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Nach dem Mord an Marielle Franco in Brasilien: Auftraggeber unbekannt?

Dossier

Brasilien: Streetart Bild von der ermordeten Stadträtin Marielle FrancoRio de Janeiro, am 14. März 2018: Die linke P-SOL Stadträtin Marielle Franco und Anderson Gomes, der Fahrer des Uber-Wagens in dem sie saß, wurden mit neun Kugeln erschossen. Diese stammten aus einer Heckler & Koch Waffe – deutscher Produktion. Die Täter, zwei Ex-Polizisten, sind bekannt, aber nicht wer sie beauftragt hat. Über eine Million Menschen protestierten am Tag nach der gezielten Tötung der beiden in den Straßen von Rio de Janeiro, Sao Paulo und anderen Städten Brasiliens gegen die paramilitärischen Kräfte, die später Jair Bolsonaro stützen sollten. Sie demonstrierten gegen den strukturellen Rassismus und Sexismus des Landes und die alltägliche Gewalt gegen Arme. Franco war als Schwarze, homosexuelle, linke Frau, Mutter und Bewohnerin einer der größten Favelas Brasiliens bekannt für ihre unnachgiebige Art, insbesondere wenn es darum ging, afro-brasilianische Kulturräume zu erhalten oder gegen Polizeigewalt zu kämpfen und deren Morde aufzuklären. Sie ist heute eine Ikone der erweiterten Klassenkämpfe Brasiliens. Immer noch bleibt die Frage offen: Wer hat den Auftrag gegeben, Marielle zu töten?

  • Verurteilung der Mörder von Marielle Franco zu langen Haftstrafen kein Ersatz für die Bestrafung der Auftraggeber – aber ein Auftrag gegen politische Gewalt in Brasilien New
    • Brasilien: „Solange wir leben, werden wir ihr Vermächtnis verteidigen“
      Anielle Franco, die Ministerin für die Gleichstellung ethnischer Gruppen in Brasilien und Schwester von Marielle, hat zur Verurteilung der Mörder ihrer Schwester erklärt: „Wir fühlen weiter eine Leere in der Brust. Doch solange wir leben, werden wir das Vermächtnis von Marielle und Anderson hochhalten.“
      Sechseinhalb Jahre nach dem Mord an der brasilianischen Stadträtin und Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco hat ein Gericht in Rio de Janeiro zwei Täter verurteilt. Die ehemaligen Militärpolizisten Ronnie Lessa und Élcio de Queiroz wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. (…)
      Richterin Lucia Gliche verurteilte die beiden geständigen Mörder Lesse zu 78 Jahren Haft und Queiroz zu 59 Jahren Gefängnis. Außerdem müssen sie den Angehörigen der Opfer eine Pension zahlen. Nicht nur die 38-jährige schwarze Soziologin und Feministin Marielle Franco, auch Anderson Gomes, ihr Chauffeur, war in Rio de Janeiro am 14. März 2018 mit Salven aus Maschinenpistolen hingerichtet worden.
