[Kündigung vor BR-Wahl] Zu wenig Lohn und Bedrohung? Ex-Mitarbeiter attackiert Kölner Lieferdienst Getir scharf

Dossier

Getir Workers Collective„… Seit wenigen Monaten ist der 2015 in Istanbul gegründete Lieferdienst auch auf den Kölner Straßen unterwegs. Fetullah Andug (26) war ebenfalls als „Rider“ (Fahrer) für das Unternehmen tätig. Nun ist er das nicht mehr, denn vor kurzem flatterte die fristlose Kündigung bei ihm ein. (…) Seit Dezember 2021 war der 26-jährige Kölner bei Getir angestellt. In all den Monaten sei es bei Andug und vielen weiteren Kolleginnen und Kollegen zu falschen oder zu geringen Lohnzahlungen gekommen. „Bei mir sieht es sogar tatsächlich so aus, dass mir knapp 1300 Euro fehlen und diese auch nicht ausgezahlt werden. Die Buchhaltung trickst meiner Wahrnehmung nach sehr an den Abrechnungen und zeigt die Nachzahlungen auch als Abschlagszahlungen an“ (…) Dazu kommen weitere schwere Vorwürfe gegen das Unternehmen (…) Um gegen diese Punkte vorzugehen und die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vertreten, trat Fetullah Andug als Initiator für die Gründung eines Betriebsrates auf. Dieses Bestreben sei jedoch auf eine große Gegenwehr gestoßen. Dieses Bestreben sei jedoch auf eine große Gegenwehr gestoßen. Es sei ein großer Druck entstanden, Andug und andere Initiatoren seien beispielsweise bei ihren Toilettengängen Zeit-überwacht worden. Nun wolle Getir Germany kurzfristig einen eigenen Betriebsrat gründen, mit Personen an der Spitze, die bereits Managerpositionen bekleiden...“ Artikel von Niklas Brühl vom 27.04.2022 im Kölner express online externer Link, siehe seine Ausführungen dazu und die Demo am 2.5. in Berlin:

  • [Solidarität zum Gütetermin in Köln] Aufruf zum Protest gegen Lohnklau, Massenentlassungen und Unionbusting bei Getir am Dienstag, 14.06. in Berlin New
    Das Lieferando Workers Collective (LWC) Berlin ruft Kurier*innen aller Lieferdienste zum Protest auf! Zu wenig Schichten, zu wenig Geld (Lohnklau), gefährliche Arbeit, keine Arbeitsmittel, steigende Benzinpreise, zu wenig Aufwandsentschädigungen, ungerechtfertigte Entlassungen und so viele mehr … WIR HABEN GENUG!
    Wir haben auch genug vom #UnionBusting bei Getir und rufen zur Solidarität mit dem ungerechtfertigt entlassenem Kollegen Fetullah Andug auf! Nachdem Fetullah eine Betriebsratswahl bei Getir in Köln einleiten wollte wurde er von Vorgesetzten bedroht und gekündigt. Seine Kündigungsschutzklage wird am 14.06.2022 um 11:00 vom Arbeitsgericht Köln verhandelt. Wir fordern das Getir Management auf, Fetullahs Kündigung zurück zu nehmen und den illegal von Managern besetzten pseudo Wahlvorstand aufzulösen und die Betriebsratswahlen in die Hände von Arbeiter*innen zu übergeben. WIR HABEN GENUG!“ Aus dem Aufruf vom 9.6.2022 (per e-mail) zu Demo am Dienstag, 14.06.2022 / Ab 18:00 Uhr in Kochstraße 29, 10969 Berlin (Lieferando Hub am Checkpoint Charlie) – siehe Lieferando Workers Collective (LWC) Berlin auf Twitter externer Link und weiteren Kanälen externer Link
  • Getir gegen Betriebsratsgründer Fettulah: Gütetermin am 14. Juni in Köln – Aufruf zur solidarischen Begleitung  Aufruf zur solidarischen Begleitung und kritischen Berichterstattung: Am Dienstag, 14. Juni 2022, findet am Arbeitsgericht Köln (Blumenthalstr. 33, 50670 Köln) um 11.45 Uhr die Güteverhandlung zur Kündigungsschutzklage des Kölner Betriebsratsgründers Fetullah statt. Wir bitten um solidarische Begleitung und kritische Berichterstattung! Treffen am Arbeitsgericht Köln um 11.00 Uhr in der Blumenthalstraße 33 in 50670 Köln…“ Aufruf bei Arbeitsunrecht und Hintergründe externer Link
