»
Irak »
»
»
Syrien »
»
»
Türkei »
»

Im Schatten von Afghanistan und Ukraine: Türkei bombardiert in Nordostsyrien und Nordirak

Dossier

Im Schatten von Afghanistan: Türkei bombardiert in Nordostsyrien und Nordirak„… Die mediale Aufmerksamkeit ist derzeit auf Afghanistan konzentriert. Die türkische Regierung nutzt dies zu massiven Angriffen auf die nordsyrische Zivilbevölkerung im Gebiet der demokratischen Selbstverwaltung und deren militärische Einheiten der SDF (Syrian Democratic Forces, Demokratische Kräfte Syriens) sowie der nordirakischen ezidischen (auch: jesidischen) Selbstverteidigungseinheit YBS. (…) Das Nato-Mitglied Türkei begehe im Windschatten des Afghanistan-Konflikts in Nord- und Ostsyrien und Nordirak Kriegsverbrechen. Die Politik der Türkei sei auf Völkermord ausgelegt und richte sich hauptsächlich gegen die kurdische Bevölkerung in Nord- und Ostsyrien wie auch im Nordirak, sowie gegen religiöse Minderheiten. Diese Politik destabilisiere die Region noch mehr (…) Das Schweigen Europas ermutigt die türkische Regierung in ihrem aggressiven Agieren in ihren Nachbarländern noch zusätzlich…“ Beitrag von Elke Dangeleit vom 24. August 2021 bei Telepolis externer Link, siehe weitere Beiträge dazu:

  • Im Visier Erdoğans: Bei den türkischen Angriffen in Nordirak stehen nicht nur die Guerilla, sondern zunehmend auch kritische Medien und Zivilbevölkerung unter Beschuss New
    Die Türkei führt derzeit einen verdeckten Besatzungskrieg in Südkurdistan, im Norden des irakischen Staatsgebietes. Nach vierzig Jahren Konflikt mit der widerständigen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat der türkische Präsident Erdoğan erneut einen entscheidenden Krieg gegen die Organisation ausgerufen. »Wir werden die Frage der irakischen Grenze in diesem Sommer endgültig klären«, verkündete er Anfang März vor seinem Kriegskabinett. Doch der Widerstand der PKK-Guerilla hält auch im Spätsommer an. Neben der Bombardierung der Guerilla-Gebiete setzt die Türkei vor allem auf Angriffe gegen die Zivilbevölkerung. Dazu gehören die Zerstörung der Landwirtschaft und die Vertreibung der Bevölkerung aus bergigen dörflichen Regionen ebenso wie extralegale Hinrichtungen von vermeintlichen Anhänger*innen der kurdischen Freiheitsbewegung. (…) »Die Ermordung von drei Journalist*innen in weniger als zwei Monaten macht die Autonome Region Kurdistan-Irak zu einem der gefährlichsten Orte für Journalist*innen weltweit«, erklärte Jonathan Dagher, Leiter der Nahostabteilung von Reporter ohne Grenzen. Dagher betonte, dass die tödlichen Luftangriffe auf Journalist*innen und die zunehmende Gewalt seitens der Sicherheitskräfte der kurdischen Autonomieregierung bislang ohne Konsequenzen geblieben seien. Dies gelte insbesondere für Übergriffe und Verhaftungen von Journalist*innen durch Sicherheitskräfte der Barzanî-geführten Partei KDP. Expert*innen zufolge befürchtet die Familie Barzanî, die enge Verbindungen zum türkischen Staat unterhält, dass Journalist*innen ihre Kollaboration und intransparenten Ölgeschäfte aufdecken könnten. »Heute fühlen sich nicht nur Journalist*innen direkt bedroht, sondern auch Aktivist*innen und alle, die eine klare Haltung gegen die türkische Invasion und ihre Verbrechen einnehmen«, sagt Kamal Raouf. Unbeeindruckt von den Erklärungen lokaler und internationaler Journalist*innenverbände setzt Ankara die Bombardierungen mit dem stillschweigenden Einverständnis der USA und Europas fort. Bis zum ak-Redaktionsschluss sind bereits sieben weitere kurdische Zivilist*innen, darunter Kinder und Minderjährige, durch türkische Luftangriffe in Südkurdistan getötet worden…“ Artikel von Justus Johannsen im ak 707 vom 17. September 2024 externer Link
  • Tödliche Angriffe auf JournalistInnen in der autonomen Region Kurdistan im Nordirak – kurdische Medienschaffende fordern internationale Solidarität ein
    • Tödliche Angriffe auf Journalisten in der Region Kurdistan
      „Es ist kurz nach 10 Uhr, als sich am vergangenen Freitag nahe der kurdischen Metropole Suleymaniah im Nordirak ein Luftangriff ereignet. Während der Journalist Rêbîn Bekir am Steuer sitzt, schlägt während der Fahrt plötzlich eine Rakete in das Auto ein. Das Fahrzeug geht augenblicklich in Flammen auf. Bekir hat Glück. Er wird von der Wucht der Explosion aus dem Fahrzeug geschleudert und überlebt verletzt. Bekirs Kolleginnen, Gulistan Taro und Hêro Bahadin, verlieren noch an Ort und Stelle ihr Leben. Ihre Körper verbrennen in den Flammen bis zur Unkenntlichkeit. Die drei Journalisten waren gerade auf dem Weg in die östlich gelegene Region Hewreman, um dort im Auftrag der Produktionsfirma Chatr Multimedia Production einen Dokumentarfilm zu drehen. Während die Rakete laut der Behörden der Autonomen Region Kurdistan von einer türkischen Drohne abgefeuert wurde, hüllt sich das türkische Verteidigungsministerium bis dato in Schweigen. Seit Anfang Juli hat die türkische Armee ihre Operationen gegen Guerillaeinheiten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak intensiviert und mit tausenden Soldaten und schwerem Gerät die Grenze der Autonomen Region Kurdistan überschritten. Für den Generaldirektor von Chatr Multimedia Productions, Kemal Heme Reza, steht fest, dass nur die Türkei als Täter infrage kommt. »Alle Journalisten, die den türkischen Faschismus bloßstellen und darüber berichten, wie er Kurdistan niederbrennt und Zivilisten ermordet, müssen damit rechnen, zum Ziel zu werden«, sagt Heme Reza. Seine Firma sei seit ihrer Gründung Ende 2009 immer an erster Stelle gewesen, wenn es darum ging, über Kriegsverbrechen der türkischen Armee zu berichten. (…) Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte sich zwei Tage vor dem tödlichen Attentat mit einem alarmierenden Bericht über die Zunahme der Gewalt gegen Medienschaffende in Kurdistan an die Öffentlichkeit gewandt. So verlor erst kürzlich Murad Mirza Ibrahim, ein 27-jähriger Mitarbeiter von Çira TV, bei der Bombardierung eines Fahrzeugs des jesidischen Kanals in der Region Şengal sein Leben. »Mit dem Mord an dem Journalisten von Çira TV und unseren beiden Kolleginnen Gulistan und Hero wird die Botschaft gesendet, dass jeder, der es wagt, über die Besatzung zu sprechen, getötet werden wird«, betont gegenüber »nd« der Journalist aus Suleymaniah Rêbaz Hasan. (…) Auch die kurdischen Autonomiebehörden gehen immer wieder rabiat gegen oppositionelle Stimmen vor. So verurteilte im Juli ein Gericht in der Provinz Dohuk einen Redakteur der Nachrichtenagentur Roj News unter dem Vorwurf der Spionage und vermeintlichen Zugehörigkeit zur nordsyrischen Partei der Demokratischen Union (PYD) zu drei Jahren Haft. Mit Blick auf die prekäre Lage der Journalisten im Nordirak forderte Reporter ohne Grenzen die Behörden in Irakisch-Kurdistan auf, die Praxis von »Einschüchterung und Gewalt« gegen Medienschaffende zu beenden.“ Artikel von Tim Krüger vom 28. August 2024 in Neues Deutschland online externer Link, siehe auch:
    • Erst ermordet die türkische Armee die kurdische Journalistin Gülistan Tara und dann versuchen türkische Polizisten die Beerdigung in ihrem Heimatort zu verhindern und greifen die Trauergemeinde massiv an.“ Tweet von Kerem Schamberger vom 30. Aug. 2024 externer Link zu einem Video
    • Kurdische Medienschaffende fordern internationale Solidarität ein
      In Amed haben Medienschaffende trotz polizeilichem Verbot gegen den türkischen Drohnenangriff auf Journalistinnen in Südkurdistan protestiert und internationale Presseorganisationen zur Solidarität aufgerufen.
      Die Mesopotamische Journalistinnenvereinigung MKG, der Journalistenverein Dicle-Firat (DFG) und die Gewerkschaft DİSK Basın İş haben in Amed (tr. Diyarbakir) gegen den Mord an den Journalistinnen Gülistan Tara und Hêro Bahadîn protestiert und internationale Presseorganisationen aufgerufen, die Stimme gegen die Angriffe der Türkei auf kurdische Medienschaffende zu erheben.
      Gülistan Tara und Hêro Bahadîn sind am Freitag von einer türkischen Drohne in der Region Kurdistan im Irak getötet worden. Bei dem Angriff auf ein Fahrzeug von CHATR Production im Gouvernement Silêmanî wurden sechs weitere Medienschaffende verletzt.
      An der Protestaktion am Samstag vor dem DFG-Gebäude in Amed nahmen zahlreiche Journalist:innen und Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen teil, auch die DEM-Abgeordneten Ceylan Akça, Mehmet Rüştü Tiryaki und Meral Danış Beştaş waren vor Ort. Die Polizei riegelte das Gebäude ab und teilte mit, dass keine Erklärung abgegeben werden dürfe. Die Anwesenden reagierten mit der Parole „Die freie Presse lässt sich nicht zum Schweigen bringen!“. (…)„Wir appellieren an internationale Medien und Menschenrechtsorganisationen: Erhebt die Stimme gegen die Angriffe der Türkei auf die freie Presse! Zeigt Solidarität! Die freie Presse lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Als Journalistinnen und Journalisten, die für die Wahrheit kämpfen, werden wir uns dem Druck nicht beugen und weiter die Fakten öffentlich machen. Wir werden nicht schweigen. Wir verteidigen die Pressefreiheit und die Rechte von Medienschaffenden und rufen die internationale Öffentlichkeit und alle Presseorganisationen auf, uns in diesem Kampf beizustehen“, so die MGK-Sprecherin
      …“ ANF-Meldung vom 25 August 2024 externer Link mit Fotos und Video
  • Invasionsbeginn in Metîna: Die türkische Armee hat einen Besatzungsangriff auf die Region Metîna in Südkurdistan gestartet
    Der türkische Staat hat eine Besatzungsoperation in Metîna gestartet. Über den Umfang und die Einzelheiten liegen noch keine Informationen vor. Es wird erwartet, dass sich die Volksverteidigungskräfte (HPG) im Laufe des Tages dazu äußern werden. Metîna ist Teil der Medya-Verteidigungsgebiete in der Kurdistan-Region im Irak…“ Meldung vom 21. April 2024 bei ANF externer Link, siehe auch:

    • Neue türkische Militäroffensive im Nordirak/Südkurdistan gestartet
      Der türkische Staat hat eine Besatzungsoperation in Metîna begonnen. Über Umfang und Details liegen noch keine Informationen vor. Zuvor wurde die Region tagelang von der türkischen Armee aus der Luft bombardiert. Die Region Metîna gehört zu den von den Guerillakräften der PKK kontrollierten Medya-Verteidigungsgebieten im Grenzgebiet zur Türkei. Es wird davon ausgegangen, dass die türkische Armee von Metîna aus versuchen wird, die Besatzungsoperation in der Region schrittweise auszuweiten.“ Tweet von Civaka Azad vom 21. Apr. 2024 externer Link
    • Neue türkische Besatzungsoperation in Südkurdistan/Nordirak gestartet
      Pressemitteilung von Civaka Azad vom 22.04.2024 externer Link
  • [WD-Gutachten] Türkische Luftschläge auf Nordsyrien mutmaßlich rechtswidrig: Angriffe gegen zivile Infrastruktur sind als mögliche Kriegsverbrechen zu werten
    „Seit Monaten schon bombardiert die Türkei Krankenhäuser, Elektrizitätswerke oder Wasserleitungen in den mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebieten Nordsyriens mit Flugzeugen und Drohnen. Laut der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) flogen türkische Kampfflugzeuge und Drohnen zwischen dem 23. und 26. Dezember 74 Angriffe auf die kritische Infrastruktur Nord- und Ostsyriens. 2023 hätte die Türkei den Nordosten Syriens 798 Mal angegriffen, zitiert die GfbV eine Bilanz der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF). Mitte Januar berichtete das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad, wie deswegen in weiten Teilen Nord- und Ostsyriens die Stromversorgung zusammengebrochen sei. Angriffe auf Zivilpersonen und Einrichtungen wie Krankenhäuser sind – bei Vorliegen von Vorsatz – völkerrechtswidrig, da sie gegen Art. 8 Abs. 2 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) verstoßen. Das besagt eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, die von Gökay Akbulut, Bundestagsabgeordnete der Linken, angefordert wurde und exklusiv dem »nd« vorliegt. In der Stellungsnahme heißt es dazu: »Vorsätzliche Angriffe auf Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete werden als Kriegsverbrechen eingeordnet, sofern es sich dabei nicht um militärische Ziele handelt.« Einrichtungen, die »üblicherweise zivilen Zwecken dienen« wie Krankenhäuser oder Schulen, blieben im Zweifelsfall zivile Infrastruktur und dürften daher nicht angegriffen werden. Wenn also eine medizinische Einrichtung direkt angegriffen werde, folgert der Wissenschaftliche Dienst, liege die Vermutung nahe, »dass diese kein militärisches Ziel darstellt«. Der angreifende Staat müsse im Einzelfall nachweisen, dass ein ziviles Objekt militärisch missbraucht würde, um einen Angriff zu rechtfertigen…“ Artikel von Cyrus Salimi-Asl vom 13. März 2024 in Neues Deutschland online externer Link – siehe auch:

    • WD-Gutachten zu Kriegsverbrechen der Türkei veröffentlicht
      „Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags stellen fest, dass die Angriffe auf zivile Infrastruktur in Rojava durch die Türkei den Tatverdacht von Kriegsverbrechen „nahelegen“, sehen aber kaum Perspektive für eine Ahndung. (…) Die Türkei versucht immer wieder zu konstruieren, die Verwaltung von Nord- und Ostsyrien sei PKK und YPG, daher ist diese Äußerung nicht anders als eine offene Ankündigung eines gezielten Angriffs auf zivile Infrastrukturen zu deuten. Solche Angriffe sind Kriegsverbrechen, sollten sie vorsätzlich ausgeführt werden. Das stellten die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages in einem von der Abgeordnete Gökay Akbulut (DIE LINKE.) in Auftrag gegebenen Gutachten zur völkerrechtlichen Perspektive auf die türkischen Militäroperationen in Nord- und Ostsyrien fest.
      Kriegsverbrechen gegen medizinische Infrastruktur – Beweislast liegt bei Täterstaat
      Die Wissenschaftlichen Dienste sehen insbesondere in der Zerstörung der Miştenûr-Klinik, auch bekannt als Kobane Medical Center, das 500 Patient:innen behandelte, ein mögliches Kriegsverbrechen. Gleichzeitig wurden medizinische Einrichtungen, Dialysezentren und andere Einrichtungen zerstört, so dass Ende Dezember bereits der erste Dialyse-Patient aufgrund ausbleibender Behandlung verstarb. (…) Die Wissenschaftlichen Dienste erklären, dass „das mentale Element“ (Vorsatz) dabei entscheidend sei, ob es sich um ein Kriegsverbrechen handele: „Ein Kriegsverbrechen liegt nur bei absichtlicher Zerstörung ziviler Infrastruktur vor. Dies muss im Einzelfall im Rahmen eines Gerichtsverfahrens unter Berücksichtigung des ‚ex ante‘-Wissens des handelnden Militärs geprüft werden.“ Wenn man diese Argumentation der Wissenschaftlichen Dienste in den Kontext der oben zitierten Äußerung von Hakan Fidan stellt, dann lässt sich daraus deutlich ein Vorsatz ablesen. Beispiele wie den Angriff auf das Kobane Medical Center gibt es unzählige.
      Beispiele gezielter Angriffe auf die Zivilbevölkerung
      Auch zur Tötung von Zivilpersonen machen die Wissenschaftlichen Dienste klar, dass es sich dabei um Kriegsverbrechen handelt, wenn diese beabsichtigte Ziele der Angriffe waren. (…)
      Während die Wissenschaftlichen Dienste eine Strafbarkeit des Vorgehens der Türkei zumindest für nicht unwahrscheinlich halten, so zeigen sie sich doch illusionslos hinsichtlich einer realen Verfolgung der Taten. Es gebe mehrere Optionen der juristischen Verfolgung. Eine Option wäre die Verfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Dabei bestehe aber das Problem, dass weder die Türkei noch Syrien das Römische Statut anerkannt haben und diese Staaten zunächst die Jurisdiktion des IStGH anerkennen müssten. Das bedeutet, die Verurteilung vor dem Internationalen Strafgerichtshof liege demnach in den Händen der Täter. Eine andere Option wäre eine UN-Entscheidung, welche die Alliierten der Türkei um jeden Preis verhindern würden. Die WD bemerken dazu lakonisch: „Aufgrund des Abstimmungsverhaltens einiger Staaten im UN-Sicherheitsrat ist dies derzeit jedoch kaum zu erwarten.“ Eine andere Option wäre die Verfolgung durch die deutsche Strafjustiz. Diese kann Kriegsverbrechen nach dem Weltrechtsprinzip verfolgen
      …“ Meldung vom 14 März 2024 bei ANF externer Link
    • Stellungnahme zum Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag zu den türkischen Militäroperationen in Nordsyrien im Rahmen des Völkerrechts
      Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat auf Initiative der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut ein Gutachten zu den türkischen Militäroperationen in Nordsyrien im Rahmen des Völkerrechts verfasst.  (..:) Der wissenschaftliche Dienst stellt u.a. fest, dass die Zerstörung des Kobane Medical Center einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 2 lit. e) iv) IStGH-Statut darstellen könnte. Das Gutachten weist zudem auf wesentliche Problempunkte hin: die eingeschränkten Möglichkeiten für eine Gerichtsbarkeit sowie die Zurückhaltung von Staaten bzw. staatlichen Akteuren im Kontext des NATO-Mitglieds Türkei. Die im Gutachten eingangs genannten militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Türkei und der Kurdenmiliz YPG, einem militärischen Arm der Syrischen Demokratischen Kräfte, sind Angriffe der Türkei auf die Gebiete der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES). Die Volksverteidigungseinheiten YPG sind Teil der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), die das Verteidigungsorgan der DAANES darstellen. Der Begriff Kurdenmiliz erinnert an Begrifflichkeiten wie Kurdendemo und Kurdenführer, die in Deutschland gerne im medialen Kontext verwendet werden, deren Sinnhaftigkeit bei Übertragung auf andere, vor allem westliche Volksgruppen allerdings fraglich erscheint. (…) Trotz unserer Kritik an dem Gutachten ist es unerlässlich, dass es in der Politik Berücksichtigung finden muss. Auch das 2019 veröffentlichte Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes zu völkerrechtlichen Aspekten der türkischen Militäroperation „Friedensquelle“ in Nordsyrien ist äußerst relevant, da es das Recht auf Selbstverteidigung, auf das sich die Türkei beruft, hinterfragt. Aus unserer Sicht darf die Politik, insbesondere das Außenministerium, die Feststellungen des wissenschaftlichen Dienstes nicht ignorieren. Eine entsprechende Anpassung der Türkeipolitik ist notwendig.“ Stellungnahme vom 14.3.24 von KON-MED, Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (per e-mail)
  • Nordostsyrien: Der vergessene Krieg
    Ungestört führt die Türkei ihren bereits vierten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Nordostsyrien, der im vergangenen Oktober eskalierte. Das Schweigen des Westens ist ohrenbetäubend. Ein kritischer Blick auf die Zerstörung einer Region, für die auch Deutschland eine Verantwortung trägt. (…) Schlimmer als das dröhnende Schweigen wiegt die bewusste Ignoranz des Westens: Im November 2023, also kurz nachdem die Türkei öffentlich zivile Infrastruktur zu legitimen Zielen deklarierte und nicht zögerte, diese zu bombardieren, empfing Bundeskanzler Olaf Scholz den türkischen Präsidenten mit Handschlag in Berlin. Kritische Töne zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gab es dabei keine. Stattdessen warb der Kanzler um eine Neuauflage des EU-Türkei-Deals – der finale Dolchstoß im Rücken der syrischen Zivilbevölkerung. Denn die Bundesregierung lässt Erdogan nicht nur gewähren, sie möchte auch ein Abkommen zulasten derer schließen, die unter seinen Angriffen leiden und fliehen müssen.
    Angriffe auf den Nordosten
    ngesichts der Tatenlosigkeit der Weltgemeinschaft ist die Bilanz des vergangenen Jahres verheerend: Insgesamt 930mal griffen türkische Streitkräfte die kurdische Selbstverwaltung an, in 78 Prozent der Fälle zielten sie auf Wohngebiete. Die türkischen Angriffe richteten sich auch gegen landwirtschaftliche Betriebe, Industrieanlagen, Wasserwerke, Ölraffinerien, Elektrizitätswerke, Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen. Die Angriffe haben dramatische Folgen für die Zivilbevölkerung: Zerstörte Infrastruktur bedeutet, dass ganze Ortschaften ohne Wasser und Elektrizität sind. Zerstörte Bildungseinrichtungen bedeuten, dass Kinder nicht mehr zur Schule gehen können. Zerstörte Gesundheitszentren bedeuten, dass Kranke und Verletzte nicht mehr versorgt werden. Ein Ende ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. (…)
    Hinzu kommt, dass die Türkei in großem Maße Menschen in den Norden Syriens abschiebt – pro Monat mittlerweile um die 20000 Personen. Insgesamt zwei Millionen sollen es nach Erdogans eigener Aussage werden. Mit seinem Angriffskrieg sorgt der türkische Präsident bewusst und gezielt für die ethnische Massenvertreibung der ortsansässigen kurdischen Bevölkerung. Dieses Handeln stellt eine eklatante Missachtung internationaler Normen dar.
    Ethnische Säuberung auf türkisch
    Die Türkei plant die Vertreibung der kurdischen Bevölkerung bis ins Detail: Türkische Besatzungstruppen arbeiten fleißig am Bau von neuen Wohneinheiten und Gemeinden, in denen die mehrheitlich arabischen Geflüchteten dann zwangsumgesiedelt werden sollen. Hier kann man von einem echten und geplanten Bevölkerungsaustausch sprechen. Dieser bedroht massiv das syrische Sozialgefüge, verschärft die stark angespannte humanitäre Situation und ist eine fortschreitende Bedrohung für Frieden und Stabilität in der Region.Die Türkei agiert nicht nur in klarem Widerspruch zum Völkerrecht, sie verstößt auch gegen die Grundsätze des NATO-Abkommens und begeht zahlreiche, gut dokumentierte Kriegsverbrechen…“ Artikel von Svenja Borgschulte in der Soz Nr. 02/2024 externer Link
  • Vermehrt Angriffe auf kurdische Gebiete in Syrien und Irak: 2 Millionen Menschen ohne Wasser und Strom – humanitäre Katastrophe droht
    • Angriffe von Türkei und Iran auf kurdische & belutische Gebiete: Zivile Strukturen und Zivilist*innen besonders betroffen
      Innerhalb der letzten Tage fanden vermehrt Angriffe auf kurdische Gebiete in Syrien und auch auch im Irak statt. Zum einen greift das türkische Militär unter dem Vorwand der “Terrorbekämpfung” die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien – Rojava – an. Dabei wird mit Kampfflugzeugen und Drohnen vor allem lebenswichtige zivile Infrastruktur angegriffen. Außerdem hat die iranische Revolutionsgarde in der Nacht von Montag auf Dienstag mit mehreren Raketen Ziele im Irak und in Syrien angegriffen. In Hewlêr (Erbil) der Hauptstadt der Kurdistan-Region Irak wurden nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen vier Zivilisten getötet. Insbesondere kurdische Stimmen warnen davor, dass durch die Angriffe der IS langfristig gestärkt werden könne. (…) Der Staatsterror von Türkei und Iran bedroht die kurdischen (und im Iran) belutschischen Minderheiten besonders stark. Dies zeigt sich auch an der überproportionalen staatlichen Repressionen der Regime gegenüber dieser beiden Gruppen. Wir fordern diese gewaltsamen Realitäten anzuerkennen und sichere Fluchtwege zu schaffen! Wir stehen solidarisch mit Rojava und der kurdischen Freiheitsbewegung und verurteilen die Angriffe aufs schärfste!Meldung vom 19.01.2024 bei Seebrücke externer Link
    • Nach Luftangriffen aus der Türkei: Expertin warnt vor humanitärer Katastrophe
      „… Seit Tagen haben die türkischen Angriffe auf Nordostsyrien (Kurdisch: Rojava) wieder zugenommen. Die Türkei begründet ihre Bombardierungen mit der Bekämpfung der PKK. Getroffen werden aber vor allem zivile Einrichtungen, mit fatalen Folgen für die Menschen in der Region. Die Selbstverwaltung von Nordostsyrien schlägt Alarm. (…) „In den vergangenen Wochen haben wir eine Eskalation militärischer Angriffe in Nord- und Ostsyrien erlebt, die eine ernsthafte Bedrohung für das Leben und die Sicherheit der Zivilbevölkerung darstellen. Diese Angriffe haben nicht nur unschuldige Menschenleben gefordert, sondern auch kritische Infrastrukturen wie Schulen, Krankenhäuser und Wohngebiete schwer beschädigt“, sagt der Vertreter der Selbstverwaltung Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Deutschland, Khaled Davrisch, im Gespräch mit unserer Redaktion. (…) Die Hilfsorganisation medico ist mit seinen Partnern vor Ort in Kontakt. Die Arbeit in diversen medico-Projekten wird durch die türkischen Angriffe extrem erschwert. Das bestätigt uns auch Anita Starosa, Referentin für Syrien, Türkei und Irak bei der Hilfsorganisation bei medico im Gespräch mit unserer Redaktion „Die Situation der Bevölkerung in Nordostsyrien ist nach den erneuten türkischen Angriffen extrem dramatisch. Es wurden erneut zivile Einrichtungen angegriffen, unter anderem eine Mühle die täglich 50 Tonnen Mehl produziert für die Brotproduktion. Es wurden diverse Elektrizitätswerke zerstört. Nach den Angriffen waren 2 Millionen Menschen ohne Wasser und Strom. Viele Menschen trauen sich nicht mehr auf die Straße“, so Starosta. Die Menschenrechtsexpertin warnt daher vor einer humanitären Katastrophe. (…) Vor allem aber herrscht Verärgerung darüber, dass die internationale Staatengemeinschaft tatenlos zuschaut. „Unter den Augen der internationalen Gemeinschaft, insbesondere Russlands und der USA, die mit Truppen vor Ort sind und den Luftraum über Syrien kontrollieren, lässt die türkische Regierung weiterhin systematisch Infrastruktur und lebenswichtige Einrichtungen in den von Kurden und anderen Volksgruppen bewohnten Gebieten im Norden Syriens zerstören. Das sind Kriegsverbrechen“, empört sich Sido. Die Selbstverwaltung von Nordostsyrien fordern daher ein sofortiges Ende der türkischen Angriffe und eine internationale Untersuchung. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass unabhängige Untersuchungen durchgeführt werden, um die Verantwortlichen für diese möglichen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“, so Davrisch.“ Artikel von Erkan Pehlivan vom 17. Januar 2024 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
    • 2 Millionen Menschen ohne Wasser und Strom
      Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat eine Übersicht über die Schäden der türkischen Angriffe seit dem 12.01. externer Link veröffentlicht
  • Türkei und Nordsyrien: Erdogans unbeachteter Krieg 
    Seit Anfang Oktober greift die Türkei fast täglich Militärposten der Kurdenmiliz YPG sowie die zivile Infrastruktur im Nordosten Syriens an. Es ist ein Zermürbungskrieg. (…) Seit Anfang Oktober greift die Türkei fast täglich mit Hilfe von Drohnen, Haubitzen und Kampfflugzeugen Militärposten der Kurdenmiliz YPG, aber auch die zivile Infrastruktur im Nordosten Syriens an. Zu den Zielen gehören Wasserwerke, Ölraffinerien, Umspannwerke und auch zwei leerstehende Krankenhäuser. Die neue Offensive rechtfertigt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit dem Recht auf Selbstverteidigung, nach dem Anschlag in Ankara am 1. Oktober. Zwei Terroristen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK hatten versucht, ins Innenministerium einzudringen. Die Region Rojava im Nordosten Syriens wird von der PKK-nahen Kurdenmiliz YPG kontrolliert und damit von der Türkei als Gebiet einer Terrororganisation eingestuft. Der Türkei-Experte Salim Cevik von der Stiftung Wissenschaft und Politik kritisiert das Vorgehen Erdogans. „Unabhängig davon, ob die Anschläge in Ankara tatsächlich mit Syrien in Verbindung stehen, sind die Angriffe der Türkei gegen die kurdische YPG als Reaktion nicht angemessen.“
    Feind der Türkei, Partner der USA
    Schon seit Jahren lässt Erdogan völkerrechtswidrige Angriffe auf den gesamten Norden Syriens durchführen. In die multi-ethnische Region Afrin waren 2018 türkische Truppen einmarschiert. Heute wird es von konservativ-islamischen, Erdogan-nahen Kräften dominiert. Weiter östlich, in Rojava, gebe es seitdem einen Zermürbungskrieg niedriger Intensität, erklärt Michael Wilk. „Es ist alltäglicher Terror mit der Besonderheit, dass dieser Terror von einem NATO-Staat ausgeht.“ Für die USA dagegen sind die Selbstverwaltung in Rojava und die Kurdenmiliz YPG ein Partner im Kampf gegen den IS. Als wichtige Stütze der internationalen Allianz gegen die Islamisten kämpfen sie bis heute gegen Terrorzellen, die noch immer in der Region aktiv sind. (…)
    Die Angriffe durch die Türkei stellten mittlerweile eine extreme psychische Belastung für die Menschen in Rojava dar, so Syrien-Experte Thomas Schmidinger von der Universität Wien. „Die Menschen denken an Flucht, weil sie es nicht aushalten, immer von türkischen Drohnen bedroht zu werden und mit der ständigen Gefahr leben zu müssen, aus der eigenen Heimat vertrieben zu werden.“ (…)
    Keine Reaktionen des Westens
    „In Europa herrscht eine Doppelmoral, wenn man einerseits Erdogan hofiert und ihm die Hand reicht, obwohl er Menschen attackiert, terrorisiert und Tausende in die Flucht treibt“, meint Wilk. „Wenn er demnächst nach Deutschland kommt, werden blutige Hände geschüttelt, wenn man diesen Mann willkommen heißt.“ Thomas Schmidinger sieht Europa als außenpolitisch handlungsunfähig. Nicht nur ein möglicher Flüchtlingspakt sondern auch die Vermittlungsposition der Türkei im Krieg gegen die Ukraine gäben Erdogan den politischen Spielraum für seine Politik in Nordsyrien. „Die Kurden in der Region wissen sehr gut, dass sie sich auf ihre Bündnispartner nicht verlassen können.“ (…)
    Chance für den IS?
    Für Wilk ist es eine bedrückende Lage: „Nachdem die Nordsyrer maßgeblich daran beteiligt waren, den IS zu zerschlagen, müsste der Westen eigentlich dazu verpflichten sein, dort eine massive zivile Wiederaufbauhilfe zu leisten. Das würde auch helfen, dass sich die Menschen nicht auf die Flucht begeben. Das Gegenteil ist aber der Fall.“ Eine Folge dieses Konflikts ist das Erstarken islamistischer Milizen in der Region…“ Beitrag von Anna-Sophie Knake vom 11.11.2023 in tagesschau.de externer Link
  • Zerstörung auf Türkisch. Im Schatten des Krieges in Palästina und Israel beginnt die nächste große Repressionswelle gegen die kurdische Bewegung 
    In staatsnahen türkischen Medien wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seit der erneuten Eskalation des Kriegs in Palästina und Israel als heldenhafter Unterstützer der Palästinenser*innen porträtiert. »Es gibt kein Wasser, keinen Strom. Gnadenlos werden Gotteshäuser und Krankenhäuser bombardiert. Wo bleiben die Menschenrechte?«, heißt es in seiner Presseerklärung vom Oktober über die aktuelle Situation in Gaza. Wenn man nicht wüsste, von wem das Zitat stammt, könnte man denken, es ginge um Nordsyrien, wo die Türkei zeitgleich exakt das tut: zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser, Fabriken, Energie- und Wasserversorgungsanlagen sowie Wohnsiedlungen bombardieren. Die neue sogenannte Luft-Boden-Offensive seit dem 4. Oktober reiht sich ein in eine Kette von andauernden Angriffen gegen die benachbarte Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (AANES), genannt Rojava, die sich seit Jahren in mal niederer und mal höherer Intensität wiederholen. Die türkische Armee setzt dabei ihre Bayraktar-Drohnen, Kampfflugzeuge und Artillerie ein, um sowohl Zivilist*innen als auch Kämpfer*innen der Selbstverteidigungskräfte Rojavas anzugreifen. (…) Bei den aktuellen Luftangriffen der türkischen Armee unter dem Vorwand der »Terrorbekämpfung« sind jedoch in besonders hohem Maße Zivilist*innen und zivile Infrastruktur im Visier. Allein innerhalb der ersten Woche wurden Dutzende Zivilist*innen sowie Kämpfer*innen durch die Angriffe getötet; darunter zwei Geschwister im Alter von acht und neun Jahren, die bei einem Artillerieangriff in Ain Issa am 10. Oktober ums Leben kamen. Darüber hinaus wurden Dutzende Wohnsiedlungen, Wasser- und Energieversorgungsanlagen, landwirtschaftliche Betriebe, Schulen, Krankenhäuser sowie Fabriken bombardiert. Der Zugang zu lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen wird durch die Angriffe massiv beeinträchtigt. Eine humanitäre Katastrophe und eine drastische Binnenvertreibung sind abzusehen. Die Kriegsverbrechen deuten darauf hin, dass die Türkei auf die Vertreibung, Aushungerung und eine totale Zerstörung der Lebensgrundlagen der kurdischen, armenischen, assyrischen, arabischen und turkmenischen Bevölkerung Rojavas abzielt. (…) Parallel dazu unterstützte die Türkei bereits kurz nach Beginn des Bürgerkriegs islamistische Kräfte und Aktivitäten in Syrien und begünstigte damit das Erstarken des IS. Aktuell besteht in Rojava jederzeit die Gefahr von Anschlägen durch IS-Schläferzellen – und diese wird durch jeden türkischen Angriff erhöht. Die Selbstverwaltung in Nordsyrien, die ohnehin seit Jahren mit dem Problem der IS-Gefangenen allein gelassen wird, wird durch die türkischen Angriffe aktiv in ihrem Kampf gegen die Reorganisierung des IS gehindert…“ Artikel von Hêlîn Dirik vom 17. Oktober 2023 aus dem ak 697 externer Link
  • Rojava: Krieg ohne Aufmerksamkeit. Seit Tagen wird Nordsyrien heftig bombardiert, die Region steuert auf eine humanitäre Katastrophe zu und die Welt schweigt. medico-Partner helfen vor Ort
    „… Seit Tagen greift die Türkei die zivile Infrastruktur in Nordsyrien an. Die Lebensgrundlagen der Bevölkerung in der Region werden gezielt zerstört. Innerhalb von drei Tagen wurden über 145 Ziele in allen Städten getroffen. Bisher wurden Dutzende Menschen getötet und verletzt, 80 Prozent der zivilen Einrichtungen sind beschädigt: Wasser- und Energieversorgung, Krankenhäuser und Schulen, Ölfelder, Fabriken und Warenlager. Dabei setzt die türkische Armee Drohnen und Bomben aus Kampfflugzeugen ebenso ein wie Artillerie aus den türkisch besetzten Gebieten Nordsyriens heraus. Hunderttausende Menschen sind seit Tagen ohne Strom und Wasser, darunter Zehntausende intern Vertriebene. Das Corona-Krankenhaus in Dêrik wurde komplett zerstört, eines der wichtigsten Krankenhäuser dieser Art in der Region. Zahlreiche weitere Gesundheitseinrichtungen sind kaputt, Krankenhäuser von der Stromversorgung abgeschnitten, Kühlketten unterbrochen – es gibt Aufrufe Blut zu spenden. Auch das Elektrizitätswerk Suwediya ist erneut Ziel von Luftangriffen. Das Werk versorgte große Teile der Provinz Hasakeh. Allein in Hasakeh sind rund 800.000 Menschen ohne Strom, in ganz Nordostsyrien trifft es an die zwei Millionen Menschen, auch die Flüchtlingslager. Verteilerstationen in Amuda, Qamishlo, Qahtaniya und wiederum Hasakeh sind durch Drohnenangriffe außer Betrieb gesetzt. Ohne Elektrizität funktioniert auch die Wasserversorgung nicht, zudem wurden Staudämme getroffen. Die einzige Gasverteilungsstation ist nach Luftangriffen außer Betrieb. Ölfelder und behelfsmäßige Raffinerien wurden ebenfalls getroffen und die Dieselversorgung – Heizmittel in Nordsyrien – ist nicht mehr gesichert. Alle medico-Projekte in Nordsyrien sind von den aktuellen Angriffen betroffen. Projekte müssen eingestellt werden, die Kinder des von medico unterstützten Waisenhauses in Hasakeh evakuiert werden, die Nothelfer:innen des Kurdischen Roten Halbmonds sind pausenlos im Einsatz. Sie versorgen Verletzte und helfen bei Behandlungen in anderen Gesundheitseinrichtungen. Der Winter steht bevor und das Ausmaß der Zerstörungen – die Angriffe halten aktuell noch weiter an – ist schon jetzt so verheerend, dass sich die Frage stellt, wie ein Überleben hier überhaupt noch möglich sein soll. Der Region droht ein Exodus. (…) Internationale Hilfe für die betroffene Bevölkerung kündigt sich nicht an, obwohl eine humanitäre Katastrophe vor der Tür steht. Wie schon beim Exodus der armenischen Bevölkerung aus Berg-Karabach rufen regionale Aggressionen wohl aufgrund der geopolitischen Implikationen und Abhängigkeiten keine ernsthafte Reaktion mehr hervor. Niemand steht den Betroffenen zur Seite. Dabei gibt es in dieser Situation nur eine Position: in Verteidigung der Zivilbevölkerung, auf der Seite des Menschenrechts…“ Bericht von Anita Starosta vom 10. Oktober 2023 bei medico international externer Link
  • Tödliche Exporte. Wie ihre Kampfdrohnen die Türkei zum Vorbild anderer Autokratien machen 
    „Heute vor einem Jahr tötete eine türkische Drohne gezielt zwei Menschen aus medico-Projekten in Nordostsyrien. Zeyneb Sarokhan und Yilmaz Sero waren Vorsitzende der Verwaltungsabteilung Justizreform für die Region Cizîrê und am 27. September 2022 in ihrem Auto untwerwegs, um Gefängnisse in der Region zu besuchen, als die türkische Drohne traf. Zeyneb Sarokhan leitete jahrelang ein von medico unterstütztes Waisenheim, wo wir sie mehrmals trafen. Ihr Einsatz für Frauen- und Kinderrechte war beeindruckend und einzigartig in der Region. Seit Jahren sind Drohnenangriffe für die türkische Regierung das Mittel der Wahl, um ein permanentes Bedrohungsszenario zu schaffen und die autonome Selbstverwaltung in Nordostsyrien zu schwächen. Mit der gezielten Tötung von Zeyneb Sarokhan und Yilmaz Sero wurde deutlich, dass auch die zivile Arbeit und auch das Projektgeschehen von medico selbst unmittelbar betroffen ist. Obwohl wir damals über Pressearbeit und Kontakte in die Politik versuchten, Aufmerksamkeit für das Attentat zu schaffen und Gerechtigkeit forderten, blieben ein Aufschrei und entsprechende Reaktionen aus. Anders als bei den großen militärischen Operationen 2018 in Afrin und 2019 in Serekaniye wird dieser Krieg niederer Intensität nicht verurteilt oder auch nur über diesen berichtet. Und das obwohl es seit Beginn des Jahres 2023 49 Drohnenangriffe mit insgesamt 62 Toten und 57 Verletzten gab, wie das „Syrian Observatory for Human rights“ registrierte. Die Angriffe richten sich primär gegen militärisches Personal der syrisch-demokratischen Kräfte. Oft genug wurden jedoch auch zivilgesellschaftliche und administrative Führungspersonen getötet, um die Selbstverwaltung der Region zu schwächen. (…)Mit der Nutzung modernster Kriegstechnologie für rechtwidrige Einsätze steht die Türkei nicht alleine da. In den vergangenen Jahren stieg das internationale Interesse an Drohnen aus türkischer Produktion. Besonders die Bayraktar TB-2 vom türkischen Unternehmen Baykar, dessen Mitbegründer ein Schwiegersohn von Erdogan ist, wird nachgefragt. Einsätze in Syrien, Libyen und Berg-Karabach bewiesen die „Effektivität“ und steigerten die Nachfrage. So entwickelte sich die Türkei in den letzten Jahren zum wichtigsten Exporteur von militärischer Drohnentechnologie. Neben der Verlässlichkeit spricht auch der Preis von circa 2 Millionen Euro für die Beschaffung solcher Systeme. Eine vergleichbare US-Drohne kostet ca. 18 Mio. Euro. Auch im Ukraine-Krieg kommen die Bayraktar-Drohnen zum Einsatz. Schon seit 2018 kauft die Ukraine Drohnen vom Modell TB-2, 2022 folgte ein bilaterales Abkommen über den Bau eines Werks zur Herstellung des Modells. Ermöglicht wurde dies unter anderem durch die starke Zentralisierung von Entscheidungsprozessen innerhalb der türkischen Exportkontrollpolitik. Während andere, große Drohnenexporteure wie die USA internationale Verkäufe nur mit Zustimmung des Kongresses tätigen können, gibt es in der Türkei keine parlamentarische Kontrolle. In Folge dessen gilt das Verteidigungsministerium als der wichtigste Akteur in der Erteilung von Genehmigungen zur Ausfuhr.(…) Um das Unheil, das sie in die Welt tragen, zu begrenzen, braucht es endlich verbindliche, internationale Regelungen für militärische Drohnenexporte.“ Beitrag von Anita Starosta und Caspar Emert vom 27. September 2023 bei medico international externer Link
  • Erneut zivile Opfer durch türkische Drohnenangriffe in Nordirak und Nordsyrien 
    In den letzten Tagen haben die türkischen Drohnenangriffe in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak (Südkurdistan) und in den Selbstverwaltungsgebieten in Nordsyrien (Rojava) deutlich zugenommen. Bei den jüngsten Angriffen sind auch vermehrt zivile Opfer zu beklagen, wie zuletzt bei einem Angriff im nordirakischen Distrikt Pêncwên im Gouvernement Silêmanî (Sulaimaniyya). Bei dem Angriff am vergangenen Freitag auf ein Fahrzeug wurden drei Personen getötet. Bei den Opfern handelt es sich um Hasan Ahmad, Ziyad Mostafa und Rayyan Ziyad. Das Fahrzeug der war am Freitagnachmittag gegen 15.30 Uhr Ortszeit mitten auf einer belebten Verbindungsstraße von einer unbemannten Kampfdrohne des türkischen Staates beschossen worden. Auf Videoaufnahmen vom Ort des Angriffs war zu sehen, dass das Auto im Graben der Autobahn in Flammen stand.
    Zunehmende türkische Angriffe im Nordirak
    In der vergangenen Woche kam es gleich zu mehreren Drohnenangriffen des türkischen Staates, bei denen Zivilist:innen um Leben kamen. Am vergangenen Donnerstag starb der Zivilist Nejwan Abdullah aus Helebce, der am Vortag bei einem Angriff auf sein Auto im Gouvernement Silêmanî schwer verletzt worden war. Am Sonntag zuvor starb der Zivilist Alan Ismail bei einem türkischen Luftangriff im Gouvernement Dohuk, ein weiterer Mann wurde schwer verletzt. Kurz zuvor hatte es in der Gemeinde Çemçemal westlich von Silêmanî einen Drohnenangriff gegeben, bei dem zwei Menschen getötet wurden. Am 28. Juli wurde in der Region Şarbajêr nördlich von Silêmanî ein Auto von einer Drohne angegriffen. Tödliche Drohnenangriffe der Türkei auf irakischem Territorium gab es in jüngerer Vergangenheit auch im êzîdîschen Siedlungsgebiet Şengal und im selbstverwalteten Flüchtlingscamp Mexmûr. (…) Die anhaltenden türkischen Drohnenangriffe in den kurdischen Siedlungsgebieten haben bislang kaum internationalen Protest hervorgerufen. Die Autonome Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) kritisiert dieses Schweigen und macht deutlich, dass die Angriffe auch den Kampf gegen den IS in der Region nachhaltig schwächen. Die AANES kritisiert ebenfalls, dass die USA und Russland, die sich als Garantiemächte der Waffenstillstands- und Deeskalationsabkommen von 2019 gegen eine militärische Eskalation durch die Türkei ausgesprochen haben, die täglichen Angriffe ignorieren und türkische Drohnen unbehelligt durch den von Washington und Moskau kontrollierten syrischen Luftraum fliegen…“ Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichketisarbeit – vom 13.08.2023 externer Link
  • [Dossier] Der Drohnenkrieg der Türkei gegen das demokratische und egalitäre System in Nord- und Ostsyrien  Dieses Dossier untersucht die Ermordung von drei Vertretern der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens durch einen türkischen Drohnenangriff am 20. Juni 2023. Es stellt die Ermordung in ihren rechtlichen und politischen Kontext und argumentiert für dringende Maßnahmen, die zum Schutz der Menschenrechte und zur Einhaltung des Völkerrechts erforderlich sind…“ Neues Dossier bei Women Defend Rojava externer Link
  • Erdoğans Krieg in Syrien: 2022 hat die Türkei das Bürgerkriegsland Syrien 130-mal mit Drohnen angegriffen – dabei starben mindestens 87 Menschen 
    „Die Türkei befindet sich im Wahlkampfendspurt. Am 14. Mai werden sowohl ein neues Parlament als auch ein neuer Präsident gewählt. Der Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan hofft auf seine Wiederwahl und baut vor allem auf die Stimmen nationalistischer Wähler*innen. Für sie hatte er bereits Mitte Mai eine besondere – 230 Meter lange und 32 Meter breite – Überraschung parat: Stolz präsendierte Erdoğan einen eigenen türkischen Flugzeugträger. Auf dem Kriegsschiff »TCG Anadolu« könnten sowohl Drohnen als auch schwere Helikopter starten und landen, sagte Erdoğan bei der Einweihung des Flugzeugträgers. »Unser Schiff ist so ausgestattet, dass wir bei Bedarf militärische und humanitäre Einsätze in allen Teilen der Welt durchführen können«, so der Staatspräsident. Unter Erdoğan hat die Türkei in den letzten Jahren eine immer aggressivere Außenpolitik verfolgt und ist an zahlreichen regionalen Konflikten aktiv beteiligt. Bei diesen Einsätzen spielen Kampfdrohnen eine herausragende Rolle. Besonders betroffen ist der Norden und Osten des Bürgerkriegslandes Syrien. »Im Jahr 2022 kam es in Nord- und Ostsyrien zu insgesamt 130 türkischen Drohnenangriffen, bei denen 87 Menschen getötet und 151 Menschen verletzt wurden«, schreibt dazu die unabhängige Medienorganisation Rojava Information Center (RIC), die in der nordsyrischen Stadt Qamischli ihren Sitz hat und die Angriffe vor Ort dokumentierte. Da das RIC nur bestätigte Fälle in seine Statistik aufnimmt, dürfte die Zahl noch deutlich höher liegen. Warum greift die Türkei diesen Landstrich, der auch als Rojava bekannt ist, so häufig an? Rojava steht nicht unter Kontrolle des syrischen Machthabers Baschar al-Assad, sondern ist selbstverwaltet. In der Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien – so die offizielle Bezeichnung – haben sowohl Kurden und Araber als auch Christen und Jesiden zusammen ein System aufgebaut, das auf Basisdemokratie, Geschlechtergerechtigkeit und Ökologie beruht. Erdoğan sieht in diesem Projekt einen Ableger der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und bekämpft Rojava daher. Die Selbstverwaltung stelle eine »terroristische Bedrohung« dar, bekräftigte er wiederholt. Ankara hat bereits seit 2016 in drei Angriffskriegen große Teile Rojavas annektiert. Diese Invasionen wurden unter anderem vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags als völkerrechtswidrig eingestuft. (…) Im Kampf gegen den IS sind die kurdischen Milizen und die USA Verbündete. Gleichzeitig schweigen sowohl die USA als auch die Internationale Allianz zu den Drohnenangriffen des Nato-Partners Türkei auf Rojava. Erdoğan kann somit Syrien weiter bombardieren: Zuletzt starb am 25. April 2023 in der Nähe der Stadt Kobanê das YPG-Mitglied Mazloum Dogan durch eine Drohne. Dies war bereits der zwölfte Drohnenangriff in diesem Jahr.“ Artikel von Christopher Wimmer vom 5. Mai 2023 in Neues Deutschland online externer Link
  • Prozess gegen Ärzteverbandsvorsitzende Fincancı beginnt – weil sie Chemiewaffeneinsätze kritisierte – mit internationaler Solidarität