      Glioche sagte bei der Verlesung des Urteils, dass die Brutalität des Mordes an Franco und Gomes eine Lücke in der Gesellschaft hinterlasse. Und: „Das Urteil gibt keine Antwort auf die Frage: Wer hat den Mord an Marielle Franco angeordnet?“ Die Gerechtigkeit, „auch wenn sie manchmal blind, ungerecht und fehlerhaft ist“, werde am Ende alle treffen, betonte sie. (…)
      Marielle Francos Schwester Anielle betonte: „Die Menschen im Land müssen aufhören, es als Normalität anzusehen, wenn Menschen in Brasilien fallen und sterben. Wir suchen weiter nach Gerechtigkeit. Es bleibt eine Frage, wer sich diesen Mord ausgedacht hat. Wer konkret Auftraggeber war und wer für dieses Verbrechen das Geld bezahlt hat.“ Laut Ronnie Lessa war der Hintergrund der Exekution, dass Marielle Franco bei den Begehrlichkeiten um Landtitel in der Peripherie von Rio de Janeiro „ein Stein im Weg“ gewesen sei. (…)
      Ágatha Arnaus, die Witwe von Anderson Gomes, erklärte, wie schwierig es war, die Entschuldigung der Angeklagten zu hören. „Wir wussten bereits, dass sie Mörder sind. Aber wir haben Ex-Parlamentarier und Ex-Polizeichefs, die zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Sie haben Geld für die Tat ausgegeben, anstatt sich um die Bevölkerung zu kümmern. Ihr Tod wurde mit unserem Geld angeordnet“, sagte sie. Die Angehörigen der Opfer signalisierten, sie würden direkt weiterkämpfen – jetzt für eine Verurteilung der Auftraggeber des Verbrechens. Die geständigen Täter haben drei Personen aus Rio de Janeiro beschuldigt, als Auftraggeber und Mentoren an dem Verbrechen beteiligt zu sein: Die Brüder Domingos und Chiquinho Brozio sind frühere Parlamentsabgeordnete. Rivaldo Barbos ist ein Ex-Polizeichef. Die drei Männer sitzen in Untersuchungshaft und warten auf ihren Prozess
      …“ Beitrag von Eva von Steinburg vom 06.11.2024 in amerika21 externer Link
    • Die Saat der Demokratie gießen“ gegen politische Gewalt in Brasilien: Marielle Francos Vermächtnis ‚
      „… In der Nacht des 14. März 2018 wurde Brasilien durch die Nachricht von der Hinrichtung einer Stadträtin von Rio de Janeiro erschüttert. Bei der Politikerin handelte es sich um die 38-jährige Marielle Franco, die zusammen mit ihrem Fahrer, Anderson Gomes, in ihrem Auto getötet wurde. Francos Name sollte zu einem Symbol gegen politische Gewalt werden und ist seitdem weltweit bekannt. (…)
      Da in Brasilien wieder Kommunalwahlen stattfinden und über 60 Länder im Jahr 2024 an die Urnen gehen, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Verwundbarkeit von Aktivisten, Kandidaten und sogar Bürgern in einem polarisierten lokalen Umfeld. Untersuchungen zeigen, dass politische Gewalt für manche schlimmer ist. Frauen und andere Minderheiten auf der ganzen Welt sind in einem noch nie dagewesenen Ausmaß mit gezielter politischer Gewalt konfrontiert. Diese nimmt eine Vielzahl von Formen an, einschließlich physischer Angriffe und Gegenreaktionen gegen Gruppen, die in der Vergangenheit als Reaktion auf ihren Aufstieg innerhalb patriarchalischer und kolonialer Machtstrukturen marginalisiert wurden. (…)
      In den letzten Jahren hat das Instituto Marielle Franco seine Arbeit in drei Hauptbereichen konsolidiert, erklärt Batista. Der erste Bereich konzentriert sich auf die Bekämpfung von geschlechts- und ethnisch motivierter Gewalt in der Politik. Zweitens geht es um die Bekämpfung und Überwindung von Hindernissen für die politische Teilhabe von Schwarzen Frauen, LGBTQ+-Menschen und Menschen aus Favelas und Peripherien in der Politik. Drittens geht es darum, kreative Wege zu finden, um die Erinnerung an Marielle Franco zu schützen.
      Für die Kommunalwahlen 2024 in Brasilien haben sie beispielsweise die Marielle-Franco-Agenda entwickelt, eine Reihe von antirassistischen, feministischen, LGBTQI+-, peripheren und volksnahen politischen Praktiken und Verpflichtungen, die von Francos Vermächtnis inspiriert sind. Bei der Entwicklung der diesjährigen Ausgabe konsultierten sie über 200 Kollektive, soziale Bewegungen und Organisationen und verdoppelten damit die Zahl der Teilnehmer von 2022. Die Agenda soll von den Kandidaten des Jahres 2024 in Stadträten und Kommunalverwaltungen umgesetzt werden…“ engl. Artikel von Bibbi Abruzzini und Clarisse Sih am 5. November 2024 in Global Voices externer Link (maschinenübersetzt) – es ist Teil der #MarchWithUs-Kampagne, die Geschichten von Aktivistinnen und Aktivisten für Geschlechtergerechtigkeit aus der ganzen Welt vorstellt. Dort ist auch eine Podcast-Episode des Marielle Franco Institute externer Link Audio Datei verlinkt
    • Die Stadträtin von Rio de Janeiro wurde 2018 ermordet: Marielle Francos Verbrechen: „Die Gerechtigkeit ist noch nicht vollständig hergestellt“.
