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Zimmerleute in Washington setzten sich im Basisstreik gegen ihre Gewerkschaftsführung durch

Dossier

Washington Carpenter Revolt Swells Picket LinesNach einer vierten Runde Tarifverhandlungen wiesen Schreiner*innen in Washington den von den Gewerkschaften ausgehandelten Vertrag zurück. Da Vertreter der Gewerkschaft nicht bereit waren die Arbeiter*innen in einem Arbeitskampf zu organisieren, und durch fehlende Stärke und Militanz in vorherigen Tarifrunden Unterstützung bei den eigenen Arbeiter*innen verloren hatten, organisiert eine Gruppe von Oppositionellen, die Peter J. McGuire Group (benannt nach dem Bekannten Sozialisten und Gewerkschafter), die Mitglieder der Northwest Carpenters Union seit dem 16.09.2021 zu einem Streik der Basis. 2000 Arbeiterinnen waren deswegen am 16. in den Streik getreten, während Arbeiter*innen auf Baustellen mit sogenannten no-strike clauses (vertragliche Verbote von Streiks gerade bei öffentlichen Bauprojekten) in Solidarität mit ihren Kolleg*innen zwei Stunden ihres täglichen Lohns an diese umverteilen. Die Arbeiter*innen kämpfen um eine Lohnerhöhung von mindestens 15 Dollar über drei Jahre sowie bessere Leistungen bei Kranken- und Rentenversicherung, um den existenzsichernden Lohn einzuholen, welcher in Städten in den letzten Jahren auf bis zu 58 Dollar die Stunde (für Single-Eltern mit drei Kindern) gestiegen war. In der Streikpostenkette zeigen sich Arbeiter*innen erfreut über die neue Kampfeslust in der Gewerkschaftsbasis, so sagte einer der Schreiner „Das ist der schöne Teil – jetzt nehmen die Mitglieder ihre Gewerkschaftsführung in die Hand und lenken sie in die richtige Richtung“ (übersetzt aus dem Englischen)… Zusammenfassung aus den Artikeln von Luis Feliz Leon vom 15.09.2021 externer Link („After Voting Down Four Tentative Agreements, Washington Carpenters Strike“) und 17.09.2021 externer Link („Washington Carpenter Revolt Swells Picket Lines“) bei LaborNotes, siehe dazu weitere Informationen (auch zur Änderung der Überschrift: Zimmerleute, nicht Schreiner*innen!):

