an der deutsch-polnischen Grenze. Ziel ist es, diejenigen Flüchtlinge, denen es gelingt, die polnische Flüchtlingsabwehr an der Grenze zu Belarus zu überwinden, von der Weiterreise nach Deutschland abzuhalten. Die Patrouillen sollen dabei auf polnischem Territorium stattfinden: um sicherzustellen, dass Polen – und nicht Deutschland – etwaige Asylanträge bearbeiten muss.“ Bericht vom 21. Oktober 2021 von und bei German-Foreign-Policy externer Link
  • Seehofers blinder Fleck: Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen
    „Bundesinnenminister Horst Seehofer hat in der heutigen Bundespressekonferenz sein flüchtlingspolitisches Vermächtnis noch einmal dargelegt. (…) „Horst Seehofer hat das Thema verfehlt“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL, zu den Äußerungen des Innenministers in der heutigen Bundespressekonferenz. „Anstatt die Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen anzuprangern, bezeichnet der Innenminister Geflüchtete als ‚hybride Bedrohung‘ und spricht von Unterstützung Polens bei der ‚Abwehr‘ . Genau diese Abwehr setzt die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonention außer Kraft.“ Zur Lage an der deutsch-polnischen Grenze sagt Kopp: „Schutzsuchende, die an deutschen Grenzen ankommen, haben nach geltendem europäischem und deutschem Recht den Anspruch auf faire Asylverfahren.“ In den vergangenen Wochen ist deutlich geworden, dass die derzeitige polnische Regierung internationales und europäisches Recht missachtet. „Asylsuchende, die Deutschland erreichen, dürfen nicht in diese Ungewissheit abgeschoben werden. Sie müssen schnell Zugang zu Asyl in Deutschland erhalten“, fordert Kopp. (…) „Der Schlüssel zur Lösung des Problems liegt nicht in Moskau, wie Seehofer meint, sondern in Brüssel: Die EU und ihre Mitglieder müssen endlich den Flüchtlingsschutz gemeinsam organisieren und für eine humane Aufnahme sorgen.“ Es ist zynisch, dass die EU-Länder mit der Aufhebung von Rechtsstaatlichkeit und dem Aushebeln der Menschenrechte auf Lukaschenko reagieren, der zeitgleich für Menschenrechtsverletzungen sanktioniert wird. (…) „Deutschland kann sich aus dem Menschenrechtsschutz nicht freikaufen“, sagt Kopp. „Doch der Innenminister verfällt wieder in seine alten Zurückweisungsfantasien. Die waren schon 2015/2016 rechtswidrig.“…“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 20. Oktober 2021 externer Link
  • Grünes Licht für Geflüchtete: In Polen kommen viele Geflüchtete aus Belarus an. Die Grenzregion gilt als rechtskonservativ. Doch viele Bewohner:innen zeigen sich solidarisch
    „… Anfangs hatten die meisten Pol:innen noch der Propaganda der regierenden Nationalpopulisten Glauben geschenkt. Diese stellte die Geflüchteten als angebliche Terroristen, Kinderschänder und Vergewaltiger im Staatsfernsehen TVP dar. Doch die Aktion eines Dorfbürgermeisters an der polnisch-belarussischen Grenze löste nun eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Bewohner:innen fingen an, grün leuchtende Lampen in ihre Fenster zu stellen. Diese sollen den Geflüchteten zeigen, dass sie dort Hilfe finden. Die Idee kam nicht vom Bürgermeister, sondern von Kamil Syller, einem Juristen, der vor einigen Jahren nach Podlachien, an die Ostgrenze Polens, gezogen ist. Als Freiwilliger hilft er dort einer Flüchtlingsorganisation, die sich um Asylsuchende kümmert. In Podlachien gibt es noch immer kleine Holzmoscheen, die grün gestrichen sind. Grün ist die Farbe der Hoffnung, aber auch des Islams. Die Gemeinden der muslimischen Tartaren wurden vor Jahrhunderten von den polnischen Königen ins Land geholt. Die Moscheen sind nicht allzu groß, aber doch sehr präsent. (…) Sie brachten Syller auf die Idee, dass die meist muslimischen Migrant:innen dieses grüne Hilfssymbol sofort verstehen müssten.Überall dort, wo das grüne Licht entlang der rund 420 Kilometer langen Grenze zwischen Polen und Belarus leuchtet, können die Geflüchteten mit einer freundlichen Aufnahme rechnen. Es gibt etwas Warmes zu essen und zu trinken, ein erholsames Bad, ein sauberes Bett für ein oder zwei Nächte und vor allem – Ruhe und Sicherheit. Eigentlich ist fast der gesamte Osten Polens eine Hochburg der PiS, doch die tägliche Hetzpropaganda im Staatsfernehen gegen die „fremde Invasion“ oder die „Provokation Lukaschenkos“ ist auch ihnen zu viel. „Wenn sie bei uns sind, sind sie bei uns“, sagt etwa eine alte Bäuerin in der Kleinstadt Michałowo bei Białystok in einer Nachrichtensendung des Privatsenders TVN. „Da müssen wir ihnen helfen, wenn sie in Not sind. Das sind doch auch nur Menschen.“…“ Artikel von Gabriele Lesser vom 20. Oktober 2021 in der taz online externer Link – siehe für die Unterstützung in Polen den Twitter-Account von kapturak externer Link