      Rund 18 UN-Sonderberichterstatter und -Experten merkten an, dass die jüngste Verurteilung zweier ehemaliger Polizeibeamter wegen des Mordes an der Stadträtin von Rio de Janeiro, Marielle Franco, und ihres Fahrers zwar ein Meilenstein im Kampf gegen Diskriminierung und Gewalt sei, „der Gerechtigkeit aber noch nicht vollständig Genüge getan wurde“. Es ist ein wichtiger Wendepunkt, aber der Kampf um Gerechtigkeit ist noch nicht vorbei. Andere Täter, die an der Planung und Verschleierung dieser Morde beteiligt waren, müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, so die Experten weiter. Daher müssen die Ermittlungen in Übereinstimmung mit internationalen Standards fortgesetzt werden“, fügten die Experten hinzu, darunter die Berichterstatterin für Gewalt gegen Frauen, Reem Alsalem, und ihre Kollegin für außergerichtliche Hinrichtungen, Morris Tidball-Binz. Dennoch begrüßten sie das Urteil und betonten, dass es „den Opfern von struktureller Diskriminierung und Gewalt in Brasilien Hoffnung gibt“. „Sie ist auch wichtig für den breiteren Kampf gegen die weit verbreitete Straflosigkeit in Brasilien“, fügten sie hinzu…“ span. Meldung vom 6.11.2024 in Página|12 externer Link (maschinenübersetzt)
  • Brasilien: Nach Anklage gegen die Drahtzieher des Mordes an Marielle Franco nun auch Mandatsentzug für Abgeordneten Chiquinho Brazão 
    Der Ethikrat des brasilianischen Abgeordnetenhauses hat mit einer Mehrheit von 15 zu einer Stimme für den Mandatsentzug des Abgeordneten Chiquinho Brazão entschieden. Er wird verdächtigt, in den Mord an der Stadträtin und Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco verwickelt zu sein. Der geständige Mittäter Ronnie Lessa hatte Brazão belastet.
    Der Rat folgte der Stellungnahme der Abgeordneten Jack Rocha, die als Berichterstatterin fungierte und die Möglichkeit hatte, die Annullierung oder die Aufrechterhaltung des Mandats von Brazão zu empfehlen. Sie argumentierte, dass Brazão Handlungen begangen habe, die mit dem „parlamentarischen Anstand“ unvereinbar seien und daher den Verlust seines Mandats rechtfertigten. „Der Mord an Marielle Franco am 14. März 2018 war nicht nur ein brutaler Akt, sondern auch ein verheerendes Beispiel für geschlechtsspezifische politische Gewalt“, betonte Rocha.
