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Auch 5 Jahre und mehr nach dem “Dschungel”: Entwürdigende Behandlung von MigrantInnen am Ärmelkanal durch Frankreich und Großbritannien

Dossier

Reportage aus Calais von Bernard Schmid im Dezember 2015: der MigrantInnen- Slum von Calais - Let's go England / GBDie französischen Behörden setzen Erwachsene und Kinder von Migranten, die in provisorischen Lagern in der Region Calais leben, routinemäßig einer erniedrigenden Behandlung aus, wie Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht feststellt. Fünf Jahre nachdem die französischen Behörden das riesige Migrantenlager, das oft als „Dschungel“ bezeichnet wird, abgerissen haben, leben immer noch mehr als 1.000 Menschen in Lagern in und um die Stadt. Der 86-seitige Bericht „Enforced Misery: The Degrading Treatment of Migrant Children and Adults in Northern France“ externer Link wurde im Oktober 2009 veröffentlicht („Die erniedrigende Behandlung von Migrantenkindern und -erwachsenen in Nordfrankreich“), dokumentiert wiederholte Massenabschiebungen, fast tägliche Schikanen der Polizei und Einschränkungen bei der Bereitstellung von und dem Zugang zu humanitärer Hilfe…“ Aus der (fr.) Meldung vom 7.10.21 von Human Rights Watch externer Link zu deren (engl.) Bericht. Siehe dazu – unverändert! – weitere Berichte:

  • Care4Calais zur aktuellen Lage: „Das ist zweifellos die schlimmste Situation, die ich je miterlebt habe.“ New
    Im französischen Calais harren Geflüchtete aus vielen Länder unter unmenschlichen Bedingungen aus. Care4Calais Calais unterstützt die Menschen mit warmer Kleidung und Zelten. Die leitende Projektkoordinatorin Imogen Hardman berichtet im Gespräch, was sie dort erlebt, über Polizeigewalt und warum die Menschen im Stich gelassen werden – und über Ukrainer:innnen. (…) Die politischen Kursänderungen und die verschärften Maßnahmen gegenüber Schutzsuchenden an den Außengrenzen, wie etwa zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich, erwecken den Eindruck, dass ihr Hauptziel nicht die Fortschritte bei der Verbesserung der Gesamtsituation sind, sondern lediglich eine Verlagerung der Verantwortung über Ländergrenzen hinweg stattfindet. Vor diesem Hintergrund sticht Care4Calais externer Link exemplarisch für viele Hilfsorganisationen im Norden Frankreichs hervor, indem sie sich für Solidarität als Antwort auf die aktuellen Herausforderungen entscheiden. Im Gespräch mit der leitenden Projektkoordinatorin Imogen Hardman erfahren wir mehr über ihre Tätigkeit für die gemeinnützige Organisation. Im Fokus ihrer Arbeit steht die nordfranzösische Stadt Calais, in der sie gemeinsam mit vielen weiteren freiwilligen Helfer:innen wöchentlich Lebensmittelpakte und Hilfsgüter wie wetterfeste Kleidung, Schlafsäcke und Zelte verteilt. Sie beleuchtet die drängenden Herausforderungen und Widrigkeiten, mit denen sich Geflüchtete in der Region täglich konfrontiert sehen, und spricht über die mangelnde staatliche Unterstützung von Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals. (…)
    Die Situation für Geflüchtete in und um Calais ist seit Jahren inakzeptabel und stellt eine große Herausforderung für die Betroffenen sowie die NGOs dar. Der Grund, warum unser Verein aktuell mehr zu tun hat, liegt an der steigenden Anzahl von Menschen, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Im Vergleich zu den vergangenen Wintern, in denen ich hier in Frankreich im Einsatz war, betreuen wir derzeit etwa 2.000 Menschen. Im letzten Winter waren es etwa 800 Personen. Die Nachfrage ist extrem, was bedeutet, dass der Bedarf an Spenden und entsprechenden Vorräten wie Winterjacken, Schuhen und wasserfester Kleidung viel größer ist als zuvor. Hinzu kommen die widrigen Wetterbedingungen. Über die vergangenen Monate hinweg gab es viele schwere Stürme, zahlreiche Regentage und Starkregen sowie viel Wind. Dies führte dazu, dass die „Schutzausrüstung“ der Menschen beschädigt oder zerstört wurde. Wir verzeichnen eine hohe Nachfrage nach Zelten und Schlafsäcken, da regelmäßig Räumungen durch die Polizei stattfinden, bei denen viele Hilfsgüter zerstört werden. Alle 48 Stunden sucht die Polizei die einzelnen Camps um Calais und Dünkirchen auf und führt eine Räumung nach der anderen durch. Wenn jemand ein Zelt zurückgelassen hat, wird es beschlagnahmt. Wenn jemand eine Tasche liegen gelassen hat, wird sie entsorgt. Kürzlich berichteten mir syrische Männer, dass die Polizei jeden Tag zu dem Ort kommt, an dem sie ihr provisorisches Camp aufgeschlagen haben und ihre Sachen mitnimmt – jeden Tag. Das beschäftigt uns natürlich. Solche Praktiken sind absolut inakzeptabel und inhuman. (…)
    Und dann haben wir leider Menschen, die bei dem Versuch in die UK zu fliehen, ertrinken. Wir arbeiten mit Menschen, das darf man nicht vergessen. Mit Menschen, die sehr viel Angst haben, besorgt sind, einen langen Weg hinter sich haben und nicht wissen, was morgen sein wird. Und es gibt weiterhin keinen sicheren und legalen Weg für sie. Das ist eine Art anhaltender Sturm, eine wirklich schwierige und kritische Situation, die gerade Ausmaße annimmt, die wir so noch nie gesehen haben. (…)
