Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ – Bleiberecht statt Abschiebung
Dossier
„Das Land NRW plant ein weiteres Abschiebegefängnis, zusätzlich zu dem bundesweit größten in Büren mit 175 Haftplätzen. Der geplante Neubau mit 25 Plätzen soll als sogenannter „Ausreisegewahrsam“ (Inhaftierung bis zu 10 Tage) dienen und das Abschiebegefängnis in Büren ergänzen. Ziel der NRW-Landesregierung und der Bundesregierung ist es, mehr und effizienter abzuschieben. Ein Gefängnis in direkter Nähe zum zweitgrößten Abschiebeflughafen Deutschlands in Düsseldorf soll dies erleichtern. Bisher wird kaum öffentlich darüber diskutiert oder gar die Abschiebepolitik infrage gestellt. Als Bündnis ‚Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall‘ sprechen wir uns entschieden gegen den geplanten Neubau aus. Wir wollen kein weiteres Abschiebegefängnis! Im Gegenteil: Abschiebehaft muss abgeschafft werden!…“ Forderungen und Infos zum Bündnis auf der Webseite des Bündnisses , siehe u.a. auch die Pressemitteilung zur Gründung:
- [Abschiebeknast doch nicht vom Tisch] Schießplatz, Kläranlage oder Lärmschutzzone: Potentielle Standorte für Abschiebegefängnis in Düsseldorf aufgedeckt
„… Im Dezember 2023 entschied die Landesregierung, die Pläne für den Bau eines weiteren Abschiebegefängnisses in Nordrhein-Westfalen aktuell nicht weiterzuverfolgen. Die dafür bisher vorgesehenen Mittel sollen aus dem Landeshaushalt gestrichen werden. Trotz dieses Umstandes mangelt es weiter an Transparenz. Das Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ veröffentlicht daher nun auf der Transparenzplattform Frag den Staat neue Dokumente, die die intensiven Planungen der Landesregierung in den vergangenen Jahren für dieses Vorhaben offen legen. Die Dokumente wurden im Rahmen einer Klage nach dem Informationsfreiheitsgesetz freigegeben, die der Düsseldorfer Anwalt Marcel Keienborg seit Oktober 2022 für das Bündnis führt. Gleichzeitig appelliert das Bündnis an alle fluchtpolitisch Engagierten, wachsam zu bleiben, da die politische Debatte über eine Ausweitung von Abschiebehaft und Abschiebungen keinesfalls ein Ende gefunden hat. (…) [Marcel Keienborg:] „Mit unserer Veröffentlichung sorgen wir heute für mehr Transparenz. Jahrelang hat die Landesregierung im Stillen den Bau eines weiteren Abschiebegefängnisses in Nordrhein-Westfalen geplant. Es ist gut, dass die Planungen nun beendet sind und es kein Abschiebegefängnis in Düsseldorf geben wird. Es bleibt aber ein Problem für die Demokratie, wenn solche die Grundrechte so intensiv betreffenden Planungen über Jahre geheim gehalten bleiben.“ Die Informationen aus den bisher geheimen Akten des Ministeriums zeigen auch auf, welche Kriterien für ein weiteres Abschiebegefängnis besonders vorrangig Berücksichtigung fanden. Offenbar war auch die Abgeschiedenheit potentieller Standorte ein Kernkriterium. Und: nicht nur Standorte in Düsseldorf oder am Düsseldorfer Flughafen wurden näher geprüft. Auch geprüfte mögliche Standorte in Duisburg, Essen, Krefeld, Mönchengladbach, Neuss, Ratingen und Solingen finden sich in den Akten. In Düsseldorf kamen zwei Standorte in die nähere Auswahl: ein Standort auf dem ehemaligen LANUV-Gelände in Düsseldorf-Hamm sowie der Parkplatz P13 am Düsseldorfer Flughafen. Die jetzt veröffentlichten Dokumente bestätigen, dass trotz bekannter Bedenken wegen Geruchsbelästigung aufgrund der nahe liegenden Kläranlage oder einer potentiellen Retraumatisierung der Inhaftierten aufgrund einer Schießanlage der Polizei in unmittelbarer Nachbarschaft diese nicht zum Ausschluss des LANUV-Geländes führten. Ebenso galt die Lage des Standortes P13 unweit der Landebahn am Flughafen und innerhalb einer Lärmschutzzone