    • Prozess gegen türkischen Ärztekammervorstand vertagt – Vorsitzende Şebnem Korur Fincancı zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt 
      „Der Prozess gegen die türkische Ärztekammer ist auf den 8. Februar vertagt worden, nicht einmal der Staatsanwalt nahm an der ersten Verhandlung in Ankara teil. (…) In Ankara hat der erste Verhandlungstag im Prozess gegen die türkische Ärztekammer (TTB) stattgefunden. Der gesamte Vorstand der Berufsvereinigung, darunter auch die inhaftierte Präsidentin Şebnem Korur Fincancı, soll mit einer Zivilklage abgesetzt werden, der Vorwurf lautet auf Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. Abgeordnete, zivilgesellschaftliche Vertreter:innen und Journalist:innen, die den Prozess beobachten wollten, wurden nicht in den Gerichtssaal gelassen. (…) Rechtsanwältin Verda Aksoy, die die TTB vertritt, erklärte nach der Verhandlung, dass die Abwesenheit des Staatsanwalts ein schwerwiegender Verfahrensfehler darstellt: „Der Staatsanwalt muss als Vertreter der Anklage anwesend sein. Denn es handelt sich um eine Zivilsache, eine Sache, die dem Zivilprozessrecht unterliegt. Wir sagten, wenn er seinen Fall nicht weiterverfolgt, werden wir es auch nicht tun, aber unser Antrag wurde abgelehnt. In diesem Stadium wiesen wir auf weitere Verfahrensmängel hin. Wir sagten, dass in Zivilprozessen zuerst die Bedingungen der Klage geprüft werden, dass die Klage hier nicht korrekt vorbereitet wurde, dass der Zentralrat der TTB als Partei aufgeführt wurde, während jede Person identifiziert werden sollte und eine Klage unter dem Namen der Zentralratsmitglieder, die abgesetzt werden sollen, eingereicht werden müsste. Auch unser Antrag auf Abweisung der Klage wurde abgelehnt.“ Aksoy wies darauf hin, dass die Klage bereits in Bezug auf die im Inhalt der Klage enthaltenen Fälle und die Darlegung der Beweismittel nicht korrekt eingereicht worden sei (…) Wir haben dem Richter und dem Gericht eine Absage erteilt und erklärt, dass wir den Glauben daran verloren haben, dass dieser Fall unparteiisch behandelt wird. Das Verfahren ist nun auf den 8. Februar um 14.30 Uhr vertagt worden, um eine Entscheidung zu treffen.“ (…) Der 2. Vorsitzende des Zentralrats der TTB, Prof. Dr. Ali Ihsan Ökten, betonte, dass Wissenschaft und Ethik auf Wahrheit beruhen und früher oder später ihr Ziel erreichen werden: „Wissenschaft und Ethik sind jedoch in ihrem Kampf um die Wahrheit oft allein gelassen worden, und ihren Mitarbeitern ist großes Unrecht widerfahren. In früheren Zeiten war es sogar schwierig, die Rotation der Erde zu verteidigen, aber die Verteidigung des wissenschaftlichen Verstandes hat die mittelalterliche Dunkelheit schließlich zerrissen.“ Ökten erklärte, dass der Kampf der TTB ein Kampf gegen die Dunkelheit sei: „Es ist ein Kampf für Arbeit, Demokratie und Gesundheit. Es ist ein Kampf für Aufklärung und Wissenschaft gegen diejenigen, die uns mit Dunkelheit überziehen und Inquisitionsgerichte durchführen wollen. (…) Sowohl die Gerichte als auch die Gesellschaft werden denjenigen, die glauben, die Erdrotation mit Hilfe von Inquisitionsgerichten stoppen zu können, die beste Antwort geben, und zwar auf eine sehr einfache und wirkungsvolle Weise: Die Welt dreht sich weiter.“…“ AFN News vom 10. Januar 2023 externer Link („Prozess gegen türkischen Ärztekammervorstand vertagt“), siehe dazu:

      • Vorsitzende der Türk. Ärztekammer Prof. Şebnem Korur Fincancı zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt, aber auch Entlassung aus der Untersuchungshaft angeordnet. (…) Parallel läuft jedoch auch ein Verfahren gegen den gesamten Vorstand der Ärztekammer. Fincancıs Verurteilung ist auf Bewährung ausgesetzt. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die Justiz mit einem Urteil im anderen Prozess auch ihr persönliches Urteil vollstrecken könnte.“ Tweet von Svenja vom 11.1.23 externer Link
    • Inhaftierung der Vorsitzenden der Türkischen Ärztekammer: Freiheit für Sebnem Korur Fincancı – Antwort von vdää ans Auswärtige Amt 
      am 27. Oktober haben der vdää* und die ärztliche Friedensorganisation IPPNW einen Brief an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock geschrieben wegen der rechtswidrigen Verhaftung der Vorsitzenden der Türkischen Ärztekammer Prof. Dr. Sebnem Korur Fincancı. Am 9. November haben wir eine Antwort externer Link erhalten, die es erfordert, dass wir erneut schreiben müssen. (…) Während der ersten Verhandlungstage am 22. und 29. Dezember 2022 zeigte sich in aller Deutlichkeit, dass weiterhin kein „rechtsstaatlich einwandfreies“ Verfahren vorliegt oder zu erwarten ist, wie Sie es in Ihrer Antwort auf unser Schreiben einforderten. Von Beginn an wurden Rechte von Prof. Korur Fincancı missachtet. Das Verfahren ist offensichtlich gegen die freie Meinungsäußerung und freie Berufsausübung gerichtet. Vertreter der Regierung der Türkei, darunter Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Innenminister Süleyman Soylu sowie der Vorsitzende der MHP Devlet Bahçeli äußerten sich verächtlich gegenüber Prof. Korur Fincancı, forderten ihre Inhaftierung, kündigten eine Säuberung des Türkischen Ärzteverbands (TTB) an und bekräftigten damit ihre seit langem vertretene Haltung gegen die Unabhängigkeit der türkischen Ärztevertretungen. (…) Am 27.12.2022 berichtete der Türkische Ärzteverband zudem, dass nun auch gegen den restlichen Vorstand des TTB Gerichtsverfahren begonnen wurden. Die juristische Verfolgung des TTB ist ein bedrohlicher und willkürlicher politischer Akt gegen die Unabhängigkeit der ärztlichen Selbstverwaltung und Berufsfreiheit. Wie die oben genannten global tätigen Organisationen sind wir der Ansicht, dass im Vorgehen gegen Prof. Korur Fincancı und den TTB rechtsstaatliche Grundsätze und Menschenrechte missachtet werden und wir uns als Ärzt*innen und Demokrat*innen dafür einsetzen müssen, dass diese Verfolgung endet und unsere Kollegin sofort freigelassen wird. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass die ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzt, um die Verfolgung oppositioneller Ärzt*innen durch den türkischen Staat und die türkische Regierung zu beenden und für die Achtung der Menschenrechte und ihrer Verteidiger*innen in der Türkei einzutreten…“ vdää-Pressemitteilung vom 03. Januar 2023 externer Link
    • Prozess gegen Ärztekammerpräsidentin: Türkische Justiz wirft ihr Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK vor
      Anlass für die Verhaftung war ein Interview, das Şebnem Korur Fincancı Mitte Oktober dem Fernsehsender Medya Haber TV gegeben hatte. Darin bewertete die Vorsitzende der türkischen Ärztekammer (TTB – Türk Tabip Birliği) Videoaufnahmen, die einen mutmaßlichen Giftgas-Angriff der türkischen Armee gegen PKK-Kämpfer*innen zeigen sollen. Fincancı benannte in dem Interview keine Akteure namentlich, sondern plädierte dafür, dass eine unabhängige Delegation die Vorwürfe vor Ort untersuchen müsse. Dabei bezog sie sich unter anderem auf das Minnesota-Protokoll, das zur Untersuchung potenziell rechtswidriger Todesfälle verfasst wurde. Insbesondere Vorfälle, bei denen der Verdacht auf die Verantwortung eines Staates besteht, stehen dabei im Vordergrund. Der Prozess beginnt an diesem Freitag vor dem Caglayan-Gericht in Istanbul. Die international renommierte Forensikerin und Menschenrechtsverteidigerin wurde Ende Oktober mit dem Vorwurf der Terrorpropaganda in ihrer Wohnung festgenommen. Zahlreiche türkische und internationale Menschenrechtsorganisationen und Berufsverbände fordern seitdem die sofortige Freilassung der Medizinerin. (…) Im Vorfeld des Prozesses solidarisierten sich auch zahlreiche Studierende der medizinischen Fakultäten in der Türkei mit der TTB-Vorsitzenden. Sie organisierten Mahnwachen an öffentlichen Plätzen und riefen zur Prozessbeobachtung auf. (…) Als Prozessbeobachter*innen haben sich zahlreiche Vertreter*innen von Menschenrechtsorganisationen angekündigt, darunter auch die EU-Delegation in der Türkei. Generalsekretär Bulut erwartet am Freitag noch keine endgültige Entscheidung des Gerichts. »Wir hoffen aber, dass die Untersuchungshaft aufgehoben wird«, sagte Bulut gegenüber »nd«. »Fincancı wird am Freitag eine historische Verteidigungsrede halten, vielleicht die beste der letzten zehn Jahre«, kündigt Bulut an.“ Artikel von Svenja Huck, Istanbul, vom 22.12.2022 im ND online externer Link
    • Siehe auf Twitter die Berichterstattung von MLSA externer Link – Media and Law Studies Association
    • Istanbul: Mediziner:innen protestieren vor Prozessbeginn gegen Fincancı
      Vor dem Gericht in Istanbul, in dem die Verhandlung gegen die Präsidentin der türkischen Ärztekammer, Şebnem Korur Fincancı beginnt, haben sich Kolleg:innen versammelt und den Freispruch der renommierten Medizinerin gefordert…“ ANF-Meldung vom 23.12.2022 mit Fotos externer Link
    • Siehe hier weiter unten: Ärzteverbandsvorsitzende Fincancı in Istanbul festgenommen, weil sie nach Sichtung des Bildmaterials von Chemiewaffeneinsätzen eine Untersuchung forderte – breite Solidarität 
  • Die Ebenen des Kriegs: Beobachtungen einer Internationalistin in Rojava 
    Die Internationalistin Nûdem Tolhildan hat sich aus Deutschland den YPJ angeschlossen und beschreibt ihre Gedanken und Beobachtungen über den Krieg in Rojava in einem offenen Brief.
    Zurzeit führt die Türkei eine groß angelegte Angriffswelle gegen die Gebiete der Autonomen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) durch, im Visier befinden sich vor allem die Zivilbevölkerung und die zentrale Infrastruktur. Seit Monaten droht Erdogan mit einer weiteren Bodeninvasion in der auch als Rojava (Westkurdistan) bekannten Region. Ich nutze diese Gelegenheit, um die Situation der letzten Monate aus meiner Perspektive als Internationalistin aus Deutschland zu beschreiben…“ Teil 1 am 15.12.2022 bei ANF externer Link und Teil 2 am 16.12.2022 externer Link
  • Syrien: Erdogans Krieg gegen die Kurden 
    Der türkische Präsident Erdogan gilt als Schlüsselfigur bei vielen internationalen Krisen: egal ob in der EU-Flüchtlingspolitik, bei den Verhandlungen im Ukraine-Krieg oder dem geplanten NATO-Beitritt von Schweden und Finnland. Erdogan nutzt diese Stärke gezielt aus, etwa bei der Bekämpfung von Kurden im Norden Syriens. Seit Wochen fliegt die Türkei Luftangriffe und bricht damit das Völkerrecht, nun droht sogar eine Bodenoffensive. Doch die Bundesregierung hält sich mit Kritik auffallend zurück.“ Video des Beitrags in der Monitor-Sendung am 08.12.2022 externer Link in Das Erste, siehe den Beitragstext externer Link
  • Acht tote Sicherheitskräfte bei türkischem Angriff auf Camp Hol – mehrere IS-Internierte konnten flüchten
    • Acht Tote bei türkischem Angriff auf Camp Hol
      Bei dem gestrigen Luftangriff auf Camp Hol in Nordsyrien wurden acht Mitglieder der Sicherheitskräfte getötet. Die QSD warnen vor einer Wiederbelebung des IS durch die türkischen Angriffe und fordern eine Reaktion der involvierten Staaten. Das Pressezentrum der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) hat eine Erklärung zu den türkischen Luftangriffen auf das Internierungslager Hol bei Hesekê und das Jerkin-Gefängnis in Qamişlo am 23. November veröffentlicht. Die Einrichtungen wurden von Kampfjets und Drohnen der türkischen Luftwaffe bombardiert. Wie die QSD mitteilen, sind in Hol acht Kämpfer:innen getötet worden, die für die Sicherheit des Lagers zuständig waren. Die QSD erklären: „Die Angriffe wurden geplant und bewusst durchgeführt. Das Ziel des türkischen Staates ist es, den Dschihadisten und ihren Familien die Flucht aus dem Lager zu ermöglichen und den IS wiederzubeleben. Dieser Plan stellt eine große Gefahr sowohl für unsere Region als auch für die ganze Welt dar. Die Staaten schweigen zu diesen Angriffen und sind dafür verantwortlich, wenn die Gefahr noch weiter zunimmt.“…“ ANF-Meldung vom 24.11.2022 externer Link
    • Türkei bombardiert al-Hol Camp in Nordsyrien
      Die türkische Luftwaffe hat am frühen Abend die Sicherheitskräfte des al-Hol Camps in Nordsyrien/Rojava bombardiert. Das gab Farhad Shami, der Pressesprecher der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) bekannt. Nach ersten Erkenntnissen soll es zu drei Einschlägen in unmittelbarer Nähe des Camps gekommen sein. Vermutlich wurde das Camp durch türkische Kampfdrohnen bombardiert. In dem Camp sind 53.000 Menschen mit Verbindungen zum sog. Islamischen Staat interniert. Mehrere Personen sollen im Zuge der Angriffe aus dem Camp geflüchtet sein. Ob es durch die Angriffe zu Toten oder Verletzten kam, ist bislang noch nicht bekannt. (…) Am 22. November bombardierte die Türkei in der Stadt Heseke außerdem einen Stützpunkt der internationalen Anti-IS-Koalition.“ Meldung von Civaka Azad vom 23. November 2022 externer Link

      • Siehe dort auch den Hintergrundartikel externer Link zu der jüngsten Offensive des türkischen Staates in Nord- und Ostsyrien
    • „Die Menschen sind angesichts der türkischen Luftangriffe nurmehr verzweifelt“
      Die türkische Luftwaffe bombardiert wiedereinmal das überwiegend kurdisch besiedelte Gebiet an der syrisch kurdischen Grenze. Eine Massenflucht aus Rojava wird befürchtet. Radio Dreyeckland sprach mit dem Wiener Politologen Thomas Schmidinger, der derzeit eine Gastprofessur an einer kurdischen Universität Erbil in der autonomen Region Irakisch Kurdistan innehat. Schmidinger berichtet auch über das militärische Vorgehen des iranischen Regimes in Iranisch Kurdistan und analysiert die Lage.“ Interview vom 24. November 2022 beim Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei
    • Angriff auf Rojava: Eskalation eines hybriden Krieges
      Die Türkei missachtet systematisch die Menschenrechte und verstößt gegen das Völkerrecht. Die Bedrohung ist für die Menschen in der Region existentiell…“ Beitrag von Anita Starosta vom bei medico international externer Link
  • Die türkische Luftwaffe bombardiert kurdische Städte in Nordsyrien und Nordirak: Bisher zwölf Tote, Proteste auch in Deutschland
    • Türkei fliegt Luftangriffe in Nordsyrien und Nordirak
      Eine Woche nach dem tödlichen Bombenanschlag in Istanbul hat die Türkei eine Militäroffensive gegen kurdische Stellungen im Nordirak und in Nordsyrien verkündet. Es sei »Abrechnungszeit«, verkündete das türkische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Sonntag über Twitter. »Terroristische Elemente« sollten neutralisiert und Angriffe auf die Türkei vermieden werden, hieß es weiter. Im Fokus der Attacken: die Kurdenmilizen YPG und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte griff die türkische Luftwaffe in der Nacht zum Sonntag kurdische Stellungen in Nordsyrien an. Dabei seien mindestens zwölf Menschen getötet und weitere verletzt worden…“ Agenturmeldung vom 20.11.2022 beim Spiegel online externer Link
    • Die türkische Luftwaffe bombardiert kurdische Städte in Nordsyrien und Nordirak.
      Die türkische Luftwaffe bombardiert zur Stunde die Autonomiegebiete von Nord- und Ostsyrien (AANES) sowie die Kurdistan-Region Irak (KRI). Betroffen von den Angriffen in Nordsyrien sind Städte im Grenzstreifen, darunter Kobanê, Tel Rifat, Dêrik, Zirgan und Dirbesiyê. Über Minbic und Qamişlo kreisen ebenfalls türkische Kampfflugzeuge. Allein auf das Zentrum von Kobanê sind binnen weniger Minuten mehrere Angriffswellen geflogen worden. Die Bombardements richteten sich auch gegen den Miştenûr-Hügel im Südosten von Kobanê, das Dorf Helincê und das Viertel Kaniya Kurda östlich der Stadt. (…) Es habe mehrere Tote und Verletzte gegeben, die genaue Zahl ist unklar. Unter den Betroffenen sind syrische Soldaten. In Dêrik wird eine große Opferzahl befürchtet. Dort bombardierten Kampfjets der türkischen Armee gleich mehrfach den Ort Teqil Beqil in der Koçerat-Region (Einzugsgebiet Dêrik). Nach einer ersten Angriffswelle strömten Menschen aus der Zivilbevölkerung in den Ort, um möglichen Opfern zu helfen. Daraufhin setzte eine zweite Angriffswelle ein. Der Kontakt nach Teqil Beqil ist abgebrochen. Bisher zwölf Tote: Bisher werden zwölf Todesopfer und Dutzende Verletzte infolge der Luftangriffe auf Rojava gemeldet. Bei mindestens sechs der Toten handelt es sich demnach um Menschen aus der Zivilbevölkerung. (…) Die Türkei droht schon länger, eine weitere Invasion in Nordsyrien zu starten, um ihre illegale Besatzungszone auf alle anderen Städte im Grenzstreifen auszudehnen. Bisher erhielt die türkische Führung kein grünes Licht für neuerliche Massaker an Kurdinnen und Kurden. Das dürfte sich nun mit den Anschuldigungen Ankaras, für den Anschlag von Istanbul vor knapp einer Woche mit sechs Todesopfern seien die AANES und ihre Kampfverbände sowie die PKK verantwortlich, geändert haben…“ ANF-Beitrag vom 19 Nov. 2022 externer Link – siehe dort auch die spontanen Proteste weltweit
    • Türkei bombardiert Nordsyrien und Nordirak aus der Luft
      In der Nacht auf den 20. November hat die türkische Luftwaffe dutzende Ortschaften in Nordsyrien (Rojava) und im Nordirak (Südkurdistan) bombardiert. Zu den Angriffszielen der türkischen Armee in Nordsyrien gehören unter anderem Kobanê, das Gebiet Shehba und die Stadt Dêrik. Im Nordirak sind die Qendîlberge und das Asosgebirge bombardiert worden. Türkische Medien sprechen zudem von Luftangriffen auf die Region Shengal im Nordirak. Insgesamt soll es zu mindestens 30 Luftangriffen gekommen sein. Die Zahl von möglichen Todesopfern und Verletzten durch die Angriffe ist bislang nicht klar. Allerdings sprechen örtliche Quellen von mehreren Todesopfern, u.a. durch die Angriffe in Dêrik. Der Oberkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), Mazlum Abdî, bezeichnete die türkischen Angriffe als eine Gefahr für die gesamte Region und rief in der Nacht die Bevölkerung dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen. Ein türkischer Angriff in dieser Größenordnung war erwartet worden. Das US-Konsulat im nordirakischen Erbil hatte am Vortag seine Bürger in der Region vor möglichen türkischen Militäraktivitäten in der Region gewarnt. Da der Luftraum über den Norden Syriens durch die USA und Russland kontrolliert wird, gehen politische Analysten davon aus, dass die Türkei für diese Angriffe grünes Licht von den Großmächten erhalten hat.
      Proteste in Deutschland: Kurz nach Bekanntwerden der türkischen Luftangriffe sind in Deutschland vielerorts Menschen noch in der Nacht auf die Straßen gegangen, um gegen den türkischen Staat zu protestieren. In Düsseldorf, Bonn, Dortmund, Darmstadt, Hamburg, Stuttgart, Hannover, Saarbrücken und Osnabrück versammelten sich spontan dutzende Menschen. Für den heutigen Sonntag sind weitere Demos angekündigt, zu denen der kurdische Dachverband KON-MED aufruft…“ Pressemitteilung vom 20.11.2022 von Civaka Azad externer Link – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit
    • Siehe zum aktuellen Hintergrund Türkische Regierung instrumentalisiert tödlichen Anschlag für Wahlkampf und Kampagne gegen Frauen, Kurd:innen und Migrant:innen
  • Europaweite Proteste und Protestmarsch am 1. November in Den Haag gegen den Einsatz chemischer Waffen durch die Türkei 
    Kurdische Organisationen sind in mehreren europäischen Ländern am Samstag erneut auf die Straße gegangen, um die Kriegsverbrechen des türkischen Staats anzuprangern. Die türkische Armee setzt bereits seit Beginn ihrer Militäroperation in Südkurdistan Anfang 2021 Chemiewaffen und sogenannte „schmutzige Bomben“ ein. Auf die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung der Chemiewaffeneinsätze haben bisher weder die OPCW noch die UNO oder Regierungen reagiert. Vor knapp zwei Wochen wurden die Namen von 17 Guerillakämpfer:innen veröffentlicht, die mit chemischen Waffen getötet wurden. Am selben Tag wurden auch Aufnahmen sterbender Kämpfer:innen veröffentlicht. Die Präsidentin der türkischen Ärztevereinigung TTB, Şebnem Korur Fincancı, wurde in Ankara verhaftet, weil sie nach der Sichtung des Videomaterials eine Untersuchung der Vorwürfe befürwortete. Zuvor hatte bereits die ärztliche Friedensorganisation IPPNW den Bericht einer Delegation nach Südkurdistan veröffentlicht und ausreichende Hinweise bestätigt, die eine internationale Untersuchung rechtfertigten. Vor diesem Hintergrund haben in Deutschland, Frankreich, Schweiz, Österreich und Zypern erneut Demonstrationen und kreative Protestaktionen stattgefunden…“ Meldung vom 30.10.2022 bei ANF externer Link mit Berichten und Videos 