  • Ausbeutung wird mitgeliefert: Der Bringdienst Getir steht wegen Union Busting und schlechten Arbeitsbedingungen in der Kritik 
    „Ronnie Thomas kennt sich aus mit schlechten Arbeitsbedingungen. Der Berliner Kurierfahrer hat für den umstrittenen Essenslieferdienst Gorillas gearbeitet und war in der Interessenvertretung der Beschäftigten, dem Gorillas Workers Collective, aktiv – bis er entlassen wurde. „Wir wollten einen Betriebsrat gründen, danach wurde ich gefeuert“, sagt Thomas der taz. Unterkriegen lässt sich der Rider, wie sich die Fahrradkuriere nennen, davon jedoch nicht. Vor dem Arbeitsgericht klagt er gegen seine Entlassung, mittlerweile arbeitet er beim türkischen Lieferservice Getir. Auch hier prangert er schlechte Arbeitsbedingungen und die Beschneidung von Arbeiter*innenrechten an. „Getir betreibt Lohndiebstahl“, sagt Thomas, der nach dem Vorbild von Gorillas das Getir Workers Collective mitgegründet hat. „Jeden Monat bekomme ich 100 oder 200 Euro zu wenig ausbezahlt.“ Seinen Kolleg*innen gehe es ebenso, einer der Rider habe unlängst sogar 600 Euro zu wenig ausgezahlt bekommen. „Erst nach vielen Wochen und Beschwerde-Mails bekommt man den ausstehenden Lohn – wenn überhaupt“, so der Rider. „Wie sollen wir da unsere Miete und unser Essen zahlen?“, fragt Thomas mit Blick auf die Stundenlöhne, die bei Getir mit 10,50 Euro nur knapp über dem Mindestlohn liegen. Auch mit der Arbeitsausrüstung soll es Probleme geben. Thomas hat im Oktober als Rider bei Getir angefangen, erst im Februar habe er jedoch vom Unternehmen eine Winterjacke bekommen. Weil sie keine eigenen Jacken, sondern nur Firmenkleidung tragen dürften, hätten viele der der Fahrer*innen im Winter frieren müssen. (…) Der Lieferant Getir (zu deutsch: „Bring!“) wurde 2015 in Istanbul gegründet und ist Mitte vergangenen Jahres in Berlin gestartet. (…) Wie in der gesamten Start-up-Branche seien die Unternehmen Betriebsrats- und Gewerkschaftsfeindlich eingestellt. Das prangert auch die Initiative Aktion Arbeitsunrecht an, die am vergangenen Freitag vor einem Getir-Lager in der Warschauer Straße in Friedrichshain gegen Union Busting protestierte und dazu aufrief, nicht mehr bei dem Lieferdienst zu bestellen. Die Initiative wirft dem Unternehmen vor, die Gründung eines Betriebsrates zu torpedieren. (…) Die Aktion Arbeitsunrecht vermutet, dass Getir versucht, „nach der Methode Tesla“ einen Fake-Betriebsrat aus Managern zu gründen. „Die wollen gar keinen Betriebsrat, die wollen das in die Länge ziehen“, sagt Sprecher Elmar Wigand zur taz. Er vermutet, dass Getir kurz vor der Pleite steht. „Für so viele Lieferdienste ist in Berlin kein Platz.“ Das Unternehmen versuche daher, um einen kostspieligen Sozialplan, den nur ein Betriebsrat verhandeln kann, herumzukommen…“ Artikel von Marie Frank vom 18. Mai 2022 in der taz online externer Link – wir verweisen erneut auf das Getir Workers Collective auf Twitter externer Link
  • #FREITAG13: Aktionstag gegen Betriebsratsbehinderung am Freitag, 13. Mai 2022 jetzt auch gegen Lieferdienst Getir! 