  • Knappe Mehrheit bestätigt neuen Tarifvertrag für streikende Zimmerleute in Washington – und kritisiert die Gewerkschaftsführung New
    Der Basisstreik der Zimmerleute in Washington endete vorletzte Woche, nachdem eine knappe Mehrheit von 54% der Arbeiter*innen für einen neuen Tarifvertrag gestimmt hat. Der neue Vertrag (die 5. Version, die die Gewerkschaftsführung den Arbeiter*innen vorgelegt hatte), beinhaltet eine Lohnerhöhung von 10.02 Dollar über drei Jahre, die Festlegung von Beschwerdefristen und Verbesserung der Schutzmaßnahmen gegen Belästigung und Diskriminierung sowie die Einführung des Martin-Luther-King-Tages als neuen unbezahlten Feiertag. Wichtig war für viele Arbeiter*innen gerade die Kürzung des Vertrags von vier auf drei Jahre, da sie sich damit wieder im selben Tarifzyklus befinden, wie andere Berufsgruppen in Washington und so gemeinsam für bessere Bedingungen und Löhne kämpfen können. Viele Arbeiter*innen sind allerdings unzufrieden mit den Ergebnissen der Verhandlungen und der Art und Weise, wie die Gewerkschaftsführung den Arbeitskampf geführt hat. „Wir wurden von Anfang an sabotiert. Wir haben drei Wochen lang halbherzig gestreikt, um ein paar Pfennige mehr zu bekommen“ (übersetzt aus dem Englischen) sagte Zimmerman Nolan gegenüber LaborNotes. Die Gewerkschaftsführung war zu konzentriert darauf, Stimmen für ihren Tarifvertrag zu gewinnen, um Vorbereitungen für einen gut organisierten Streik zu treffen, und konnte am Ende an vielen Arbeitsplätzen Streiks unterbinden. Dass die wilden Streiks, die vielerorts von Oppositionellen organisiert wurden, dann von der Führung unterdrückt und mit Gegenwehr beantwortet wurden, schaffte einen Bruch in der Gewerkschaft, der viele Arbeiter*innen über die Aussichten des Streiks desillusionierte. Schlussendlich war es diese Desillusion, die viele Zimmerleute dazu veranlasst haben dürfte, für den neuen Vertrag zu stimmen. (Aus dem englischen Artikel von Luis Feliz Leon vom 19.10.2021 bei LaborNotes externer Link:„After Strike, Washington Carpenters Approve New Contract by Slim Margin“
  • Hinweis zur Änderung der Überschrift
    Uns erreichte der Hinweis eines aufmerksamen und kenntnisreichen Lesers: „Carpenter sind auf deutsch Zimmerleute, keine SchreinerInnen/TischlerInnen. Letztere machen nur Innenausbau. Zimmerleute spielen in den USA eine größere Rolle im Bauwesen, weil viele Häuser in Leichtbauweise gebaut werden, ohne Steine und Beton. In Deutschland machen sie vor allem Dachstühle etc. Möglicherweise werden sie in den USA und anderen Ländern auch beim Betonieren für den Bau der Verschalungen eingesetzt, jedenfalls hat sich dieser Beruf aus den Zimmerleuten entwickelt. Dies sieht man schön in „Die Spur der Steine“.“ Wir danken Matz, dem Schreiner, herzlichst und sind nun hoffentlich alle etwas schlauer…
  • „Sie haben getan, was sie konnten, um sicherzustellen, dass es nicht funktioniert“
    „Wir haben diese Angebote abgelehnt, weil die Lebenshaltungskosten im Raum Seattle und im Westen Washingtons in den letzten zehn Jahren astronomisch gestiegen sind und die Löhne der Zimmerleute nicht mit denen der anderen mechanischen Berufe Schritt halten konnten. Die meisten Zimmerleute leben nicht mehr in Seattle. Wir sind aus der Stadt verdrängt worden. Sie müssen von immer weiter weg pendeln, und viele von ihnen können es sich nicht mehr leisten, überhaupt noch ein Haus zu kaufen. Nicht nur, dass unsere Gehaltserhöhungen im Laufe der Jahre nicht Schritt gehalten haben, obwohl wir den größten Bauboom in der Geschichte der Region erlebt haben, sondern auch die Kosten für die Gesundheitsversorgung steigen weiter, und unser Rentensystem hat die Erwartungen der Mitglieder nicht erfüllt. Es ist seit Jahren unterfinanziert, und im letzten Jahr haben wir tatsächlich 200 Millionen Dollar aus unseren Pensionsfonds verloren. Das Rentensystem ist seit mindestens fünf oder sechs Jahren in Mitleidenschaft gezogen worden. Es war einfach eine Art Abwärtsspirale. Die Löhne halten nicht mit den Kosten für alles Schritt: die Kosten für Parkplätze, die Kosten für Wohnraum, die Kosten für die Gesundheitsversorgung. Wir haben einfach das Gefühl, dass es genug ist. Dies sind einige der qualifiziertesten Schreiner des Landes. Viele meiner Freunde und ich haben an Villen für Millionäre und Milliardäre gearbeitet, und wir werden es uns nie leisten können, auch nur in der Nähe dieser Häuser zu wohnen…“ Teilweise Übersetzung aus dem englischen Interview von Ben Beckett mit Oppositionsführer Art Francisco vom 22.09.2021 bei Jacobin externer Link
  • „Ich denke, es ist an der Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen“
    „… Dazu brauchen die Schreiner*innen neue, von den korporatistischen Gewerkschaften und den beiden Parteien des Großkapitals unabhängige Kampforganisationen, um Informationen auszutauschen, demokratische Diskussionen außerhalb der Kontrolle der Gewerkschaftsbürokratie zu gewährleisten und gemeinsame Aktionen zu koordinieren. Ein solches Basis-Komitee wird keine fruchtlosen Appelle an die korrupten Gewerkschaftsführer*innen oder die Demokraten, die den Staat und den Stadtrat von Seattle regieren, richten, sondern dafür kämpfen, die breitesten Teile der Arbeiterklasse – Lehrer, Beschäftigte im Gesundheitswesen, Amazonas-Arbeiter – im gemeinsamen Kampf gegen die Verschwörung von Unternehmen, Regierung und Gewerkschaften zur Verarmung der Arbeiterklasse zu mobilisieren…“ Aus dem englischen Beitrag der World Socialist Web Site vom 22.09.2021 externer Link
  • Es  gibt eine (span.) internationale Solidaritäterklärung externer Link
  • Siehe auch auf Twitter ein Video der Streikaktion externer Link , ein Soli-Video externer Link , ein Video der Demo externer Link zur Zentrale der Associated General Contractors (AGC) am 25.9.21 und viele weitere unter #westernwacarpentersstrike
  • Weiteres zum Basisstreik der Schreiner*innen findet man in der Fratzebuchseite der Peter J. McGuire Group externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=193795
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