  • Polnisch-belarusische Grenze: „Wir haben beide Seiten angefleht“. Polen will entlang der Grenze nach Belarus einen Zaun errichten
    „… Seit sieben Wochen hängen 26 Männer und fünf Frauen im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen fest. Weder haben Hilfsorganisationen Zugang zu ihnen, noch dürfen Journalisten von dort berichten, denn Polen hat den gesamten Grenzstreifen zum Ausnahmegebiet erklärt. „Wir haben beide Seiten angefleht, uns zu helfen, sonst sterben wir“, sagt einer der Männer, ein Afghane, in einem Telefonat. (…) Die belarusische Grenzwache lässt die Menschen nicht zurück und die polnische lässt sie nicht ins Land, obwohl sie dort nach eigener Aussage bereits Asylanträge abgeben durften. (…) Schon vor Wochen war die Situation für die eingeschlossenen Menschen angespannt – seitdem hat sich nichts verbessert: „Die Soldaten aus Belarus, die uns bewachen, geben uns aus Mitleid etwas von ihren eigenen Broten ab: Drei Leibe Brot am Tag. Die teilen wir“, erzählt Masoud. „Sie können sich ausrechnen, wie wenig das ist.“ Aus einer Packung mit 500 Gramm Weizen, die sie zu einunddreißigst bekämen, kochten sie eine Suppe. Wegen der angespannten Situation an der Grenze zu Belarus will die polnische Regierung nun eine „solide Barriere“ aufstellen. Die erste Kammer des Parlaments billigte bereits den Plan, für den 366 Millionen Euro veranschlagt sind. Schon jetzt haben Soldaten auf etwa 90 Kilometern Länge einen 2,50 Meter hohen Zaun gebaut, der erweitert und später durch eine Befestigungsanlage mit einem Überwachungssystem ersetzt werden soll – die polnische Opposition spricht von einer „Mauer“. (…) Den Bau des Zauns werde die EU nicht mitfinanzieren, erklärte ein Kommissionssprecher. Offenbar ist aber auch in Brüssel die sich ständig verschlechternde Lage bekannt geworden. Der afghanische Mann, die Stimme aus dem umzäunten Stück im Grenzgebiet, bleibt höflich. Den Streit zwischen den beiden Ländern, Polen und Belarus, würden sie nicht verstehen, meint er. „Wir bitten sie, ihre Probleme politisch lösen. Wir sind vor dem Krieg geflohen. Wir sind ja daran nicht schuld.“…“ Reportage von Isabel Schayani, Bamdad Esmaili und Olaf Bock vom 18. Oktober 2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Debatte um Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze
    Die Zahl der Menschen, die über die Grenze von Belarus in die EU und weiter nach Deutschland kommen, steigt. Politiker diskutieren über Maßnahmen, darunter auch stärkere Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze. (…) Seit Ende August kamen nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 4.500 Menschen über Polen nach Deutschland, die ursprünglich aus Belarus illegal eingewandert waren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will am Mittwoch dem Kabinett Bericht erstatten und Reaktionen auf die Entwicklung vorschlagen. Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Montag Sanktionen gegen Fluggesellschaften vorgeschlagen externer Link, die an der Migration über Belarus in die EU verdienen. Den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko nannte er den „Chef eines staatlichen Schleuserrings“. Auch der Grünen-EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer forderte eine gezielte Verschärfung der Sanktionen. Es müsse untersagt werden, der Belarus-Fluggesellschaft Belavia Maschinen zur Verfügung zu stellen, sagte Bütikofer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Belavia organisiere den staatlichen Menschenhandel von Lukaschenko.“ Meldung vom 20.10.2021 beim Migazin externer Link
  • EU-Abschottung: Vorstoß für Verschärfung – Kabinett soll Maßnahmen gegen Geflüchtete an Grenze zu Polen beraten