    Diese regelmäßigen Räumungen begannen vor 18 bis 24 Monaten und setzen sich seitdem konsequent fort. Es gibt zudem groß angelegte Massenräumungen von allen Camps zwischen Dünkirchen und Calais. Das haben wir zuletzt vor zwei Wochen wieder erlebt – die Polizei hat zeitgleich verschiedene Plätze aufgesucht. Sie haben einfach alles mitgenommen bzw. zerstört. Die Camps werden buchstäblich dem Erdboden gleich gemacht. Die Menschen wurden anschließend in Busse gesetzt und auf Asylzentren in ganz Frankreich verteilt. Einige der Personen aus Communitys, die wir regelmäßig unterstützen, teilten uns mit, dass sie nach Marseille gebracht wurden. Sie sind bis heute nicht zurück, weil sie nicht wissen, wie sie von dort aus zurückkommen. Die Räumungen sind äußerst gewaltsam, auch hier gibt es eine Steigerung. Die Polizei geht mit Tränengas bewaffnet auf Geflüchtete los. Sie erscheinen in voller Schutzausrüstung und treten äußerst aggressiv auf. Diese Erfahrungen sind retraumatisierend für Menschen, die aus Konfliktsituationen auf der ganzen Welt geflohen sind und keinerlei Schutz genießen. (…)
    Was wir erleben, ist immenser Druck und eine zunehmende Ablehnung gegenüber uns NGOs. Dabei sind viele französische und britische Organisationen ehrenamtlich rund um die Uhr aktiv und leisten Arbeit, die eigentlich nicht ihre Aufgabe sein sollte. Wir werden immer wieder daran gehindert, Hilfsgüter an Geflüchtete zu verteilen. Zuletzt wurden britische Freiwillige, die mit der Organisation „Human Rights Observers“ unterwegs waren, festgenommen, weil sie keinen Reisepass dabei hatten. Dabei haben sie einen anderen Lichtbildausweis mit sich geführt und konnten sich ausweisen. Sie wurden dennoch 24 Stunden auf der Wache festgehalten, obwohl ihre Reisepässe zwischenzeitlich von Dritten nachgereicht wurden. Wir beobachten also eine zunehmende Abnahme der Akzeptanz gegenüber Geflüchteten und uns NGOs. Zeitgleich steigt die Zahl der Menschen, die dringend Hilfe benötigen. (…)
    Wir beobachten eine zunehmende Polizeigewalt gegenüber Geflüchteten. Jede:r, den/die du hier triffst, hat eine Geschichte zu erzählen. Wir sehen Verbrennungen und Verätzungen durch den Einsatz von Tränengas aus kurzer Entfernung und Verletzungen durch physische Übergriffe. Die Menschen, von denen wir hier sprechen, haben bereits Flucht hinter sich, und vor ihnen liegt noch ein lebensgefährlicher Weg – sei es über den Ärmelkanal oder auf der Ladefläche irgendeines Lastwagens. Sie tragen oftmals schweren Verletzungen von diversen Fluchtversuchen davon. Glücklicherweise gibt es auch Organisationen, die hier ehrenamtlich medizinische Versorgung leisten. Sie behandeln entsprechende Verletzungen, aber auch Krankheiten, die durch die unhygienischen Gegebenheiten entstehen, in denen die Menschen notgedrungen leben. Krätze ist beispielsweise ein großes Problem. Um dieser schweren Hautkrankheit entgegenzuwirken, würde man einen vollständigen Satz sauberer Kleidung benötigen und einen sauberen Wohnraum, außerdem fließend Wasser. All das ist nicht gegeben
    …“ Interview von Judith Büthe vom 11.01.2024 im Migazin externer Link („Care4Calais-Leiterin Hardman: „Das ist zweifellos die schlimmste Situation, die ich je miterlebt habe.““) mit Fotos
  • Deutscher Anteil am britischen Grenzregime: Calais Group 
    Das britische Grenzregime basiert auf bi- und multilateralen Abkommen mit Frankreich und weiteren Anrainerstaaten von Ärmelkanal und Nordsee. Hinzu kommen geografisch entfernte Staaten, denen bestimmte Funktionen bei der Vorfeldbekämpfung der Migration (Türkei) oder der Aufnahme abgewiesener Migrant_innen (Ruanda) zufallen sollen. Mit der EU besteht bislang keine migrationspolitische Rahmenvereinbarung, was aber nicht bedeutet, dass europäische Grenz-, Polizei- und Justizbehörden nicht auf anderer Ebene eingebunden wären. Auch Deutschland ist Teil dieser Strukturen. Aber worin genau besteht der deutsche Anteil am britischen Grenregime? Wir möchten dieser Frage in einer lockeren Folge von Beiträgen nachgehen. Am Anfang steht die Calais Group, ein 2021 geschaffener Rahmen für bereits bestehende und wohl auch für künftige Vorhaben. (…) Die Calais Group ist die erste Struktur der vorgelagerten britischen Migrationsabwehr, in die Deutschland auf Regierungsebene eingebunden ist. Belgien hingegen ist bereits lange durch zwischenstaatliche Abkommen einbezogen, was in geringem Maße auch für die Niederlande gilt. Die Calais Group ändert hieran nicht allzu viel. Anders als der britisch-französische Kern des Grenzregimes, der auf zwischenstaatlichen Verträgen basiert, gehen die fünf teilnehmenden Länder kein Vertragsverhältnis miteinander ein. Ebensowenig werden konkrete Vorhaben beschlossen und mit einem Finanzvolumen unterlegt, wie es zwischen Großbritannien und Frankreich regelmäßig geschieht. (…) Deutschland ist seit 2021 also Teil eines informellen multilaterialen Forums auf Ministerebene, das sich vor allem auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit konzentriert. Es fügt bestehende Kooperationen in einen gemeinsamen politischen Rahmen ein und erweitert die Spielräume für die Zusammenarbeit mit Frontex, Europol, Eurojust und EMPACT. Diese Zusammenarbeit verdichtete sich bislang in einer gemeinsamen Großrazzia gegen irakisch-kurdische Schleuser mit Schwerpunkt in Deutschland. Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bünger hervorgeht, sind sowohl das Bundeskriminalamt als auch die Bundespolizei in diese Form der Zusammenarbeit involviert, hinzu kamen im Fall der Großrazzia die Länderpolizeien von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen und Baden-Württemberg. In der Logik der Calais Group scheinen Migrationsrouten der Menschen und Lieferketten für Boote mit der Infrasturkur von Schleuserorganisationen in eins gesetzt zu sein. Die Identifikation von Staaten, die mutmaßlich Teil solcher Routen und Lieferketten sind, dient als Kompass für eine weitere Vorfeldbekämpfung der Migration. Der zwischen den Staaten der Calais Group und den teilnehmenden EU-Behörden etablierte Datenfluss wird in einer menschenrechtlich hoch problematischen Weise um autoritäre und instabile Staaten erweitert, die als Schlüsselakteure entlang der Migrationsrouten und Lieferketten angesehen werden. Es bleibt abzuwarten, wie das diesjährige, dritte Treffen der Calais Group verlaufen wird…“ Beitrag vom 14. September 2023 von Bordermonitoring.eu e.V. externer Link
  • Britische Gewerkschaft PCS (Grenzschutz und Küstenwache) fordert Rücktritt der Innenministerin nach der Bergung von vier Toten im Ärmelkanal
    • „Die PCS hat nach den tragischen Todesfällen im Ärmelkanal heute früh den Rücktritt von Innenministerin Suella Braverman gefordert. PCS-Verhandlungsleiter Paul O’Connor sagte: „Unsere Gedanken sind bei den Menschen, die im Ärmelkanal ihr Leben verloren haben, und bei ihren Familien und Angehörigen, deren Schmerz über diese Entwicklungen unvorstellbar ist. Unsere Gedanken sind auch bei allen, die an der Such- und Rettungsaktion beteiligt sind, einschließlich unserer Mitglieder der Border Force und der Coastguards Agency, die immer wieder an vorderster Front mit diesen erschütternden Situationen zu tun haben. Die heutige Tragödie, die nur gut 12 Monate nach dem tragischen Tod von 32 Menschen im Ärmelkanal stattfand, war völlig vermeidbar. Die Innenministerin Suella Braverman sagt, dass sie in Gedanken bei allen Betroffenen ist. Diese Worte klingen völlig hohl, wenn sie ihre Zeit als Innenministerin damit verbracht hat, genau die Menschen zu verunglimpfen und zu dämonisieren, für die sie jetzt Mitgefühl heuchelt. Sie sollte in Ungnade zurücktreten. PCS hat erst letzte Woche an die Innenministerin geschrieben und ihr eine fertige Lösung für diese gefährlichen Überfahrten vorgelegt. Unsere Lösung würde Geflüchteten eine sichere Überfahrt ermöglichen und das Geschäftsmodell der Menschenschmuggler auf einen Schlag zerstören. Anstatt diese Lösung aufzugreifen, hat Premierminister Rishi Sunak gestern beschlossen, diese schutzbedürftigen Menschen weiter zu verteufeln, anstatt ihnen Sicherheit zu bieten. Diese Tragödie sollte ihn zum Nachdenken und Überdenken der Position seiner Regierung zwingen. Die PCS setzt sich seit langem dafür ein, das feindselige Umfeld für Geflüchtete abzuschaffen und durch ein Asylsystem zu ersetzen, das auf Menschlichkeit basiert. Wie viele Tote muss es noch geben, bevor diese Regierung ihre gefühllose Gleichgültigkeit gegenüber Menschenleben aufgibt?“ Pressemitteilung der PCS vom 14. Dezember 2022 externer Link („PCS calls for Braverman’s resignation after Channel deaths“)(Die Dienstleistungsgewerkschaft PCS (Public and Commercial Services Union) ist unter anderem für Grenzschutz und Küstenwache zuständig)
    • Vier Tote und Dutzende Gerettete bei Tragödie mit gekentertem Boot im Ärmelkanal
      „Vier Menschen starben, als ein kleines Boot mit Migrant:innen in der Nacht im Ärmelkanal kenterte, berichtet die Agence France-Presse (AFP). Dutzende andere Menschen wurden von britischen und französischen Rettungsdiensten aus den Gewässern einer der meistbefahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt gerettet. Die Gewerkschaft Public and Commercial Services (PCS), der die an der Rettung beteiligten Mitarbeiter der Border Force und der Küstenwache angehören, forderte, dass Suella Braverman „in Schande zurücktreten“ sollte. Paul O’Connor von der PCS erklärte: „Suella Braverman sagt, sie sei in Gedanken bei allen Beteiligten. Diese Worte klingen völlig hohl, wenn sie ihre Zeit als Innenministerin damit verbracht hat, genau die Menschen zu verunglimpfen und zu dämonisieren, für die sie jetzt Sympathie heuchelt. Sie sollte in Ungnade zurücktreten. Braverman ist die derzeitige Innenministerin. Wie Sophia Purdy-Moore vom Canary berichtete, hat sie eine Vorliebe für Abschiebungen gezeigt: „Braverman erklärte den Teilnehmern des Tory-Parteitags stolz, dass es ihr „Traum“ und ihre „Besessenheit“ sei, einen Flugverkehr mit Asylbewerbern zu Offshore-Gefängnissen in Ruanda zu sehen. Die Hilfsorganisation Refugee Action bezeichnete die Todesfälle als „vorhersehbar und vermeidbar“. Die Gruppe Care4Calais bezeichnete das Versäumnis des Vereinigten Königreichs, sichere Routen zur Verfügung zu stellen, als „äußerst beschämend“. Aus Regierungskreisen hieß es zuvor, dass 43 Menschen gerettet wurden, darunter mehr als 30, die über Bord gefallen waren, und man befürchtet, dass die Zahl der Toten noch steigen wird.
