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Arbeitsbedingungen in Island: Hohe Lohnkosten und trotzdem konkurrenzfähig
„Hohe Kosten für den Faktor Arbeit gelten im Produktionssektor als großer Standortnachteil. Die Lohnkosten in Island zählen zu den höchsten Europas, dennoch sind hier arbeitsintensive Betriebe international konkurrenzfähig. Wie stellt sich das aus Sicht von Beschäftigten dar? (…) Leó Seafood ist ein fischverarbeitender Betrieb auf Heimaey, der Hauptinsel des Vestmannaeyjar-Archipels im Süden von Island. Hier spielt unsere Reportage über die Arbeitsbedingungen in Island. Das mittelständische Unternehmen hat rund 80 Beschäftigte, in der Fangsaison bis zu 100, bei einem Frauenanteil von 60 Prozent…“ Artikel von Markus Zahradnik vom 10. Mai 2022 in Arbeit&Wirtschaft.at , dem Blog des ÖGB, und mehr daraus:
- Weiter im Artikel von Markus Zahradnik vom 10. Mai 2022 in Arbeit&Wirtschaft.at : „… Maria Wiktoria ist eine von ihnen: Die polnische Handelsakademie-Absolventin ist vor zehn Jahren nach Heimaey gezogen, mit ihrem damals zweijährigen Kind und ihrem Partner, der eine Stelle bei einem anderen Unternehmen antrat. Sie begann bei Leó Seafood zu arbeiten – mittlerweile sind beide hier beschäftigt. Marias Berufseinstieg war „wie bei allen anderen auch: schneiden und verpacken“, mittlerweile ist sie mit Qualitätskontrolle befasst. Was ist es, das die Arbeit hier in ihren Augen trotz der auf den ersten Blick rauen Bedingungen so auszeichnet? Im lokalen Vergleich mit anderen fischverarbeitenden Betrieben auf der Insel gibt es keine Nachtschicht, das fixe Arbeitsende am frühen Nachmittag sei ein Segen für Familienleben und Freizeit, so Maria. Im internationalen Vergleich sprechen für Island die starken Arbeitnehmer:innenrechte, die soziale Absicherung sowie die Gleichstellung. Maria hat den unkomplizierten Umgang mit Krankenstand und Kinderbetreuung zu schätzen gelernt. Das Karenzmodell gehört zu den progressivsten in Europa und verringert Ungleichheiten zwischen Elternteilen. Dem Gender-Pay-Gap werden gesetzlich laufend mehr Riegel vorgeschoben. Und wenn wir schon beim Thema Bezahlung sind: „Mit dem Geld“, sagt Maria, „gibt es hier keine Probleme.“ Ein entscheidender faktor bei den Arbeitsbedingungen in Island. (…) Ragnheiður ist die gewerkschaftliche Vertrauensperson bei Leó Seafood und übernimmt als Sprachrohr und Schlichterin viele Aufgaben einer Betriebsrätin, allerdings ohne direkte betriebliche Mitbestimmung, die in Island nicht in derselben Form wie in Österreich vorgesehen ist. (…) Warum sie das werden wollte? Ragnheiður denkt kurz nach. „Gewerkschaftliche Vertrauensperson ist nicht etwas, das man werden will“, sagt sie ernst. „Sondern etwas, das man sein muss.“ (…) Die Rechte und das Einkommen von Arbeitnehmer:innen können also auch in Island durchaus ein Problemfeld sein. Doch warum scheint dann gerade in einem unter internationalem Konkurrenzdruck stehenden Unternehmen, das in kalten Hallen Fisch zerlegt und verpackt, jede Person Zufriedenheit mit ihrem Arbeitsplatz auszustrahlen? „Das war schon bei der Gründung von Leó Seafood der Leitgedanke“, sagt Bjarni Þór Georgsson. Heute Fotograf, hat er in der Vergangenheit selbst Erfahrungen mit der Fischverarbeitung gesammelt. Nämlich in einem Betrieb, den der spätere Gründer von Leó Seafood im Jahr 2001 verlassen sollte. Er wollte ein Unternehmen nach seinen Vorstellungen aufbauen. Das tat er. Gemeinsam mit weiteren Beschäftigten, wie der ebenfalls dort arbeitenden Mutter von Bjarni Þór oder auch der heutigen gewerkschaftlichen Vertrauensperson Ragnheiður. Und es ist ihm geglückt. „Diese Firma sollte ein familiärer Ort werden. An dem alle Beteiligten auf Augenhöhe sind und sich wohl fühlen.“ Erinnert sich Bjarni Þór, „Und wenn ich heute darauf blicke, hat sich der Vorsatz offenbar eingelöst.“…“