Existenz und Verwertung: Automatische Gesellschaft
„Die fetischismuskritische Richtung der marxschen Analyse betont den automatischen Charakter der kapitalistischen Vergesellschaftung. Und schliesst manchmal daraus, dass eine freie, postkapitalistische Gesellschaft keinen automatischen Charakter haben dürfe. Warum das aus meiner Sicht falsch ist, soll in dieser Kolumne begründet werden. (…) Woher kommt nun die automatisch verselbstständigte Unausweichlichkeit der kapitalistischen Ökonomie? Kurz gesagt: aus der Warenform. (…) Einerseits befriedigt die Ware Bedürfnisse, andererseits sorgt ihr Wertsein für die Verteilung durch Tausch. Doch während wir uns kreativ-gestaltend der Bedürfnisseite zuwenden – entweder als geniessende Konsument*innen oder als sorgfältige Produzent*innen – überlassen wir die Verteilung einem unkontrollierbaren Automechanismus, dem Markt. Es entstehen zwei Logiken, die gegeneinander kämpfen, eine von uns kontrollierbare Bedürfnislogik und eine unserer Kontrolle entzogene Verteilungslogik. Die Verteilungslogik ist im Kern eine Verwertungslogik (…) Dieser sachliche rückgekoppelte Endloszusammenhang der Geldvermehrung und des Weltverbrauchs scheint ohne Menschen auszukommen, und tatsächlich spielen sie auch eine nur untergeordnete Rolle. Aus Sicht der Geldvermehrung sind sie entweder blosse Käufer*innen oder blosses Humankapital, das in der Produktion neben anderen Materialien und Kapitalien vernutzt wird. Aus Sicht der lebendigen Menschen geht es allerdings um ihre Existenz…“ Kolumne von Stefan Meretz vom 6. September 2021 beim untergrundblättle.ch