      Schreie
      Ein Fischer erzählte Sky News, dass er von seiner Besatzung geweckt wurde, die die Hilfeschreie der Migrant:innen im fast eiskalten Wasser neben ihrem Trawler hörte. Die Besatzung verbrachte mehrere Stunden damit, Dutzende von Menschen in Sicherheit zu bringen und teilte das Filmmaterial mit dem britischen Fernsehsender. Ein Fischer sagte: „Das Adrenalin setzt ein und du findest die Kraft, diese Jungs in Sicherheit zu bringen.“ Nikolai Posner von der Gruppe Utopia 56, die Migrant:innen in Nordfrankreich hilft, sagte, dass sie um 2:53 Uhr Ortszeit (01:53 GMT) eine Sprachnachricht und eine Standortmitteilung von einem Boot in Seenot erhalten haben. Posner sagte AFP: „Wir haben die Nachricht per Telefon an die französische und britische Küstenwache weitergeleitet. Um 3:40 Uhr (0240 GMT) teilte uns die französische Küstenwache mit, dass sich die Briten darum kümmern würden. Der Standort, der uns übermittelt wurde, lag in französischen Gewässern. Um 2:59 Uhr hat die Person, die uns kontaktiert hat, keine Nachrichten mehr auf WhatsApp erhalten.“ Utopia 56 erklärte später: „Obwohl es unmöglich ist, mit Sicherheit zu sagen, dass die Nachrichten von dem gesunkenen Boot stammen, deuten alle Elemente … darauf hin, dass sie es waren.“ Die Organisation gab an, über Nacht fünf Anrufe von Booten erhalten zu haben, die versuchten, den Ärmelkanal zu überqueren. In der Nachricht, die vermutlich von dem havarierten Boot stammte, hieß es, dass sich Kinder und Familien an Bord befänden und das Boot Wasser vom Heck her aufnehme, sodass die Insassen unter Wasser stünden. „Bitte helft uns“, hieß es darin. „Wir sind im Wasser.“
      Druck
      Diese Todesfälle haben den politischen Druck auf die britische Regierung erhöht, die versprochen hat, nach dem Brexit die Kontrolle über die Einwanderung wieder zu übernehmen. Die Gegner haben die Versuche der Regierung kritisiert, die Einreisebestimmungen zu verschärfen, und ihre Vorschläge, abgelehnte Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben, als rechtswidrig bezeichnet. Sie haben Minister:innen, darunter auch Braverman, vorgeworfen, Asylsuchende zu dämonisieren und mit hetzerischer Rhetorik die Feindseligkeit gegenüber Schutzsuchenden zu schüren. Clare Moseley, Gründerin der Flüchtlingshilfsorganisation Care4Calais, sagte: „Es gibt keine Worte, um unser Entsetzen und unsere Trauer über die heutige Tragödie auszudrücken. Ein ganzes Jahr nach dem Tod von 32 Menschen im Ärmelkanal hat unsere Regierung nichts unternommen, um weitere Todesfälle zu verhindern und hat damit sowohl die Geflüchteten, die unsere Hilfe brauchen, als auch unser Land im Stich gelassen.“ Letztes Jahr, im November, starben die meisten der 34 Menschen auf einem Schlauchboot im Ärmelkanal. Moseley gab der Regierung die Schuld für ihre Untätigkeit: „Sowohl damals als auch heute sind diese Todesfälle völlig unnötig und vermeidbar. Weil sie nicht gehandelt hat, hat unsere Regierung Blut an ihren Händen.“ Der Geschäftsführer von Refugee Action, Tim Naor Hilton, stimmte diesen Worten zu: „Um es klar zu sagen: Die heutige Tragödie und die Tragödien der vergangenen Tage sind vorhersehbar und unvermeidlich und werden durch eine feindselige Regierungspolitik verursacht – wie die gestern vom Premierminister verkündete -, die darauf abzielt, Menschen fernzuhalten, anstatt sie in Sicherheit zu bringen.“ Artikel von Maryam Jameela/AFP vom 15. Dezember 2022 in The Canary externer Link („Four people dead and dozens rescued in tragedy of capsized boat in Channel“)
  • Erneute Räumung der Unterkünfte von Geflüchteten in Calais inklusive Vernichtung von persönlichem Besitztum durch Anti-Terror-Einheit
    • Operationen von #expulsion bis #Calais und #GrandeSynthe. In Calais die heute übliche Vorgehensweise; ein unverhältnismäßiger und überbewaffneter Konvoi vertreibt die Verbannten aus den informellen Lebensräumen, beschlagnahmt dabei Zelte, Planen und Habseligkeiten und verurteilt sie zum Umherirren. Bei #GrandeSynthe sind „Schutz“-Busse vorhanden. Aber Exilanten haben keine Informationen über ihr Ziel und können nur eine Tasche mitnehmen. Alles unter der Überwachung von CRS, bewaffnet mit Sturmgewehren.“ Thread von Human Rights Observers vom 25. Mai 2022 externer Link – siehe mehr Informationen (engl./Franz.) auf deren Homepage externer Link
  • Besetzte Unterkunft für geflüchtete Menschen in Calais geräumt
    • Nach einer Woche der Besetzung eines leerstehenden Wohngebäudes in Calais, wurde dieses heute Morgen von der RAID (Anti-Terror-Einheit) gestürmt. Das Gebäude diente für wohnungslose Menschen als Zufluchtsort vor Kälte und Schutz vor Dunkelheit.“ Tweet von Blxck Flames Fox vom 11. Feb. 2022 externer Link
    • Französische Sicherheitskräfte haben in #Calais mit Helikopter und Spezialkräften geflüchtete Menschen aus einem besetzten Haus vertrieben. Damit versucht die Polizei organisierten Protest von geflüchteten Menschen zu zerschlagen und treibt die Menschen in die Obdachlosigkeit.“ Tweet von Seebrücke vom 11. Feb. 2022 externer Link
    • In Calais: Besetzte Häuser als Unterkunft für Migranten
      Während die politische Aufmerksamkeit für die Situation nachgelassen hat, mobilisieren sich Aktivisten und Vereine. Am Freitag wurde eines der fraglichen Gebäude geräumt. Das Gebäude erstreckt sich über zehn Stockwerke. Und es ist leer. Es handelt sich um Sozialwohnungen, die im Rahmen der Renovierung eines beliebten Viertels in Fort-Nieulay in Calais (Pas-de-Calais) abgerissen werden sollen. Dort hatten einige Dutzend Aktivisten, die laut Präfektur der „No-Border-Bewegung“ angehören, einer Strömung, die sich für die Abschaffung der Grenzen einsetzt, ein besetztes Haus errichtet, das erste seit mehreren Jahren, das in der Stadt entstand. Die Besetzer hatten das Ziel, nach und nach „Exilanten“ dorthin zu bringen. Sie prangerten die Situation an, in der Migranten gehalten werden, die in Lagern an verschiedenen Orten in der Gemeinde verteilt und regelmäßig vertrieben werden. Derzeit sollen es etwa 1.000 Migranten sein, die darauf warten, nach England zu gelangen…“ franz. Artikel von Julia Pascual vom 11.2.2022 in Le Monde externer Link
    • Calais. Vier Personen werden am Montag nach einer Besetzung aus Solidarität mit Migranten vor Gericht gestellt.