    Die erste Kammer des Obersten Bundesgerichts (STF) hatte bereits im Juni einstimmig Anklage gegen die Drahtzieher des Verbrechens gegen Franco und ihren Fahrer Anderson Gomes erhoben. Unter den Angeklagten befinden sich der Abgeordnete Chiquinho Brazão, sein Bruder Domingos, ehemaliger Stadtrat des Rechnungshofes von Rio de Janeiro, und der ehemalige Chef der staatlichen Zivilpolizei, Rivaldo Barbosa. Die Angeklagten weisen jede Mitverantwortung an dem Mord zurück. Die beiden Brazão-Brüder befinden sich seit März in Haft. Nur der Ex-Militärpolizist Lessa gestand dem STF per Videokonferenz, Franco getötet zu haben. Er behauptete zudem, die Brüder Brazão hätten ihn dafür angeheuert
    …“ Beitrag von Maria Luziara Hatje vom 05.09.2024 in amerika21 externer Link („Mandatsentzug für Abgeordneten wegen Verdacht des Mordes an Marielle Franco“)
  • Polizei und Politiker mutmaßlich in Mord verwickelt: 3 Verhaftungen wegen des Mordes an linker Stadträtin Marielle Franco, darunter der einstige Polizeichef Rios 
    • Weitere Festnahmen im Fall Marielle Franco. Neue Erkenntnisse zeigen, wie tief Politik und Justiz in die Ermordung der linken Stadträtin und ihres Fahrers verstrickt sind
      Sechs Jahre und zehn Tage nach dem Verbrechen, das Brasilien und die Welt am 14. März 2018 schockierte, wurden in Rio de Janeiro drei Hauptverdächtige, die den Mord an der Stadträtin und Aktivistin Marielle Franco und ihrem Fahrer Anderson Gomes angeordnet haben sollen, vorläufig festgenommen. Die Verhaftungen im Rahmen der Operation „Murder Inc.“ offenbaren die tiefe Verstrickung der Polizei in Rio de Janeiro mit Milizen und organisierter Kriminalität.
      Als Hauptverdächtige wurden die Brüder Chiquinho Brazão, Abgeordneter des Bundestaates Rio de Janeiro, und Domingos Brazão, Mitglied des Rechnungshofes von Rio de Janeiro, sowie Rivaldo Barbosa, ehemaliger Chef der Zivilpolizei des Bundes­staats und früherer Universitätsprofessor, von der brasilianischen Bundespolizei festgenommen und in verschiedene Gefängnisse in Brasilien gebracht. Die Operation mit dem Namen „Murder Inc.“ – in Anlehnung an die Mörderbande der New Yorker Mafia in den 1930er Jahren – ist eine gemeinsame Aktion der Bundespolizei, der Generalstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro. Am Tag der Verhaftungen wurden in der Stadt zudem zwölf Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, während die Ermittlungen zur Gründung einer kriminellen Vereinigung und die Behinderung der Justiz andauern.
      Die Namen der drei Festgenommenen wurden in der Kronzeugenaussage des Täters, des ehemaligen Militärpolizisten Ronnie Lessa, genannt. Lessa schoss 13-mal auf das Auto, in dem Marielle Franco und Anderson Gomes im März 2018 saßen. Seine Aussage als Kronzeuge wurde auch vom Obersten Bundesgericht bestätigt.
      Die Brüder Brazão, die in den letzten 20 Jahren verschiedene politische Ämter innehatten, haben ihre Wähler*innenbasis in der Region Jacarepaguá, die als Milizen-Hochburg bekannt ist. Bisher gelten Immobilienstreitigkeiten in dieser Region als Hauptmotiv für das Verbrechen. Zum Tatzeitpunkt setzte sich Marielle Franco zusammen mit den lokalen Gemeinden aktiv gegen diese ein. (…) Nach den Verhaftungen ordnete der Berichterstatter des Falles am Obersten Gerichtshof, Minister Alexandre de Moraes, die Übermittlung des Verfahrens an die Generalstaatsanwaltschaft an. Dieser obliegt es zu entscheiden, ob Anklagen gegen die Brüder Brazão und Barbosa erhoben werden sollen oder nicht.“ Artikel von Luciana Haussen (Übersetzung: Julia Ganter) in Lateinamerika Nachrichten vom April 2024 externer Link
    • Verhaftungen wegen des Mordes an linker Stadträtin in Rio
      Wer hat den Mord an Marielle angeordnet?“ Diese Frage der brasilianischen Linken könnte endlich beantwortet werden. 2018 wurde Marielle Franco getötet, nun nimmt die Polizei drei Verdächtige fest – zwei Politiker und einen früheren Polizeichef.