    • #Freitag13: Proteste auch gegen Union Busting bei Getir an über 15 Orten – Ansprache an Getir-Arbeiter*innen in Deutschland

    • Türkischer Flash-Lieferdienst Getir in der Kritik: Gründung eines Fake-Betriebsrats und Wahl-Sabotage ++ Proteste gegen Management-Diktatur bei ALDI und Getir in Berlin, Köln und zahlreichen weiteren Städten. ++ BR-Gründer Fetullah A. bei Getir in Köln gefeuert
      Die Initiative Aktion gegen Arbeitsunrecht mobilisiert für Freitag, den 13. Mai 2022 auch zu Protesten gegen den türkischen Lieferdienst Getir. Das Ziel ALDI bleibt bestehen.
      Wir rufen unsere Freunde und Unterstützer*innen auf, am #FREITAG13 neben ALDI-Filialen auch Getir-Hubs anzusteuern und die Kundschaft zu informieren. Für Demokratie in Wirtschaft & Betrieb! Es wird unter anderem Proteste vor Getir-Hubs in Köln und Berlin-Friedrichshain geben. Weitere Orte mögen folgen. (…)
      Wir fordern von Getir: Pünktliche und vollständige Lohnzahlungen. Keine Verzögerungen und Tricksereien mehr! Store Assistants sind keine Sklaven! Eindeutige Festlegung ihres Arbeits- und Verantwortungsbereiches. Gleiche Bezahlungen von Store Assistants und Fahrer*innen. Schluss mit Lohnraub und unbezahlten Überstunden (…)
      Am 2. Mai 2022 gründet das Getir-Management in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen Wahlvorstand für ganz Deutschland (!), um einer Betriebsratsgründung in Köln zuvor zu kommen. Der Kölner BR-Gründer Fetullah A. hatte zuvor eine (am Ende vermutlich unwirksame) Kündigung erhalten und wurde von der Wahl in Berlin ausgeschlossen – obwohl er eigens mit einem Dutzend Unterstützer*innen aus Köln angereist war und zu diesem Zeitpunkt noch wahlberechtigter Angestellter war, da die Kündigungsfrist erst einige Tage später ablief.
      Management-Diktatur bei Getir nimmt groteske Formen an
      Die Wahl des Wahlvorstands zur BR-Gründung sabotierte das Getir-Management mit undemokratischen Methoden. Der Getir Top-Manager Levent Isli (Franchise Development & Indirect Procurement | Linkedin) ließ sich — entgegen geltendem Recht — zum Wahlvorstand wählen. Dem Berliner Getir Workers Collective (GetirWC) war es gelungen in wenigen Tagen rund 200 Arbeiter*innen zur Wahlversammlung am 2. Mai 2022 zu bewegen. Fünf bis sechs Hubs legten spontan die Arbeit nieder. Bei einer Hand-Abstimmung gewann der indischstämmige GetirWC-Kandidat Ronnie T. die Abstimmung. Doch das Management verweigerte die Anerkennung ebenso wie eine geheime Wahl.
      Am Ende mussten die anwesenden Getir-Arbeiter*innen zu einem erniedrigenden Hammelsprung-Verfahren antreten und unter den Augen von Anwälten und Top-Managern ihr Kreuz per Hand entweder vor dem Rider Ronnie T. oder dem feist grinsenden Top-Manager Levent Isli machen. Viele hielten dem Druck nicht stand, so dass diese Wahl verloren ging. Nun soll mit Levent Isli eine Figur die Betriebsratswahl bei Getir organisieren, die laut Betriebsverfassungsgesetz weder aktives noch passives Wahlrecht besitzt. (Fun fact: Levent Isli bedeutet auf deutsch „geräucherter Marinesoldat“)
      Was steckt hinter dem überhasteten Betriebsrats-Manöver bei Getir?