      Vier Personen werden am Montag in unmittelbarer Vorführung vor Gericht gestellt, weil sie am Freitag, den 11. Februar, Aktivisten gegen die Grenze bei einer Räumung in Calais unterstützt hatten…“ fr. AFP-Meldung vom 12.2.2022 in Ouest-France online externer Link
  • »Die Menschen werden regelrecht gejagt«. Geflüchtete in Nordfrankreich leben unter katastrophalen Bedingungen. Ihr Ziel ist Großbritannien. 
    „… An der Küste um Calais campieren Tausende Flüchtende in mehreren illegalen Camps, die auf eine Möglichkeit warten, den Ärmelkanal zu überqueren. Die Menschen kommen aus Afghanistan, Syrien, Kurdistan, Vietnam, Pakistan, Indien, Eritrea und vielen anderen Ländern. Etwa die Hälfte hat es direkt über die innereuropäischen Fluchtrouten dorthin geschafft, andere lebten schon jahrelang in Deutschland oder anderen Ländern des Schengen-Raumes und wurden von den dortigen Behörden mit Abschiebung bedroht. Sie alle haben dasselbe Ziel: England. Dort hoffen sie auf eine Zukunft, ein faires Asylverfahren und Arbeit. Waren es vor Jahren meist nur junge Männer, die als blinde Passagiere auf einem Lkw mit der Fähre die Überfahrt wagten, sind jetzt auch viele Familien vor Ort, die nicht davor zurückschrecken, den gefährlichen Weg in einem Schlauchboot zurückzulegen. (…) Es werden Gummigeschosse, Tränengas und Schlagstöcke gegen die Schutzsuchenden eingesetzt. Die Flüchtenden werden regelrecht gejagt. Im Abstand von zwei Tagen bis einer Woche werden ihnen ihre Zelte, Decken und oft auch Kleidungsstücke, Schuhe und Lebensmittel weggenommen. England will die Flucht unterbinden, mit allen Mitteln. Die britische Innenministerin macht sich derzeit für sogenannte Pushbacks stark, die auch das Kentern der Boote durch künstlich erzeugte Wellen einschließen. Im November starben bei einer missglückten Überfahrt 30 Menschen, weil weder die Briten noch die Franzosen zeitnah auf die abgesetzten Notrufe reagierten…“ Interview von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 11.01.2022 externer Link mit Lydia Jalil
  • Räumung eines Camps bei Calais am 30.12.21: Polizeieinheit CRS setzt CS-Gas nach Gegenwehr ein 
    Bei einer Räumung in der Calaiser Nachbargemeinde Marck kam es am gestrigen 30. Dezember 2021 zu einer Auseinandersetzung zwischen der Polizeieinheit CRS und Bewohner_innen eines Camps. Auslöser war die Beschlagnahme von Zelten und insbesondere der Umstand, dass die Besitzer_innen nicht mehr ihre persönlichen Sachen aus den Zelten holen konnten. Die Gegenwehr mündete einer in größeren Auseinandersetzung zwischen Exilierten und CRS, die sich auf ein benachbartes Wohngebiet ausweitete und in deren Verlauf die Polizei massiv CS-Gas einsetzte. „Die Polizei kam, um ein paar Zelte zu holen. Wir haben sie abgewehrt“, zitiert die Zeitung La Voix du Nord einen der Geflüchteten. Eine Vertreterin von Human Rights Observers erklärte im gleichen Artikel, der Polizeikordon habe die Bewohner_innen des Camps zurückgedrängt, „ohne dass sie ihre Sachen aus den Zelten holen konnten, das war der Auslöser für die Spannungen.“ Die Menschenrechtsgruppe ergänzt, dass „mindestens 32 Zelte beschlagnahmt und andere zerstört“ worden seien.
    Solche Beschlagnahmungen sind bei Räumungen gängig. Allerdings hatten die Behörden während des Solidaritäts-Hungerstreiks im Oktober und November zugesichert, dass die Betroffenen vor den Räumungen zumindest gewarnt und ihnen die Möglichkeit gegeben werde, ihre persönlichen Sachen zu holen. Doch ist ein solches Verfahren nie wirklich implementiert worden und wurde nach dem Ende des Hungerstreiks faktisch zur Makulatur. (…)
    Bei der aktuellen Auseinandersetzung auf dem als Old Lidl bekannten Gelände, auf dem vor allem Menschen aus dem Sudan leben, war die Polizei mit einem ungewöhnlich starken Aufgebot präsent. Nach Angaben der Zeitung stellten sich „etwa 100 Personen […] den Ordnungskräften entgegen“; der Präfektur zufolge weigerten sie sich, das Gelände zu verlassen, und warfen mit Steinen. Die Polizei ihrerseits setzte CS-Gas und Gummigeschosse ein. (…)
    Der Präfekt des Pas de Calais veröffentlichte am gleichen Tag eine Erklärung, in der er von einem aggressiven Verhalten und Steinwürfen der Exilierten spricht und ihnen die Schuld an der Eskalation zuweist, bei der 15 Beamte verletzt worden seien. Er verurteile „diese Gewalttaten aufs Schärfste und unterstützt die verletzten Polizisten und Gendarmen voll und ganz“. Ungenannt bleiben die Verletzten unter den Geflüchteten. Wie Human Rights Observers und andere Gruppen berichten, wurden drei Geflüchtete verletzt. Nach einem Bericht von InfoMigrants hatte einer von ihnen ein auf das Doppelte des Volumens angeschwollenes Bein, vermutlich infolge eines Gummigeschosses.