      „Quem mandou matar Marielle?“ Bedeutet übersetzt: „Wer hat den Mord an Marielle angeordnet?“ Die Frage ist bis heute ein Schlachtruf der brasilianischen Linken bei Protesten und in den sozialen Medien. Sechs Jahre blieb sie unbeantwortet. Am Sonntag wurden wegen des aufsehenerregenden Mordes an der damals 38-jährigen Stadträtin Marielle Franco in Rio de Janeiro drei Männer als mutmaßliche Verdächtige verhaftet. Bei den drei Verhafteten handelt es sich um hochrangige Politiker: den damaligen Chef von Rios Zivilpolizei, Rivaldo Barbosa, einen Abgeordneten des Nationalkongresses, Chiquinho Brazão und seinen Bruder, Domingos Brazão, einem Mitglied des Rechnungshofes des Bundesstaates Rio de Janeiro. Das teilte Justizminister Ricardo Lewandowski bei einer Pressekonferenz mit. Den Beschuldigten wird der Mord an der Stadträtin und ihrem Fahrer sowie ein versuchter Mord an ihrer Assistentin am 14. März 2018 zur Last gelegt. Die Brüder Brazão sind in Brasilien für ihre Verstrickung in das organisierte Verbrechen bereits seit den 1980ern bekannt. (…)
      „Heute ist ein historischer Tag für die brasilianische Demokratie“, heißt es in einer Mitteilung der Familie, die Anielle Franco am Sonntag auf der Plattform X veröffentlichte. Die Verhaftung der mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes sei ein wichtiger Schritt auf der Suche nach Gerechtigkeit
      .“ Meldung vom 25. März 2024 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
    • Drei Festnahmen im Mordfall Marielle Franco
      Der Mord an der brasilianischen Politikerin Marielle Franco sorgte 2018 international für Aufsehen. Doch bislang kamen die Ermittlungen kaum voran. Nun gibt es Festnahmen. Politik und Polizei scheinen verstrickt zu sein.
      „Murder Inc.“ nannte sich die Operation, die im Morgengrauen des Sonntags in Rio de Janeiro startete. Festgenommen wurden drei Personen. Sie sollen die Drahtzieher sein, die hinter der Ermordung der linken Stadträtin Marielle Franco stehen. Am 14. März 2018 wurden die beliebte Politikerin und ihr Fahrer umgebracht. Der Fall sorgte international für Entsetzen. Seit sechs Jahren warten die Angehörigen auf Gerechtigkeit. (…)
      Polizei und Politiker mutmaßlich in Mord verwickelt
      Einer der Verdächtigen ist der damalige Chef von Rios Zivilpolizei, Rivaldo Barbosa. Er versprach Francos Angehörigen 2018 noch, den Fall zu lösen. Die anderen beiden mutmaßlichen Hinterleute waren demnach Chiquinho Brazão, ein Abgeordneter des Nationalkongresses, und sein Bruder Domingos, ein Mitglied des Rechnungshofes des Bundesstaates Rio de Janeiro.
      Die Enthüllung, dass der einstige Polizeichef Rios am wahrscheinlich berühmtesten Verbrechen der Stadt beteiligt war, kam für die Angehörigen unerwartet. Leider erzähle es aber viel über die Politik in Rio de Janeiro und die Verwicklung der Polizei mit der Unterwelt, so Benicio. „Wir verstehen nun, dass die Zivilpolizei nicht nur fahrlässig gehandelt hat. Es lag nicht nur an einem ‚Misserfolg‘, dass wir sechs Jahre lang Schmerzen hatten. Sondern vor allem, weil sie die ganze Zeit, während sie den Fall lösen wollten, als Komplizen mitschuldig waren“, erklärte Benicio. (…)
      Ein ehemaliger Polizist wurde als mutmaßlicher Schütze verhaftet, kam bislang aber nicht vor Gericht. Im Januar schloss er einen Deal mit den Behörden – seine Aussagen sollen zu den Festnahmen geführt haben. Die Beschuldigten bestritten laut ihren Anwälten jegliche Verantwortung. „Meiner Meinung nach stellt dies einen bedeutenden Triumph des brasilianischen Staates gegen die organisierte Kriminalität dar,“ erklärte Justizminister Ricardo Lewandowski bei einer Pressekonferenz in Brasilia.