      Die Götterdämmerung im Segment Flash-Supermärkte hat begonnen. Corona ist als Booster des neuen Geschäftsmodells vobei. Jetzt erleben wir eine Trendwende durch Krieg, Hamsterkäufe und Inflation. Am Ende wird nur ein Flash-Supermarkt überleben: ein Konglomerate aus Flink/Doordash/Wolt oder Gorillas mit strategischen Partnern. Aber ganz sicher nicht Getir, die den deutschen Markt zu spät betreten haben. Nur mit einem Betriebsrat gibt es im Falle von Massenentlassungen auch Sozialpläne und damit verbundene Abfindungen. Das kann teuer werden. Und das will Getir in den nächsten Monaten verhindern. Vermutlich bis die Bude dicht ist. Wir haben das sichere Gefühl: Getir wird in den nächsten Monaten verschwinden — entweder durch Pleite oder durch feindliche Übernahme. Das Getir-Management will nach unserer Einschätzung durch eine gezielt schlampig durchgeführte Betriebsratsgründung möglichst lange in einem betriebsratsfreien Schwebezustand bleiben. Die Wahlanfechtung ist programmiert. So macht auch die Wahl des Anwalts Sinn: Mit dem halbseiden auftretenden Münchner Arbeitsrechtler Attila Graf von Stillfried engagierte das Getir-Management vermutlich gezielt einen Stümper für das absurde Unterfangen, für ganz Deutschland nur einen Betriebsrat zu gründen. Getir hat derzeit Niederlassungen in Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, Köln, München und Nürnberg. Hier sind eigenständige Betriebsräte zu wählen. Deutschlandweit muss es einen Gesamtbetriebsrat geben. Was Attila Graf von Stillfried hier ausgeheckt hat, ist entweder dumm oder dreist. Oder beides. Jetzt kommt es darauf an, die Pläne durch Arbeiter*innen-Proteste und öffentlichen Druck auf die Marke und das Management zu durchkreuzen…“ Aus der Pressemitteilung vom 9. Mai 2022 der Aktion gegen Arbeitsunrecht externer Link
    • Siehe zu #FREITAG13 am 13.5.22 unser Dossier: „Klima der Angst“: Streit um Betriebsrat bei Aldi Süd in NRW und die Infos bei der Aktion gegen Arbeitsunrecht externer Link
  • Getir Workers Collective mobilisiert ca. 100 Arbeiter:innen, Getir reichen Mitglieder des Managements für die Wahlversammlung zum Betriebsrat…
    • Kampf um Betriebsrat bei Getir. Berlin: Manager von Lieferdienst initiieren Wahl für Wahlvorstand. Beschäftigte bemühen sich um eigene Interessenvertretung
      Sie wollen mitbestimmen. Knapp 200 Beschäftigte des Lebensmittellieferdienstes Getir versammelten sich am Montag vor der Berliner Firmenzentrale am Ostbahnhof, um an einer Betriebsversammlung teilzunehmen, die Wahlen zu einem Betriebsrat einleiten soll. Das Brisante an der Versammlung: eingeladen haben zwei Manager und eine Sekretärin aus der Zentrale des Lieferdienstes. Sie reagierten mit der bundesweiten Wahlversammlung auf eine Betriebsratsinitiative in Köln, dessen Initiator von Getir Ende April außerordentlich gekündigt wurde. Das Management hatte offenbar wesentlich weniger Beschäftigte zu der Versammlung erwartet. Angesetzt war die Versammlung im Konferenzraum der Berliner Firmenzentrale, der Platz für gut 20 Personen bietet. Plötzlich standen jedoch knapp 200 Beschäftigte vor der Tür. In der vergangenen Woche haben Beschäftigte aus Berlin mit Unterstützung des »Gorillas Workers Collective« Lager in Berlin besucht, um die Beschäftigten zu informieren und sie zur Teilnahme an der Versammlung aufzurufen. Die Einladungen zu den Wahlen hatten Warenhausmanager ausgehangen, wie aus einer junge Welt vorliegenden Nachricht hervorgeht, die einer der Manager in verschiedenen Chatgruppen des Unternehmens gepostet hatte. Darin verurteilte er den Versuch, lokale Betriebsräte zu wählen. (…) Nicht nur die Beschäftigten versuchten in den vergangenen Tagen, Rider und Picker zu den Wahlen am Montag zu mobilisieren. Auch das Management mobilisierte offenbar viele Beschäftigte aus der Verwaltung. (…) Eine Abstimmung per Handzeichen, die laut Angaben von Teilnehmern ein knappes Ergebnis für den Vertreter der Beschäftigten brachte, wurde vom Management nicht anerkannt. Außerdem hätte es sich gegen den Wunsch gestellt, eine geheime Wahl abzuhalten. Die Wahl wurde dann nach dem sogenannten Hammelstoß-Prinzip abgehalten: Die Anwesenden gingen an einem Tisch vorbei und machten unter dem Blick des Managers ein Kreuz auf einen Zettel des jeweiligen Kandidaten. Wie bei diesem Verfahren sichergestellt werden soll, dass Beschäftigte ohne Angst vor Repression gegen das Management stimmen können, ist fraglich. Die Wahl fiel zugunsten des einladenden Managers aus: 139 Kreuze standen auf seiner Liste, 84 Personen gaben ihre Stimme für den Kandidaten des »Getir Worker Collectives« ab.