nicht als Grund diesen Standort zu verwerfen. [Maria Fechter, Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“:] „Abschiebehaft an sich stellt bereits eine Menschenrechtsverletzung dar, was wir z.B. im Abschiebegefängnis Büren auch tagtäglich beobachten. Menschen einzusperren, nur um sie danach von A nach B abzuschieben, ist inakzeptabel. Die nun veröffentlichten Dokumente zeigen uns, dass die Würde des Menschen bereits bei der Planung eines weiteren derartigen Gefängnisses außer Acht gelassen worden sind. Es kann keine „gute“ Abschiebehaft geben, egal an welchem Standort. Wir appellieren an alle fluchtpolitisch Engagierten, nun aufmerksam zu bleiben. Denn die politischen Debatten um mehr Abschiebehaft und Abschiebungen sind keinesfalls vorbei, auch in Nordrhein-Westfalen nicht.“ (…) Das Bündnis bleibt wachsam und setzt sich weiterhin gegen jegliche Form von Abschiebehaft und staatliche Diskriminierung migrierter und migrantisierter Menschen ein.“ Pressemitteilung vom 7. Mai 2024 beim Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ – alle Dokumente zur Freigabe nach dem Informationsfreiheitsgesetz sind bei Frag den Staat verlinkt und einsehbar - Abschiebeknast am Flughafen Düsseldorf ist vom Tisch!
„Die FDP hat versucht, die seit Monaten aufgeheizte Migrationsdebatte für sich zu nutzen und stellte im Düsseldorfer Landtag den Antrag: »Ausreisepflicht konsequent durchsetzen – Ausreisegewahrsam am Flughafen Düsseldorf einrichten«. Aber nur die AfD konnten die Liberalen damit überzeugen, alle anderen Fraktionen im Landtag lehnten den Vorstoß ab. (…) Am Donnerstagabend fand anlässlich der Abstimmung am Freitag im Landtag eine Kundgebung auf dem Oberbilker Markt in Düsseldorf statt. Dazu hatte ein breites überregionales Bündnis, allem voran die Initiative »Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall«, aufgerufen. Auch der Grünen-Politiker Benjamin Rauer war unter den knapp 60 Menschen auf der Kundgebung. Neben der bundesweit geplanten Verlängerung des »Ausreisegewahrsams«10 auf 28 Tage soll es zusätzlich eine Ausweitung der Möglichkeiten für die Verhängung von Abschiebehaft geben, erklärte das Bündnis. »Die Freiheit wird Menschen über Tage oder gar Wochen entzogen, einzig mit dem Ziel einer späteren Abschiebung«, kritisierte die Initiative. Immer wieder gibt es Berichte über die desaströsen Haftbedingungen in Büren. »In mehr als 50 Prozent der bundesweiten Fälle erweist sich Abschiebehaft im Nachhinein als rechtswidrig, ein Desaster für die Betroffenen und den Rechtsstaat«, erklärte Regine Heider von dem Bündnis. Sie forderte ein Moratorium und die sofortige Überprüfung der Abschiebehaftpraxis in Nordrhein-Westfalen – und untermauerte dies mit der steigenden Zahl von Belegungen in dem Abschiebegefängnis. »2022 wurden in Büren mehr als 1150 Männer inhaftiert, in den ersten drei Quartalen von 2023 waren es schon mehr als 950.« Im vergangenen September sorgte der Tod eines 24 Jahre alten Mannes in der Anstalt für Entsetzen. Bis heute sind die Umstände seines Todes nicht aufgeklärt. Es war nicht der erste Mal, dass in der ehemaligen Nato-Kaserne in Büren Insassen gestorben sind. In den Jahren 1998, 1999 und 2004 kamen bereits drei Männer in der Einrichtung um. Sogenannte Lebendkontrollen von Inhaftierten sollen in der Anstalt auf der Tagesordnung stehen. Bei dieser Art der Kontrolle werden Inhaftierte nachts alle 15 Minuten geweckt. Das überregionale Bündnis »Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall« hat sich nach dem Bekanntwerden des Bauvorhabens für ein Abschiebegefängnis in Düsseldorf Anfang 2022 gegründet, um dagegen zu protestieren und das Vorhaben in die Öffentlichkeit zu bringen. Dem Bündnis gehören 14 lokale und überregionale Initiativen, Gruppen und Vereine an. 20 weitere Initiativen, Gruppen und Vereine unterstützen es.“ Artikel von David Bieber vom 17. Dezember 2023 in Neues Deutschland online - Bündnis stellt sich gegen Abschiebegefängnis in Düsseldorf: Kritik an europäischer Asylpolitik als »rassistische Praxis«