      Er sagte, Untersuchungen hätten ergeben, dass einer der Verdächtigten – der Abgeordnete Brazão – besonders verärgert über einen Gesetzentwurf Francos war, der die Regulierung von Land für den Bau von Sozialwohnungen in Rio vorsah. Den Brazão-Brüdern – die ihre politische Karriere im von Milizen dominierten Westen Rios aufgebaut haben – wird seit Langem vorgeworfen, in die organisierte Kriminalität verwickelt zu sein. Sie bestreiten das
      …“ Beitrag von Anne Herrberg, ARD Rio de Janeiro, vom 25.03.2024, in tagesschau.de externer Link
  • Brasilien: Mordfall Franco wird zur Chefsache: Brasiliens Justizminister Flávio Dino treibt Ermittlungen voran
    „Am Montag trat Flávio Dino vor die Presse. Brasiliens Justizminister präsentierte lang erwartete Neuigkeiten über den Mordfall an der linken Stadträtin Marielle Franco. Der mutmaßliche Fahrer des Tatwagens, Élcio de Queiroz, habe sich nach langem Schweigen zu einer Aussage im Rahmen einer Kronzeugenregelung bereit erklärt, verkündete Dino. Der Verdächtige habe ein Geständnis abgelegt und gesagt, ein Mann namens Edimilson Oliveira da Silva, besser bekannt als Macalé, soll den Auftrag an den mutmaßlichen Schützen Ronnie Lessa herangetragen haben. Schon lange vermuten Verwandte und Aktivist*innen, dass die beiden Verdächtigen nicht alleine gehandelt hatten. Die Hoffnungen sind groß, dass der Mord nun endlich aufgeklärt wird. Am 14. März 2018 waren Franco und ihr Fahrer Anderson Gomes in Rio de Janeiro auf dem Rückweg von einer Veranstaltung erschossen, förmlich hingerichtet worden. Die schwarze, bisexuelle Feministin Franco wurde 2016 für die Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) in den Stadtrat von Rio de Janeiro gewählt. Sie galt als Stimme einer neuen Generation schwarzer Frauen in der Politik. (…) Die Ermittler*innen gehen von einem Zusammenhang zu den Milizen aus. Diese paramilitärischen Banden setzen sich aus ehemaligen und aktiven Polizisten zusammen und kontrollieren viele arme Stadtteile Rio de Janeiros mit Waffengewalt. Drei Tatverdächtige waren Polizisten und sollen ebenfalls Teil einer Miliz gewesen sein. Franco war eine scharfe Kritikerin dieser Gruppen, ebenso von Polizeigewalt. Ihr politischer Ziehvater Marcelo Freixo steht schon seit Langem auf der Todesliste der Banden; mehrere Anschläge auf ihn konnten verhindert werden. (…) Besonders pikant: Der mutmaßliche Mörder Ronnie Lessa lebte in der gleichen Luxuswohnanlage wie Bolsonaro. Vielleicht ein Zufall, doch die Familie des Ex-Präsidenten pflegte seit Langem Verbindungen zu den Milizen. Der Fall Marielle Franco legt auch offen, wie eng institutionelle Akteurinnen und das organisierte Verbrechen in Rio de Janeiro verknüpft sind. Die neue Regierung unter dem Sozialdemokraten Luiz Inácio »Lula« da Silva scheint sich anders als die Vorgängerregierung der Verantwortung bewusst zu sein, den Mord aufzuklären. Lula berief Anielle Franco, die Schwester der ermordeten Stadträtin, zur Ministerin für Igualdade Racial (Antirassismus). Franco äußerte sich noch am Montag zu den neuen Ermittlungsergebnissen: Diese stellten einen »wichtigen Schritt« dar, für die Familie sei der Fall aber noch weit entfernt von der Aufklärung.“ Artikel von Niklas Franzen vom 25. Juli 2023 in Neues Deutschland online externer Link

    • Wichtig dazu der Tweet von Niklas Franzen vom 26. Juli 2023 externer Link: „Was man nicht oft genug betonen kann: Die linke, Schwarze Stadträtin Marielle Franco wurde mit einer Maschinenpistole von Heckler & Koch ermordet. Und deutsche Rüstungsfirmen liefern weiterhin Waffen nach Brasilien.“
  • Ein Hoffnungsschimmer nach fünf langen Jahren: Es wird wieder zum Mord an Marielle Franco ermittelt
    • Fünf Jahre sind zu lang!