      Rechtsanwalt Wiechmann, der das Kollektiv auf der Versammlung unterstützte, erklärte gegenüber jW, er sei direkt im Anschluss des Saales verwiesen worden. »Ich habe den Versammlungsleiter aufgefordert, meinen Ausschluss zu protokollieren,« sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. »Doch sie haben sich geweigert.« Nur dem Management freundlich gesonnene Beschäftigte seien im Saal geblieben, dazu eine kleine Delegation von Ridern. »Wenn Mitglieder des Managements in den Wahlvorstand gewählt werden, werden wir Widerspruch gegen die Wahl einlegen«, so Wiechmann zu jW. Die verbleibenden Getir-Arbeiter zogen an einen anderen Ort, um in einer Betriebsversammlung ohne Manager Wahlvorstände für verschiedene Deutsche Städte zu gründen…“ Artikel von Simon Zamora Martin in der jungen Welt Online Extra am 02.05.2022 externer Link
    • Härteste Branche der Stadt: Nach Gorillas: Jetzt kämpfen auch die Fahrer von Getir um einen Betriebsrat
      60.000 Fahrer arbeiten in Berlin bei Lieferdiensten. Nun wollen sie sich organisieren. Getir versucht, das mit der „Methode Tesla“ zu unterlaufen. Das erfolgreichste türkische Start-up gibt es gar nicht. Das ist die Überraschung am Montag, als Dutzende Fahrer von Getir zur Firmenadresse am Ostbahnhof kommen. Sie wollen dort einen Wahlvorstand für den Betriebsrat wählen, doch nirgends ist ein Firmenschild der Deutschland-Zentrale. Dabei handelt es sich nicht um irgendeine kleine Firma. Getir ist neben Gorillas, Lieferando und Wolt einer der großen Lieferdienste in Berlin. (…) Das ist eine Taktik, mit der Managements die Wahl von Betriebsräten behindern wollen, weil hier die Fahrer den Versammlungsort gar nicht finden.“ So sieht es jedenfalls Max. Der 40-Jährige arbeitet bei der Konkurrenz Lieferando, dort wird auch bald ein Betriebsrat gewählt. Er will helfen, dass es auch bei Getir eine solche Vertretung gibt. Als klar ist, dass der Firmensitz in einer Seitenstraße ist, ist der Sitzungssaal bereits voll. „Da sitzen vor allem Leute vom Management. Die Fahrer haben keinen Platz mehr“, sagt Max. (…) Vor dem Bürogebäude wartet auch Ronnie T., der für die Fahrer als Versammlungsleiter kandidieren will. Hat er keine Angst vor dem Management? „Es ist mir scheißegal, wenn ich den Job verliere“, sagt er, seinem Deutsch hört man seine indische Herkunft an. Er sei früher bei den Gorillas gewesen, wurde wegen eines „wilden Streiks“ entlassen, zog vor Gericht, verlor in der ersten Instanz und kämpft weiter. (…) Es kommen immer mehr Fahrer, drei Stunden nach Versammlungsbeginn haben mehr als 150 Leute doch die Adresse gefunden. Ronnie hält eine Rede, Beifall und Jubel. Er darf in die Versammlung. Eine Abstimmung per Handzeichen gegen einen Manager gewinnt Ronnie dort – jedenfalls nach Ansicht der Fahrer. Das wird von der Gegenseite angefochten. Dann muss neu abgestimmt werden. Wigand beschreibt den Ablauf des neuen Wahlgangs folgendermaßen: Ronnie und der Manager mussten sich im Foyer aufstellen. Alle, die wählen wollten, mussten vortreten und in aller Öffentlichkeit kundtun, für wen sie sich entscheiden. „Das Management war im Raum und schaute zu“, sagt Wigand. „Die dürfen eigentlich gar nicht da sein. Das löst doch einen enormen Druck aus und hat wenig mit freier Wahl zu tun.“ Denn die Fahrer müssten ihre Entlassung fürchten. Schließlich gewinnt der Manager mit 139 zu 84 Stimmen bei zwei Enthaltungen. „Dieser Manager darf weder gewählt werden noch bei der Wahl anwesend sein.“ Die Firma wolle die Sache nur in die Länge ziehen. „Die ganze Sache landet ganz sicher vor Gericht.““ Artikel von Jens Blankennagel vom 2.5.2022 in der Berliner Zeitung online externer Link
    • Betriebsrat für Lieferdienst: Getir macht einen auf Tesla
