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Ein GDL-Streik kommt immer passend: V.a. CDU(Mittelstandsvereinigung) will allen wichtigen Berufen das Streikrecht rasieren
Dossier
„Unter dem Eindruck des aktuellen Bahnstreiks fordern Wirtschaftsexperten aus den Unionsparteien eine Verschärfung des Streikrechts. (…) Zuvor berichtete die „Bild“ über Pläne der Unions-Mittelstandsvereinigung, das Streikrecht zu verschärfen. In einem Beschluss, welcher der Zeitung vorliegt, heißt es demnach, dass in einzelnen Bereichen wie dem Bahn- und Luftverkehr, aber auch der medizinischen Versorgung und Pflege künftig andere Arbeitskampfregeln gelten sollen, um zu verhindern, dass „unbeteiligte Dritte übermäßig belastet werden“. Laut der Zeitung zählen zu den Forderungen eine Ankündigungspflicht von mindestens vier Tagen vor Arbeitskämpfen, klare Regeln zur Aufrechterhaltung einer Grundversorgung und ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren vor dem Scheitern von Tarifverhandlungen…“ Aus dem Beitrag „Streit über Streikrecht entbrannt“ am 4. September 2021 bei ntv – solche Vorstöße v.a. im Logistikbereich sind uns weltweit bekannt. Siehe zu diesem:
- Das Positionspapier der FDP-Fraktion für eine „Regulierung“ des Streikrechts in der „kritischen Infrastruktur“ ist raus, Gewerkschaften „empört“, doch wir brauchen Proteste bis Generalstreik
- Positionspapier der FDP-Fraktion: Für eine Regulierung des Streikrechts in der kritischen Infrastruktur
„Die Auswirkungen der Tarifauseinandersetzung zwischen der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn sowie der Bestreikung weiterer Bereiche der kritischen Infrastruktur auf unbeteiligte Dritte und die Gesamtgesellschaft erfordern ein Umdenken. Die Streiks haben in den vergangenen Wochen und Monaten ein Ausmaß angenommen, das die Frage nach der Verhältnismäßigkeit aufwirft. Die potentiell betroffenen Bereiche umfassen das Transport- und Verkehrswesen, die Gesundheits- und Sozialversorgung, Kindertageseinrichtungen, die Energieversorgung, den Brand- und Zivilschutz und die Siedlungsabfallentsorgung. (…)
Beschäftigte in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen wissen, dass – wenn sie ihren Betrieb bestreiken – dieser dadurch in der Regel weniger produzieren, verkaufen und einnehmen wird. Ihnen ist bewusst, dass sich dies auf die Zukunft des Unternehmens und im Extremfall auf die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes auswirken kann. Auch für Gewerkschaften spielt dies eine Rolle, was dazu führt, dass sie in Tarifverhandlungen durchaus Anreize haben, auf einen Kompromiss mit der Arbeitgeberseite hinzuwirken. (…) Dort aber, wo Gewerkschaften und Streikende wissen, dass für ihr Unternehmen verzerrte Wettbewerbsbedingungen gelten, weil das Unternehmen im Fall einer ökonomischen Schieflage durch die öffentliche Hand unterstützt wird, wie z.B. die Deutsche Bahn, können Tarifverhandlungen nicht mehr auf Augenhöhe geführt werden. Die Folge ist, dass es dort immer wieder zu unverhältnismäßigen Streiks kommt, die vor allem den unbeteiligten Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft insgesamt schaden. Aus diesem Grund sind für diese Bereiche, aber auch andere Teile der kritischen Infrastruktur Leitplanken für die Durchführung von Arbeitskämpfen dringend nötig. Ziel muss es sein, das Streikrecht zu wahren und im selben Schritt die Auswirkungen für die Bevölkerung zu minimieren. Daher sind wir der Ansicht, dass es notwendig ist, die Interessen von unbeteiligten Dritten im Hinblick auf die Ausführung von Streiks angemessen zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die Verhältnismäßigkeit von Streiks gewahrt wird. (…) Als Bundestagsfraktion der Freien Demokraten wollen wir hierfür folgende gesetzliche Regelungen für ein Streikrecht umsetzen, von deren konkreter Ausgestaltung jeweils auf der Basis von Tarifverträgen abgewichen werden kann:
– Schlichtungsvereinbarung: Für die genaue Ausgestaltung des Schlichtungsablaufs bedarf es einer Schlichtungsvereinbarung seitens der Tarifparteien. Die Schlichtungsvereinbarung muss – wenn nicht schon vorhanden – zu Beginn der Tarifverhandlungen verpflichtend vereinbart werden. (…)
– Vorankündigungsfrist: Damit unbeteiligte Dritte sowie Unternehmen nicht mit Planungsunsicherheit konfrontiert werden, bedarf es einer ausreichenden Vorankündigungsfrist. Hierfür angemessen ist eine Mindestankündigungsfrist von 72 Stunden für alle Formen von Streiks. Örtliche, zeitliche und tätigkeitsbezogene Angaben müssen aus der Ankündigung ausdrücklich hervorgehen.
