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Stiftung FUNAI im Streik gegen die Anti-Indigenen-Agenda der Regierung nach dem Verschwinden ihres Angestellten Bruno Pereira mit britischem Journalist Dom Philips

Dossier

Brasilien: Proteste nach dem Verschwinden des FUNAI-Angestellten Bruno Pereira zusammen mit dem britischen Journalist Dom PhilipsDie National Stiftung zu Indigenen-Angelegenheiten in Brasilien, FUNAI, ist seit dem 13.06.2022 für 24 Stunden im Streik. Anlass ist das Verschwinden ihres Angestellten Bruno Pereira, der zusammen mit dem britischen Journalisten Dom Philips auf dem Rückweg von einer Exkursion im Bundesstaat Amazonas war. Beide sind seit dem 5. Juni vermisst. Die beiden wurden am Abend zuvor von drei bewaffneten Maennern bedroht, von denen einer in Haft ist. Am 12. Juni wurden zwei Rucksäcke mit Kleidung und Dokumenten der beiden Vermissten gefunden. Pereira wurde 2019 von seinem Posten versetzt, nachdem er in derselben Gegend an der Grenze zu Kolumbien Ausrüstung von illegalen Minenprojekten durch die FUNAI hatte zerstören lassen. Seitdem war Pereira weiter Angestellter der FUNAI, hatte sich aber selbst vom Dienst suspendiert… Siehe dazu mehr Informationen und ein Foto von Jörg Nowak:

  • Brasilien: Wer ist verantwortlich für den Mord an Dom Phillips und Bruno Pareira? Zwölf Verdächtige, aber bisher kein Urteil. New
    „… Der Mord an dem brasilianischen indigenen Aktivisten Bruno Pereira und dem britischen Journalisten Dom Phillips im brasilianischen Amazonasgebiet ist noch immer nicht vollständig aufgeklärt. Am 5. Juni 2023 jährte sich das Verschwinden der beiden Männer. Sie wurden am Itacoaí-Fluss im Javari Tal, einem der größten indigenen Territorien Brasiliens nahe des Dreiländerecks zwischen Kolumbien, Peru und Brasilien, Opfer eines Überfalls. Zehn Tage später wurden ihre Leichen zerstückelt, verbrannt und im Wald versteckt aufgefunden. Bis heute kam es zu keiner Verurteilung der an dem Verbrechen mutmaßlich beteiligten Verdächtigten. (…) Nach Ansicht der Union der Indigenen Völker von Vale do Javari (Univaja) ist der von der Bundespolizei genannte angebliche Anführer „nur eine Figur auf dem kriminellen Schachbrett. Eine Art Manager, der auf Anweisung eines anderen handelt“. Im Januar mahnte die Organisation an, dass „zusätzlich zu den bereits bestehenden Ermittlungsgruppen eine Arbeitsgruppe erforderlich ist, um die wahren Interessen der kriminellen Gruppen in der Region zu klären“. Nach Angaben des Bundesanwaltschaft arbeiten fünf Staatsanwälte an dem Fall. Die externe Kommission der Abgeordnetenkammer, die zur Untersuchung des Mordes an Pereira und Phillips eingesetzt wurde, billigte im Dezember 2022 einstimmig den Abschlussbericht der Abgeordneten Vivi Reis von der sozialistischen Partei PSOL des Bundesstaats Pará. Darin wird nicht nur der brasilianische Staat für den Doppelmord verantwortlich gemacht, sondern auch die Leitung der Nationalen Indigenenbehörde (Funai). Ihr wird vorgeworfen, die Arbeit der Angestellten erschwert, und den Einsatz der Menschen, die das indigene Gebiet des Javari-Tals schützen wollen, missachtet zu haben. Im Mai dieses Jahres forderte die Bundespolizei die Anklageerhebung gegen den früheren Funai-Präsidenten Marcelo Xavier wegen Mordes und Verbergens einer Leiche. Ihrer Ansicht nach hat Xavier das Risiko der Morde in Kauf genommen, indem er keine Maßnahmen zur Bekämpfung der ständigen kriminellen Aktivitäten im Javari-Tal ergriffen hat. Die Funai wurde auf das Risikoszenario in der Region aufmerksam gemacht und erhielt nach der Ermordung des Hausangestellten Maxciel dos Santos im Jahr 2019 Anfragen, das Team besser zu schützen. Xavier leitete die Funai zwischen 2019 und Dezember 2022 während der Regierungszeit von Jair Bolsonaro. Alcir Amaral Teixeira, der damalige Generalkoordinator der Territorialen Überwachung, eine Stelle, die für die Sicherheit der indigenen Gebiete zuständig ist, soll ebenfalls angeklagt werden. Er war auch Xaviers Nachfolger in der Leitung der Funai. Die Arbeit von Pereira und Philips zur Verteidigung der indigenen Völker wurde am Jahrestag bei einer vom Ministerium für Justiz und öffentliche Sicherheit veranstalteten Zeremonie gewürdigt. Die beiden wurden im Rahmen der Vorstellung der „Nationalen Strategie zur Milderung und Wiedergutmachung der Auswirkungen des Drogenhandels auf indigene Gebiete und Bevölkerungen“ in Brasília geehrt…“ Beitrag von Jaqueline Deister in der Übersetzung von Agencia Púlsar bei amerika21 am 15. Juni 2023 externer Link
  • Spurensuche am Rio ItaquaÍ: Letzte Reise auf dem Fluss. Der Tod eines brasilianischen Umweltschützers und eines britischen Reporters sorgte international für Empörung 
    Eine Recherche vor Ort, wo Indigene unter anderem den Fisch Pirarucu vor Wilderern und der Umweltmafia zu schützen versuchen. Gelbes Absperrband flattert am Ufer des Rio Itaquaí. «Bundespolizei – Nicht betreten», steht in Portugiesisch darauf. Die Aufforderung wirkt seltsam hier, mitten im Dschungel. Der Wald ist still in der brütenden Mittagshitze, nur das Krächzen einiger Papageien und das Summen der Insekten sind zu hören. Warm und braun mäandert der Itaquaí, das nächste Städtchen, Atalaia do Norte, liegt zwei Bootsstunden flussabwärts. Auf dem Weg dorthin kommt man an drei winzigen Fischergemeinden vorbei, Strassen gibt es keine. Brasilien grenzt hier an Peru und Kolumbien, die Region ist eine der abgelegensten Ecken Südamerikas. Hinter dem Absperrband ist die Ufervegetation leicht aufgebrochen, Büsche wurden zur Seite gebogen, Äste geknickt. Es ist die