„Angesichts der drohenden Verschärfungen des Asylrechts in der EU dürften auch Abschiebegefängnisse in Deutschland für Ausreisepflichtige weiter in den Fokus rücken. Ohnehin ist der Druck, der auf diese Menschen ausgeübt wird, hoch; er wird noch weiter steigen, sind sich Asylexperten sicher. In Düsseldorf soll künftig ein neuer Abschiebeknast in unmittelbarer Nähe zum Flughafen gebaut werden. Die geplante Anlage mit 25 Plätzen soll als sogenannter Ausreisegewahrsam dienen. Dort könnten Menschen bis zu zehn Tage lang inhaftiert werden, dies würde den Behörden eine bevorstehende Abschiebung erleichtern. Nach der 1994 in einer ehemaligen Nato-Kaserne eingerichteten »Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige« (UfA) im westfälischen Büren mit 175 Haftplätzen wäre es die zweite derartige Einrichtung in Nordrhein-Westfalen. Die Pläne für ein Düsseldorfer Abschiebegefängnis existieren seit einigen Jahren, geschmiedet wurden sie noch von der schwarz-gelben Regierung. Auch die neue schwarz-grüne Regierung, die seit knapp einem Jahr im Amt ist, hält daran fest. (…) NRW ist bundesweiter Spitzenreiter bei Abschiebungen. Allein in den vergangenen knapp drei Jahren wurden rund 90 Sammelflüge über den Flughafen Düsseldorf, den mutmaßlich zweitgrößten Abschiebeflughafen Deutschlands, organisiert. »Viele dieser Menschen wurden zuvor in Abschiebehaft gesperrt«, heißt es von dem Bündnis »Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall«. (…) Kritisiert wird überdies, dass EU-Recht »einfach ignoriert« werde. Darin gebe es einen »verankerten Grundsatz der Vermeidung von Haft bei Abschiebung«. Abschiebehaft sei Teil der europäischen Asylpolitik und eine rassistische Praxis. Für die Behörden ist laut dem Bündnis die Inhaftierung lediglich eine Verwaltungsmaßnahme, auf die die Abschiebung in die Herkunftsländer oder andere EU-Staaten folgt. »Für die Betroffenen bedeutet es soziale Isolation, keine Beratung, weitere Gewalterfahrungen und Angst vor der erzwungenen Ausreise in ein Land, in dem das weitere Leben völlig ungewiss ist – und nicht selten lebensgefährlich.«“ Artikel von David Bieber vom 17. Juli 2023 in Neues Deutschland online - »Die Grünen wollen sich wohl alle Türen offenhalten«. Abschiebegefängnis soll in Düsseldorf gebaut werden, Bündnis kritisiert NRW-Landesregierung
Im Interview von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 3. Januar 2022 kritisiert Britta Rabe vom »Komitee für Grundrechte und Demokratie« das Vorhaben der NRW-Landesregierung: „… Im September 2021 wurden Pläne der NRW-Landesregierung bekannt, in der Nähe zum Düsseldorfer Flughafen einen sogenannten Ausreisegewahrsam mit 25 Plätzen bauen zu wollen. Daraufhin haben wir uns in einem Bündnis zusammengeschlossen, um deutlich zu machen, dass ein relevanter Teil der Zivilgesellschaft gegen ein solches Vorhaben ist. Zudem fordern wir grundsätzlich die Abschaffung der Abschiebehaft. Anders als bei dieser reicht für die Anordnung des Ausreisegewahrsams, dass die Ausreisefrist mehr als 30 Tage abgelaufen ist. Er muss laut Gesetz im Transitbereich oder in der Nähe eines Flughafens angesiedelt sein. Der Abschiebeknast in Büren – mit Platz für 175 Männer der größte in Deutschland – sowie das Abschiebegefängnis in Ingelheim in Rheinland-Pfalz, in dem Frauen aus NRW inhaftiert werden, sind beide zu weit vom Flughafen Düsseldorf entfernt. (…) Die