Kampagne „RWE & Co enteignen“ und Vergesellschaftung des Energiesektors

Dossier

Kampagne "RWE & Co enteignen"„… Grundbedürfnisse müssen marktfrei organisiert werden. Deshalb kämpfen wir für einen System Change, um den Kapitalismus zu überwinden und eine solidarische Welt aufzubauen. Profitgesteuerte Großkonzerne wie RWE, in denen einige wenige Menschen alle relevanten Entscheidungen treffen, sind weder demokratisch noch sozial noch ökologisch (…) Konzerne produzieren die Energie nicht, um den Bedarf von Menschen zu decken, sondern um auf Kosten der Verbraucher*innen Gewinn zu machen. Für diese Gewinne werden sowohl der Planet als auch wir Menschen ausgebeutet: Es werden die billigsten (und dreckigsten) Rohstoffe verwendet, die Preise für Verbraucher*innen sind hoch und um wettbewerbsfähig zu bleiben werden außerdem sämtliche Ausgaben wie Lohnkosten so gering wie möglich gehalten. Während die Konzerne riesige Summen anhäufen, verdienen ihre Angestellten oft sehr wenig…“ Aus den Forderungen auf der Aktionsseite externer Link – siehe weitere Informationen:

  • Neue Energie für Vergesellschaftung für neue Energie – Vergesellschaftungsperspektiven im Energiesektor New
    „Die vorliegende Broschüre soll ein Anstoß und Aufruf sein, die Ambition einer demokratisierten Energiewirtschaft ernst zu nehmen und die Überlegungen, Potenziale, Auseinandersetzungen und Versuche dahin voranzutreiben. Was bedeutet es, den Energiesektor zu vergesellschaften? Reicht es dafür aus, einzelne große Energieerzeuger zu enteignen? Oder muss die ganze Energiewirtschaft von Energieproduktion bis -verteilung vergesellschaftet werden, um Energie als Teil einer guten Daseinsvorsorge für alle gestalten zu können? Wer ist von dem aktuellen, zerstörerischen Status Quo des Energiesystems besonders betroffen und sollte daher in den Entscheidungsstrukturen eines vergesellschafteten, also auch demokratisierten Energiesektors mitbestimmen? Wie werden wir dabei einem Klimagerechtigkeitsanspruch gerecht, der den globalen Raubbau europäischer Energiekonzerne ernst nimmt und damit die Betroffenen dieser Verhältnisse auch im globalen Süden mit einbezieht? Wo sollte Energieerzeugung möglichst dezentral stattfinden und lokal gestaltet werden, wo müssen, etwa im Bereich von Energieverteilung und -netzen, zentralere Lösungen her? Dies sind nur einige der politischen, strategischen und technischen Fragen, die es für eine Vergesellschaftungsperspektive im Energiesektor zu klären gilt und die auf der von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit weiteren Partnern organisierten Vergesellschaftungskonferenz im Herbst 2022 aufgekommen sind. Die einzelnen Beiträge der Broschüre bilden einerseits die thematische Gliederung der Vergesellschaftungskonferenz ab, fokussieren dabei aber auf Potenziale und Herausforderungen von Vergesellschaftung im Energiesektors. Dabei sind die Autor*innen – wie auch die Referent*innen und Teilnehmer*innen der Konferenz – aus den vielfältigen Tätigkeitsbereichen der gesellschaftlichen Linken: aus kritischer Wissenschaft, sozialen Bewegungen, Verbänden oder konkreten Vergesellschaftungsinitiativen.“ Hinweis der Rosa-Luxemburg-Stiftung externer Link auf die im März 2023 von der communia e.V. herausgebenden 60-seitigen Broschüre ‚Neue Energie für Vergesellschaftung für neue Energie‘ externer Link
  • RWE: Die Profiteure der Heißzeit / Eigentumsverhältnisse sind antastbar: Über die mögliche Vergesellschaftung von RWE 
    • RWE: Die Profiteure der Heißzeit