    Die Auseinandersetzung wird das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den Bewohner_innen des Old Lidl-Geländes und denen der benachbarten Straßen weiter verschlechtern. Dieser latente Konflikt war von konservativen Politiker_innen in den vergangenen Monaten bereits als Bühne genutzt worden, um sich gegen Migrant_innen zu positionieren. (…)
    Die aktuelle Auseinandersetzung reiht sich in diese Konfliktgeschichte ein, die unmittelbar aus der Zermürbungstaktik gegenüber den Exilierten in Calais resultiert und auf dem Old Lidl-Gelände noch einmal brachial zugespitzt wurde. Kurz vor Weihnachten hatten die Einsatzkräfte die Bewohner_innen sogar daran gehindert, auf dem Umweg über das Bahngleis zur Essensausgabe zu gehen…“ Meldung des Netzwerks Human Rights Observers (HRO) vom 31. Dezember 2021 externer Link mit einigen Videos
  • Die Elenden von Calais: Mahmoud will nach England, wie all die anderen aus Irak, Sudan und Eritrea. Doch vorerst hängen sie fest – auf der französischen Seite des Kanals 
    „Schwimmen? Der junge Mann, der hier Mahmoud genannt werden soll, schüttelt den Kopf. Weder er noch die acht anderen Syrer, die unschlüssig um ihn herumstehen, wissen, wie das geht. Zwanzig ist der jüngste von ihnen, 50 der älteste. Dass sie trotzdem mit einem Schlauchboot hinüber nach England wollen, steht für sie außer Frage. Mahmoud, der Anfang 20, klein und schmächtig ist und dessen Gesicht in seinem dicken Schal versinkt, hat es schon dreimal probiert, doch jedes Mal kam die französische Polizei, als das Boot gerade in See stechen wollte. (…) Ein weniger prominenter Punkt auf der EU-Agenda sind die Lebensbedingungen der rund 1.500 Menschen aus dem Sudan und aus Eritrea, aus Iran und Irak, Ägypten, Äthiopien, Syrien oder Afghanistan an der Kanalküste, bevor sie an Bord eines der überfüllten Schlauchboote gehen. Die Präfektur hat den „associations“, wie die Nichtregierungsorganisationen zur Unterstützung der Migranten hier genannt werden, untersagt, Nahrung und Wasser unter den Menschen zu verteilen. Jeden zweiten Tag fahren vier dunkelblaue Gendarmeriebusse die Orte ab, an denen Geflüchtete ihr Lager aufgeschlagen haben. Wenn diese Pech haben, werden Zelte und Schlafsäcke konfisziert oder zerstört. Andernfalls müssen sie ihre Behausungen vorübergehend entfernen, nur um sie wenig später zurückzustellen. (…) Die Polizisten auf der Straße treten zunehmend einschüchternd und autoritär gegenüber JournalistInnen auf, die bei diesen Räumungen zusehen wollen. Drohend bilden sie eine Kette, der Sprecher trägt eine Maschinenpistole. Auch Jeremy Paoloni, ein Fotograf der Regionalzeitung La Voix du Nord, wird so daran gehindert, seiner Arbeit nachzugehen. Das sei seit einigen Monaten an der Tagesordnung, sagt er. (…) Doch die Strategie der Abschreckung ist nicht aufgegangen. Sie hat die Menschen nur weitergetrieben, an immer isoliertere Schauplätze, an denen sich das gleiche Drama unter noch erbärmlicheren Bedingungen abspielt. (…) Einer dieser Orte liegt im äußersten Osten von Calais, am Ende der kilometerlangen Rue du Beau Marais. Direkt dahinter beginnt das Dorf Marck, bekannt für seine Lkw-Parkplätze. Etwa 500 Sudaner haben ihre winzigen Zelte hier aufgeschlagen, entlang eines Zauns und in einem Wäldchen, jenseits einer Ansammlung von Pfützen, die sich allmählich in eine Seenplatte verwandeln. Unter den Geflüchteten am Kanal waren die Sudaner schon immer die Elendesten der Elenden. Sie versuchen bis heute, England auf die alte Tour zu erreichen – in, auf oder unter einem Lastwagen. Ohne teure Schlepper, versteht sich…“ Bericht von Tobias Müller vom 13. Dezember 2021 in der taz online externer Link
  • CGT (FR) und TUC South East (GB) gemeinsam zu Calais: Repressive Politik führt immer zu Dramen! 
    Am Mittwoch, dem 24. November, starben 27 Menschen, darunter sieben Frauen, zwei Jugendliche und ein Kind, bei dem Versuch, nach Großbritannien zu gelangen, um dort ein neues Leben aufzubauen, nachdem sie vor Krieg und Elend geflohen waren. Diese Todesfälle kommen zu den Tausenden hinzu, die jedes Jahr in unseren Ozeanen, im Ärmelkanal und im Mittelmeer umkommen, um zu versuchen, auf unseren Kontinenten ein besseres Leben aufzubauen.
    Es ist die immer repressivere Migrations- und Asylpolitik, die zu diesen Dramen führt.
    Keine Mauer, kein Gesetz, keine Institution wird Frauen und Männer davon abhalten, vor Krieg, Terror, Klimaveränderungen, Elend und Hunger zu fliehen. Unsere Staaten müssen die Mittel bereitstellen, um Exilanten, die auf unserem Kontinent Zuflucht suchen, menschenwürdig aufzunehmen. Sie müssen ihrer gesetzlichen Verpflichtung gemäß der Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen nachkommen, Menschen, die Verfolgung oder Bedrohung ihres Lebens befürchten, die Möglichkeit zu geben, in einem Land ihrer Wahl Asyl zu beantragen.
    Unsere CGT-Organisationen, ihre Union Départementale du Pas-de-Calais in Frankreich und der TUC (Trade Union Congress) und seine Region South East in Großbritannien, fordern von ihren jeweiligen Regierungen, dass sie ihre Verantwortung für die menschenwürdige Aufnahme von Menschen auf legalen Migrationswegen übernehmen.
    Die Kriminalisierung derjenigen, die auf See Hilfe leisten, insbesondere der Seeleute, muss aufhören. Die internationalen Übereinkommen zur Seenotrettung müssen eingehalten und umgesetzt werden, damit jeder, der sich in Gefahr befindet, gerettet werden kann.
    Unsere Gewerkschaften verurteilen den Gesetzentwurf über Staatsangehörigkeit und Grenzen, der derzeit vom britischen Parlament geprüft wird und darauf abzielt, die Beantragung von Asyl im Vereinigten Königreich zu erschweren, Seeleute, die auf See Hilfe leisten, zu kriminalisieren und Grenzbeamte an der Küste zu zwingen, Schiffe zur Umkehr zu zwingen, wodurch das Leben der Menschen an Bord gefährdet wird.
    Wir verurteilen auch den Rückgriff auf den derzeitigen Einsatz von Frontex durch die Europäische Kommission, die sich der Beihilfe zu Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht hat. Darüber hinaus fordern wir, dass unsere Regierungen Asylsuchenden Arbeit und soziale Rechte ermöglichen, um ihre Ausbeutung zu verhindern. Nicht die Einwanderung führt zu Sozialdumping, sondern die Rechtlosigkeit von Migranten und Asylsuchenden!