– Notbetrieb: Um die Verhältnismäßigkeit von Streiks zu gewährleisten, ist es erforderlich, einen Notbetrieb obligatorisch aufrecht zu halten, indem mindestens 50 Prozent des Betriebes aufrechterhalten bleiben müssen, wenn dies nicht anderweitig gesetzlich geregelt ist. Unter diese Regelung fallen alle Streikformen.
– Abkühlungsphase: Auf jeden Streik muss künftig eine verbindliche Abkühlungsphase folgen, deren Dauer der Ankündigungsfrist entsprechen soll. Zeitliche Begrenzung: Die Dauer von Warnstreiks darf 4 Stunden nicht überschreiten.
– Öffnungsklausel: Mittels eines Tarifvertrags kann von der konkreten Ausgestaltung der vorgenannten gesetzlichen Regelungen abgewichen werden. Ausgenommen hiervon ist die Definition bzw. Abgrenzung der kritischen Infrastruktur selbst.“ Positionspapier vom 03.07.2024 der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, vertreten durch Johannes Vogel - Nach erbitterten Bahnstreiks: FDP will Streikrecht einschränken – Gewerkschaften empört
„Es ist ein verlockender Vorschlag für alle, die sich über Bahn- und Flugstreiks ärgern: Die FDP im Bundestag will das Streikrecht einschränken. Doch es gibt Kritik. Die FDP-Fraktion im Bundestag will das Streikrecht in Branchen der sogenannten kritischen Infrastruktur einschränken. Die Fraktion hat ein Positionspapier beschlossen, das grundlegende Änderungen im Streikrecht fordert. (…) Die FDP sieht vor, dass diese neuen Regeln in Branchen der kritischen Infrastruktur gelten. Diese sei besonders anfällig für „unverhältnismäßige Streiks“. Die Regelungen sollen gewährleisten, dass wichtige Dienstleistungen auch während eines Streiks verfügbar bleiben. Zur kritischen Infrastruktur gehören neben der Bahn und dem Flugverkehr auch der Gesundheits- und Pflegesektor, Kitas, Feuerwehren und die Müllabfuhr. (…)
Die beiden Koalitionspartner der Ampel-Koalition, SPD und Grüne, lehnen den FDP-Vorschlag laut SZ ab. Man könne das Streikrecht nicht gleichzeitig bewahren und einschränken, nach der Devise: „Nur so streiken, dass man den Streik nicht bemerkt“, sagte SPD-Abgeordneter Bernd Rützel der Zeitung.
Die Gewerkschaften kündigten sogar großen Widerstand an. „Das ist faktisch die Aushebelung des Streikrechts für den kompletten öffentlichen Dienst“, wird Verdi-Chef Frank Werneke zitiert. Einen Streik mehrere Tage vorher anzukündigen, schwäche die Gewerkschaften enorm. Und: „Vierstündige Warnstreiks sitzen bestreikte Betriebe auf einer halben Arschbacke aus“, so der Verdi-Chef.“ Artikel von Stephanie Munk vom 03.07.2024 in der FR online - Empörung reicht nicht – unser Vorschlag, in den nächsten Wochen Proteste von den FDP Zentralen zu organisieren ist jetzt umso wichtiger. Bekannt sind konkretere Planungen für solche Proteste aktuell in Berlin, Mainz, Dortmund… Siehe den Aufruf: Wir schlagen Alarm: Nein zum Kürzungshaushalt und weitere drohende Angriffe! Hände weg vom Streikrecht! Jetzt Widerstand gegen den Klassenkampf von oben organisieren!
- Positionspapier der FDP-Fraktion: Für eine Regulierung des Streikrechts in der kritischen Infrastruktur
- FDP will das Streikrecht nach Kapitalwünschen: Enge Ankündigungsfrist, zeitliche Begrenzung und Zwangsschlichtung… Wir erinnern an den Aufruf „Wir schlagen Alarm“!