      „Der Braunkohle-Konzern hat ein glänzendes Geschäftsjahr hinter sich, mit Gewinnen, die die eigenen Erwartungen übersteigen. (…) Da dürften in Essen die Champagner-Korken geknallt haben. Der Braunkohlekonzern RWE, für den die schwarz-grüne Düsseldorfer Landesregierung gerade noch mit einem massiven Polizeieinsatz, viel Gewalt und bedenklichen Einschränkungen der Pressefreiheit den kleinen rheinländischen Weiler Lützerath räumen ließ, um den Weg für die Vernichtung wertvoller Ackerfläche und den weiteren Abbau von Braunkohle freizumachen, hat seine eigene Gewinnerwartung deutlich übertroffen. 2,1 bis 2,6 Milliarden Euro Reingewinn hatte man erwartet, schreibt der Nachrichtensender n-tv, geworden seien es nach vorläufigen Zahlen jedoch 3,228 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Reingewinn, wohlgemerkt. Das operative Ergebnis, das heißt, der Gewinn vor Steuern, Abgaben, Zinsen und Abschreibungen lag bei 6,31 Milliarden Euro. Offensichtlich gehört der mit der Lokal-, Landes- und auch Bundespolitik eng verwobene Konzern zu den Gewinnern der gegenwärtigen durch Verknappung hervorgerufenen hohen Strom- und Gaspreise. Wie das Handelsblatt berichtet, machte der Konzern vor allem mit seinen Wasser-, Gas- und Kohlekraftwerken viel Geld. In Spitzenzeiten habe 2022 der Börsenstrompreis um mehr als das Zehnfache über den in den Vorjahren üblichen Werten gelegen. 3,228 Milliarden Euro. So viel Geld lässt sich also mit dem Zerstören der Zukunft, mit dem Zerstören von Dörfern und fruchtbarstem Ackerboden, mit dem Verbrennen fossiler Kraftstoffe machen, die CO freisetzen, das sich dann in der Atmosphäre anreichert, um für die nächsten Jahrtausende für ein Klima zu sorgen, dass die Meere gefährlich ansteigen lässt, Korallen und Fischbestände vernichtet und Ernten mit Dürren und Extremniederschlägen verdirbt. Geld, das an Aktionäre ausgeschüttet oder in neue fossile Projekte gesteckt wird, ganz so wie die Rekordgewinne der Ölkonzerne. Geld, dass bestenfalls nur in homöopathischen Dosen in regenerative Energieträger und deren Infrastruktur landet, die so dringend benötigt werden. Aber es gibt ja wichtigeres. Zum Beispiel die Aktienkurse der Rüstungsindustrie und die Lieferung von Panzern in die Ukraine, um die Krise weiter zu verschärfen und die von RWE goutierten Preise weiter in die Höhe zu treiben. Denn wir sind ja schließlich im Krieg mit Russland (Baerbock) und wollen noch ein wenig weiter an der Eskalationsschraube drehen. Bekanntlich ist das mit den Atomraketen ja auch alles nur so eine Panikmache, wie das Gerede vom Klimawandel, oder?“ Kommentar von Wolfgang Pomrehn vom 27. Januar 2023 bei Telepolis externer Link
    • Eigentumsverhältnisse sind antastbar: Über die mögliche Vergesellschaftung von RWE
      „Die aktuellen Debatten um Kohleausstieg und Energiewende zeigen, dass Entscheidungen auf dem Gebiet der Energiewirtschaft hochpolitisch sind und nicht ohne Blick auf das Wohlergehen dieser sowie folgender Generationen gefällt werden können. (…) Dem Gesetzgeber stehen kraft Verfassung umfangreiche Befugnisse zur Umstrukturierung der Wirtschaftsordnung zu. Die Möglichkeit zur Vergesellschaftung wurde in der bundesdeutschen Geschichte noch nicht wahrgenommen, und entsprechend wenig Beachtung fand Art. 15 GG in auch der Rechtswissenschaft. (…) Dem Gesetzgeber stehen kraft Verfassung umfangreiche Befugnisse zur Umstrukturierung der Wirtschaftsordnung zu. (…) Eingegrenzt wird diese Kompetenz nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lediglich durch die Grundrechte, insbesondere durch Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG sowie dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG. Art 15 GG ermöglicht es, „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel […] zum Zwecke der Vergesellschaftung […] in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft [zu überführen]“. Grundsätzlich ist also eine Vergesellschaftung des Energiesektors mittels Gesetzes denkbar. (…) Richtig ist, dass Maßnahmen nach Art. 15 GG keiner Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegen. Dies ergibt sich logisch aus der Konzeption der Norm als Öffnung in andere Wirtschaftssysteme. Demnach steht der Übergang in eine andere Wirtschaftsordnung im politischen Ermessen des Gesetzgebers und muss gerade nicht gegenüber der herrschenden Eigentums- und Wirtschaftsordnung gerechtfertigt werden. Bei anderer Ansicht wäre der mögliche Anwendungsbereich des Art. 15 GG wesentlich beschränkter