Schwarzarbeit im Hotel: Geflüchtete aus der Ukraine als Reinigungskräfte ausgenutzt

Tradition: "Ausländer" auf dem deutschen ArbeitsmarktWer aus dem Krieg in der Ukraine fliehen muss, sucht in Deutschland Schutz und Sicherheit. Eine Reinigungsfirma sah in den Geflüchteten aber offenbar vor allem eins: billige Arbeitskräfte ohne Rechte. (…) Eine Reinigungsfirma mit Sitz in Lübeck habe Putzkräfte für Hotels in und um Hannover gesucht, erzählen sie. Der Aufruf in dem Forum kommt offenbar von Alexander Palaloga, einem Mitarbeiter der Reinigungsfirma Yess Facility Management. Als Dienstleister ist das Unternehmen in diversen Dormero Hotels tätig, unter anderem in Hannover. (…) Für jedes gereinigte Zimmer sollen Anna und Roman 2,70 Euro bekommen. (…) Obwohl sie alles dokumentieren, warten Anna und Roman offenbar wochenlang auf ihr Geld. Als der Mitarbeiter von Yess Facility Management es endlich auszahlt, sind sie schockiert, denn er soll ihnen noch jeweils 250 Euro für das bewohnte Zimmer im Hotel abgezogen haben. (…) Zwei Wochen später holt er wieder ukrainische Geflüchtete ab, die offenbar illegal für die Reinigungsfirma Yess Facility Management in einem Dormero Hotel putzen sollen. Diesmal in Langenhagen…“ Bericht von Larissa Mass vom 1. Mai 2022 beim NDR externer Link (mit Video von 6 Minuten) ist kein Einzelfall:

  • Vom Krieg in die Ausbeutung. In einem Vier-Sterne-Hotel in Hannover arbeiten Ukrainer*innen weit unter Mindestlohn. Es besteht Verdacht auf Menschenhandel New
    „… wer bei Nummer 45 klingelt, dem Gang folgt, das laminierte Schild „Central-Hotel Kaiserhof Apartments“ passiert und sich an einer röhrenden Klimaanlage vorbeischleicht, landet bei ihnen. Hier im Hinterhaus leben in vier Zimmern verschiedene Mitarbeiter*innen eines hannoverschen 4-Sterne-Hotels. (…) Nach Hannover kamen sie und ihre drei ukrainischen Mitbewohnerinnen über eine Reinigungsfirma. In einem renommierten Vier-Sterne-Hotel sollten sie Zimmer putzen. Jetzt teilen sie sich nicht nur den Raum, in dem sie leben, sondern auch eines der drei provisorischen Betten. An einen Tisch, an dem mehrere Menschen Platz nehmen könnten, ist nicht zu denken. Zum Gespräch setzen sie sich auf die Bettkanten. Geld hätten sie für ihre Arbeit bisher nicht bekommen. Sie erzählen, dass sie, um über die Runden zu kommen, noch nach Feierabend Pfandflaschen sammelten. „Weil wir wissen, dass wir nichts wissen, und Geld verdienen wollen“, so erklärt Petrenko das Verharren in der Situation, die sie mit ihren Kolleginnen gemeinsam hat.
    Hergekommen sind sie über den Messengerdienst „Viber“. Dort gibt es die Chatgruppe „Arbeiten in Europa“, wo eine „Julia“ mit Jobangeboten lockt, die von vornherein die Mindestlohngrenze unterschreiten. „Legale“ Jobs „mit Sozialversicherung“ in der gesamten Europäischen Union werden da angeboten, viele in Deutschland. Etwa auf dem Bau in München, bei der Erdbeerernte nahe Köln, zur Fleischverpackung in der Nähe von Dortmund und eben auch in der Hotelbranche. „Wir nehmen bis zu 100 Frauen, Alter bis 60 Jahre, um fleißig Hotelzimmer zu reinigen“, steht in der Gruppe. Als mögliche Arbeitsorte werden Hannover, Bremen und Hamburg angeboten. Gezahlt würden 4 Euro pro gereinigtes Zimmer, heißt es dort weiter. Es gebe 15 bis 20 Zimmer pro Tag zu reinigen. Kostenlos sind die Vermittlungsservices nie. Um weitere Informationen zu erhalten, seien bei Viber 250 Euro fällig gewesen (…) Pro Zimmer sei ihnen 3,50 Euro versprochen worden, sagen insgesamt vier Frauen der taz, die im Hotel gearbeitet haben, unabhängig voneinander. Sie müssten also vier Zimmer pro Stunde reinigen, um auf den branchenspezifischen Mindestlohn von 11,55 Euro zu kommen. Es sei aber gar nicht möglich, mehr als zwei Zimmer pro Stunde zu reinigen, sagen die Frauen. Petrenko gibt an, dass es dafür auch gar nicht genügend Arbeit gebe. Falls sie doch mal mehr Zimmer reinigten, würde ein Vorgesetzter einschreiten, der ihre Stundenzettel prüfe und gegebenenfalls nach unten korrigiere, erzählt Petrenko. Bis Mitte Juni haben sie und ihre Kolleginnen aber nicht einmal diese versprochenen 3,50 Euro pro Zimmer bekommen. Sie sind mittlerweile seit zwei Monaten für das Unternehmen tätig…“ Umfangreiche Recherche von Michael Trammer und Katja Spigiel vom 21.6.2022 in der taz online externer Link
  • Siehe auch: Prüfsteine Gute Arbeit für Geflüchtete – auch für Geflüchtete aus der Ukraine
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200492
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