Grundeinkommen: Ein modernes Politikversagen – Entpolitisierung durch Akademisierung
„… Wer sich mit der jüngsten deutschen Grundeinkommensgeschichte befasst, dem offenbart sich ein irritierendes Phänomen – nämlich die Peu-à-peu-Entpolitisierung eines durch und durch politischen Themas. Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle: Wollen wir das – und wenn ja, wie wollen wir das erreichen? Das sind politische Fragen, die nach politischen Antworten verlangen – und von wissenschaftlicher Expertise zwar profitieren, aber nicht an diese delegiert werden können. (…) Nutznießer des akademisch entschärften Grundeinkommenspolitikums sind zuvörderst Feldexperimente und Mikrosimulationen, die so tun, als ob sie letzte Dinge klären könnten, obwohl ihre Aussagekraft äußerst gering ist. (…) Nicht besser ist es um das jüngste Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium bestellt. Die vier simulierten Szenarien, die belegen sollen, dass ein Grundeinkommen nicht finanzierbar sei, fußen – wie könnte es anders sein – auf zahllosen Unterstellungen zu Besteuerung und Beschäftigung, die sich aus guten Gründen anzweifeln lassen. Jedenfalls beweist das Gutachten in Sachen Grundeinkommen vor allem die persönliche Abneigung der Gutachter. (…) Der politische Akt seiner Einführung lässt sich nicht vorwegnehmen. Das ist gewiss keine schlechte, sondern eine gute Nachricht, kündet sie doch von der Praxis bürgerlicher Selbstverständigung als einer Praxis der Freiheit.“ Kommentar von Philip Kovce vom 18. Januar 2022 beim Deutschlandfunk Kultur (Audiolänge: 4:13 Min.)