      Der Lieferdienst Getir will eine Betriebsratswahl vorbereiten. Das Workers Collective kritisiert, dass WarenhausmitarbeiterInnen außen vor bleiben. (…) Wenn man bedenkt, dass andere Firmen in der Lieferbranche wie beispielsweise Gorillas gegen die Wahl von BetriebsrätInnen wegen angeblicher Formfehler juristisch vorgehen, könnte man denken, dass sich Getir mit der Einladung zur Vorbereitung der Betriebsratswahl davon positiv abhebt. Doch das Getir Workers Collective (GetirWC), in dem sich zahlreiche Beschäftigte organisiert haben, übt heftige Kritik an dem Prozedere der Betriebsratswahl. Ein Getir-„Franchise Development Manager“ und zwei weitere Beschäftigte hätten vorletzten Freitag kurzfristig zu der Betriebsversammlung ins Getir-Headquarter in die Berliner Koppenstraße eingeladen. „Es soll ein Wahlvorstand für Betriebsratswahlen bei Getir Deutschland anscheinend ohne ArbeiterInnen aus den Warenhäusern, speziell den ‚Rider‘ und ‚Picker‘ gewählt werden“, moniert Maria von GetirWC. Viele Beschäftigte vor allem außerhalb von Berlin hätten von der Betriebsversammlung nichts gewusst. Doch eine Betriebsversammlung ohne die ArbeiterInnen hätte zur Folge, dass der Wahlvorstand und später der Betriebsrat hauptsächlich aus Vorgesetzten oder höheren Funktionsträgern besteht, so ihre Kritik. (…) Vor der Getir-Zentrale sind es am Montagmittag die Mitglieder von GetirWC und ihre UnterstützerInnen, die den Beschäftigten, die aus verschiedenen Städten anreisten, den Weg zur Betriebsversammlung weisen. In der Einladung hatte Getir eine falsche Adresse angegeben. Ein Versehen, behauptete das Unternehmen.“ Artikel von Peter Nowak vom 2.5.2022 in der taz online externer Link
    • Thread von arbeitsunrecht vom 2. Mai 2022 externer Link: „Getir versenkt #Betriebsratsgründung im juristischen Chaos. Das Management erkannte die Wahl des Versammlungsleiters Ronnie nicht an. Das illegal erzwungene neue Ergebnis war dann pro Management. Nach Gorillas: Jetzt kämpfen auch die Fahrer von Getir um einen Betriebsrat. 60.000 Fahrer arbeiten in Berlin bei Lieferdiensten. Nun wollen sie sich organisieren. Getir versucht das mit der „Methode Tesla“ zu unterlaufen. Rider wurden unter Druck gesetzt und weigerten sich bei dieser Farce weiter mit zu spielen. Sie beraten augenblicklich immer noch das weitere Vorgehen. Weitere Infos zu #Getir werden folgen! Die illegalen Methoden von #Getir bekannt zu machen ist jetzt auch Euer Job…“
    • Thread von arbeitsunrecht vom 2. Mai 2022 externer Link: „Update #Getir #Betriebratsgründung: Rider Ronnie hat gegen alle Interventionen des Managements die Wahl zum Versammlungsleiter gewonnen! Management-Fraktion zweifelt das Ergebnis an. Emotionen kochen hoch.“
  • Tesla-Union Busting bei Getir? Unfaire Einleitung von Betriebsratswahlen ohne Arbeiter_innen? Getir Workers Collective (GetirWC) lädt zur Kundgebung zur kritischen Begleitung der „Betriebsversammlung“ am 02.05.2022 um 13:00 Uhr in Berlin ein 
    Getir Workers CollectiveEin Getir „Franchise Development Manager“ und zwei weitere Beschäftigte haben am Freitag, dem 22.04.2022 kurzfristig zur einer „Betriebsversammlung“ am Montag, dem 02.05.2022 um 13:00 Uhr im Getir Headquarter in Berlin eingeladen. Es soll ein Wahlvorstand für Betriebsratswahlen bei Getir Deutschland gewählt wählen. Anscheinend ohne Arbeiter_innen aus den Warenhäusern, speziell „Rider“ und „Picker“. Besonders außerhalb von Berlin scheinen Arbeiter_innen von der Einladung nichts zu wissen. Ohne die Teilnahme von Arbeiter_innen ist das Resultat klar: Ein Wahlvorstand (und später auch Betriebsrat) ohne Arbeiter_innen, hauptsächlich aus Vorgesetzten oder höheren Funktionsträgern.