    „Im außenpolitischen Konflikt der BRD und anderer EU-Staaten mit Belarus zeichnet sich die Verschärfung des deutschen Grenzregimes ab. Der noch amtierende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte für diesen Mittwoch an, den offenbar starken Anstieg von illegalen Einreisen über die polnisch-deutsche Grenze via Belarus im Bundeskabinett auf die Agenda setzen zu wollen. Seehofer wolle Maßnahmen vorschlagen, wie staatliche Stellen mit der Situation umgehen sollten, sagte der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, am Montag. Was aus ihrer Sicht zu tun sei, diktierte die Berufsvereinigung der Bundespolizei dem Innenminister bereits in den Block. Heiko Teggatz, Vorsitzender der sogenannten Bundespolizeigewerkschaft, drängt auf die zeitlich befristete Einführung von Grenzkontrollen. Dies begründete er in einem Schreiben an Seehofer, über das Bild (Montagausgabe) berichtete. Die für die BRD-Außengrenzen zuständige Bundespolizei will in der vergangenen Woche erneut eine dreistellige Zahl von Menschen im Grenzgebiet zu Polen aufgegriffen haben, die unerlaubt nach Brandenburg gekommen sind. Vom 11. bis 17. Oktober seien an der polnischen Grenze 699 Menschen in Gewahrsam genommen worden, teilte die Bundespolizeidirektion Berlin am Montag mit. In der Woche zuvor seien es 810 gewesen. Bis Sonntag zählten die Beamten in diesem Jahr bisher 3.302 unerlaubte Einreisen über Belarus und Polen, bis Ende September seien es 1.556 gewesen…“ Artikel von Marc Bebenroth in der jungen Welt vom 19. Oktober 2021 externer Link
  • Treffen der EU-Innenminister*innen: Rechtsstaatlichkeit an Europas Grenzen wiederherstellen! 
    Anlässlich des heutigen Treffens der EU-Innenminister*innen fordert PRO ASYL, entschieden Druck auszuüben auf die polnische Regierung, die illegalen Zurückweisungen  und das Leid von Schutzsuchenden an der Grenze zu Belarus zu beenden. Polen und Kroatien verletzen mit ihren Pushback-Aktionen grundlegende Menschenrechte. Das darf die EU nicht länger tolerieren! Seit Wochen harren Menschen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus aus – und werden vom EU-Mitglied Polen nicht ins Land gelassen, sondern stattdessen in illegalen Pushback-Aktionen externer Link zurückgedrängt. Mindestens sechs Personen sind bereits im Grenzgebiet gestorben. „Das menschenverachtende Machtspiel zwischen dem belarussischen Diktatur und den sich abschottenden EU-Staaten darf nicht auf dem Rücken Schutzsuchender ausgetragen werden“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL, anlässlich des heute stattfindenden EU-Innenministertreffens. „Die Rechtsstaatlichkeit an der polnisch-belarussischen Außengrenze muss wiederhergestellt werden – ebenso wie die an den Außengrenzen Griechenlands sowie in Kroatien.“ Vor wenigen Tagen hat das polnische Parlament den Ausnahmezustand an der Grenze um weitere 60 Tage verlängert. Polen verwehrt Geflüchteten trotz  Aufforderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) medizinische und humanitäre Hilfe…“ Pressemitteilung vom 08.10.2021 bei Pro Asyl externer Link, siehe auch:

    • Sumpf und Stacheldraht. Die Situation für Geflüchtete an der Grenze zwischen Polen und Belarus wird immer dramatischer. Doch anstatt einzugreifen, guckt die EU-Kommission weg
      Man sei doch nicht Belarus, sondern die Europäische Union mit ihren Werten, beteuert EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, wird sie zur prekären Lage von Flüchtlingen zwischen Polen und Belarus befragt. Was haben Iraker, Syrer, Nordafrikaner oder Afghanen von dieser Versicherung? Sie harren aus im Niemandsland, suchen Zuflucht in der EU und scheitern am EU-Mitglied Polen. Ihnen bleibt vorenthalten, was im vereinten Europa als rechtliches Minimum gilt: Dass laut Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 Schutzsuchende, sobald sie auf dem Territorium eines EU-Staates ankommen, einen Asylantrag stellen und das Asylverfahren abwarten können. Aber Polen lässt sie nicht ankommen. Was die Frage nahelegt, wie groß ist eigentlich der Abstand zwischen dem Rechtsverweigerer Polen und dem Unrechtsstaat Belarus, zwischen EU und Nicht-EU? Darüber zu entscheiden hätte nicht zuletzt die EU-Kommission. Was unternimmt