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Zum ersten Mal in Nordirland: Kuriere in Belfast streiken firmenübergreifend für höhere Löhne

Kuriere der ADCU-Gewerkschaft in Belfast bei einem Streikposten am 23.3.2022 In Nordirland fand am 23. März der erste firmenübergreifende Streik im Liefergewerbe statt. Dutzende Kuriere legten für sechs Stunden die Arbeit nieder bei Just Eat, Deliveroo und Uber Eats – begleitet durch den Aufruf zum temporären Boykott. Sie kämpfen für höhere Löhne angesichts der Inflation und gestiegenen Spritkosten statt der stattgefundenen Lohnkürzungen. Unterstützt wurden sie dabei von der App Drivers and Couriers Union (ADCU), die am 23. März 2022 auf Twitter externer Link postet: „Die Wut ist real, Unternehmen können über die Verdienste lügen, aber diese Arbeiter:innen in Belfast, die heute streiken, haben genug und wehren sich.“ Dieser erste Streik soll ein Zeichen setzen und – wenn keine Reaktion kommt –  fortgesetzt werden. Siehe dazu einige Berichte:

  • Gig Economy Project – „Der Spritpreis ist gestiegen, der Preis pro Lieferung ist gesunken“: Belfaster Lebensmittelkuriere streiken
    „Lebensmittelfahrer:innen in Belfast haben den ersten Streik in der Gig Economy in Nordirland organisiert. Sie sind wütend über die sinkenden Löhne in einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten in die Höhe schnellen. Die Kuriere der Gewerkschaft ADCU sind bei Just Eat, Deliveroo und Uber Eats beschäftigt und berichten, dass alle drei Unternehmen Ende 2021 die Löhne pro Fahrt gekürzt haben, wobei Just Eat, Europas größter Essenslieferant, eine Kürzung von 25 % vorgenommen hat. Die Spritkosten sind im Vergleich zum Vorjahr im Vereinigten Königreich um 36 % gestiegen, die Kosten für die Fahrzeugwartung um 30 %. Die Last der steigenden Kosten fällt vor allem auf die Schultern der selbständigen Essenskuriere. Fast 200 Kuriere protestierten im Rahmen der sechsstündigen Arbeitsniederlegung von 13-17 Uhr vor dem McDonald’s in der Boucher‘s Road. (…) Barbara (Name geändert), eine Just Eat-Kurierin, sagte gegenüber dem Gig Economy Project, sie sei über die Lohnkürzung verärgert. ‚Die Preise für alles steigen und steigen, und sie haben einfach unseren Lohn um 25% gekürzt. Das macht keinen Sinn.‘ Nach Angaben von ADCU verdienen Kuriere für eine 12-Stunden-Schicht routinemäßig nur 100 Pfund, ohne Kraftstoff- und Wartungskosten. Barbara sagt, dass sie manchmal 15 bis 17 Stunden am Tag arbeiten muss, um genug zu verdienen, um über die Runden zu kommen. ‚Mein Sohn bekommt mich nie zu Gesicht‘, sagte sie. ‚Wir können so nicht weiterleben.‘ Sie möchte, dass Just Eat die Preise auf mindestens 4,50 £ pro Lieferung erhöht, und sagt, dass sie ihre Aktion ausweiten wird, wenn sich nichts ändert. ‚Wir werden wieder streiken, wieder und wieder‘, sagte Barbara. ‚Heute geht es nur darum, ein Zeichen zu setzen, und wenn wir keine Reaktion sehen, wird der Streik fortgesetzt, und beim nächsten Mal werden wir 8 Stunden lang streiken, und dann einen ganzen Tag lang‘. Mit dem Streik wird ein garantiertes Mindesteinkommen von mindestens 10 Pfund pro Stunde plus Kosten gefordert. Viraj (Name geändert) liefert in seinem Auto für Uber Eats und Deliveroo aus. Er erzählte dem Gig Economy Project, dass er vor den Preissenkungen im Dezember 12 bis 13 Pfund pro Stunde verdiente, und dass dies nun auf weniger als 7 Pfund pro Stunde gesunken ist. Die Unternehmen hätten weder vorher noch nachher etwas über die Preissenkung kommuniziert, erklärte er. ‚Der Treibstoffpreis ist gestiegen, der Lieferpreis ist gesunken, wir wurden also von beiden Seiten getroffen‘, sagte Viraj. ‚Deshalb sind wir hier alle zusammen, und das wird nur der Anfang sein.‘ …“ (engl.) Artikel von Brave New Europe vom 23. März 2022 externer Link („“The fuel price is up, the delivery price is down”: Belfast food delivery couriers strike“)
  • Internationale Zusammensetzung der Belegschaft, über 100 Menschen beteiligen sich am Protest
    Seanín Graham schreibt am 23. März 2022 für die Irish Times im Artikel „‘Gig economy’ workers strike in Belfast over pay and conditions“ externer Link: „… Mehr als 100 Menschen, vor allem aus Migrantengemeinschaften, die bei App-Takeaway-Riesen wie Just Eat, Deliveroo und Uber Eats beschäftigt sind, führten den sechsstündigen Streik in Belfast durch. Der Streik, der von der App Drivers and Couriers Union (ADCU) organisiert wurde, wurde durch steigende Spritkosten, Lohnkürzungen und die Krise bei den Lebenshaltungskosten ausgelöst. Da die Kuriere keinen Anspruch auf Urlaubs- oder Krankengeld haben, da sie ‚selbständige, unabhängige Unternehmer‘ sind, fordern sie ‚eine Mindesteinkommensgarantie von mindestens 10 Pfund pro Stunde plus Kosten‘. Eine Arbeitnehmerin, die anonym bleiben möchte, sagte, dass sie mindestens 12 Stunden arbeiten muss, um 100 Pfund zu verdienen – und jetzt jeden Tag 20 Pfund Benzin in ihr Auto steckt. …“
  • Aufruf zum temporären Boykott von Just Eat, Deliveroo und Uber
    Shahed Ezaydi schreibt im Artikel „Just Eat, Deliveroo and UberEats delivery drivers to walk out in Belfast”, in The Big Issue am 23. März 2022 externer Link: „… Zur Unterstützung der streikenden Arbeitnehmer:innen werden auch die Kund:innen aufgefordert, während des Streiks am Mittwoch keine Bestellungen bei den drei Lebensmittel-Apps aufzugeben. James Farrar, Generalsekretär der ADCU, fügte hinzu: ‚Just Eat, Deliveroo und Uber ziehen riesige Gewinne aus der lokalen Gemeinschaft, während sie die Arbeitnehmer:innen verarmen lassen und ihre Rechte verletzen. Indem sie am Mittwoch während der Streikzeit keine Bestellung aufgeben, können die Kund:innen ein deutliches Zeichen setzen, dass die brutale Ausbeutung von Arbeitnehmer:innen für Profit durch internationale so genannte ‚Tech‘-Unternehmen in Belfast nicht akzeptabel ist. Dies mag der erste Streik in der Gig Economy in Nordirland sein, aber es wird sicher nicht der letzte sein, wenn sich das Verhalten dieser Unternehmen nicht schnell ändert.’…“
  • Siehe auch #ADCUStrike
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199172
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