- Bei öffentlicher Infrastruktur: FDP-Bundestagsfraktion plant Reform des Streikrechts
„… Die FDP-Bundestagsfraktion plant einem Bericht zufolge Einschränkungen des Streikrechts im Bereich der öffentlichen Infrastruktur. Wie das Portal Table Media am Montag unter Bezug auf ein Positionspapier berichtete, fordert die FDP unter anderem eine Ankündigungsfrist und anschließende Abkühlungsphase von 72 Stunden bei Arbeitskämpfen. (…) Nach dem Vorschlag der AG Arbeit und Soziales soll bei Streiks im Bereich der öffentlichen Infrastruktur in Zukunft zudem ein Notbetrieb von 50 Prozent aufrechterhalten werden. Auch sollen Warnstreiks auf vier Werktage begrenzt werden, berichtete Table. Angesichts des monatelangen Streiks bei der Deutschen Bahn (DB) im Zuge des Tarifkonflikts mit der Lokführergewerkschaft GDL waren die Rufe aus der FDP nach einer Reform des Streikrechts lauter geworden. (…) Laut dem Positionspapier soll es eine verpflichtende Schlichtungsvereinbarung geben, die den Ablauf des Verfahrens und die Berufung von Schlichtern festlegt. Für den Fall, dass dies nicht gelingt, soll eine neutrale Instanz einen Schlichter ernennen, hieß es in dem Bericht weiter. Der Vorschlag befindet sich demnach derzeit in der fraktionsinternen Abstimmung…“ Meldung vom 4.6.2024 im Tagesspiegel online , siehe auch das Original: - Streikrecht: FDP-Fraktion plant Reformen
„Die FDP-Fraktion fordert in ihrem Entwurf einer Reform des Streikrechts unter anderem eine Ankündigungsfrist und eine zeitliche Begrenzung. Die Linke äußert scharfe Kritik: Parteichefin Janine Wissler sagte Table.Briefings, die FDP verlasse mit ihren Vorschlägen „den Boden des Grundgesetzes“.
Die FDP-Bundestagsfraktion möchte das Streikrecht im Bereich der öffentlichen Infrastruktur einschränken. Ein Positionspapier der AG Arbeit & Soziales, das derzeit fraktionsintern abgestimmt wird, liegt Table.Briefings vor. Darin fordern die Liberalen unter anderem eine Ankündigungsfrist und anschließende Abkühlungsphase von 72 Stunden, die Aufrechterhaltung eines Notbetriebs von 50 Prozent und eine zeitliche Begrenzung des Warnstreiks auf vier Werktage. Außerdem soll es eine verpflichtende Schlichtungsvereinbarung geben, die den Ablauf des Verfahrens festlegt und die Berufung von Schlichtern festlegt. Für den Fall, dass dies nicht gelingt, soll eine neutrale Instanz wie die Mindestlohnkommission oder das Bundesarbeitsgericht einen Schlichter ernennen…“ Artikel von Maximilian Stascheit vom 3. Juni 2024 in Table Media Berlin - Und dort dokumentiert das Positionspapier der AG Arbeit & Soziales der FDP oder hier:
- Verhältnismäßigkeit im Streikrecht wahren – Freiheitsrechte unbeteiligter Bürger schützen
„Die jüngsten Streiks im Bahn- und Luftverkehr zeigen deutlich: nicht nur die Wirtschaft nimmt enormen Schaden, sondern auch die persönlichen Freiheitsrechte von Millionen unbeteiligter Bürgerinnen und Bürger werden empfindlich eingeschränkt. Ausufernde Streiks gerade bei der Bahn gefährden zudem das Vertrauen in das öffentliche Verkehrssystem und damit die gesellschaftliche Akzeptanz für Klima- und Verkehrswende…“ Antrag A3005 der BFA Arbeit und Soziales für den 75. Ordentlichen Bundesparteitag bei der FDP - Wir erinnern an den aktuellen Aufruf: Wir schlagen Alarm: Nein zum Kürzungshaushalt und weitere drohende Angriffe! Hände weg vom Streikrecht! Jetzt Widerstand gegen den Klassenkampf von oben organisieren!
- und auch unser Dossier: Kampagne für ein umfassendes Streikrecht – auch gegen massive Preissteigerungen, hohe Mieten oder Heizkosten…
- Bei öffentlicher Infrastruktur: FDP-Bundestagsfraktion plant Reform des Streikrechts
- Aktuelle Versuche, das Streikrecht einzuschränken, und gewerkschaftliche Gegenstrategien: »Das Problem ist das Machtungleichgewicht«