sie, wenn offenbar bereits vier oder fünf oder mehr Flüchtlinge in den Sümpfen nahe der polnischen Grenze gestorben sind? Greift sie ein oder wird kapituliert? Die Frage ist müßig, denn beides unterbleibt. Stattdessen kommt die Variante zum Zug, sich vorführen zu lassen und zu dulden, was geschieht. Nicht allein Hilfsorganisationen und Ärzten verweigern die polnischen Behörden das Betreten der Grenzregion. Von der EU-Ostgrenze verbannt sind ebenso die EU-Grenzschutzagentur Frontex und die EU-Kommissarin Johansson. Je mehr Polen seine Souveränität ausspielt, desto krasser wird die der EU bestritten…“ Kommentar von Lutz Herden vom 07.10.2021 im Freitag externer Link Ausgabe 40/2021
  • Selfie mit Kremlturm. Krieg mit Bildern: Kampagne der polnischen Regierung gegen Asylsuchende an Grenze zu Belarus
    Jeder Krieg ist auch ein Krieg der Bilder. Auch der unerklärte zwischen der polnischen Grenzwache und den Asylsuchenden, die versuchen, aus Belarus über die grüne Grenze ins Land zu kommen. (…) Diese Bilder gehen erkennbar auch dem regierungsnahen Publikum nahe. Die Tageszeitung Rzeczpospolita berichtete am Montag von wachsenden Gewissenskonflikten der Beamten, die an der Grenze eingesetzt werden. Besonders hart waren die Beweise dafür nicht, aber ein visuell angelegter Großangriff der polnischen Regierung in der vergangenen Woche verleiht dieser Behauptung doch eine gewisse Plausibilität. Damals traten die Minister für Inneres und Verteidigung, Mariusz Kaminski und Mariusz Blaszczak, gemeinsam mit dem schweigend daneben stehenden Kommandeur der Grenzwache zu einem Diavortrag vor die Presse. Sie zeigten Fotos, die auf den Telefonen bereits in Polen internierter, früherer Flüchtlinge sichergestellt worden sein sollen – nicht derjenigen, die aktuell an der Grenze abgewiesen werden, weil dies die Illegalität des Vorgehens der Behörden eingestehen würde. Auf den angeblich Flüchtlingen aus der islamischen Welt abgenommenen Bildern waren zu sehen: Szenen von Enthauptungen, vermeintliche Sitzungen terroristischer Gruppierungen, Telefonlisten mit Nummern in Großbritannien, die auf Anhänger der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) verweisen sollten – was zunächst aber natürlich niemand nachprüfen konnte – und als Sahnehäubchen »sexuelle Perversionen« wie Pädophilie oder Sex mit Tieren. (…) Auch wenn das linksliberale »Faktenchecker«-Portal oko.press schon am selben Tag enthüllte, dass es sich um eine alte Aufnahme handelte, die sich im Internet findet – also auch genauso gut den Flüchtlingen untergeschoben worden sein konnte. Das eine Ziel dieser Regierungskampagne liegt auf der Hand: die Asylsuchenden zu entmenschlichen und die Verhängung und kürzliche Verlängerung des Ausnahmezustands im Grenzgebiet zu Belarus zu rechtfertigen. (…) Eher keine Nachhilfe durch solche Bildchen braucht die Europäische Union. Deren für Migration zuständige Innenkommissarin Ylva Johansson traf sich vergangenen Donnerstag auf dem Warschauer Flughafen mit Innenminister Kaminski und bot ihm Unterstützung durch die Brüsseler Grenzbehörde Frontex an. Dabei zeigte sie sich politisch mit Kaminski völlig einig: Es sei »unbestreitbar«, dass hinter der »Flüchtlingswelle« der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko stehe...“ Artikel von Reinhard Lauterbach in der jungen Welt vom 05.10.2021 externer Link
  • Druck auf Reporter. Polen: Durchsuchungen, Behinderungen und Pfefferspray gegen unerwünschte Pressevertreter
    Piotr Bakselerowicz hat beruflich nichts mit der Situation der Flüchtlinge an der polnisch-belarussischen Grenze zu tun. Er ist Lokalreporter bei der Regionalausgabe der liberalen Gaseta Wyborcza im westpolnischen Zielona Gora. Trotzdem bekam er am Sonnabend Besuch von der Polizei. Bis zu fünf Beamte drangen in seine Wohnung ein und konfiszierten seinen privaten und seinen dienstlichen Laptop sowie sein Mobiltelefon. Dass sie keinen Durchsuchungsbefehl dabei hatten, rechtfertigten sie mit »Gefahr im Verzug«. Von der IP-Adresse des Routers in der Wohnung von Bakselerowicz sei eine Drohmail an einen Abgeordneten der Regierungspartei PiS verschickt worden. Darin hatte es in fehlerhaftem Polnisch geheißen »Ich bring’ dich demnächst um« und dergleichen mehr. Bakselerowicz ist sich sicher, dass er zum Opfer einer polizeilich-geheimdienstlichen Provokation geworden ist. (…) Im übrigen ist das Vorgehen der polnischen Polizei gegen den Reporter Bakselerowicz nur insofern eine Neuigkeit, als es bisher in aller Regel Journalisten getroffen hat, die aus innenpolitischen Brennpunktsituationen heraus berichtet haben. So sind mehrere Fotoreporter wegen angeblicher Behinderung von Polizeibeamten belangt und am Rande von Protestveranstaltungen mit Pfefferspray traktiert worden…“ Artikel von Reinhard Lauterbach in der jungen Welt vom 05.10.2021 externer Link