als vom Verfassungsgeber beabsichtigt und würde das Grundgesetz gerade doch zu einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten Verfassung machen, die nur im Ausnahmefall eine Vergesellschaftung erlaubt. Eine solche Lesart liefe auf ein Verständnis der Norm als „Freiheitsrecht auf Nichtsozialisierung“ hinaus, wodurch eine Vergesellschaftung nur bei Vorliegen eines besonders wichtigen, übergeordneten Zwecks möglich wäre. Dagegen spricht jedoch eindeutig der Wortlaut der Norm, welcher die Überführung in die Gemeinwirtschaft „zum Zwecke der Vergesellschaftung“ und somit als Selbstzweck vorschreibt. Untermauert wird dies durch die Tatsache, dass Hermann von Mangoldt und Thomas Dehler im Parlamentarischen Rat mit ihrem Antrag scheiterten, die Vergesellschaftung nur „zum Wohle der Allgemeinheit“ zuzulassen. Zwar wird die Überführung in die Gemeinwirtschaft regelmäßig auf die Verfolgung von Zielen des Allgemeinwohls hinauslaufen. Damit ist das Gemeinwohl jedoch nur die Folge von Vergesellschaftung und nicht ihre Voraussetzung. (…) Selbst bei Vornahme einer Verhältnismäßigkeitsprüfung wäre die Vergesellschaftung von RWE möglich. Es existiert ein hinreichend gewichtiges Interesse der Gemeinschaft, den Energiesektor zukunftstauglich und demokratisch zu gestalten. Neben Preissenkungen für Verbraucher*innen könnten die Rekordgewinne von RWE aus den Krisenjahren außerdem für die Umstrukturierung des Energiesektors hin zu erneuerbaren Energien genutzt werden. Ebenso wie beim Wohnraum kommt hinzu, dass fossile Energieträger nur begrenzt verfügbar sind. Dass die Verbrennung dieser verbleibenden Rohstoffe möglichst umweltschonend und nicht profitmaximierend stattfinden muss, ergibt sich nicht zuletzt aus dem vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Gebot der „Schonung künftiger Freiheit„. Eine solche Neuausrichtung kann privatwirtschaftlichen Unternehmen aufgrund ihrer inhärenten Profitorientierung sowie ihrer mangelnden demokratischen Legitimation nicht gelingen. (…) Unabhängig von den Detailfragen scheint eine Vergesellschaftung in Anbetracht der staatlichen Milliardenbeträge, mit denen sich Energiekonzerne den Kohleausstieg vergolden lassen, finanzierbar. Die Möglichkeiten der Finanzierung sind zahlreich. Sie kann falls nötig über Jahrzehnte erfolgen und anteilig über die Einnahmen der vergesellschafteten RWE Power AG finanziert werden. Auch die kürzlich erst erfolgte Verstaatlichung von Uniper zeigt, dass solche Vorhaben finanzierbar sind. Abschließend bleibt festzuhalten: Der Verfassungsgeber gestaltete das Grundgesetz wirtschaftssystemoffen. Mit Art. 15 GG wurde er umfassend dazu ermächtigt, Unternehmen und ganze Wirtschaftszweige zu vergesellschaften, um sie zugunsten des Gemeinwohls zu nutzen. Trotz zahlreicher Versuche der Literatur, den Anwendungsbereich von Art. 15 GG möglichst eng zu ziehen, stehen die Eingrenzungen auf die Verhältnismäßigkeit, die Krisenfunktion oder die Ausrichtung auf Monopolbekämpfung einer Vergesellschaftung nicht im Wege. Der Protest gegen RWE und den sogenannten Kompromiss zum Kohleabbau resultiert nicht zuletzt aus dem privatwirtschaftlichen Aufbau des Energiesektors und der damit verbundenen Erwirtschaftung von Rekordgewinnen auf dem Rücken krisengeplagter Verbraucher*innen und zukünftiger Generationen. Eine gerechte und nachhaltige Stromversorgung ist ein Bereich, der gemeinwirtschaftlich gestaltet werden kann und sollte. So könnten Fragen rund um Preisgestaltung, Kohleausstieg, Nuklearenergie und Energiewende in demokratischen Entscheidungsprozessen beantwortet und die Unternehmenspolitik dahingehend ausgerichtet werden. Die RWE Power AG ist somit ein in allen Belangen geeignetes Sozialisierungsobjekt.“ Analyse von Georg Freiß vom 26. Januar 2023 beim Verfassungsblog externer Link
  • Siehe auch #RWEenteignen #StromIstKeineWare und die Kampagne auf Twitter externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=193869
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