    Das Ideal der Solidarität muss vorherrschen. Unsere Organisationen fordern von unseren Staaten, dass sie alles tun, um sicherzustellen, dass Asylsuchende in Würde aufgenommen werden und Zugang zu einer menschenwürdigen Unterkunft, sozialem Schutz und kostenloser Gesundheitsversorgung haben.
    Unsere Organisationen bekräftigen ihre Entschlossenheit, ein gerechteres und solidarischeres Europa zu schaffen, in dem die Achtung der grundlegenden Menschenrechte für alle vorherrscht.“ Maschinenübersetzung der gemeinsamen Pressemitteilung vom 30.11.2021 externer Link (fr. bei der CGT)
  • Überlebender des Bootunglücks: Britische und französische Polizei ließ Flüchtlinge im Ärmelkanal ertrinken 
    „Der 21-jährige Kurde Mohamed Shekha Ahmad, einer der beiden Überlebenden des Bootsunglücks im Ärmelkanal am 24. November, enthüllte am Montag gegenüber der kurdischen Nachrichtenagentur Rudaw, dass die französische und britische Polizei die verzweifelten Hilferufe der ertrinkenden Flüchtlinge ignorierte. Diese Aussage entlarvt die zynischen Lügen von Premierminister Boris Johnson, dem französischen Premierminister Jean Castex und dem französischen Innenminister Gérald Darmanin, für die Todesfälle seien Schleuser verantwortlich. Die Gruppe von 33 bis 35 Migranten kam um etwa 18 Uhr an der französischen Küste vor Dünkirchen an. Unter ihnen waren 15 irakische Kurden, vier iranische Kurden, vier Somalis, vier Äthiopier, zwei Ägypter und eine Person aus Vietnam. Auch mehrere Frauen und Kinder waren dabei, darunter ein dreijähriges Mädchen und zwei junge Kurdinnen namens Maryam Nuri Mohamad Amin und Muhabad, die zu ihren Verlobten in Großbritannien wollten. Mohamed hatte die Hoffnung, in Großbritannien als Bauarbeiter Geld für die Behandlung seiner Schwester Fatima zu verdienen, deren Bandscheiben an der Wirbelsäule zusammengewachsen sind. (…) Weitere Schilderungen der Katastrophe bestätigen Mohameds Darstellung. Der zweite Überlebende, ein Somali namens Mohamed Isa Omar, berichtete ebenfalls, dass die Flüchtlinge sowohl die britischen als auch die französischen Behörden kontaktiert hätten: „Die meisten Hilferufe gingen nach Großbritannien. … Sie konnten uns hören, wir riefen um Hilfe, nicht einmal, sondern zweimal. Wir sind in britischen Hoheitsgewässern untergegangen.“ Ein Verwandter eines der kurdischen Opfer, der als Namen „Taha“ angab, bestätigte Mohameds Schilderung in einem Telefoninterview mit Rudaw aus dem Irak. (…) Die offizielle Kampagne gegen „Schleuser“ wird ebenso als Lug und Trug entlarvt wie die Behauptungen der Nato-Mächte, große Sympathie für die Kurden zu empfinden. In den letzten zehn Jahren wurden potenzielle Gefahren für Kurden als Vorwand für Nato-Militäreinsätze in Syrien und dem Irak benutzt, in denen Milliarden Dollar verschwendet wurden, um Tausende von Soldaten zu mobilisieren und ganze Städte zu zerbomben. Doch wenn es nicht um einen Kriegsvorwand geht, sondern um die Entsendung von Booten, um 30 Menschen ein paar Kilometer vor der Küste von zwei der reichsten Länder Europas zu retten, wird nichts unternommen…“ Beitrag von Alex Lantier vom 1. Dezember 2021 bei wsws.org externer Link
  • Frontex im Ärmelkanal: EU-Behörde soll Geflüchtete an Überfahrt nach Großbritannien hindern 
    Das Zuschieben der Verantwortung für den Tod von 27 im Ärmelkanal gestorbenen Geflüchteten geht weiter: Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin forderte am Montag Großbritannien auf, Flüchtlingen die »legale Einwanderung« zu ermöglichen. Menschen, die Schutz in Großbritannien suchen, bleibe kein anderer Weg, als die »Überquerung des Ärmelkanals«, so der Minister laut AFP. Während in Frankreich jährlich 150.000 Asylanträge gestellt würden, liege die Zahl im Vereinigten Königreich bei 30.000. Trotz der Aussage Darmanins signalisierten Frankreich und die EU-Staaten Entgegenkommen gegenüber London. Am Sonntag trafen sich Vertreter der Mitgliedstaaten, die EU-Kommission, die Polizeibehörde Europol sowie die Abschottungsbehörde Frontex im nordfranzösischen Calais und erklärten in ihrer Abschlusserklärung, die »gemeinsame Zusammenarbeit« mit London »verbessern« zu wollen. Ab Mittwoch soll ein Frontex-Flieger die Küste des Ärmelkanals zwischen Frankreich und den Niederlanden »Tag und Nacht« überfliegen, um gegen »kriminelle Schleusernetzwerke« vorgehen zu können. Auch die britische Innenministerin Priti Patel hätte bei dem Treffen in Calais dabei sein sollen, war allerdings von Darmanin kurzfristig ausgeladen worden, nachdem ein Brief des britischen Premiers Boris Johnson am Freitag einen diplomatischen Eklat ausgelöst hatte. Paris war verärgert, dass Johnson in dem Schreiben von Frankreich die Rücknahme aller Schutzsuchenden gefordert und den Brief auf Twitter veröffentlicht hatte...“ Artikel von Emre Sahin in der jungen Welt vom 30.11.2021 externer Link
  • Tödliche Überfahrt im Ärmelkanal: Insassen eines gekenterten Schlauchboots sterben bei Versuch, nach Großbritannien zu gelangen