  • Polen/Belarus: Afghanische Asylsuchende an der Grenze rechtswidrig zurückgedrängt 
    Eine Gruppe afghanischer Schutzsuchender, die schon seit Wochen an der belarussisch-polnischen Grenze ausharren muss, wurde Mitte August offenbar rechtswidrig nach Belarus zurückgeführt. Das bestätigen neue Amnesty-Recherchen, die sich auf die Auswertung von Fotos und Satellitenaufnahmen stützen externer Link. Die polnische Regierung muss sicherstellen, dass die Geflüchteten sofort angemessene Unterbringung, Nahrungsmittel, Wasser sowie Zugang zu Rechtsbeiständen erhalten. Amnesty International hat auf der Grundlage von Fotos und Satellitenaufnahmen bisher unbekannte Details über die Situation von 32 afghanischen Asylsuchenden enthüllt, die seit mindestens 18. August an der Grenze zwischen Polen und Belarus festsitzen. Bei den Geflüchteten handelt es sich um mindestens vier Frauen, 27 Männer und ein 15-jähriges Mädchen, die keinen Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser oder Medikamenten haben und ohne Unterkunft ausharren. Anhand von Satellitenbildern und Fotos zur Vermessung des Gebiets und einer 3D-Rekonstruktion hat Amnesty International die Position der Gruppe an der Grenze ermittelt und festgestellt, dass sie sich Ende August über Nacht von Polen nach Belarus bewegten, was offenbar eine rechtswidrige Rückführung war…“ Pressemitteilung vom 30. September 2021 von und bei ai externer Link
  • Tödliches Grenzregime. Sechs Flüchtlinge sterben innerhalb von zehn Tagen: Situation im Gebiet zwischen Polen und Belarus verschärft sich 
    Trotz mehrerer Todesfälle unter Migranten an der belarussisch-polnischen Grenze hält Warschau an seiner harten Haltung in der »Flüchtlingsabwehr« fest. Das Kabinett beschloss in seiner Sitzung am Dienstag, bei Staatspräsident Andrzej Duda die Verlängerung des Anfang September für zunächst einen Monat verhängten Ausnahmezustands für das Grenzgebiet zu beantragen. Diesmal gleich für zwei Monate, das Maximum, das die Verfassung auf dem Verordnungswege zulässt. Aus den zwangsläufig bruchstückhaften Berichten von Hilfsorganisationen und Journalisten aus dem Grenzgebiet geht hervor, dass dort in den vergangenen zehn Tagen mindestens sechs Geflohene gestorben sind. Der polnische Grenzschutz gab bekannt, dass drei Menschen an verschiedenen Stellen der Region tot aufgefunden worden seien. In einem weiteren Fall erlitt ein irakischer Staatsbürger, der mit mehreren Landsleuten auf polnisches Staatsgebiet gelangt war, im Zuge der Festnahme der Gruppe durch die polnischen Grenzbeamten einen Herzanfall und starb. Jüngstes Opfer ist ein 16jähriger Iraker, der am Montag im Grenzgebiet verstarb. Überdies meldeten die belarussischen Behörden, auf ihrer Seite der Grenze sei der Körper einer Frau gefunden worden, der Anzeichen dafür aufgewiesen habe, dass er von polnischem auf belarussisches Gebiet geschleift worden sei. (…) Aktuell geht es um die Situation einer etwa 20köpfigen Flüchtlingsgruppe aus dem Irak. Die Menschen hatten sich am Montag vor einer Dienststelle des polnischen Grenzschutzes eingefunden und verlangt, Asylanträge stellen zu können. Die polnischen Beamten hingegen luden die Gruppe, darunter acht Kinder, mit ihren Habseligkeiten in einen Bus und transportierten sie an die Grenze zurück. Das widerspricht internationalem Recht und der polnischen Verfassung, ist jedoch durch eine im September mit rückwirkender Rechtskraft erlassene Sonderverordnung der Regierung gedeckt…“ Artikel von Reinhard Lauterbach in der jungen Welt vom 29.09.2021 externer Link