Erfahrung aus Hamburg zeigt, dass die Plätze wohl nahezu dauerhaft belegt sein werden. Zudem ist durch die vergleichsweise geringen Inhaftierungshürden ein größerer Personenkreis betroffen, potentiell auch Frauen und Kinder. Ein Knast auf dem Flughafengelände wird zudem den Abschiebevorgang selbst noch »unsichtbarer« machen: Wer erfährt dann noch von Gewalt gegenüber den Eingesperrten, von deren Verzweiflung oder von Selbstverletzungen bis hin zu Suiziden? (…) [Frage: Sie vermuten, dass eine Entscheidung über den Bau bereits gefallen ist. Wie kommen Sie zu der Annahme?] In den bisherigen Haushalten waren bereits detaillierte Posten für den Ausreisegewahrsam veranschlagt. Auch der Landeshaushaltsplanentwurf 2023 führt die »Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in Düsseldorf« weiterhin mit 4.137.000 Euro Miete auf und setzt unverändert 1.308.000 Euro für Planstellen an. Lediglich ein Sperrvermerk verweist darauf, dass die Mittel noch zurückgehalten werden. Am 20. Dezember ist der Haushalt verabschiedet worden, er ist aber noch nicht öffentlich einsehbar. (…) Wir klagen aktuell gegen die Ablehnung unserer Anfrage. Als Bündnis werden wir das Thema des geplanten Abschiebegewahrsams zudem weiterhin in die Öffentlichkeit bringen, mit Aktionen, Lesungen, Infoständen und Berichten in diversen Medien und auf unserer Webseite. Wir werden weitermachen, bis wir erreicht haben, dass dieser Ausreisegewahrsam nicht gebaut wird.“ - Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ fordert Stopp aller Planungen für ein Abschiebegefängnis in Düsseldorf
„Das Land NRW und die Stadt Düsseldorf sind in Gesprächen über den Bau einesAbschiebegefängnisses am Düsseldorfer Flughafen. Dagegen formiert sich momentan Protest.
„Abschiebehaft ist eine Menschenrechtsverletzung – der Bau des Abschiebegefängnisses in Düsseldorf muss gestoppt werden“, fordert Britta Rabe für das neu gegründete Bündnis ‚Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall‘. Das Grundrechtekomitee ist Teil des Bündnisses. Anfang des Jahres 2022 gegründet, ist das Bündnis ein Zusammenschluss verschiedener lokaler und überregionaler Organisationen aus NRW. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich klar gegen Abschiebungen positionieren und mit den von Abschiebung betroffenen und bedrohten Menschen solidarisieren. Das Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ fordert die Landesregierung und alle bei der Landtagswahl antretenden demokratischen Parteien auf, Abstand zu nehmen von den Planungen für ein weiteres Abschiebegefängnis in Nordrhein-Westfalen.
Abschiebehaft dient ausschließlich dazu, Abschiebungen reibungslos durchführen zu können – die von Abschiebehaft betroffenen Menschen werden durch die Inhaftierung allerdings behandelt, als hätten sie ein Verbrechen begangen, für welches sie bestraft werden. Dabei ist Abschiebehaft eine Haft ohne Straftat. „Wir fordern ein klares Bekenntnis zu einer offenen Migrations- und Flüchtlingspolitik. Abschiebungen sind kein Bestandteil davon“, erklärt Regine Heider für das Bündnis. „Denn: Abschiebungen verachten die Würde eines jeden Menschen.“
Das breite Bündnis will sich allen Planungen, die Abschiebungen ermöglichen und erleichtern, entgegenstellen. Dafür geht das Bündnis mit dem Thema an die Öffentlichkeit. Es sind unter anderem Informationsveranstaltungen und Demonstrationen geplant, die in den kommenden Monaten stattfinden werden.“ Pressemitteilung vom 5.4.2022 beim Grundrechtekomitee - Siehe auch das Bündnis auf Twitter
Siehe zum Thema im LabourNet u.a.: Abschiebezentrum BER verhindern! und unser Dossier: [“Ankerzentren”] Seehofers „Masterplan für Abschiebungen“: Rückführungszentren für Flüchtlinge