      • „FÜNF JAHRE SIND ZU LANG – Am 14. März 2018 wurden Marielle Franco und Anderson, ihr Fahrer, brutal hingerichtet. Es reicht nicht aus, zu sagen, dass Marielle Spuren hinterlassen hat. DEN VERANTWORTLICHEN FÜR SEINE TÖTUNG UND SEINE MOTIVATION ZU FINDEN IST EINE FRAGE DER WÜRDE! Marielle war eine schwarze Frau, LGBTQIA+, Mutter, die für die Rechte der Arbeiterklasse und sozialer Minderheiten kämpfte. Als Sozialistin und Nachkomme von Maré war es kein Wunder, dass sie die Mächtigen so sehr ärgerte… Wir werden niemals vergessen! Der Schmerz von gestern hat sich in die Revolte von heute und die Befreiung von morgen verwandelt – Presente!“ Tweet von MTST vom 14. März 2023 externer Link (br.)
      • „Es sind 5 Jahre vergangen, ohne das ansteckende Lächeln und die Kraft, die jeden Raum einnahm. Seit 5 Jahren kämpfen wir für die Erinnerung an Marielle Franco und Anderson und fordern Gerechtigkeit für dieses brutale Verbrechen. 5 Jahre ohne Antwort: WER HAT DIE TÖTUNG VON MARIELLE ANGEORDNET?“ Tweet von Guilherme Boulos vom 14. März 2023 externer Link (br.)
    • Lula will die Ermittlungen vorantreiben
      „Die brasilianische Menschenrechtsverteidigerin und Feministin Marielle Franco wurde am 14. März 2018 ermordet. Die Täter sind bekannt, ihre Auftraggeber nicht. Nun wird wieder ermittelt. Am 2. Januar 2023 trat Flávio Dino in Brasília vor die Presse. Es war seine erste Rede als frisch vereidigter Justizminister. Nach einigen einleitenden Worten gab Dino ein Versprechen ab: Seine Regierung werde den Mord an Marielle Franco aufklären. Das sei eine „Frage der Ehre“. Dass ein Minister erst öffentlich erklären muss, dem Fall einer ermordeten Stadträtin Priorität einzuräumen, zeigt die politische Brisanz. Vor fünf Jahren, am 14. März 2018, wurden Franco und ihr Fahrer Anderson Gomes in Rio de Janeiro ermordet. Die mutmaßlichen Täter, zwei ehemalige Polizisten, sitzen in Untersuchungshaft. Doch warum musste Franco sterben? Wer sind die Auftraggeber? Das ist bis heute nicht aufgeklärt. Als sie noch lebte, war Franco eine nur regional bekannte Landespolitikerin, posthum aber wurde sie zu einer im ganzen Land verehrten Märtyrerin. Mit Konzerten und Veranstaltungen und bei Karnevalsfeiern erinnern viele Menschen bis heute an sie. (…)
      Schnell kam der Verdacht auf, Milizen könnten hinter dem Anschlag stecken. Solche paramilitärischen Banden setzen sich häufig aus ehemaligen und aktiven Polizisten zusammen und kontrollieren viele arme Stadtteile Rio de Janeiros mit Waffengewalt. Und tatsächlich: Die mutmaßlichen Mörder Francos sollen Teil einer Miliz im Westen der Stadt gewesen sein. Die Ermittlungen zeigten auch, dass Franco mit einer Maschinenpistole des deutschen Waffenherstellers Heckler & Koch ermordet wurde. Fünf Jahre nach dem Anschlag sind die Ermittlungsergebnisse dürftig. Die Polizei folgte erst einer falschen Fährte, die wohl absichtlich gelegt worden war. Beweisstücke verschwanden, Beziehungen zwischen Ermittler*innen und Verdächtigen kamen ans Licht, in vier Jahren wurden fünf leitende Kommissare ausgetauscht. Von politischer Seite war kaum Unterstützung für die Aufklärung des Falls zu erwarten. Denn mit dem Rechtsextremen Jair Bolsonaro war bis zum 31. Dezember 2022 ein Mann Präsident, der das exakte Gegenteil dessen vertrat, wofür Franco sich einsetzte. (…)
      Besonders pikant: Einer der mutmaßlichen Mörder lebte in der gleichen Luxuswohnanlage wie Bolsonaro. Das mag Zufall sein. Doch pflegte die Familie des Ex-Präsidenten seit Langem Verbindungen zu den Milizen. So arbeiteten sowohl die Mutter als auch die Ehefrau eines mittlerweile getöteten Milizenchefs und Auftragskillers im Abgeordnetenbüro von Flávio Bolsonaro, dem Sohn des ehemaligen Präsidenten.