Der Arbeitsrechtler Ernesto Klengel im Interview von Felix Sassmannshausen vom 11. April 2024 in Neues Deutschland online über die Wende, aktuelle Versuche, das Streikrecht einzuschränken, und gewerkschaftliche Gegenstrategien: „Mein Großvater hat im Kalibergbau in Thüringen gearbeitet. Da habe ich mitbekommen, wie Investoren aus Westdeutschland kamen, die dann das Werk zugemacht haben. Und ich habe erlebt, wie in der Nachwendezeit, in der ich in Sachsen aufgewachsen bin, Unternehmen abgewickelt wurden. Da hat auch das Arbeitsrecht nicht viel machen können, vor allem weil wichtige Institutionen des Arbeitsrechts nicht relevant waren. Tarifverträge und vor allem Betriebsräte waren kaum Themen. Diese Eindrücke haben später mein Verständnis vom Arbeitsrecht geprägt. Mir ist wichtig, dass die betriebliche Mitbestimmung ausgebaut und den Erfordernissen der Arbeitswelt von morgen entsprechend angepasst wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass es viele Bereiche gibt, in denen wichtige Arbeitnehmerrechte keine Rolle spielen. (…) Schauen wir uns zum Beispiel die Lkw-Fahrer an, die in Gräfenhausen gestreikt haben, oder die Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten und Zustellern: Vielfach greift das Arbeitsrecht einfach nicht als der maßgebliche Durchsetzungsmechanismus für Arbeitsstandards. Immer weniger Konflikte landen vor den Arbeitsgerichten, die staatliche Aufsicht ist strukturell unterbesetzt. Es sind die Betriebsräte, die vielerorts für die Einhaltung von Arbeitsrechten in ihren Betrieben einstehen. Umso schmerzhafter ist es, dass nach Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung mittlerweile deutlich unter 40 Prozent der Beschäftigten in einem Betrieb mit Betriebsrat arbeiten. Ein wichtiger Faktor für diesen Trend ist der Strukturwandel, der damit einhergeht, dass die Zahl gut bezahlter und mitbestimmter Arbeitsverhältnisse abnimmt. Gleichzeitig wachsen Bereiche, in denen Mitbestimmungsstrukturen erst aufgebaut werden müssen. Und wenn die Digitalisierung in den Betrieben voranschreitet, wird es immer schwieriger, sich am Arbeitsplatz auszutauschen und zu organisieren. (…) Interessenvertretungen werden für viele Beschäftigte wieder wichtiger. Das hat auch damit zu tun, dass sich Arbeitgeber aus der Sozialpartnerschaft verabschiedet haben, der Druck auf die Arbeitsbedingungen steigt. Für gewerkschaftliche Erfolge spielt auch die vergleichsweise gute Situation am Arbeitsmarkt eine positive Rolle. Außerdem verändert sich das gewerkschaftliche Selbstverständnis mit den neuen Erwartungshaltungen der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben. Doch da die Schwächung der Mitbestimmung strukturelle Gründe hat, kann die Trendwende nicht allein von den Gewerkschaften selbst ausgehen. Nötig sind tragfähige arbeitsrechtliche Grundlagen. Juristinnen und Juristen aus den Gewerkschaften haben hierfür einen Vorschlag für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz vorgelegt. Auch für die Stärkung der Tarifbindung liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch…“ - Warum die aktuellen Angriffe auf das Streikrecht vor allem Wahlkampfgetöse sind – und ein fatales Zeichen wären in Zeiten des Rechtsrucks
- Bahnstreiks verbieten? Warum die aktuellen Angriffe auf das Streikrecht vor allem Wahlkampfgetöse sind
„Man kann die Uhr danach stellen: Nimmt ein Arbeitskampf in den Betrieben der sogenannten Daseinsvorsorge länger als ein bis maximal zwei Streiktage in Anspruch, überbieten sich staatstragende Journalist*innen und konservative Politiker*innen mit Forderungen nach einer Begrenzung des Streikrechts. Weil im Frühjahr 2024 mehr oder weniger gleichzeitig der öffentliche Personennahverkehr, die Bahn und der Flugbetrieb bestreikt wird, werden derlei Ideen derzeit natürlich mit besonders viel Verve vorgetragen. Nicht nur die Bildzeitung und die Frankfurter Allgemeine, sondern auch der Bundesverkehrsminister, der Bundeswirtschaftsminister, der FDP-Generalsekretär und allerlei Hinterbänkler*innen fordern seitdem Altbekanntes wie etwa «verpflichtende Schlichtungen, klare Streikfristen und die Möglichkeit, Verhandlungsführer auszutauschen». Und weil der bundespolitische Diskurs mittlerweile so verroht ist, dass man mit derart kleinteilig-technischen Vorschlägen bei den eigenen Wähler*innen gar nicht mehr richtig punkten kann, will man natürlich auch gleich «über eine generelle Einschränkung des Streikrechts in sensiblen Bereichen sprechen». (…) Die Frage liegt nahe: Wieso wird das Arbeitskampfrecht trotz all dieser Kritik und passender parlamentarischer Mehrheiten nicht einfach so lange gesetzlich geschleift, bis es niemand mehr stört? Die Antwort auf diese Frage ist in erster Linie politischer Natur: Wenn die Regierungsparteien es tatsächlich wagen wollten, die Axt an die Grundregeln des deutschen Streikrechts zu legen, würden sie alle DGB-Gewerkschaften gegen sich aufbringen, nicht nur die GDL und die ver.di. (…) Der juristische Teil der Antwort nimmt sich im Vergleich zu diesen politischen Erwägungen geradezu banal aus: Wer im Sozialkundeunterricht nicht komplett durchgeschlafen hat, weiß, dass hier Grundrechte im Spiel sind, die einfache Bundestagsmehrheiten nicht fürchten müssen. Die in Art 9. Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) verbürgte Koalitionsfreiheit garantiert nach der Interpretation aller deutschen Gerichte ein Recht auf Streik. (…) Angesichts dieses sorgfältig austarierten Abwägungssystems besteht für die vom FDP-Generalsekretär geforderte «generelle Einschränkung des Streikrechts in sensiblen Bereichen» selbst aus konservativer Jurist*innensicht überhaupt kein Bedarf. Ohne eine Grundgesetzänderung mit der dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit im Bundestag käme eine derartige Verbotsregelung aber auch ohnehin nicht infrage. Die übrigen Vorschläge zur gesetzlichen Ausgestaltung des Streikrechts, etwa durch verpflichtende Mindestankündigungsfristen, Schlichtungs-Automatismen und ähnliche prozedurale Vorgaben sind seit vielen Jahren Gegenstand der juristischen Fachdiskussion, bisher ohne Ergebnis. Dies dürfte schon daran liegen, dass sich der «konturenlose Begriff der Daseinsvorsorge» (so Detlef Hensche in Däubler, Arbeitskampfrecht § 18 Rn. 56) weder sinnvoll abstrakt definieren noch durch Aufzählung aller möglicher angeblich besonderer «kritischer» Branchen und Tätigkeiten von weniger bedeutsamen Bereichen der Arbeitswelt abgrenzen lässt. Daher dürften auch die nun wieder laut werdenden Forderungen bald wieder in den Schubladen verschwinden – jedenfalls bis zum nächsten Bahn- oder Flughafenstreik.“ Beitrag von Daniel Weidmann vom 25. März 2024 bei der Rosa Luxemburg Stiftung - Protestforscher: „Es wäre ein fatales Zeichen, das Streikrecht einzuschränken“ – gerade in Zeiten des Rechtsrucks
„Lokführer, Flugpersonal, Bus- und Bahnfahrer – immer öfter gehen Beschäftigte auf die Barrikaden und streiken für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Doch wie viel Streik ist gerechtfertigt und wann schießen die Gewerkschaften über das Ziel hinaus? Darüber hat MDR SACHSEN mit dem Protestforscher Piotr Kocyba von der Uni Leipzig gesprochen (…)
[Beliebt macht man sich in Deutschland mit dem Arbeitskampf trotzdem nicht. Die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dominiert den öffentlichen Diskurs. Warum ist das so?]
Das hängt damit zusammen, dass man sich in Deutschland sehr stark über die Wirtschaft und Titel wie „Exportweltmeister“ definiert. Es ist daher oft zu sehen, dass die Perspektive der Arbeitgeber schnell in der öffentlichen Debatte übernommen wird. Das passiert auch, weil Arbeitgeberverbände hervorragend organisiert, gut vernetzt und finanziell üppig ausgestattet sind. Gleichzeitig gibt es harsche Kritik an den Gewerkschaften. Vergessen wird dabei beispielsweise beim Lokführerstreik, dass das Management der Bahn ebenfalls die Verantwortung dafür trägt, durch entsprechende Angebote und Verhandlungsstrategien längere Streikwellen abzufangen. (…) Wir hatten eine Inflationskrise. Arbeitnehmende haben daher das gute Recht, nach Kompensationen zu rufen. Wenn wir in solch einem Moment mit Verschärfungsdebatten um die Ecke kommen und Arbeitnehmenden, die sich demokratisch organisieren und für ihre Interessen eintreten, diese Rechte als Reaktion einschränken, dann ist das ein fatales Zeichen. Gerade in Zeiten des Rechtsrucks, den wir momentan in der Gesellschaft erleben, ist die gewerkschaftliche Selbstorganisation einer der Wege, um demokratisch sozialisiert zu werden. Zudem sollte man immer daran denken, dass das Recht streiken zu dürfen, auch in Deutschland blutig erkämpft worden ist…“ Interview von Stephan Hönigschm vom 25. März 2024 im MDR - Hände weg vom Streikrecht! Morgen kann es um deine Arbeitsbedingungen gehen!
„Wenn Streiks Wirtschaft und Verkehr zum Stillstand bringen, dann kommt regelmäßig der Ruf, das Streikrecht zu beschneiden. Doch bereits jetzt hat Deutschland hohe Hürden für Streiks. Wir sagen: Hände weg vom Streikrecht! (…)
Morgen kann es um deine Arbeitsbedingungen gehen!