    • Auf Twitter berichtet kapturak externer Link regelmäßig über die Situation an der Grenze, aber auch über Proteste und Solidaritätsaktionen von Aktivist*innen und NGOs, wie z.B. die Demonstration vor dem polnischen Innenministerium in Warschau am 12. September oder die Besetzung des Büros des Polnischen Roten Kreuz in Warschau am 27.9. Die Aktivist*innen fordern einen sofortigen Hilfseinsatz für die Geflüchteten an der Grenze zu Belarus. Dem RK werfen sie Unterlassung angesichts einer humanitären Katastrophe vor
  • Zwischen Polen und Belarus: Vier tote Migranten an der Grenze 
    An der Grenze zwischen Belarus und Polen sind vier tote Migranten entdeckt worden. Wie sie ums Leben kamen, ist noch unklar. An der Grenze zwischen Belarus und Polen sind nach Angaben von jeweiligen Grenzschutzvertretern insgesamt vier Leichen gefunden worden. »Heute wurden die Leichen von drei Menschen in der Grenzregion zu Belarus entdeckt«, teilte der polnische Grenzschutz mit. Die drei Leichen hätten sich an unterschiedlichen Orten befunden. Minsk vermeldete seinerseits, dass die Leiche einer aus dem Irak stammenden Migrantin in nur einem Meter Abstand zur Grenze nach Polen aufgefunden worden sei. Es gebe »klare Hinweise«, dass die Leiche der Irakerin von Polen nach Belarus »gezogen« wurde, sagte ein belarussischer Grenzschutzvertreter der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. In der Nähe der toten Frau hätten sich drei Kinder, ein Mann und eine ältere Frau aufgehalten. Sie seien alle irakischer Nationalität. Der Mann der toten Frau sagte laut Belta, polnische Sicherheitskräfte hätten die Gruppe zur Grenze gebracht und »unter Drohungen gezwungen«, nach Belarus zu gehen…“ Meldung vom 19.09.2021 beim Spiegel online externer Link
  • 32 Geflüchtete aus Afghanistan sitzen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest. Doch die Hilfe wird verhindert
    „Ein verwackeltes Handyvideo sorgt dafür, dass Franciszek Sterczewski auf einmal in ganz Polen bekannt wird. Darin sieht man Sterczewski, er trägt Jeans und einen dunkelblauen Parka, in der linken Hand hält er eine dieser großen blauen Ikeatüten fest. Er flitzt über eine Wiese, verfolgt von schwer bewaffneten Soldaten, die versuchen, ihn einzufangen. Es erinnert ein bisschen an Flitzer im Fußballstadion, wenn er dann einen Haken schlägt, einer der Soldaten wegrutscht, hinfällt und die Zuschauer:innen dabei johlen. Doch einige Meter weiter stürzt auch Sterczewski, der junge Mann mit der Ikeatüte – und die Jagd hat ein Ende. „Das Video sieht vielleicht lustig aus, doch es ist bitterer Ernst“, sagt Franciszek Sterczewski zwei Wochen später. Der 33-Jährige ist Abgeordneter der Bürgerkoalition im polnischen Parlament. Aufgenommen wurde das Video von ihm und der Ikeatasche  in Usnarz Górny, an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Die blaue Tüte ist deswegen so wichtig, weil in ihr Decken und Medikamente waren, so erzählt es der Politiker. Sie waren für eine Gruppe von 32 Afghan:innen bestimmt, die seit eineinhalb Monaten an dieser Außengrenze der EU, in einer Art Niemandsland zwischen Belarus und Polen, festsitzt. Die Afghan:innen kamen aus Belarus, nun stehen zu diesem Land hin Grenzposten, die sie nicht durchlassen. Auf der anderen Seite stehen polnische Grenzsoldat:innen, um zu verhindern, dass die Afghan:innen ihr Land betreten. Die Gruppe hat kaum genügend Wasser und Essen, berichten sie in einem Gespräch mit der Tagesschau. Nachts wird es dort gerade schon sehr kalt, die Temperaturen sinken auf bis zu zehn Grad. Doch die Grenzsoldat:innen lassen Sterczewski nicht zu den Geflüchteten. Wie ein menschliches Schild verhindern sie jede Kontaktaufnahme und jeden Unterstützungsversuch von außen. (…) Polen hat die Genfer Konvention unterschrieben, Geflüchtete dürfen also in Polen Asyl beantragen, ihr Recht auf diesen Schutzstatus wird dann in einem Asylprozess überprüft. Doch in den vergangenen Wochen wurden nach Aussagen der Anwältinnen hunderte Push-Backs beobachtet. Das bedeutet: Die Grenzbeamt:innen schicken die Geflüchteten zurück in den Wald und ignorieren ihren Wunsch auf Asyl. (…) „Die Regierung hat seit 2015 ein Klima der Angst vor Geflüchteten geschaffen und damit die Grundlage für die soziale Akzeptanz von Gewalt an der Grenze“, fasst Czarnota die Gesamtsituation zusammen…“ Bericht von Astrid Benölken und Tobias Zuttmann vom 16. September 2021 bei jetzt.de externer Link