    Die Vorgänge bei Getir reihen sich damit ein in Angriffe auf demokratische Selbstvertretungen von Arbeiter_innen. Erst kürzlich störten Vorgesetzte und höhere Funktionsträger von ALDI-Süd Arbeiter_innen bei der Durchführung einer Versammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes. Zuvor wurden bei Tesla und Zalando Betriebsräte auf fragwürdige weise errichtet. Seit 2017 mit dem Mundipharma „Scheunentreffen“ Urteil vom Bundesarbeitsgericht die Neutralitätspflicht von Arbeitgeber_innen gekippt wurde nehmen deren Einflussnahmen immer mehr zu.
    Mittlerweile ist öffentlich geworden, dass ein getir kürzlich einen Betriebsratswahl-Initiator aus Köln vermutlich illegal fristlos gekündigt und bedroht hat. Vermutlich handelt es sich bei der aktuellen Einleitung von Betriebsratswahlen um den Versuch die Betriebsratsbemühungen von Arbeiter_innen zu unterdrücken.
    Das Getir Workers Collective (GetirWC) lädt zur Teilnahme an der Kundgebung zur kritischen Begleitung der „Betriebsversammlung“ ein.

    • Was: Getir „Betriebsversammlung“
    • Wo: Koppenstraße 93, 10243 Berlin (Nahe Ostbahnhof)
    • Wann: Montag, 02.05.2022
    • Öffentliche Kundgebung: Von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr
    • Nicht-öffentliche Versammlung: Ab 13:00 Uhr
      Pressemitteilung des Getir Workers Collective (GetirWC) vom 29.4.2022 (per e-mail)
  • Getir Workers Collective externer Link ruft zur Demo auf am Montag, 02.05.2022 ab 13:00 Uhr in der Koppenstraße 93, Berlin
  • „Liebe Mitarbeiter der Firma Getir Germany GmbH, und sehr geehrte Öffentlichkeit,
    Zur aller erst möchte ich mich für die Personen die mich noch nicht kennengelernt haben vorstellen. Mein Name ist Fetullah Andug, ich bin 26 Jahre alt und nun seit Dezember 2021 bei dem Unternehmen Getir Germany GmbH als Rider (ehemals Rider Lead) angestellt. Ich und meine Kollegen, haben durch viele Geschehnisse wie falsche oder sehr geringe Lohnauszahlungen, unbezahlte Überstunden und Konflikte im Bezug zum Arbeitsschutzgesetz beschlossen, einen Betriebsrat zu gründen, um in der Zukunft die Rechte aller Mitarbeiter im Betrieb besser schützen zu können. Leider wurde dieses Vorgehen durch das Unternehmen und deren Managern durch Einschüchterungen und harten Androhungen versucht zu verhindern. (Details siehe Unten) wie bereits viele Mitarbeiter wissen, gab es in letzter Zeit bezüglich der Betriebsratsgründung eine Menge Aufruhr. Ich möchte mich gerne durch diesen Weg an alle Mitarbeiter und auch an die Öffentlichkeit äußern. Ich habe diesen Weg nun bevorzugt, da mich das Unternehmen fristlos gekündigt, mich aus allen Kanälen wie WhatsApp, Slack & Co. gebannt hat um die Kommunikation zwischen mir und dem Getir-Team zu unterbinden. Getir Germany GmbH hat auch einen Verbot für das betreten aller Betriebsräume vom Unternehmen beschlossen. Ich möchte auch gerne erwähnen, dass ich vermute, dass dies beschlossen wurde um mich von der Betriebsversammlung, die wir geplant mit mehreren Bussen anreisen wollen, fernzuhalten.