Deutschland ist bereits geprägt von einem restriktiven Streikrecht. In Deutschland ist der Streik mit bereits hohen Hürden versehen. Weitere Einschränkungen wie Ankündigungsfristen, Zwangsschlichtungen und Mindestbesetzungen würden das Streikrecht entwerten und Beschäftigten ihr notwendiges Durchsetzungsmittel aus der Hand nehmen. Deshalb: Hände weg vom Streikrecht! Morgen kann es auch um deine Arbeitsbedingungen gehen. Deswegen gilt die Solidarität mit den Anliegen der Streikenden.“ DGB-klartext Nr. 11/2024 vom 27.03.2024
- Bahnstreiks verbieten? Warum die aktuellen Angriffe auf das Streikrecht vor allem Wahlkampfgetöse sind
- Auch 2024 will die CDU den GDL-Streik für die Beschränkung des Streikrechts nutzen – mit erneutem Gegenwind (und einem Einwand von Armin Kammrad)
- CDU für Einschränkung des Streikrechts
„Der Streik der GDL sorgt für Empörung. Unionspolitiker plädieren daher für eine Beschränkung des Streikrechts, jedoch nur für Beschäftigte in der kritischen Infrastruktur, wie z. B. bei der Bahn. Die FDP findet den Vorschlag diskutabel. Ob Personal an Flughäfen oder bei der Deutschen Bahn: Schon länger fordern Politiker von CDU/CSU eine Einschränkung des Streikrechts für Beschäftigte in der kritischen Infrastruktur. Vor allem die Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Gitta Connemann (CDU) erneuert bei jedem Streik im Verkehrsbereich fast schon mantramäßig ihre Forderung nach einem Streikgesetz. Um die „besondere Belastung für Dritte sowie die hohen Kosten für die deutsche Wirtschaft“ so gering wie möglich zu halten, brauche es „primär für die sensiblen Bereiche der kritischen Infrastruktur“ klare Regeln, sagt die Rechtsanwältin, die seit 2002 im Bundestag sitzt. (…) Connemanns Hoffnung ist es wohl auch, dass der Unmut der Menschen über das Agieren der GDL dazu führt, dass auch andere Parteien einem Streikgesetz etwas abgewinnen können. Auch die vielleicht, die es bislang eher mit Arbeitnehmerrechten und Gewerkschaftsinteressen hielten. So wie die SPD: Deren verkehrspolitische Sprecherin im Bundestag, Isabel Cademartori, bezweifelt die Verhältnismäßigkeit des GDL-Streiks (…) Verfassungsrechtlich abgeleitet wird das Recht, per Streik Zugeständnisse von einem Arbeitgeberverband oder dem Arbeitgeber zu erwirken, aus Art.9 Abs.3 Grundgesetz (GG). Ohne den potenziellen Druck eines Arbeitskampfes in der Hinterhand, würde die darin enthaltene Streikfreiheit leerlaufen. Allerdings: Gesetzliche Regeln, was und in welchem Umfang genau erlaubt ist, existieren nicht. (…) Ob ein Streik unverhältnismäßig ist, lässt sich nicht immer leicht beurteilen. Einig ist man sich insoweit nur, dass die Hürden wegen des Grundrechts aus Art. 9 GG hoch sind. Unverhältnismäßig wäre ein Streik z. B. dann, wenn dem Unternehmen dadurch das Aus droht. (…) Connemann und die MIT sehen deshalb auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit in einem künftigen „Streikgesetz“ Regelungsbedarf. Den Arbeitsgerichten sollen in so einem Gesetz konkrete Vorgaben dahingehend gemacht werden. (…) Die Gießener Arbeitsrechtlerin Prof. Dr. Lena Rudkowski, deren Spezialgebiet u.a. der Arbeitskampf ist, hält den Vorstoß aus der Union verfassungsrechtlich nicht für bedenklich: „Aus verfassungsrechtlicher Sicht können zum Schutz der Rechte Dritter Arbeitskämpfe in lebenswichtigen Betrieben reguliert werden“, so Rudkowski im Gespräch mit LTO. „Ein solches Gesetz müsste bestimmte Grenzen einhalten, z. B. wäre eine Zwangsschlichtung auch in der Daseinsvorsorge mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar. Grundsätzlich wäre ein Gesetz zum Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge aber möglich.“ Ähnlich sieht es auch Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott. Er verweist darauf, dass das BVerfG schon heute mangels gesetzlicher Regelung in vielen Fällen angerufen werde, um die Grenzen des Streikrechts zu definieren. „Ein gesetzlich genau definiertes Streikrecht im Sinne eines Arbeitskampfgesetzes könnte helfen, für beide Seiten die zulässigen Arbeitskampfmaßnahmen deutlicher zu regeln und Rechtsunsicherheiten zu vermeiden“, meint Fuhlrott. Auch eine Differenzierung zwischen kritischer Infrastruktur und den übrigen Betrieben wäre seiner Meinung nach möglich. „Bereits derzeit sind Gewerkschaften verpflichtet, bei Streikaufrufen im Bereich kritischer Infrastruktur und der Daseinsvorsorge Notmaßnahmen vorzusehen und hierauf bei der Durchführung von Streiks Rücksicht zu nehmen. Insoweit gibt es bereits eine von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme für bestimmte Bereiche, die man gesetzlich noch weiter schärfen könnte.“ (…) Juristisch könnte man das Streikrecht also begrenzen…“ Beitrag von Hasso Suliak vom 24. Januar 2024 in LTO (es kommt allerdings immer darauf an, welche Arbeitsrechtler gefragt werden!) und dazu:- Einwand von Armin Kammrad
„Stimmt es? Könnte man juristisch legal das Streikrecht begrenzen, ein Standpunkt, den nicht nur die offensichtlich nur wenig an den Interessen der abhängig Beschäftigten orientierten Politiker, sondern auch jene Juristen teilen, die im obigen LTO-Beitrag zitiert werden. Nein, so kann es verfassungsrechtlich betrachtet nicht laufen. Politik gegen das Streikrecht, lässt sich nämlich als Anlass einer Transformation des Streiks in einen politischen Streik interpretieren.