  • Afghanische Flüchtlinge: Eingekeilt zwischen Belarus und Polen 
    Im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus harren seit rund einem Monat afghanische Flüchtlinge aus, die weder vor noch zurück können. Ihre Lage schildern sie im Interview als dramatisch, sie sprechen von Hunger und Schwäche. Es ist ein Drama ohne Ende. 32 Afghanen stecken seit fast anderthalb Monaten an der polnischen Grenze zwischen Belarus und Polen fest. Für sie gibt es kein Weiter und kein Zurück. Die polnische Seite lässt sie nicht rein und spricht von illegaler Migration. Seit Wochen fordern Vertreter von Hilfsorganisationen und der Opposition Polens, zumindest die Schutzbedürftigkeit dieser Menschen zu prüfen. Dass dies bis jetzt nicht geschehen ist, bemängelten jüngst auch UN-Vertreter. Als jüngsten Schritt rief die polnische Regierung in der Grenzregion den Ausnahmezustand aus – mit einer drei Kilometer breiten Sperrzone. Weder Helfer noch Medienvertreter dürfen seitdem in Grenznähe. Doch Gefahr gibt es inzwischen auch für die Gesundheit der Menschen, die zwischen Belarus und Polen festhängen…“ Reportage von Olaf Bock, Bamdad Esmaili und Isabel Schayani vom 10.09.2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Zeugen unerwünscht – Festsitzende Geflüchtete: Ausnahmezustand an polnisch-belarussischer Grenze soll Mobilisierung und Unterstützung verhindern 
    „Die Bilder von den 32 – nach Angaben der polnischen Grenzwache 24 – afghanischen Flüchtlingen, die an der Grenze zu Belarus zurückgedrängt werden sollen, kennen inzwischen in Polen alle und im restlichen Europa viele. Bekanntgeworden sind die rechtswidrigen Pushbacks von Menschen, die es bereits bis auf polnisches Gebiet geschafft und dann versucht hatten, dort Asylanträge zu stellen, durch einen PR-Fehler der polnischen Staatsmacht. Sie hatte am 18. August, als die Leute schon eine Woche in Schlamm und Regen kampieren mussten, selbst Journalisten eingeladen, um vorzuführen, wie polnische Soldaten den Asylsuchenden Wasser gaben. Die in der Flüchtlingshilfe engagierte Stiftung »Rettung« machte den Skandal bekannt, Abgeordnete vor allem des parlamentarischen Linksbündnisses organisierten improvisierte Hilfe mit Zelten, Schlafsäcken und Vollmachtsformularen für polnische Anwälte. Der linksliberale Abgeordnete Franciszek Sterczewski lieferte sich mit den Grenzern ein filmreifes Hakenschlagen, um eine Tasche voller Lebensmittel zu den Flüchtlingen zu bringen. Letztlich erfolglos. Das Verbringen von Lebensmitteln durch die Polizeikette wurde von den Behörden als Schmuggel bewertet. Jetzt wollen die polnischen Behörden für die Zukunft solche medialen Pannen verhindern. Am Dienstag gab Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bekannt, dass die Regierung bei Staatspräsident Andrzej Duda beantragt habe, für einen rund drei Kilometer breiten Streifen entlang der gesamten polnisch-belarussischen Grenze den Ausnahmezustand zu verhängen. Dudas Zustimmung gilt als Formsache, ebenso jene des polnischen Parlaments am Freitag oder kommenden Montag. Betroffen sind von dem Erlass 183 Dörfer und Ortschaften; Innenminister Mariusz Kaminski sagte am Dienstag, die normale Tätigkeit der Anwohner oder die Feldarbeit der Landwirte werde von dem Ausnahmezustand nicht betroffen sein. Es gehe darum, »Happenings und Demonstrationen von nicht in der Region gemeldeten Personen« auszuschließen. Der Ausnahmezustand soll zunächst einen Monat lang gelten…“ Bericht von Reinhard Lauterbach bei der jungen Welt vom 2. September 2021 externer Link
  • Grenzstreit: Menschenrechtsgericht setzt Polen Frist für Versorgung von Migranten aus Belarus 