Stelle, an der vor drei Monaten ein Verbrechen geschah, das rund um die Welt Schlagzeilen machte. Zwei Männer verschwanden, sie wurden erschossen, wie man heute weiss, ihre Körper verbrannt, zerstückelt und tief im Dschungel vergraben. Das Boot der beiden raste hier am Morgen des 5. Juni ins Ufer. Der Mann am Steuer hatte, von einer Kugel in den Rücken getroffen, die Kontrolle verloren. Zwei Angreifer waren von hinten gekommen und wegen des Motorenlärms wohl unbemerkt geblieben. Nun näherten sie sich dem havarierten Boot ihrer Opfer, dem verletzten Steuermann, gross, kräftig, mit Bauch und dunklem Vollbart; und einem schlanken Ausländer mit blauen Augen und ergrauten Haaren, zu Tode erschrocken und mit erhobenen Armen. So haben es später die Mörder ausgesagt. Und dass sie auf diesen Moment gewartet hätten. Zwar hätten sie nicht gewusst, wer der Mann mit den blauen Augen gewesen sei. Aber es war ihnen egal. Der Grosse sollte sterben, weil er ihre Geschäfte störte. Der Blauäugige hatte Pech. (…) Es gibt in Brasilien mehr als 700 Indigenenreservate in unterschiedlichen Stadien der Anerkennung – der Prozess dauert lange und ist kompliziert. (…) Man könnte tatsächlich fragen, warum weniger als ein halbes Prozent der Bevölkerung über vierzehn Prozent der Landesfläche verfügen. Doch Fakt ist, dass die Natur nirgends intakter ist, nirgends das Wasser sauberer und die biologische Vielfalt grösser. In den Indigenenreservaten wurden in den letzten 35 Jahren nur 1,6 Prozent der Waldfläche zerstört, während es in manchen Amazonas-Bundesstaaten zwischen 20 und 30 Prozent waren. Die Indigenen schützen einen der wertvollsten Schätze der Welt. Doch ihre zurückhaltende Lebensweise kollidiert mit den Bedürfnissen der Mehrheitsgesellschaft. (…) Von 2015 bis 2020 wurden in Lateinamerika rund 1100 Umweltschützer:innen umgebracht. So haben es die Vereinten Nationen ermittelt. 194 davon wurden in Brasilien getötet, zwei Drittel davon im Amazonas. Rund die Hälfte der Opfer waren Ureinwohner:innen. Nur ein Bruchteil der Morde wurde je aufgeklärt. Zum Abschied hatte Dom Phillips seiner brasilianischen Frau eine Nachricht geschickt: «Ich glaube, ich habe erst wieder am Sonntag ein Handysignal.» Sie antwortete: «Ich liebe dich. Sei vorsichtig.» Am 3. September dieses Jahres töteten Unbekannte den Indigenen Janildo Guajajara mit Schüssen in den Rücken. Er gehörte zu einer Waldwacht im Reservat Araribóia im brasilianischen Bundesstaat Maranhão. Es war der sechste Mord an einem ihrer Mitglieder in den letzten Jahren. Einen Tag später wurde der vierzehnjährige Gustavo da Silva vom Volk der Pataxó im Bundesstaat Bahia von Unbekannten erschossen. Das Verbrechen geschah in einer Region, die von Pataxó und Weissen beansprucht wird. Die Taten sorgten in Brasilien kaum für Aufsehen.“ Vorort-Recherche von Philipp Lichterbeck (Text) und Ian Cheibub (Fotos) in der WOZ Nr. 38 vom 22. September 2022 externer Link
  • Erneute Streiks der Angestellten der FUNAI angesichts des Mordes am Funai-Angestellten Bruno Pereira und dem Journalisten Dom Phillips 
    Angestellte der Nationalen Stiftung der Indigenen, FUNAI, treten erneut in Streik am 23. Juni angesichts des Mordes am Funai-Angestellten Bruno Pereira und dem Journalisten Dom Phillips. Bisher wurden 8 Beteiligte an dem Mord festgenommen, die teilweise geständig sind. Laut Angaben der Beteiligten hatte Bruno Pereira nach den ersten Schüssen auf ihn und Philips fünf Schüsse auf die Angreifer abgegeben, von denen keiner traf. Nachdem Pereira zweifach von Schüssen getroffen wurde, verlor er Kontrolle über sein Boot.
    Die Angestellten der FUNAI verlangen nach wie vor den Rücktritt des Präsidenten der FUNAI, Marcelo Augusto Xavier wegen seines politischen Kurses. Unter Xavier wurden politische Fuehrer der indigenen Nationen politisch verfolgt und viele Angestellte der FUNAI, unter ihnen Bruno Pereira, wurden politisch verfolgt und kaltgestellt. Seit Antritt der Regierung Bolsonaro hat die FUNAI keine neuen indigenen Territorien registriert und Militärs haben zunehmend Posten in der FUNAI eingenommen. Zudem wurden in der FUNAI Stellen abgebaut und Gelder gestrichen.
    Der Streik dauert 24 Stunden und es wird Kundgebungen in 20 Orten geben. Die Abteilung der FUNAI im Bundesstaat São Paulo beginnt am 27. Juni einen unbefristeten Streik. Siehe dazu:

    • (port.) Aufruf der Gewerkschaft CONDSEF externer Link
    • Wir sind entsetzt und erschüttert über den Tod des britischen Journalisten Dom Phillips und des Indigenenrechte-Aktivisten Bruno Araujo Pereira. Dom Phillips und Bruno Araujo Pereira sind die jüngsten Opfer der eskalierenden Gewalt in Brasilien. Wir rufen die nationalen und internationalen Behörden auf, die Hintergründe der Tat schnell und unabhängig aufzuklären...“ Thread von Reporter ohne Grenzen vom 7. Juni 2022 externer Link, siehe auch:
    • [Appell] Brasilien: Mord an Umweltschützern aufklären!
      Bruno Pereira und Dom Phillips, die sich in Brasilien für den Umweltschutz und die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen einsetzten, verschwanden am 5. Juni im Javarí-Tal im brasilianischen Amazonasgebiet. Am 15. Juni teilte die brasilianische Polizei mit, dass einer von zwei inhaftierten Verdächtigen den Mord an den beiden Männern gestanden habe und dass im Regenwald aufgefundene sterbliche Überreste analysiert würden. Zuvor hatten die Behörden stigmatisierende Bemerkungen über Bruno Pereira und Dom Phillips gemacht und ihr Verschwinden verspätet und ohne Transparenz oder ausreichende Mittel untersucht. Der Fall muss umgehend zielführend, unparteiisch und unabhängig untersucht werden und alle mutmaßlich Verantwortlichen sind vor Gericht zu stellen...“ Appell zum Mitzeichnen vom 16. Juni 2022 bei AI externer Link
    • #JusticaParaBrunoeDom
    • Leiche des verschwundenen Journalisten Phillips identifiziert
      Wie die brasilianische Bundespolizei am 17. Juni mitteilte, wurden in einem abgelegenen Gebiet der brasilianischen Amazonasregion externer Link die menschlichen Überreste des britischen Journalisten Dom Phillips gefunden. Philips war Anfang Juni zusammen mit dem brasilianischen Experten Bruno Pereira bei Recherchen verschwunden. Die beiden Männer wurden zuletzt am 5. Juni in ihrem Boot auf dem Itaguaí-Fluss in der Nähe des Eingangs zum indigenen Territorium des Javari-Tals an der Grenze zu Peru und Kolumbien gesehen. Ihr Verschwinden hatte weltweit Aufmerksamkeit erregt externer Link. Andere Überreste, die in der Nähe der Stadt Atalaia do Norte gefunden wurden, sind noch nicht identifiziert worden. Man geht jedoch davon aus, dass es sich um die Überreste des indigenen Experten Bruno Pereira, handelt.
      Todesursache noch unklar, zwei Tatverdächtige verhaftet
      „Die Bestätigung (von Phillips‘ Überresten) erfolgte durch zahnmedizinische und forensisch-anthropologische Untersuchungen“, teilte die Bundespolizei in einer Erklärung mit. „Wir arbeiten an der vollständigen Identifizierung der Überreste, um die Todesursache, die Dynamik des Geschehens und das Verstecken der Leichen zu klären“. Die Leichen waren am 15. Juni gefunden worden, nachdem der Fischer Amarildo da Costa de Oliveira, genannt Pelado, gestanden hatte, Phillips und Pereira getötet zu haben. Pelado hatte die Polizei zum Aufenthaltsort der Leichen geführt und ausgesagt, dass er bei der Tat eine Schusswaffe benutzt habe. Die Polizei verhaftete auch Pelados Bruder, den Fischer Oseney da Costa de Oliveira. Die sterblichen Überreste trafen am 16. Juni zur gerichtsmedizinischen Untersuchung in der Hauptstadt Brasilia ein. Journalist war für Recherchen in Brasilien und mit einem Indigenen-Experten unterwegs…“ Beitrag vom 18. Juni 2022 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link
  • Stiftung FUNAI im Streik gegen die Anti-Indigenen-Agenda der Regierung nach dem Verschwinden ihres Angestellten Bruno Pereira mit britischem Journalist Dom Philips
    Die Angestellten der FUNAI fordern den Rücktritt des Leiters Marcelo Augusto Xavier da Silva, da sie zunehmend daran gehindert werden, ihre Arbeit zu machen und da es kaum Bemühungen der FUNAI gibt, den Verbleib ihres vermissten Angestellten aufzuklären. Die Leitung der FUNAI hatte zudem behauptet, die beiden seien ohne Genehmigung in der Terra Indigena Vale do Javari gewesen. Dies wurde von der Assoziation der Indigenen Univaja widerlegt. Lediglich Pereira befand sich bis 30. Mai im erwähnten indigenen Territorium und  die Exkursion von Pereira und Philips entlang des Flusses Itacoia nach dem 30. Mai nahe Atalaia de Norte war ausserhalb des indigenen Territoriums.
    Die Angestellten der FUNAI forderten ebenso mehr Sicherheit für alle ihre Angestellten. Am Morgen des 14.06. fand vor dem Justizministerium eine Kundgebung mit etwa 50 Angestellten der FUNAI statt – eine Delegation forderte ein Gespräch mit Vertretern des Ministeriums und den ganzen Tag über wird eine Mahnwache vor dem Ministerium stattfinden…
Brasilien: Kundgebung am 14. Juni 2022 vor dem Justizministerium in Brasilia mit etwa 50 Angestellten der FUNAI - Foto von Jörg Nowak

Kundgebung am 14. Juni 2022 vor dem Justizministerium in Brasilia mit etwa 50 Angestellten der FUNAI – Foto von Jörg Nowak

Siehe für weitere Informationen:

Siehe zu den Hintergründen

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=201797
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