1) Soweit es um tarifvertragliche Ziele geht, würde ein Eingriff in das Streikrecht, einem Eingriff in die Vertragsfreiheit bedeuten. Denn jeder gesetzgeberische Eingriff nur in das Streikrecht benachteiligt die streikenden AN und bevorzugt die AG-Seite; solch „Verhandlungsergebnis“ hätte diktatorischen Charakter.
2) Alle von Hasso Suliak im Beitrag zitierten Politiker und Juristen sind eindeutig nicht für ein gleichberechtigtes Kraftverhältnis zwischen Kapital und Arbeit. Denn nirgends wird auch nur ansatzweise erwogen in die Verhandlungspositionen der DB einzugreifen. Doch auf welcher rechtlichen Basis sollte die GDL zugunsten der DB auf eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn verzichten? Aber logisch: In der kapitalistischen Klassengesellschaft kommt kaum jemand auf die Idee, bei besonders Dritte nachteilig tangierende Arbeitskämpfe in die tarifliche Entscheidungsmacht der AG-Seite einzugreifen. Das scheint die GDL auch besser zu können als der Gesetzgeber. Traurig, dass nun auch noch EVG sich gegen den Streikerfolg der GDL wendet.
3) Statt Faktentreue werden FakeNews verbreitet, nämlich von der Alleinschuld der streikenden AN-Seite. Doch bei der GDL ist klar, dass durchaus Kompromissbereitschaft besteht, aber keine Bereitschaft Tarifverträge nur im Sinne der AG-Seite abzuschließen. Faktisch wäre der Streik zu ende, wenn die DB die GDL-Forderungen erfüllen würde.
4) Das Grundgesetz ist hier allerdings ziemlich eindeutig. So kennt Artikel 9 (Vereinigungsfreiheit) keinen Gesetzesvorbehalt. Vielmehr dürfen sich selbst „Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen (…) nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen (…) geführt werden.“ (Art. 9 Abs. 3 GG)
5) Da nach Art. 9 Abs. 3 GG, Abreden, die das Koalitionsrecht „zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen (…) einschränken oder zu behindern suchen“ nichtig und „hierauf gerichtete Maßnahmen“ rechtswidrig sind, wären gesetzgeberische Eingriffe in das Streikrecht verfassungsrechtlich eindeutig einzuordnen: Die Politik hält sich aus Tarifauseinandersetzungen nicht heraus, sondern betreibt – wie aktuell Bundeskanzler Scholz – verfassungswidrige Parteipolitik zugunsten der AG-Seite oder erwägt sogar verfassungswidrige Eingriffe in das Streikrecht. Zwar betont man gern sein Verständnis für die AN-Seite und die Wichtigkeit des Streikrechts. Aber nun gerade nur das Streikrecht (und nicht die Haltung der AG-Seite) in Frage zustellen, enthüllt eine ziemlich eindeutige Klassenpolitik von Seiten kapitalistischer Parteien. Warum macht Herr Scholz keinen Druck auf den DB-Vorstand, denn wenn Arbeitskräfte fehlen, wäre eine kürzere Arbeitszeit ohne Lohnverzicht gerade im Schichtdienst ein äußerst sinnvolles Mittel um mehr Personal zu gewinnen.
6) Dies wirf natürlich auch ein interessantes Licht auf die rechtliche Einordnung des politischen Streiks. Denn Angriffe auf das Streikrecht sind Angriffe von Seiten des Gesetzgebers gegen die Interessen abhängig Beschäftigter. Ob nun erlaubt oder nicht… Gerade die deutsche Geschichte zeigt in der traurigen Gestalt von Heinrich Brüning, der ab 30. März 1930 Reichskanzler war und die Weimarer Republik mit Notverordnungen reagierte, was für verheerende Folgen Eingriffe in das freie Tarifrecht haben können. So betrachtet, könnte ein breiter politischer Streik gegen Angriffe auf das Streikrecht auch heute wieder ein wichtiges Instrument gegen eine weitere Rechtsentwicklung sein.“ Einwand von Armin Kammrad vom 24. Januar 2024 – wir danken!
- Einwand von Armin Kammrad
- DGB-Niedersachsen: Finger weg vom Streikrecht!
„Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Niedersachsen warnt eindringlich vor Forderungen nach einer Einschränkung des Streikrechts. Der Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall hatte eine Einschränkung des Streikrechts in Bereichen der kritischen Infrastruktur gefordert. Dr. Mehrdad Payandeh, der Vorsitzende des DGB Niedersachsen, dazu: „Finger weg vom Streikrecht! Streiks sind nicht nur ein rechtlich zulässiges, sondern explizit auch durchs Grundgesetz geschütztes Mittel im Arbeitskampf. Ohne Streikrecht gibt es keine Tarifverhandlungen auf Augenhöhe. Der wirtschaftliche Druck, der durch Streiks auf die Unternehmen wirkt, ist das einzige Mittel der Beschäftigten, um für ihre Interessen zu kämpfen. Es handelt sich um ein Grundrecht ohne Ausnahmen. Sonst würde es wie ein Schweizer Käse werden.“ Um zu verstehen, welche Dimension eine solche Forderung hat, muss geklärt werden, welche Bereiche unter die kritische Infrastruktur fallen. Dazu gehören nicht nur Transport und Verkehr, sondern auch Energie, Ernährung, Gesundheit, Staat und Verwaltung, Medien und Kultur und viele weitere Branchen. „Dann dürfte die Hälfte der Beschäftigten ihr demokratisch legitimiertes Grundrecht nicht mehr ausüben. Das steht vollkommen außer Frage!“, so Payandeh. „Zudem zeigt sich, dass es mit den übrigen demokratischen Rechten auch nicht besonders weit her ist, wo es kein freies Streikrecht gibt.“ Hintergrund: Streiks dienen den Beschäftigten und Gewerkschaften als Verhandlungsmittel im Rahmen von Tarifverhandlungen. Sie sind durch die Koalitionsfreiheit im Grundgesetz, Art. 9 gesichert.“ Pressemitteilung des DGB Niedersachsen vom 24. Januar 2024 - Hände weg vom Streikrecht. Der Deutsche Journalisten-Verband weist den Vorschlag aus der CDU-Bundestagsfraktion zurück, das Streikrecht in Deutschland einzuschränken
„Die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, hatte angeregt, für Beschäftigte bei Unternehmen der kritischen Infrastruktur die Möglichkeiten zum Arbeitskampf zu beschränken. „Auch die Medien zählen zur kritischen Infrastruktur. Das haben wir während der Corona-Pandemie deutlich gesehen. Derartige Einschränkungen des Streikrechts könnten daher auch Journalistinnen und Journalisten sowie andere Mitarbeitende von Medienunternehmen betreffen“, erklärt DJV-Vorsitzender Mika Beuster. Für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken sei ein Grundrecht. „Ein Streik, der nicht weh tut, bringt nichts. Hände weg vom Streikrecht!“, fordert Beuster. Die Gerichte hätten das Streikrecht schon jetzt sehr fein austariert. „Auf die Straße zu gehen ist das letzte Mittel im Arbeitskampf, vorher muss schon viel passiert sein.“ Diese Möglichkeit müsse den Gewerkschaften weiterhin zustehen, um ihre berechtigten Forderungen durchzusetzen.“ djv-Pressemitteilung vom 25.01.2024 - Weitere folgen ganz sicher
- Siehe dazu auch unser Dossier: Du bist „systemrelevant“, wenn Dein Lohn nicht steigt, aber Dein Streik – mal wieder – verboten werden soll – weltweiter Überblick
- CDU für Einschränkung des Streikrechts
- Werneke: „Finger weg vom Streikrecht!“ – Tarifeinheitsgesetz abschaffen
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) warnt vor den Plänen der CDU-Mittelstandsvereinigung zur Aushöhlung des Streikrechts und fordert stattdessen die Abschaffung des Tarifeinheitsgesetzes: „Die CDU-Mittelstandsvereinigung muss sich fragen lassen, ob sie überhaupt noch auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Streikrecht und Koalitionsfreiheit sind essentielle Grundrechte. Daran hat niemand herumzupfuschen – schon gar nicht die konservative Wirtschaftslobby samt Arbeitgebern“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke am Montag. Am Wochenende war bekannt geworden, dass die CDU-Mittelstandsvereinigung vor dem Hintergrund der Streiks bei der Deutschen Bahn fordert, Arbeitsniederlegungen in wichtigen Infrastruktur- und Versorgungsbetrieben wie etwa dem Schienenverkehr oder dem Gesundheitswesen mit Ankündigungsfristen und Zwangsschlichtungen massiv einzuschränken. Werneke: „Wer Hand an das Streikrecht legt, muss mit dem entschiedenen Widerstand von ver.di rechnen.“ Stattdessen setzt sich der ver.di-Vorsitzende für die ersatzlose Abschaffung des Tarifeinheitsgesetzes ein…“ ver.di-Pressemitteilung vom 06.09.2021
Siehe zum Hintergrund:
- Dossier: Tarifrunde 2023 der GDL mit Deutsche Bahn AG
- unser Dossier: Koalition hat ihre »Tarifeinheit« – bis zum BVerfG oder Generalstreik?
- und das zum GDL-Streik: Dossier: EVG fordert „Bündnis für Beschäftigung und Mobilität“ – GDL kritisiert Sanierungstarifvertrag
- Sowie branchenübergreifend und international unser Dossier: Du bist „systemrelevant“, wenn Dein Lohn nicht steigt, aber Dein Streik – mal wieder – verboten werden soll – weltweiter Überblick