    Während Polen und andere östliche EU-Länder mit Belarus streiten, sitzen Dutzende Migranten an der EU-Außengrenze zu Belarus fest. Nun schreitet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Polen und Lettland zur Unterstützung von Flüchtlingen an der Grenze zu Belarus aufgefordert. Bis zum 15. September sollten die lettischen und polnischen Behörden allen Bedürftigen „Nahrung, Wasser, Kleidung, angemessene medizinische Versorgung und wenn möglich vorübergehende Unterkunft“ bereitstellen, erklärte das Gericht am Mittwoch in Straßburg. An der EU-Außengrenze zu Belarus sitzen derzeit Dutzende Migranten fest. Ihr behelfsmäßiges Lager auf belarussischem Gebiet in der Nähe des polnischen Dorfes Usnarz Gorny wird seit mehr als zwei Wochen von belarussischen und polnischen Soldaten umstellt. Da die Menschen weder nach Polen einreisen noch nach Belarus zurück könnten, „sitzen sie also an den Grenzen fest“, erklärte das Menschenrechtsgericht…“ Meldung vom 26. August 2021 bei RP online externer Link
  • Weder vor noch zurück: Flüchtlingsdrama an polnisch-belarussischer Grenze. 50 Menschen im Niemandsland blockiert. Linker Abgeordneter organisiert Hilfe
    „Usnarz Górny ist ein winziges Dorf ganz im Osten Polens. Knapp östlich davon verläuft die Grenze zu Belarus, ein paar Kilometer weiter verzeichnet die Landkarte schon auf belarussischem Gebiet das Schwesterdorf Dolny Usnar. Seit einigen Tagen ist die Ortschaft überregional bekannt. Denn seit inzwischen knapp zwei Wochen kampieren dort mehrere Dutzend Flüchtlinge aus dem Irak und Afghanistan im Niemandsland. Belarussische Grenztruppen versperren ihnen den Weg zurück, polnische den nach vorn. Anfang der Woche ließen die Belarussen Frauen mit kleinen Kindern zurück in ihr Land, dadurch verringerte sich die Gesamtzahl der Kampierenden auf 32. Etwa ein Drittel sind Frauen, darunter auch Minderjährige, die jüngste ist 15 Jahre alt. Nach eigenen Angaben ernähren sie sich von Blättern und trinken Wasser aus einem Bach. Die polnischen Grenztruppen haben Order, sie am Erreichen polnischen Territoriums zu hindern. (…) Als die Hilfsorganisation »Ocalenie« (Rettung) am Mittwoch mit den Flüchtlingen Kontakt aufnahm, versuchten die Soldaten, dies zu verhindern – etwa, indem sie die Motoren ihrer Fahrzeuge anließen, als eine Dolmetscherin über die Köpfe der Soldaten hinweg die Menschen ansprach. Erst eine Intervention des Sejm-Abgeordneten Maciej Konieczny von der linken Partei »Razem« entspannte die Situation etwas: Er brachte, geschützt von seiner Immunität, den Flüchtlingen Schlafsäcke und darin eingewickelt Powerbanks für Handys und Vollmachtsformulare, um Anwälten auf polnischer Seite zu ermöglichen, Asylverfahren für die Menschen einzuleiten. (…) Dass die polnischen Behörden jetzt plötzlich Härte gegenüber den Flüchtlingen zeigen, ist offenkundig Teil einer politischen Demonstration. Es sollen abschreckende Bilder entstehen. Die regierungstreue Presse stimmt in die Hetze ein. Die im Winter von der PiS-nahen Benzinfirma Orlen übernommene Regionalzeitung Kurier Poranny aus Bialystok schrieb im Aufmacher von einer »Flüchtlingsplage«, die die Region zu überfluten drohe. Zumindest einzelne Anwohner zeigen sich aber nach Berichten der regionalen Gazeta Wyborcza auch solidarisch mit den Flüchtlingen, weisen ihnen Wege und helfen ihnen, Polizeikontrollen auszuweichen…“ Beitrag von Reinhard Lauterbach in der jungen Welt vom 21. August 2021 externer Link, siehe dazu auch:

    • Asylrecht in Polen quasi außer Kraft. Ungeheuerliche Vorgänge derzeit an der Grenze zu Belarus. Hier z.B. 8 Personen, die sich bereits auf polnischem Territorium befanden, klar ihr Ansinnen, Asyl zu beantragen, bekundeten, verschwinden, wohl deportiert.“ Tweet von kapturak vom 22.8.21 externer Link
    • Weiterhin lässt der polnische Grenzschutz keine Ärztin zu den seit 13 Tagen an der Grenze von Polen und Belarus feststeckenden Geflüchteten durch, obwohl diese um medizinische Hilfe bitten.“ Tweet von kapturak vom 21.8.21 externer Link
    • Aber auch: „Soliprotest heute in Warschau vor dem Regierungssitz. Die Demonstrierenden forderten, die an der belarusisch-polnischen Grenzen festgehaltenen afghanischen Geflüchteten einreisen zu lassen und Asylanträge zu ermöglichen.“ Tweet von kapturak vom 20.8.21 externer Link
  • Siehe vom 09. Juli 2021: Europäischer Gerichtshof: Polen wegen Pushbacks von Syrern nach Belarus verurteilt
  • Wir verweisen für aktuelle Berichterstattung – nicht nur wegen der deutschen Übersetzung – auf den Twitter-Account von kapturak externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=202967
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