      Der Fall Marielle Franco legt offen, wie eng institutionelle Akteur*innen und das organisierte Verbrechen verknüpft sind. Die neue Regierung unter dem Sozialdemokraten Luiz Inácio Lula da Silva scheint sich anders als ihre Vorgängerregierung der Verantwortung bewusst zu sein, den Mord aufzuklären. Lula da Silva berief Anielle Franco, die Schwester der ermordeten Stadträtin, zur Ministerin für Gleichstellung ethnischer Gruppen…“ Artikel von Niklas Franzen vom 13. März 2023 auf Amnesty International externer Link („Ein wenig Hoffnung nach fünf Jahren“)
    • Siehe dazu auch den Artikel von Eva von Steinburg vom 1. März 2023 auf Amerkia 21 externer Link : „Regierung in Brasilien ordnet neue Ermittlungen im Mordfall Marielle Franco an“
  • Vier Jahre nach dem Mord: Die Tat bleibt ungesühnt und wurde bis heute nicht aufgeklärt
    „Der Mord an der Schwarzen homosexuellen Stadträtin Marielle Franco und ihrem Chauffeur Anderson Gomes in Brasilien bleibt ungesühnt. Auch nach vier Jahren bleiben das genaue Motiv und die Auftraggeber des Verbrechens unbekannt. (…) Das Institut Marielle Franco externer Link, von Familienangehörigen nach ihrem Tod gegründet, hat Erinnerungs- und Protest-Aktionen zum Gedenkmonat „März für Marielle“ gestartet. (…) Die Auftraggeber des Mordes an Franco bleiben weiterhin im Dunkeln. Die Ex-Polizisten Ronnie Lessa und Élcio Queiroz sind in Haft, sie werden für die Ausführung des Verbrechens angeklagt. Der Vorwurf, Staatspräsident Jair Bolsonaro stünde mit dem brutalen Mord in Verbindung, stand im Raum. (…) Am Montag, auf den Tag genau vier Jahre nach dem Mord, sind Francos Mutter, die Anwältin Marinete Franco, Francos Schwestern und die Witwe des Chauffeurs Anderson Gomes vor das Gericht von Rio de Janeiro gezogen. Die Frauen verlangen Einsicht in die Prozessakten. Die Familie fühlt sich unzureichend über die Ermittlungsergebnisse informiert. Weiterhin erschwert mangelnde Kontinuität die Aufklärung dieses Verbrechens: Die zuständigen Ermittler der Polizei werden regelmäßig ausgetauscht. In vier Jahren waren fünf verschiedene Kommissare für die Untersuchung des Mordfalls verantwortlich.“ Beitrag von Eva von Steinburg vom 17. März 2022 bei amerika21 externer Link

Siehe zu Marielle auch im LabourNet Germany (und es sind nicht alle Beiträge!):

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=198840
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