    Es passiert sehr wohl, dass große Unternehmen sehr unschön vorgehen um die Gründung eines Betriebsrates zu verhindern oder anderweitig zu unterbinden. In diesem Fall hat Getir Germany GmbH versucht einen „eigenen“ großen Betriebsrat durch die Hände von Managern, wie Emre K. (Franchise Development Manager), Dominique N. (Office Manager) und dem Herrn Levent I. (Franchise Development & Indirect Procurement) zu gründen und nicht fristgerecht zur Betriebsversammlung einzuladen. Gerne wollten wir als Mitarbeiter der Firma Getir Germany GmbH zu dieser antreten. Leider wurde vom Unternehmen, trotz mehrmaliger Bitte, keine organisatorische Hilfe zur Anreise oder jenes bereitgestellt. Warum, versteht sich von selbst. Außerdem ist zu erwähnen, dass leitende Angestellte aus Sinnesgründen laut Gesetz keinen Betriebsrat besetzen können. Also wundert euch bitte nicht wenn sich die Position der genannten Manager plötzlich ändert und Sie von wenigen Mitarbeiter in den Wahlvorstand gewählt werden, da Ihr aufgrund fehlenden Lohnzahlungen die Wahl nicht antreten könnt.
    Nachdem ich und meine Kollegen und Kolleginnen vom Raum Köln, vor hatten die Anreise zur Betriebsversammlung auf eigene Kosten zu finanzieren wurde ich durch den Besuch höherer Manager bei mir Zuhause fristlos gekündigt. Ich erkläre hiermit auch, dass diese Kündigung nicht gültig sein kann, da ich unter besonderem Kündigungsschutz stehe (Betriebsrat-Initiator) und es auch kein Grund gibt eine außerordentliche und fristlose Kündigung einzuleiten, da ich definitiv keine Straftat begangen habe. Der Herr Emre K. hat behauptet, die Gründung des Betriebsrates vor uns gestartet zu haben, war ebenfalls in unserem Store (Bald auch in anderen Stores) und hat mich insbesondere tiefgreifend und auf harter Art und Weise mit körperlicher Gewalt angedroht. Leider ist dies auch ein Vorgehen von großen Unternehmen um solch eine Gründung und Wahl zu unterbinden. Ich persönlich hätte es nicht von einem Unternehmen wie Getir, dass ein internationales Gesamtbudget von über 12 Milliarden Dollar hat, in solcher Art und Weise erwartet.
    Liebe Mitarbeiter, natürlich werde ich gegen das unfaire Vorgehen gegen Mitarbeiter, die sich vorallem für andere Mitarbeiter einsetzen gerichtlich wehren. Euch bitte ich, euer Recht zu nutzen und die Wahl anzutreten und in keinem Fall Angst zu haben und sich zurückzuziehen. Es ist euer pures Recht einen Betriebsrat zu wollen und auch zur Wahl anzutreten. Ich persönlich werde auch vor Ort sein und die ganze Aktion PRIVAT begleiten.
    (…) Mein großer Wunsch von allen Mitarbeitern ist, dass Sie verstehen welch eine Bedeutung die Gründung eines Betriebsrates für einen Betrieb wie Getir Germany GmbH hat. Viele von euch können die Bedeutung spätestens jetzt nach solch einer Kündigungsmaßnahme bestimmt verstehen. Bitte habt keine Angst und scheut euch nicht bei Ungerechtigkeiten zu wehren.
    Natürlich nach dem Gesetz und nach den Regeln. Ich wünsche allen Kollegen und Kolleginnen ein schönes Wochenende.
    Fetullah Andug, Rider – Betriebsrat Initiator bei getir
    #betriebsrat #köln #düsseldorf #münchen #nürnberg #frankfurt #berlin #hamburg #dortmundStatement von Fethullah Andug vom 24. April 2022 auf Fratzebuch externer Link
  • Siehe auch Getir Workers Collective (GetirWC) auf Twitter externer Link
  • Siehe zu Getir im LabourNet Germany auch: Riders Unite: Monopol-Lieferdienst Getir muss für den Tod von Riders in der Türkei zur Verantwortung gezogen werden
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200324
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