    „Es war am frühen Mittwochnachmittag, als Fischer Alarm schlugen: Im Ärmelkanal hatten sie auf dem Wasser treibende Leichen gesehen. Schnellboote des französischen und des britischen Küstenschutzes konnten nur zwei Überlebende eines gekenterten Schlauchbootes aus dem Wasser retten. Bei den Insassen des Bootes, unter denen sich sieben Frauen und drei Kinder befanden, handelte es sich fast durchweg um irakische und syrische Kurden. Das Unglück ist das opferreichste, seit sich ab 2018 die Versuche von Geflüchteten, von Frankreich nach Großbritannien zu gelangen, aufs Wasser verlagert haben. Durch immer perfektere Sicherheitsmaßnahmen wurde es seinerzeit fast unmöglich gemacht, sich auf der Ladefläche von Lkw zu verstecken und nach Großbritannien zu gelangen. Seitdem organisieren von den Geflüchteten dafür teuer bezahlte »Schlepper« die Flucht übers Meer. Sie besorgen dafür Schlauchboote mit Außenbordmotor, die im Schutze der Dünen in wenigen Minuten aufgeblasen werden und meist überladen in See stechen. Auch wenn das Manöver durch Drohnen entdeckt wird, kommt die Polizei fast immer zu spät. »Frankreich wird nicht zulassen, dass der Ärmelkanal zu einem maritimen Friedhof wird«, betonte Präsident Emmanuel Macron in einer Erklärung. Er forderte »die unverzügliche Verstärkung der Mittel, die der Agentur Frontex zur Sicherung der Außengrenzen der EU zur Verfügung stehen« und die Einberufung einer Dringlichkeitssitzung des EU-Ministerrats der Innenminister über die »Herausforderung«, welche die Flüchtlingsbewegung für die EU darstelle. Gleichzeitig versicherte er, dass »alles getan wird, um die Verantwortlichen für das Flüchtlingsdrama im Ärmelkanal ausfindig zu machen und zur Verantwortung zu ziehen«. Noch am Mittwoch wurden vier Personen verhaftet, die im Verdacht stehen, als Schlepper die Überfahrt organisiert zu haben. Eine fünfte Person, die das Schlauchboot in Deutschland gekauft hat, wurde am Donnerstag festgenommen…“ Beitrag von Ralf Klingsieck vom 25. November 2021 bei neues Deutschland online externer Link
  • Migration nach Großbritannien: EU-Polizeien wollen versteckte Kameras an Stränden installieren
    „Mit mehreren Polizeiaktionen wollen die Anrainer des Ärmelkanals unerwünschte Überfahrten von Migrant:innen verhindern. Trotz Brexit nimmt Großbritannien an diesen vom Rat der EU finanzierten Maßnahmen teil. Deutsche Behörden planen Internet-Kampagnen gegen den Verkauf von Schlauchbooten und Motoren. Bis zu 27.000 Menschen könnten allein in diesem Jahr ohne Passkontrolle über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen sein, damit hätte sich deren Zahl gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Überfahrten mit Schlauchbooten erfolgen mitunter mehrmals täglich und meistens sehr früh am Morgen, beliebte Abfahrtsorte sind die französischen Küsten von Bray-Dunes und Dünkirchen an der belgischen Grenze. Großbritannien und Frankreich hatten bereits mehrere Verabredungen zur gemeinsamen Migrationsabwehr geschlossen. Die Regierung in London zahlte zuletzt 63 Millionen Euro für die Ausweitung von französischen Patrouillen, die abermalige Verdopplung dort eingesetzter Polizeikräfte, flächendeckende Überwachungstechnik auch in der Luft sowie schwimmende Barrieren an Hafenanlagen und Mündungen. Zusammen mit Belgien schließen sich die beiden Länder für das kommende Jahr außerdem in einer Polizeiaktion „Kleine Boote“ zusammen, um die Gebiete gemeinsam zu überwachen. Auch die Agenturen Frontex und Europol nehmen daran teil. Zunächst wollen die Behörden Lageberichte und Analysen zu Netzwerken von „Menschenschmugglern“ erstellen. Informationen stammen dabei von bezahlten Informant:innen sowie Observationen vor Ort. Hierzu installieren die Ermittler:innen an den Stränden und Dünen Kameras, „die in der Landschaft versteckt sind“. (…) Das „Gemeinsame Operative Team“ (JOT) wird über den EMPACT-Mechanismus des Rates finanziert. (…) Neben „Kleine Boote“ haben Großbritannien und Deutschland eine weitere Polizeiaktion im Rahmen von EMPACT verabredet. Ziel ist die Unterbrechung der Lieferketten für kleine Wasserfahrzeuge und Motoren, wenn diese „zur Erleichterung der Schleusung von Migranten bestimmt sind“. Von Interesse sind alle Arten von Schlauchbooten, außerdem „andere Boote“ sowie Ausrüstungen und Schwimmwesten…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 26. November 2021 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Nach der Tragödie des Schiffbruchs vor Calais: Verstärken wir die Solidarität mit den Migrantinnen und Migranten!
    Der tragische Schiffbruch vor der Küste von Calais am 24. November kostete mindestens 27 Menschen, Männer, Frauen und Kinder, das Leben. Die Rettungskräfte der SNSM von Calais konnten nur zwei Überlebenden helfen.
    Diese verzweifelten Versuche werden nicht aufhören; die Exilanten überqueren täglich zu Hunderten den Ärmelkanal. Bereits am Tag nach der Tragödie nahmen Migrantinnen denselben Weg. (…) Die Union Syndicale Solidaires verurteilt die europäischen politischen Entscheidungen im Bereich der Einwanderung, die auf Sicherheitskontrollen unter Missachtung der internationalen Menschen- und Kinderrechtskonventionen beruhen. Wir akzeptieren nicht die rassistischen Anti-Einwanderungsdiskurse, die täglich von den Nachrichtensendern verbreitet werden. Die Lösung liegt in einer massiven Regularisierung von undokumentierten Migranten, einer menschenwürdigen Aufnahme und echten Integrationsbedingungen. Wir werden wachsam bleiben und rufen alle dazu auf, sich trotz der Kriminalisierung des „Solidaritätsdelikts“ in den Kollektiven und Vereinen zu engagieren, die täglich in Solidarität mit den Exilierten arbeiten. Es ist höchste Zeit, FRONTEX abzuschaffen und die Grenzen zu öffnen!...“ Aus der (franz.) Presseerklärung der SUD vom 26.11.2021 externer Link

Siehe u.a. zum Thema im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=194051
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