    • Am 1. November findet in Den Haag, wo sich das OPCW-Gebäude befindet, ein Protestmarsch gegen den Einsatz chemischer Waffen durch den türkischen Staat gegen die Guerilla statt. 1. November 2022 / Malieveld Den Haag
  • Ärzteverbandsvorsitzende Fincancı in Istanbul festgenommen, weil sie nach Sichtung des Bildmaterials von Chemiewaffeneinsätzen eine Untersuchung forderte – breite Solidarität 
    „Die renommierte Forensikerin und Präsidentin des Ärzteverbands (TTB) Şebnem Korur Fincancı wurde in Istanbul festgenommen. Korur Fincanci ist auch Vorstandsmitglied der Menschenrechtsstiftung in der Türkei (TIHV). Diese erklärte via Twitter: „Die TTB-Präsidentin und Vorstandsmitglied unserer Stiftung, Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı, wurde rechtswidrig festgenommen. Sie muss sofort freigelassen werden.“ (…) Gegen die Trägerin des Hessischen Friedenspreises 2018 wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, nachdem sie angesichts der Symptome, die sterbende Guerillakämpfer:innen auf Videos zeigten, von Hinweisen auf den Einsatz von Nervenkampfstoffen gesprochen und eine Untersuchung eingefordert hatte. Sie wird beschuldigt, Propaganda für eine „Terrororganisation“ betrieben und gegen den berüchtigten Artikel 301 verstoßen zu haben. Der sogenannte Türkentum-Paragraf regelt die „Beleidigung der türkischen Nation, des Staates der Republik Türkei und der Institutionen und Organe des Staates“. Das Verfahren wurde offensichtlich auf Betreiben der rechtsextremen MHP, Koalitionspartnerin der AKP, eingeleitet. Der MHP-Abgeordnete Muhammed Levent Bülbül warf Fincancı „Herabsetzung des Staates“ vor und bezeichnete den TTB als „Sprachrohr der PKK“, dessen Mitglieder man nicht als „Türken“ bezeichnen dürfe. „Wirkliche und wahrhaftige türkische Ärzte würden niemals Verrat begehen und Verräter unterstützen“, sagte Bülbül. Die Strafverfolgungsbehörden müssten umgehend Schritte einleiten, um eine Bestrafung aller Personen zu gewährleisten, die sich im Zusammenhang mit Vorwürfen über Chemiewaffeneinsätze der Türkei des Verrats schuldig machten…“ Meldung vom 27. Oktober 2022 von und bei AFN News externer Link mit weiteren Infos und Nachweisen. Siehe für Solidarität:

    • DIDF: Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı muss freigelassen werden! externer Link
    • Tweet vom Marburger Bund am 27. Okt. 2022 externer Link: „Frau Prof. Fincancı hat unsere volle Solidarität. Es ist nicht nur legitim, Untersuchungen über einen Militäreinsatz zu fordern – es ist unsere ärztliche Pflicht, auf mögl. Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen u. Aufklärung zu verlangen. Freiheit für Şebnem Korur Fincancı!
    • Die Präsidentin der türkischen Ärztekammer Şebnem Korur Fincancı wurde in Polizeigewahrsam genommen. Fincancı wird seit langem ins Visier genommen, weil sie einfach an das Völkerrecht erinnert und gesagt hat, dass alle Behauptungen über den Einsatz von Chemikalien in der Kriegsführung untersucht werden müssen…“ engl. Thread von MLSA vom 26. Okt. 2022 externer Link (Media and Law Studies Association)
    • Siehe für weitere #ŞebnemKorurFincancıYalnızDeğildir
  • Bericht zu Chemiewaffeneinsätzen im Nordirak / Mit Drohnen gegen die Demokratie 
    • IPPNW veröffentlicht Bericht zu Chemiewaffeneinsätzen im Nordirak
      Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW hat einen Bericht über türkische Chemiewaffeneinsätze in Kurdistan veröffentlicht und fordert eine sofortige, unabhängige internationale Untersuchung…“ Meldung vom 12.10.2022 bei ANF externer Link, siehe auch:

    • Mit Drohnen gegen die Demokratie
      Immer wieder wird ziviles Personal der kurdischen Selbstverwaltung durch türkische Drohnenangriffe getötet – eine klare Verletzung des Völkerrechts. Doch die Bundesregierung weigert sich, Stellung zu beziehen, und lässt NATO-Partner Erdoğan freie Hand. Seit Monaten führt der türkische Präsident Erdoğan ungeachtet der internationalen Öffentlichkeit einen Krieg niederer Intensität gegen Nordostsyrien. Auch Zivilistinnen und Zivilisten werden dabei gezielt getötet, so etwa am 27. September: Zeyneb Sarokhan und Yilmaz Şero, zwei Mitarbeitende der autonomen Selbstverwaltung Nordostsyrien, wurden von einer türkischen Drohne (Typ Bayraktar) getroffen. Sie waren unterwegs, um Gefängnisse in der Region zu besuchen. Seit Juni waren beide Vorsitzende der Verwaltungsabteilung für Justizreform der Region Cizîrê und unter anderem für die Betreuung der dortigen Gefängnisse zuständig, in denen auch Tausende IS-Anhängerinnen und IS-Anhänger sitzen. Beide arbeiteten zuvor unter anderem für Projekte der Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international. (…) Die gezielte Tötung von Zeyneb Sarokhan und Yilmaz Şero macht deutlich, dass es im Interesse des türkischen Militärs zu sein scheint, die zivilen Bereiche der Selbstverwaltung deutlich zu schwächen. (…) Die Türkei ist inzwischen zu einer globalen Drohnenmacht aufgestiegen, die die Kampfdrohne Bayraktar TB2 nicht nur in 24 Länder verkauft, sondern auch selbst immer wieder einsetzt. Allein dieses Jahr erfolgten laut Rojava Information Center 81 Drohnenangriffe in Nordostsyrien. Dabei kamen 66 Menschen (darunter 23 Zivilistinnen und Zivilisten) ums Leben. Die tatsächliche Anzahl der Todesopfer dürfte noch höher liegen. Mitunter werden die tödlichen Raketen nicht von Drohnen selbst abgeschossen, sondern von Artillerie. In diesen Fällen dienen die Drohnen oft der Zielaufklärung und markieren etwa Autos oder Gebäude per Laser. (…) Diese permanenten Angriffe der Türkei auf Nordostsyrien sind völkerrechtswidrig, finden hierzulande jedoch kaum Aufmerksamkeit. Im Kontrast zur einhelligen Verurteilung der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine wirkt das Schweigen der Bundesregierung in Bezug auf die türkischen Drohnenangriffe umso lauter und stellt die Glaubwürdigkeit der deutschen außenpolitischen Standards infrage. (…) In Nordostsyrien nutzt Erdoğan die fragile geopolitische Lage, um die kurdische Bevölkerung und ihre Autonomiebestrebungen zu bekämpfen, und um von innenpolitischen Schwierigkeiten in der Türkei abzulenken. (…) Dennoch intensiviert das türkische Militär die seit Monaten anhaltenden Drohnenangriffe sowie den Artilleriebeschuss aus den besetzten Gebieten – eine perfide und zermürbende Kriegsstrategie. (…) Diese permanenten Angriffe der Türkei auf Nordostsyrien sind völkerrechtswidrig, finden hierzulande jedoch kaum Aufmerksamkeit. Im Kontrast zur einhelligen Verurteilung der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine wirkt das Schweigen der Bundesregierung in Bezug auf die türkischen Drohnenangriffe umso lauter und stellt die Glaubwürdigkeit der deutschen außenpolitischen Standards infrage…“ Artikel von Anita Starosta vom 13. Oktober 2022 in Jacobin.de externer Link, siehe dazu:

      • Ein türkischer Drohnenangriff tötet Verantwortliche für medico-Projekte in Nordostsyrien.
        Am Dienstag, den 27. September gegen Mittag, traf eine türkische Bayraktar-Drohne ein Fahrzeug auf einer Straße nahe der Stadt GirkêLegê und tötete Zeyneb Sarokhan und Yilmaz Şero. Beide waren Vorsitzende der Verwaltungsabteilung Justizreform für die Region Cizîrê der Autonomen Selbstverwaltung Nordostsyrien und waren an diesem Tag unterwegs, um Gefängnisse in der Region zu besuchen. (…) Diese permanenten Angriffe der Türkei auf Nordostsyrien sind völkerrechtswidrig, finden hierzulande jedoch kaum Öffentlichkeit. Das diskutieren Expert:innen zuletzt auf der medico-Konferenz „10 Jahre Rojava“. Das Schweigen zu diesem völkerrechtswidrigen Verhalten der Türkei muss endlich durchbrochen werden. Die Bundesregierung sollte diese Angriffe öffentlich verurteilen. Eine feministische und menschenrechtsbasierte Außenpolitik müsste die Arbeit von Menschen wie Zeynep Sarokhan und Yilmaz Şero wertschätzen, absichern und sich aktiv gegen die türkische Politik in der Region stellen. Stattdessen ein Schweigen, das im Kontrast zur einhelligen Verurteilung der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine umso unerträglicher wirkt und die Glaubwürdigkeit der deutschen außenpolitischen Standards in Frage stellt.“ Artikel von Anita Starosta vom 28. September 2022 bei medico externer Link
  • Der türkische Botschafter im Irak räumt Anschlag auf Nagihan Akarsel ein 
    Der türkische Botschafter im Irak hat faktisch eingeräumt, dass es sich bei dem tödlichen Attentat auf die kurdische Journalistin und Jineolojî-Forscherin Nagihan Akarsel um eine Operation des türkischen Staates handelte. Bei dem tödlichen Attentat externer Link auf die Journalistin und Jineolojî-Forscherin Nagihan Akarsel in Südkurdistan handelte es sich offenbar tatsächlich um einen Auftragsmord der Regierung in Ankara. Der türkische Botschafter im Irak, Ali Riza Güney, hat die Täterschaft seiner Staatsführung faktisch eingeräumt. Bei der Eröffnungszeremonie eines Visa-Büros in Hewlêr (Erbil) wurde der türkische Regierungsvertreter vor Live-Kameras von einer Journalistin gefragt, was er über die Vorwürfe denke, der Mord an Akarsel gehe auf das Konto der Türkei. Güney antwortete: „Wir messen der Souveränität des Irak mehr Bedeutung bei als einige Elemente im Land selbst. (…) Der Irak ist schon seit jeher unser Nachbar, Freund und Bruder. Sicherheit, Stabilität und Wohlstand sind unsere Priorität im Irak. Unser Ziel ist es, unsere bilateralen Beziehungen als zwei souveräne Staaten frei von terroristischen Organisationen zu pflegen. Daraus ergibt sich unsere Sensibilität und Erwartung im Kampf gegen den Terrorismus. PKK-orientierte und mit der PKK in Verbindung stehende Ziele liegen im Zentrum unserer Aufmerksamkeit.“ (…)
    Wer war Nagihan Akarsel?
    Nagihan Akarsel stammte aus Konya in der Türkei und war eine bekannte Persönlichkeit in der kurdischen Community und in der internationalen Jineolojî-Bewegung, sie war seit dreißig Jahren politisch aktiv. Sie studierte Journalismus in Ankara und arbeitete lange Zeit als Journalistin und Autorin, unter anderem in der Redaktion der Zeitschrift „Jineolojî“. Aufgrund ihres Engagements in der kurdischen Bewegung war sie jahrelang in der Türkei im Gefängnis und nach 1994 zeitweise mit der kurdischen Politikerin Leyla Zana in einer Zelle. In Rojava förderte sie die Bildungsarbeit im Bereich der Jineolojî und recherchierte zur Geschichte von Frauen in Efrîn. In Şengal betrieb sie Feldforschung zur Situation von Frauen nach dem vom „Islamischen Staat“ (IS) begangenen Genozid und Femizid. Zuletzt arbeitete sie mit Frauen aus Südkurdistan im Forschungszentrum für Jineolojî. Eines ihrer laufenden Projekte war die Einrichtung einer kurdischen Frauenbibliothek. Vergangene Woche Dienstag (4. Oktober) wurde Nagihan Akarsel auf dem Weg zu der Frauenbibliothek in Silêmanî vor ihrer Wohnung erschossen. Sie wurde von elf Kugeln getroffen. Die Türkei stand schon früh im Verdacht, verantwortlich für den Mord an Akarsel zu sein. Auch im Fall vier weiterer kurdischer Personen, die seit September 2021 in der Kurdistan-Region Irak zum Ziel von Schusswaffenattentaten geworden sind – nur eines der Opfer überlebte schwer verletzt – wurden die Anschläge dem türkischen Geheimdienst MIT zugeschrieben…“ Beitrag vom 10.10.2022 bei ANF externer Link
  • [Doppelstandards der Bundesregierung bei Russland und Türkei] Wertebasierte Politik mit zweierlei Maß  „Während der brutale Krieg in der Ukraine im Spätsommer unvermindert fortgeführt wird, treten hierzulande politische Tendenzen klarer hervor. Dazu gehören die Doppelstandards der Bundesregierung, die in Bezug auf den von Russland geführten Angriffskrieg und seinen Folgen völlig andere Maßstäbe ansetzt als bei der Beurteilung anderer militärischer Konflikte. Während führende Politiker*innen ohne Unterlass davon sprechen, dass „unsere demokratischen Werte“ in der Ukraine verteidigt werden müssten, werden die erneuten Invasionsdrohungen des Nato-Verbündeten Türkei gegen das nordsyrische Rojava nicht einmal mit einem Achselzucken goutiert. Dass die Türkei heute wieder täglich im Nordirak und Nordsyrien bombardiert und gezielt Menschen mit Drohnen ermordet, scheint keine Debatte und Empörung wert. Dabei unterscheidet sich der türkische Staat, der im Inneren die Opposition unterdrückt und nach außen aggressiv alte Machtansprüche verfolgt, kaum von der russischen Autokratie unter Putin. Doch während die russische Propaganda zurückgewiesen wird, werden Erdoğans Sprachregelungen weitgehend übernommen. (…) Die Kernargumente der türkischen Regierung bleiben unwidersprochen, an der langjährigen Kriminalisierung der Kurdi*innen in Deutschand wird auch unter der Ampel nicht gerüttelt. Vielmehr häufen sich die Abschiebungen von Kurd*innen in die Türkei, wo ihnen Gefängnis, Folter und Tod drohen. Würde Baerbock es ernst meinen mit ihrer „wertebasierten Politik“, wäre der nächste Schritt die Aufnahme von Gesprächen mit der Selbstverwaltung in Nordsyrien. Zudem müssten Waffenlieferungen an die Türkei eingestellt, sowie ein Abschiebestopp verhängt werden. Im Rahmen der Nato-Politik bleibt dies jedoch nur schwer denkbar: Schweden und Finnland haben mit der Erfüllung von Ankaras Wunschliste von Auslieferungen und Waffenlieferungen als Bedingung zum Beitritt zum Militärbündnis bewiesen, dass sie, wie viele weitere Nato-Staaten, in letzter Instanz auch bereit sind, die Leben von Kurd*innen zu opfern, wenn es verlangt wird. Die Kriege in der Ukraine wie auch in Nordsyrien und in anderen Teilen der Welt finden dabei in einer Phase der zunehmenden globalen Krisenentwicklung statt. Die anhaltende Corona-Pandemie und die Klimakrise verschärfen die bestehenden Probleme des Kapitalismus – hohe Schuldenberge, sinkende Profite, instabile internationale Lieferketten, wachsende Inflation. (…) Die Verteidigung von Grundrechten und der Kampf für eine soziale Versorgung für alle wird in Zeiten steigender Verteilungskämpfe mehr denn je eine zentrale Aufgabe.“ Beitrag des  Grundrechtekomitees vom August 2022 externer Link
  • Vier Mädchen tot: Türkei bombardierte UN-Bildungszentrum in Nordsyrien – Nach dem Drohnenangriff fordert die Selbstverwaltung eine Flugverbotszone 
    „… Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat weder von Russland oder dem Iran noch von den USA grünes Licht für einen weiteren völkerrechtswidrigen Einmarsch in Nordsyrien bekommen. Nun scheint sich das türkische Militär darauf zu konzentrieren, durch massive Drohnen- und Artillerieangriffe auf bewohnte Gebiete in Nordsyrien die Zivilbevölkerung zu terrorisieren und zu zermürben. Selbst UN-Einrichtungen sind nicht mehr sicher, wie der tödliche Drohnenangriff am auf ein Bildungszentrum für Mädchen am Donnerstag zeigt. Die Selbstverwaltung fordert Russland und die USA auf, eine „No fly zone“ für die Türkei einzurichten, um die Bevölkerung zu schützen. Vor dem UN-Hauptquartier in Qamishlo und der russischen Militärbase in Amude forderten Demonstranten ebenfalls eine Flugverbotszone. Bislang trifft die Forderung auf taube Ohren. Dies wirft die Frage auf, wie ernst es Russland und die USA eigentlich mit einem „No“ für eine erneute türkische Invasion meinen. (…) Die Journalistin Linda Peikert, die sich in den letzten Wochen in der Region aufhielt, berichtet im Deutschlandfunk über die Stimmung in der Region. Die Bevölkerung der Großstadt Kobane ist aufgebracht wegen der ständigen türkischen Angriffe. Zuletzt trafen die Bombardements auch das Stadtzentrum, das nach der Zerstörung durch den IS mühsam wieder aufgebaut wurde.
    Ein Geschäftsmann sagt im Interview, die Bevölkerung sei bereit, ihr Land und ihre Kultur zu verteidigen. Vor allem die Frauen, die im Gebiet der Selbstverwaltung auf allen Ebenen gleiche Rechte haben und in allen Führungspositionen in einer Doppelspitze vertreten sind, sind nicht mehr bereit, ihre Errungenschaften aufzugeben. (…) Seit Januar 2022 gab es bis zum 13. August mindestens 3763 türkische Angriffe auf das Gebiet der Selbstverwaltung. Dabei wurden 33 Menschen getötet und 124 Menschen verletzt. Mit 1.420 Angriffen, 23 Toten und 57 Verletzten seit Juni zeigt sich, dass die Türkei ihre Angriffe intensiviert hat, um die Bevölkerung zu demoralisieren. Die kurdische Nachrichtenagentur ANF veröffentlichte eine Statistik der Angriffe seit Beginn des Jahres (…) Schlechte Wahlprognose könnte der Grund für die massiven Angriffe sein (…) Eine Hauptursache dafür ist die desaströse Wirtschaftspolitik. Nach Angaben des staatlichen Statistikinstituts „TÜIK“ liegt die Inflationsrate bei 78 Prozent. Erdogan versucht davon abzulenken, indem er mit antikurdischer Propaganda und einer angeblichen Bedrohung aus Nordsyrien den Nationalismus unter der Bevölkerung anheizt, in der Hoffnung, dadurch verlorene Stimmen zurückzugewinnen. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „MetroPoll Araştırma“ würde Erdogan, sollte er bei der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit verfehlen, dies auch in der zweiten Runde nicht schaffen. Egal, ob er gegen den Spitzenkandidaten der CHP, IYI Parti oder der Deva Partisi antritt, in keiner Konstellation bekäme er eine Mehrheit…“ Beitrag von Elke Dangeleit vom 21. August 2022 bei Telepolis externer Link
  • Krieg niederer Intensität. Drohnenangriffe des türkischen Militärs führen in Nordsyrien  zu permanenter Unsicherheit und Angst 
    „Seit April droht der türkische Präsident Erdogan mit einer erneuten Militärintervention in Nordostsyrien. (…) Ungeachtet dessen und von der weltweiten Öffentlichkeit unbeachtet, findet aber schon seit Monaten ein Krieg „niederer Intensität“ statt. Dafür ist an der türkisch-syrischen Grenzen unter anderem das Heer mit Artillerie stationiert. Drohnen dienen der Zielbestimmung dieser Waffen und werden auch selbst für Angriffe eingesetzt ohne dass die russischen oder US-amerikanischen „Schutzmächte“ dagegen eingreifen. Inzwischen wird auf diesem Weg wöchentlich militärisches und politisches Personal der Selbstverwaltung gezielt getötet. Immer wieder werden auch zivile Orte angegriffen, darunter Krankenstationen oder Fußgängerzonen. Diese Alltagsbedrohung bedeutet zudem eine starke psychische Belastung der Bevölkerung. (…) Ein unbestrittener Senkrechtstarter ist die Türkei, deren Militär unter anderem die bewaffnungsfähige Anka fliegt. Sie wird von Turkish Aerospace Industries (TAI) hergestellt und kann über Satelliten gesteuert werden. Der Exportschlager ist aber die von Baykar Makina hergestellte Bayraktar TB2, mit der das türkische Militär zudem völkerrechtswidrige Angriffe im In- und Ausland fliegt. (…) Ursprünglich war die TB2 mit einem Sensormodul des kanadischen Herstellers Wescam ausgerüstet. (…) Wescam hat seine Zusammenarbeit mit Baykar Makina vorläufig beendet, nachdem die Regierung in Ottawa anlässlich des Krieges um Arzach ein Exportverbot erließ. Diese Lücke hat offenbar der auf Sensortechnologie spezialisierte Hensoldt-Konzern aus Deutschland mit seinem Modul ARGOS-II gefüllt. Das Gerät wird vom Hensoldt-Ableger Optronics Pty in Südafrika gefertigt, daher müssen auch keine deutschen Exportkontrollvorschriften eingehalten werden. Mittlerweile werden die Gimbals aber auch von der in der Türkei ansässigen Firma Aselsan produziert. Auch die Bewaffnung der TB2 mit lasergesteuerten Raketen erfolgte mit deutscher Hilfe. Seit 2010 hat das deutsche Außenministerium Exportgenehmigungen für einige leichte Gefechtsköpfe und Anlagen oder Teile zur Fertigung erteilt. Sie könnten als Vorlage für die Entwicklung eigener Mikro-Präzisionsmunition in der Türkei gedient haben. Die Raketentechnik stammte von der Firma TDW Wirksysteme GmbH aus dem bayerischen Schrobenhausen, einem Ableger des europäischen Raketenherstellers MBDA, die Verkäufe erfolgten mutmaßlich an die im Staatsbesitz befindliche türkische Rüstungsfirma Roketsan. (…) Inzwischen etabliert sich die Türkei als Rüstungs- und Militärmacht auch im Bereich unbemannter Systeme. Sie hat dem türkischen Rüstungskonzern Baykar die Exportgenehmigungen in mindestens 14 Länder erteilt, darunter sind Katar, Kirgisistan, Turkmenistan, Pakistan, Somalia und Marokko. Einige Staaten setzen die Drohnen auch schon ein, belegt ist dies für Aserbaidschan, die Ukraine oder Äthiopien, wo die Bayraktar TB2 auch im Inland gegen Tigray-Rebellen Angriffe flog. Einsätze durch das türkische Militär selbst erfolgten zudem in Libyen. Als erster NATO-Staat hat Polen die Bayraktar TB2 bestellt. (…) Mit einem weiteren unbemannten System will die Regierung in Ankara zudem die vierte Seemacht im Mittelmeer werden. Als Kızılelma (roter Apfel) hat Baykar Makina mit staatlicher Unterstützung ein unbemanntes Kampfflugzeug entwickelt, das 2023 seinen Erstflug absolvieren soll…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 9. August 2022 bei medico international externer Link, siehe auch:

    • Nordsyrien: Kein grünes Licht für türkische Angriffspläne
      „Erdogan scharrt auch aus innenpolitischen Gründen mit den Hufen, aktuell passen seine Pläne aber weder Russland und dem Iran noch westlichen Ländern ins Konzept. (…) Täglich demonstriert die Türkei mit Drohnenangriffen in Nordsyrien und im Nordirak, dass sie sich trotz der Abfuhren nicht von ihren Plänen abhalten lässt, in den Nachbarländern entlang der türkischen Grenze die militärische und politische Kontrolle zu erhalten. „Allein seit Anfang dieses Jahres ist die Region 3763-mal von Ankara angegriffen worden. Dabei kamen 33 Menschen ums Leben, 124 Personen wurden verletzt“, teilte unlängst der kurdische Dachverband Kon-Med mit. Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien fordert daher eine Flugverbotszone über Nordsyrien, um der Türkei Einhalt gebieten zu können. Gleichzeitig fordert die irakische Regierung den Abzug der türkischen Truppen von irakischem Territorium. (…) Einen Tag nach dem Gipfeltreffen in Teheran bombardierte die Türkei die bei Touristen aus dem Zentral- und Südirak beliebte Ortschaft Parakh in der Nähe der nordirakischen Stadt Zakho nahe der türkischen Grenze. Bei dem Artillerieangriff starben neun arabische Touristen, 22 Menschen wurden verletzt, darunter auch Kinder. Sie gehörten zu einer Reisegruppe aus Nadschaf im Zentralirak. (…) Anfangs wies die Türkei die Verantwortung für den Angriff auf das Touristengebiet zurück und machte wie üblich die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) dafür verantwortlich. Diese dementierte, da sie in dieser grenznahen Region überhaupt nicht vertreten sei. Der türkische Nationale Sicherheitsrat (MGK) erwähnte auf seiner Sitzung den Artillerieangriff bei Zakho mit keinem Wort. Stattdessen wird von erfolgreichen „Operationen“ im Ausland gesprochen. Seit August 2015 fielen den türkischen Angriffen im Nordirak mindestens 138 Zivilisten zum Opfer. (…) Einen Tag nach dem Artillerieangriff von einem nahegelegenen türkischen Militärstützpunkt auf den Park im Nordirak und der Absage für eine Militärintervention in Nordsyrien vom Dreiergipfel in Teheran erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, Ankara werde niemals um Erlaubnis für seine Militäreinsätze gegen den Terrorismus bitten. „Es kann eines Nachts plötzlich passieren“, sagte Çavuşoğlu mit Blick auf den Beginn einer möglichen Offensive in Nordsyrien. (…) In Nordsyrien begründet die Türkei wie im Nordirak ihre fortwährenden Angriffe mit dem Kampf gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Sie setzt die SDF, das Militär der Selbstverwaltung und gleichzeitig Partner der Anti-IS-Allianz mit der PKK gleich. Alle Global Player wissen, dass Erdogan damit einen Nebenkriegsschauplatz für sein innenpolitisches Überleben betreibt. Von der PKK geht seit mehr als 20 Jahren keine internationale Gefahr für terroristische Aktivitäten mehr aus. Sie ist, was auch internationale Gerichte bestätigt haben, „Kriegspartei eines innertürkischen Konflikts“. Dass die PKK noch immer im Westen als „Terrororganisation“ gelistet ist, ist vor allem der Rücksichtnahme auf den „Partner Türkei“ geschuldet. (…) Bleibt die Frage, was eine Einigung der beiden totalitären Regimes der Türkei bringt. Kein syrischer Geflüchteter würde freiwillig aus der Türkei in die Gebiete Assads zurückkehren. In Idlib und den anderen türkisch besetzten Gebieten würden viele versuchen, vor dem syrischen Regime in die Türkei zu fliehen. Im Gebiet der Selbstverwaltung würden sich viele in den Nordirak absetzen, um den Fängen des Assad-Regimes zu entkommen und sich auf den Weg nach Europa machen. Das wäre die Chance für den IS, seine Anhänger aus den Gefängnissen zu befreien und gestärkt ein neues Kalifat an der Grenze zur Türkei zu errichten. Dieses Szenario kann niemand wollen.“ Beitrag von Elke Dangeleit vom 15. August 2022 bei Telepolis externer Link – wollen wir hoffen…
    • Siehe für fast tägliche Todesmeldungen ANF externer Link
  • Trotz Angriffen im Widerstand. Obwohl sie den »Islamischen Staat« besiegt haben, erhalten die Menschen in Rojava von der Internationalen Gemeinschaft kaum Solidarität 
    Die Bedrohung der Drohnen über ihren Köpfen ist den Menschen in Nordsyrien allzeit präsent. Wenn sie zuschlagen, peilen sie ihr Opfer zielgenau an und reißen es meist direkt in den Tod. Am vergangenen Freitag wurden drei Frauen, die von einer Frauenkonferenz aus der kurdischen Stadt Quamishlo kamen, mit einer Drohne getötet. Alle drei waren Teil der Frauenverteidigungseinheit YPJ der Selbstverwaltungsstrukturen in Nordostsyrien, zwei von ihnen waren auf den Kampf gegen IS-Terror spezialisiert. Auf der Trauerfeier erscheinen viele hunderte Menschen. Sie haben kleine Porträtbilder der jungen Frauen mit einer Sicherheitsnadel an die Kleidung geheftet. Es wird geweint, geklagt, sich gegenseitig umarmt. Der Tod der Kämpferinnen ist wiedermal ein harter Schlag für die Bevölkerung in Nordostsyrien. (…) In Europa wird viel über Kriegsverbrechen und völkerrechtswidrige Angriffe auf die Ukraine diskutiert. Doch wenn gezielt Menschen getötet werden, die der Welt nach wie vor brutale Djihadisten des IS vom Hals halten, werden die Augen verschlossen. Die Situation im Norden des Landes ist wegen des westlichen Embargos gegen Syrien, der von der Türkei gekappten Wasserversorgung und der Unterbringung tausender Binnengeflüchteter schon schwierig genug. Die überfüllten IS-Gefängnisse sind eine tickende Zeitbombe, die bei einer Explosion nicht nur Nordostsyrien treffen wird. Warum wird nicht wenigstens der Luftraum über der Region geschlossen? Das Surren der Drohnen muss aufhören. Die fast täglichen Hinrichtungen per Knopfdruck müssen aufhören. Wegen der Menschen vor Ort, aber auch für den Schutz vor islamistischem Terror hierzulande.“ Artikel von Linda Peikert vom 27.07.2022 im ND online externer Link, siehe dazu:

    • Ein Angriff auf eine, ist ein Angriff auf alle! – Gemeinsam verteidigen wir die Frauenrevolution!
      Wieder einmal zeigt der türkische Staat sein mörderisches und frauenfeindliches Gesicht. Am Freitag wurde gezielt ein Fahrzeug der YPJ Frauenverteidigungseinheiten von einer türkischen Drohne angegriffen. Die in dem Fahrzeug sitzenden Jiyan Tolhilan, Roj Xabûr und Barîn Botan befanden sich gerade auf ihrem Rückweg von dem Forum zur Frauenrevolution anlässlich des 10 jährigen Jubiläums der Frauenrevolution in Rojava / Nord- und Ostsyrien. Nur kurz vor ihrem Tod war Jiyan Tolhildan eine der Referentinnen auf dem Forum und sprach dort über die Bedeutung der Selbstverteidigung von Frauen und der Rolle der YPJ in den 10 Jahren der Revolution: „Wir glauben, dass wir das Projekt der demokratischen Nation in der Region verwirklichen werden. Zuallererst sollten alle Frauen die Grundsätze der Selbstverteidigung anstreben. Dieses Bewusstsein muss in der Gesellschaft verankert werden.“ Dieser Angriff ist nicht nur ein Angriff auf die Frauenrevolution in Rojava sondern ein Angriff auf uns alle, die Widerstand leisten, sich gegen patriarchale Gewalt erheben und für ein befreites Leben kämpfen. Es waren und sind die Frauenverteidigungseinheiten der YPJ, die Kobane und viele weitere Städte wie Raqqa vom IS befreiten und den Frauen damit ermöglichten eigene Institutionen aufzubauen, welche ihre Stimme und ihre Perspektiven vertreten. Es sind die YPJ, die bis heute die Errungenschaften der Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien gegen jegliche Angriffe des faschistischen türkischen Staates und seiner Milizen verteidigen…“ Beitrag vom 25. Juli 2022 bei Women Defend Rojava externer Link
    • Thread von riseup4rojava_at_ch_d vom  26. Juli 2022 externer Link mit Fotos: „Wir bereiten uns auf einen großen Angriff der Türkei vor. ABER: Auch aktuell gibt es Krieg. Allein in den letzten Tagen haben Türkei & ihre Söldner Dutzende von Dörfern angegriffen, Zivilisten wurden getroffen & Schlüßelfiguren im Kampf gegen den IS getötet. Es sind jene Menschen, welche mit Mut & Einsatz gegen den IS kämpfen & es ist gezielt die Frauenbewegung, die von der Türkei ins Visier genommen werden. Denn gerade organisierte & kämpfende Frauen stellen für den Faschismus eine große Gefahr dar. Allein in den letzten 4 Tagen wurden diese Dörfer mit Artillerie beschoßen: Tel Rifat; Tewîla, Dirdara, Tel Tewîlê, Tel Cuma, Dişîşayê, Qesra Tûma Yelda; Mezre, Esediye; Tel Acar, Tatemaraş, Kefer Antun, Malkiyê, Şiwarqa, Tinibe, kela Şiwarqa; Bênê, Aqibê. Gestern wurden die Dörfer Tal Mediq, Herbil, Um Hosh, Semoqa & der Shahba-Damm von etwa 20 Artilleriegranaten getroffen. Die Menschen dort werden seit 2019 ununterbrochen von der Türkei mit solchen Angriffen terrorisiert…“
  • [Weltspiegel] Syrien: Krieg im Norden?
    Die Angst vor einem neuen Krieg lähmt die nordsyrische Wirtschaftsmetropole Manbidsch. Sie gilt als Herzkammer der kurdischen Selbstverwaltung. Die Bewohner stellen sich auf das Schlimmste ein, Geschäftsleute bauen ihre Anlagen ab. (…) Im Norden von Manbidsch sammeln sich syrische Kämpfer. Das Gebiet steht unter türkischer Kontrolle. Seit Monaten schon bereiten sie sich auf den Krieg gegen die Kurden vor. Sie gelten als Islamisten, zeigen sich entschlossen zum Kampf. Muhammad Shobak, Kämpfer „Nationale Armee“: “Wir haben an einer ganzen Reihe Waffen trainiert, Kalaschnikows, Doschkas, alle möglichen Maschinengewehre. Auch ein Fitness-Training haben wir absolviert. Außerdem waren wir im Koranunterricht und haben taktische Einsatzplanung gelernt. Auf allen Ebenen haben wir trainiert und machen das auch weiter.“ 80.000 Söldner sollen es sein, ausgebildet von der Türkei und mit schweren Waffen ausgestattet. Sie hören auf den Befehl des türkischen Präsidenten Erdogan, sollen die kurdischen Kämpfer aus der Grenzregion vertreiben, dort Millionen syrische Flüchtlinge ansiedeln. Wann die Offensive beginnt, ist unklar. Die USA und auch Russland haben Bedenken angemeldet.
    Es wäre eine Hiobsbotschaft für Millionen Flüchtlinge in Nordsyrien. In Camps wie diesem bei Manbidsch leben sie dicht gedrängt in Armut, aber relativer Sicherheit. Viele wurden im syrischen Bürgerkrieg mehrfach vertrieben, hofften hier auf eine sichere Bleibe. Kurdische Kämpfer wollen sich Erdogans Truppen entgegenstellen, auch wenn sie ihnen letztlich hoffnungslos unterlegen sind. Sie rechnen mit einem verlustreichen Krieg. Schon jetzt stehen sie immer wieder unter Beschuss von der anderen Seite der Front. Den so genannten Islamischen Staat haben sie in der Region mit Hilfe der USA niedergerungen. Tausende kurdische Kämpfer starben. Aus dem Untergrund aber terrorisieren die IS-Kämpfer die Bevölkerung weiter. Ein türkischer Angriff würde der Terrormiliz deshalb in die Hände spielen…“ Text zum Video des Beitrags von Daniel Hechler am 04.07.22 im Weltspiegel bei ARD externer Link (05:50 Min. | Verfügbar bis 03.07.2023?)
  • Erdoğan steht an der Schwelle zur Eskalation
    Während die Wirtschaft schwächelt, setzt Erdoğan auf militärische Stärke und plant eine erneute Offensive in Nordsyrien. Dazu fehlte ihm bislang die Unterstützung einer Großmacht. Doch mit Erdoğans Zustimmung zur NATO-Erweiterung spitzt sich die Lage weiter zu. (…) Klar ist hingegen, dass das Regime beabsichtigt, neue Gebiete in Nord- und Ostsyrien zu besetzen, um eine »Sicherheitszone« vor der türkischen Grenze einzurichten. Erdoğan geht es dabei vor allem um Teile der autonomen Selbstverwaltung Rojavas. Da die USA die kurdischen Kräfte der SDF (Syrian Democratic Forces) im Kampf gegen den IS unterstützten und eine Besetzung Nordsyriens weder dem Assad-Regime noch Russland gefallen würde, kann Erdoğan ohne die zumindest implizite Unterstützung der Großmächte kaum agieren. Die tragischen Implikationen einer derartigen völkerrechtswidrigen Invasion und Besetzung sind offensichtlich: Ein großer Teil der syrischen Flüchtlinge, die sich aufgrund des EU/Türkei-Deals derzeit in der Türkei aufhalten, würden höchstwahrscheinlich einer Zwangsunterbringung unterzogen werden und jene ethnischen Minderheiten, die bereits in der vorgesehenen Region leben, würden vertrieben werden. Wie schon im Nachgang der türkischen Militäroperation in Afrin, wären davon vor allem Kurdinnen und Kurden betroffen. Die von religiöser und ethnischer Vielfalt geprägte Struktur in Nordost-Syrien würde durch einen solchen Angriff völlig zerstört werden…“ Artikel von Özlem Demirel vom 30.06.2022 bei Jacobin.de externer Link
  • Nordostsyrische Selbstverwaltung: NATO muss türkische Invasion stoppen
    Die Deutschland-Vertretung der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien fordert die NATO auf, die türkischen Invasionspläne zu stoppen. Eine Invasion der Türkei bedeute die Wiedergeburt des IS…“ Meldung vom 29. Juni 2022 bei ANF externer Link
  • [Türkei] Erdoğan wiederholt Ankündigung neuer Invasion in Nordsyrien
    „… Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat seine Ankündigung einer neuen Invasion in Nordsyrien wiederholt. Diese werde beginnen, sobald die Vorbereitungen an der Grenze abgeschlossen seien, sagte der AKP-Chef am Montagabend im Anschluss an eine Kabinettssitzung in Ankara. Man dürfe zuversichtlich sein, dass die Türkei all ihre politischen, wirtschaftlichen und militärischen Fähigkeiten einsetzen werde, um ihre Ziele für 2023 (100. Gründungstag der Republik) zu erreichen und die „Vision für 2053“ (600. Jahrestag der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen) zu verwirklichen, sagte Erdoğan mit Blick auf seinen Traum von einem großtürkisch-islamistischen Imperium. Auch die „Operationen zur Erlösung“ der Grenze zum Irak von „terroristischen Anschlägen“ – gemeint ist die seit Mitte April andauernde Invasion der Türkei in Südkurdistan – würden erfolgreich fortgesetzt. Die „neuen Offensiven“ in Syrien werde man einleiten, wenn alle „Schwächen im Sicherheitskorridor“ beseitigt sind. (…) Erdoğan sprach am Montag zudem den Konflikt um eine Aufnahme Schwedens und Finnlands in die Nato an. „Wir werden zum Nato-Gipfel in Spanien gehen und alles Notwendige im Einklang mit den Rechten und Interessen unseres Landes tun“ und den Gesprächspartnern die „Scheinheiligkeit“ gegenüber Terrororganisationen mit Dokumenten, Informationen und Bildern“ erklären, sagte der Regimechef in gewohnter Manier eines wutentbrannten Sultans. (…) Die Regierungen in Stockholm und Helsinki hatten im Mai unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ihren Beitritt zu dem Militärbündnis beantragt. Die Türkei hatte sich dagegengestellt und dies mit Sicherheitsbedenken sowie angeblicher Unterstützung für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die Volksverteidigungseinheiten (YPG) begründet. Beide Länder weisen die Beschuldigungen zurück…“ Beitrag vom 28. Juni 2022 von und bei den ANF News externer Link
  • Die Invasionsmacht als Partner: Die Türkei sucht die Zustimmung des Westens zu ihrer nächsten Invasion in Syrien zu erhalten 
    „… Vertreter der nordsyrischen Kurden appellieren an die westlichen Mächte, darunter Deutschland, eine erneute türkische Invasion in Syrien zu unterbinden. Bislang habe – anders als im Fall der russischen Invasion in die Ukraine – niemand der Türkei mit „Konsequenzen“, insbesondere „mit Sanktionen gedroht“, moniert der Kommandeur der kurdisch-arabischen Syrian Democratic Forces (SDF). Dies müsse sich ändern. Tatsächlich hat Ankara nicht nur weite Gebiete Nordsyriens okkupiert und bereitet zur Zeit die Besetzung weiterer Landesteile vor. Es hat darüber hinaus Militärstützpunkte im Nordirak errichtet, dort mehrere Tausend Soldaten stationiert und mit dem Bau von Straßen zwischen seinen Armeebasen begonnen, um das Territorium zu kontrollieren sowie die Bewegungsfreiheit der PKK rings um ihre nordirakischen Camps zu reduzieren. Der NATO-Partner hat im April neue Militäroperationen im Irak gestartet und eine neue Invasion in Syrien angekündigt. Er ist bestrebt, die geplante NATO-Norderweiterung als Hebel zu nutzen, um eine Zustimmung der westlichen Mächte durchzusetzen. (…) Einen Hebel, um die Zustimmung der USA und der anderen westlichen Staaten zu erreichen, bietet die geplante NATO-Norderweiterung. Präsident Erdoğan hat klargestellt, dass er, im Gegenzug zu einer etwaigen türkischen Zustimmung zum Beitritt Finnlands und Schwedens, Zugeständnisse für seinen Kampf gegen kurdische Organisationen verlangt. Im Gespräch sind bislang unter anderem Abschiebungen kurdischer Aktivisten vor allem aus Schweden, aber auch neue Repressalien gegen die PKK und ihr tatsächlich oder angeblich nahestehende Kurden in anderen NATO-Mitgliedstaaten. Längst wird spekuliert, auch die Bereitschaft in der NATO, keinerlei Einwände gegen eine erneute türkische Invasion in Nordsyrien zu erheben, könne Teil einer Lösung sein. Am Sonntag bekräftigte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einem Aufenthalt in der finnischen Hauptstadt Helsinki, die Türkei habe als Bedingung für ihre Einwilligung in die NATO-Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens „legitime Bedenken“ vorgebracht: „Wir müssen uns in Erinnerung rufen und verstehen, dass kein NATO-Verbündeter mehr Terrorangriffe erlitten hat als die Türkei.“ Was der Militärpakt der Türkei im Detail zubilligen will, ist noch nicht bekannt. (…)In der Tat ist zwar kein Unterschied zwischen der türkischen Invasion in Syrien und der russischen Invasion in die Ukraine erkennbar; doch ist Russland ein zentraler Rivale der westlichen Mächte, während die Türkei ein NATO-Partner und darüber hinaus eine wichtige Brücke in den Nahen und Mittleren Osten und nach Zentralasien ist. Ernsthafte Maßnahmen der NATO-Staaten gegen sie kommen daher nicht in Betracht.“ Bericht vom 14. Juni 2022 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • Entführungen, Raubüberfälle, Gewalt gegen Frauen: NGOs dokumentieren zahlreiche Menschenrechtsverletzungen der Türkei in den Kurdengebieten Nordsyriens 
    „In den letzten Tagen kam es in Nord- und Ostsyrien zu verstärkten Kampfhandlungen. Die türkische Armee führt an der Grenze zu ihrem Nachbarland seit Jahren Krieg. Für den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan regieren in der Autonomen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien »Terroristen« unter Führung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Ob die Angriffe im Zusammenhang stehen mit einer angekündigten türkischen Offensive, ist noch unklar. Erdoğan hatte jedoch verkündet, eine »neue Phase« im Kampf gegen die Selbstverwaltung einzuleiten mit dem Ziel, eine 30 Kilometer in syrisches Gebiet reichende »Sicherheitszone« zu schaffen. Es wäre der vierte Einmarsch der Türkei in Syrien. (…) Vor der Besetzung waren die Gebiete mehrheitlich kurdisch geprägt. Heute bilden Kurd*innen nur noch eine Minderheit. Zu diesem Befund kommen übereinstimmend drei aktuelle Studien der syrischen NGO »Rights Defense Initiative Organization« externer Link aus Qamischli, der Autonomen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien sowie des Rojava Information Center externer Link (RIC), einer unabhängigen Medienorganisation mit Sitz in Nord- und Ostsyrien. Alle Berichte liegen dem »nd« vor. »Seit der Besetzung von Afrin im März 2018 wurde mehr als die Hälfte der kurdischen Bevölkerung gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und Tausende Binnenflüchtlinge – meist Araberinnen – aus anderen Gebieten Syriens wurden dort angesiedelt«, so das RIC in seinem neuen vierteljährlichen »Occupation Report«, der in wenigen Tagen veröffentlicht wird. (…) In den Gebieten häufen sich Menschenrechtsverletzungen, wovon die genannten Berichte nahezu gleichlautend sprechen. (…) Die bereits errichtete »Sicherheitszone« in den besetzten Gebieten bedeutet insbesondere für die dort noch lebenden Kurd*innen und ethnischen Minderheiten keine Sicherheit, sondern bringt einen Alltag mit sich, der von Unterdrückung, Vertreibung und Gesetzlosigkeit geprägt ist. Ebenso stehen (ungestrafte) Geiselnahmen, Folter, Vergewaltigungen, Raub, Enteignungen und kulturelle Zerstörungen auf der Tagesordnung. Der Türkei geht es nicht um Sicherheit für die Bevölkerung, sondern um die Sicherung der eigenen Interessen. Sollten weitere Besetzungen folgen, ist dies auch für diese Gebiete zu erwarten. Der Westen schweigt bisher dazu.“ Artikel von Elisabeth Olfermann und Christopher Wimmer vom 12. Juni 2012 in Neues Deutschland online externer Link
  • #DefendKurdistan: Globaler Solidaritätstag am 11. Juni gegen die türkische Invasion – den Erdogan zu verhindern sucht
    • Aufruf der Kampagne „Kurdistan verteidigen“ externer Link, am 11. Juni 2022 gegen die anhaltende Militäroperation und die Besatzung Südkurdistans durch die Türkei sowie gegen die angekündigte Offensive in Nord-und Ostsyrien zu demonstrieren. Siehe für Termine und Orte Defend Kurdistan auf Twitter externer Link und:
    • Defend Kurdistan: Aufrufe aus Chiapas, Bolivien und Ecuador bei ANF externer Link
    • The #RiseUp4Rojava campaign supports the calls coming from many countries, including Bolivia, Ecuador & Chiapas, UK, France & more to the worldwide Actionday to #DefendKurdistan on June 11th! #SmashTurkishFascism…“ Tweet von RiseUp4Rojava externer Link
    • Mit diesem Thread versuchen wir zu erklären, was sich gerade in Kurdistan, besonders  in #Rojava zusammenbraut. Lest es euch durch, um euch einen Überblick über die akt. Lage zu verschaffen…“ Thread von Defend Kurdistan externer Link
    • Türkei will kurdische Demonstrationen in Europa verhindern
      Während der internationale Aktionstag gegen die türkische Besatzung und die Angriffe auf Kurdistan näher rückt, fordert das türkische Außenministerium europäische Botschafter auf, künftige Demonstrationen zu verbieten. In einer Reihe von Vorladungen durch das türkische Außenministerium war der italienische Botschafter in Ankara der letzte europäische Diplomat, der wegen Beschwerden über angebliche Demonstrationen und Aktivitäten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ins Ministerium zitiert wurde. Botschafter Giorgio Marrapodi wurde am Montag vom Ministeriums über die „Besorgnis“ informiert, die eine Demonstration in der italienischen Hauptstadt Rom ausgelöst hatte, bei der angeblich Symbole der PKK und Bilder des inhaftierten kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan gezeigt wurden. Wie die Zeitung Milliyet berichtete, wurden die italienischen Behörden aufgefordert, derartige Demonstrationen und Aktivitäten zu verbieten, die nach Angaben des türkischen Ministeriums „unter dem Deckmantel von Nichtregierungsorganisationen“ durchgeführt wurden.
      Zuvor war der griechische Botschafter in Ankara am 3. Juni wegen Bedenken über Aktivitäten der PKK in seinem Land in das türkische Außenministerium vorgeladen worden. Das Ministerium beschwerte sich bei Botschafter Christodoulos Lazaris darüber, dass die PKK in Griechenland Propaganda betreiben, sie finanzieren und neue Anhänger:innen rekrutieren würde.
      Der deutsche und der französische Botschafter in Ankara wurden am 31. Mai 2022 in das türkische Außenministerium einbestellt, um gegen Veranstaltungen zu protestieren, die von Kurd:innen in diesen Ländern organisiert wurden. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu erklärte, die Botschafter seien über das Unbehagen der Türkei an den „von der PKK organisierten Veranstaltungen“ informiert worden…“ Artikel vom 8. Juni 2022 bei ANF externer Link
  • Stell dir vor, es ist Krieg und keiner schaut hin: In Nordsyrien und dem Nordirak sind türkische Bombardements und Drohnenangriffe alltäglich 
    „… Seit Wochen greift die Türkei das Gebiet der Selbstverwaltung in Nord- und Nordostsyrien an. Täglich werden durch türkische Kampfdrohnen und Artillerie Gebäude zerstört, Menschen verletzt und getötet. Dabei gelten diese Angriffe nicht nur den Syrian Democratic Forces (SDF), wie Ankara behauptet. Recep Tayyip Erdogans Ziel ist die Vertreibung der Stammbevölkerung und die Destabilisierung der Region von Aleppo bis Mossul. Mit diesen Angriffen verstoßen der türkische Präsident und sein Militär gegen den 2019 mit der Selbstverwaltung – unter Vermittlung der USA – vereinbarten Waffenstillstand. Das US-Außenministerium ist „sehr besorgt“, die Bundesregierung schweigt indessen hartnäckig, das Außenministerium hat „keine eigenen Erkenntnisse“. (…) Neben der bevorstehenden Veränderung der Demographie durch die Zwangsansiedlung syrischer Geflüchteter aus der Türkei ängstigt die Menschen auch die Drohung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, in nächster Zukunft eine neue völkerrechtswidrige Besatzung in Nordsyrien entlang der türkischen Grenze zu installieren. (…) Die Durchsetzung einer 30 Kilometer breiten Sicherheitszone entlang der türkischen Grenze beträfe fast alle großen Städte der Region, wie etwa Kobane, Amudê, Hasakah, Qamishlo oder Dêrik mit einer Einwohnerzahl von rund 2,7 Millionen Menschen. Neben der überwiegend kurdischen Bevölkerung würde dies auch fast alle Bewohner der christlichen Siedlungsgebiete betreffen. Die Folge dieser ethnischen Säuberung wäre ein weiterer Flüchtlingsstrom in die Nachbarländer und nach Europa, verursacht durch die Türkei. (…) Der auf die Region spezialisierte kurdische Journalist Amed Dicle vermutet, dass das nächste Angriffsziel die Städte Tell Rifat und Manbij im Nordwesten Syriens sein werden. Dies ist die sogenannte Sheba-Region, in der zehntausende Geflüchtete aus dem türkisch besetzten Afrin immer noch in Geflüchtetencamps der Selbstverwaltung leben. Russland hat nach Aussagen von Dicle sein Okay zu der völkerrechtswidrigen Militäroperation gegeben. (…) Die EU und Deutschland werden weiter die „drei Affen“ machen und nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – ungeachtet der Folgen für die EU: neue Flüchtlingsströme, ein Erstarken des IS im Nahen Osten und damit einer erhöhten Gefahr für Europa. Die Syrian Democratic Forces hatten den IS besiegt und damit den Westen vor weiteren Terroranschlägen des IS bewahrt.“ Beitrag von Elke Dangeleit vom 1. Juni 2022 bei Telepolis externer Link, siehe auch:

    • Kurdische Autonomiegebiete: Faustpfand politischer Grossmächte
      Ein militärischer Angriff der Türkei auf Rojava steht unmittelbar bevor. Die Folgen werden brutal sein: zivile Opfer, Zerstörung, Vertreibungen. Doch der Westen schweigt, weil er die Türkei als Nato-Partner braucht…“ Artikel von Dastan Jasim in der WoZ vom 02.06.2022 externer Link
  • Erdogan plant neuen Angriff auf Nordsyrien: Türkischer Präsident kündigt „Militäroperationen“ im benachbarten Ausland an
    „… Wie am Montagabend die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, sagte Erdogan nach einer Kabinettssitzung in Ankara, die geplante türkische Offensive entlang der südlichen Grenzen ziele darauf ab, eine 30 Kilometer breite Sicherheitszone zu schaffen, um „terroristische Bedrohungen“ zu bekämpfen. „Das Hauptziel dieser Operationen werden Gebiete sein, die Angriffszentren auf unser Land sind“, sagte Erdogan, ohne Näheres zu bekanntzugeben. Gemeint sein dürfte der Norden Syriens, den das türkische Militär bereits 2016, 2018 und 2019 angegriffen hat, um die syrisch-kurdische Selbstverwaltung und die dortigen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG und YPJ) zu zerschlagen…“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 24. Mai 2022 bei Telepolis externer Link, siehe auch:
  • Nicht von Erdogan erpressen lassen – Syriens Kurden appellieren an Nato
    Der türkische Staatschef will die Skandinavier vor Nato-Beitritt zwingen, Nordsyriens kurdische Selbstverwaltung zu blockieren. Deren YPG befreite die Region vom IS. Nordsyriens kurdische Autonomieregierung appelliert an die Nato-Führung, sich nicht von Ankara erpressen zu lassen. Schwedens und Finnlands avisierter Nato-Beitritt dürfe nicht auf Kosten der nordsyrischen Selbstverwaltung erfolgen. Nach Zugeständnissen an den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan würde dieser seinen Krieg gegen die kurdische Autonomiebewegung intensivieren. „Ein Kniefall vor Erdogan wird die Bemühungen um eine friedliche Lösung in Syrien torpedieren“, sagte Khaled Davrisch, der Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Berlin, dem Tagesspiegel. „Das türkische Regime hält gemeinsam mit dschihadistischen Verbündeten schon heute zahlreiche Orte in Syrien besetzt und bombardiert regelmäßig unsere Städte.“ Gebe der Westen nun nach und reduziere die humanitäre Hilfe vor Ort, käme dies einer Kapitulation gleich…“ Artikel von Hannes Heine vom 23.5.2022 beim Tagesspiegel online externer Link

  • Laut Bundestags-Gutachten: Türkischer Einmarsch im Irak völkerrechtswidrig – interessiert es den Bundestag? 
    Türkei bekämpft kurdische PKK im Nachbarland. Linken-Politikerin Akbulut fordert Stopp aller Waffenlieferungen an Ankara. (…) Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt in einem neuen Gutachten zu dem Schluss, dass der jüngste türkische Einmarsch im Irak zur Bekämpfung der Terrororganisation PKK völkerrechtlich kaum zu rechtfertigen ist. Von den PKK-Kämpfern im Nordirak gehe derzeit keine unmittelbare und konkrete Bedrohung für die Türkei aus, heißt es in dem Gutachten, das unserem Istanbuler Büro vorliegt. Die Linken-Politikerin Gökay Akbulut fordert deshalb den Stopp aller Lieferungen von Waffen und Waffentechnologie an den Nato-Partner Türkei. Die Türkei hatte vor einem Monat mit einem neuen Einmarsch im Nordirak begonnen. Sie setzt Kampfflugzeuge, Drohnen, Artillerie und Bodentruppen ein, um Nachschubwege und Munitionslager der PKK zu zerstören. Die irakische Regierung hat die Intervention als Verletzung ihres Territoriums und „feindlichen Akt“ kritisiert, doch sie hat kaum Einfluss auf Entwicklungen im Nordirak. (…) Das Gutachten weist das Argument der Türkei zurück, sie müsse im Irak eingreifen, weil der irakische Staat nicht selbst in der Lage sei, Angriffe der PKK zu verhindern. Ankara nenne keinen konkreten PKK-Anschlag, der den Einsatz nötig gemacht habe, schreiben die Bundestags-Fachleute. Vielmehr habe die Zahl der PKK-Angriffe in der Türkei in den vergangenen Jahren eher ab- als zugenommen. Solange es keinen konkreten Angriff oder akute Gefahr gebe, könne sich die Türkei nicht auf das Selbstverteidigungsrecht nach der Charta der Vereinten Nationen berufen. Es gebe „ganz erhebliche Zweifel“ an der türkischen Argumentation…“ Artikel von Susanne Güsten vom 20.5.2022 beim Tagesspiegel online externer Link – zu den „Argumenten“ für Erdogan siehe unser Dossier: EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage
  • #DefendKurdistan: Bundesweite Demonstration gegen den türkischen Angriffskrieg in Kurdistan am Samstag, 30. April in Düsseldorf 
    In Düsseldorf findet am Samstag eine zentrale Demonstration gegen den türkischen Angriffskrieg in Kurdistan statt. Zu der Demonstration ruft ein breites Bündnis internationalistischer und kurdischer Organisationen auf. Zu der Demonstration wird im gesamten Bundesgebiet sowie in Belgien und den Niederlanden mobilisiert. Beginn ist um 12 Uhr vor dem DGB-Haus…“ Aufruf am 27.4.2022 bei ANF externer Link
  • Die aktuelle völkerrechtswidrige Invasion der Türkei in den Irak mit Luftangriffen und der Entsendung von Bodentruppen bleibt für Ankara folgenlos: Berlin und der Westen erheben keine Einwände. 
    „Auch die jüngste völkerrechtswidrige Invasion des NATO-Partners Türkei in einen Nachbarstaat stößt in Berlin nicht auf Kritik. Die türkischen Streitkräfte haben in den vergangenen Tagen mit Luftangriffen und mit Bodentruppen Angriffe auf Ziele im Nordirak durchgeführt; sie gelten Aktivisten der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Aus dem Irak werden Proteste gegen die illegale Militäroperation laut. Die Bundesregierung wie auch die Regierungen der anderen NATO-Staaten hingegen erheben keinerlei Einwände – ebensowenig wie gegen die vorigen Angriffskriege der Türkei gegen Syrien, bei denen seit 2018 Teile des Landes faktisch annektiert wurden. Beobachter werfen den türkischen Besatzungskräften in Nordsyrien schwerste Verbrechen vor, darunter willkürliche Enteignungen und die Vertreibung kurdischer Bevölkerungsteile, die illegale Inhaftierung von Oppositionellen und verbreitete Folter. Deutsche Medien, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Hitler verglichen haben, erläutern, die Türkei nehme nur ihr „Recht auf Selbstverteidigung“ wahr. (…) Offene Kritik an Ankaras Expansionsstreben wird kaum geübt. In Leitmedien heißt es lediglich, es handle sich um eine „völkerrechtlich umstrittene Aktion“; der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags habe bei früheren Angriffskriegen der Türkei – derzeit mit dem neutralen Begriff „Einsätze“ bezeichnet – bezweifelt, dass diese „mit dem Völkerrecht vereinbar“ seien. (…) Die Türkei orientiere sich derzeit wieder verstärkt in Richtung Westen, urteilen Beobachter; Präsident Recep Tayyip Erdoğan müsse daher bei seinem jüngsten Expansionskrieg kaum Kritik fürchten, da seine Regierung im „Windschatten des Ukraine-Krieges“ noch vom Westen gebraucht werde. (…) Der jüngste Krieg der Türkei gegen die kurdische Bewegung korrespondiert mit verstärkten Angriffen der irakischen Armee gegen die jesidische Selbstverwaltung im Nordirak. Seitdem 2014 Einheiten der PKK den Genozid des Islamischen Staats an der religiösen Minderheit der Jesiden in der nordirakischen Region Şengal stoppten, konnte dort eine weitgehende Selbstverwaltung realisiert werden, die nun nicht nur durch türkische Luftangriffe, sondern auch durch irakische Bodentruppen bedroht wird. (…) Laut kurdischen Aktivisten blockiert die syrische Armee die kurdischen Stadtteile Aleppos, um die verbliebene kurdische Selbstverwaltung zur Kapitulation zu zwingen. Damaskus gehe es darum, Nord- und Ostsyrien vollständig einzukreisen, um die Bevölkerung durch „Hunger zur Aufgabe zu zwingen und ihren Willen zu brechen“ – dort, wo die Invasion des NATO-Partners Türkei dies noch nicht erreicht hat.“ Bericht vom 22. April 2022 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link (Die ignorierte Invasion (II))
  • Türkei startet neuen Besatzungskrieg in Südkurdistan – Proteste in Deutschland am Ostermontag 
    Die türkische Armee hat nach mehrtägigen Luft- und Bodenangriffen in der Nacht zum Montag eine neue Großinvasion in Südkurdistan begonnen. Gebiete in der Zap-Region werden von der türkischen Armee mit Kampfjets und Haubitzen angegriffen. Nach HPG-Angaben versucht die Luftwaffe, Truppen im Guerillagebiet abzusetzen. Bereits seit dem 14. April greift die türkische Armee die Regionen Zap, Metîna und Avaşîn mit Kampfjets und Haubitzen an. Aktuell finden Bewegungen türkischer Kampf- und Transporthubschrauber statt. Die Zap-Region wird aus der Luft und mit Artillerie angegriffen. Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) teilt zu den Angriffen mit: „ Die Gebiete werden massiv bombardiert, es wird versucht, Soldaten aus Hubschraubern abzusetzen. Der Angriff auf die Zap-Region geht nicht von Norden [Nordkurdistan/Türkei] aus, sondern aus dem Süden [Südkurdistan/Nordirak], die Flüge erfolgen […] über Şîladizê.“
    Türkisches Verteidigungsministerium gibt neue Offensive bekannt
    Auch der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar gab vergangene Nacht den Beginn des neuen Besatzungskrieges bekannt. Die Operation mit dem Namen „Claw-Lock“ richtet sich demnach gegen die Gebiete Metina, Zap und Avaşin. In diesen Gebieten seien zunächst Lager und Waffendepots der PKK bombardiert worden. Nun habe man Kommandoeinheiten mit der Unterstützung von Kampfhubschraubern und Kampfdrohnen in die genannten Gebiete entsandt. Berichten zufolge sollen auch Peshmergaeinheiten der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) auf der Seite der türkischen Armee an der Offensive teilnehmen. Die mit der Türkei kollaborierende südkurdische Regierungspartei PDK verlegt aktuell große Truppenkontingente ins Kampfgebiet am Kuro Jahro, wo es weiterhin zu heftigen Gefechten zwischen dem türkischen Militär und den HPG kommt. Erst am vergangenen Freitag besuchte der Ministerpräsident der kurdischen Autonomieregion, Masrour Barzanî, den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan. Bei dieser Zusammenkunft soll die aktuelle Militäroffensive der Türkei zentrales Gesprächsthema gewesen sein…“ Pressemitteilung vom 18.04.2022 von Civaka Azad externer Link – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, siehe dazu:

    • Angriff auf Südkurdistan
      Die türkische Armee hat nach mehrtägigen Luft- und Bodenangriffen eine neue Invasion in Südkurdistan (Kurdistan-Region Irak) begonnen. Die in der Nacht zu Montag begonnenen Besatzungsangriffe richten sich gegen die von der Guerilla kontrollierten Medya-Verteidigungsgebiete, hauptsächlich ist bisher die Zap-Region betroffen. KON-MED, der deutschlandweite Dachverband der kurdischen Vereine, kündigt an, dass es am Montag im gesamten Bundesgebiet Demonstrationen geben wird. (…) Mit der neuerlichen Invasion hat die türkische Aggression gegen Südkurdistan eine neue Intensität erreicht. Weitere Teile ziviler Infrastruktur sowie der Lebensraum von Mensch und Tier sind bereits zerstört, die neuen Angriffe dürften weitere Fluchtbewegungen auslösen. „Als Dachverband der hier in Deutschland lebenden Kurd:innen verurteilen diese Angriffe durch die Türkei aufs Schärfste und fordern einen sofortigen Stopp“, erklärt Engin Sever, ebenfalls Ko-Vorsitzender von KON-MED: „Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland fordern wir auf, sich als wichtigster Partner der Türkei für eine Beendigung der Kriegshandlungen einzusetzen.“ ANF-Meldung vom 18.4.2022 externer Link mit der Liste geplanter Demonstrationen am 18.4. bundesweit
    • Siehe Details zu den aktuellen Angriffen bei ANF externer Link
  • Die ignorierte Invasion. Die Türkei, enger NATO-Partner Deutschlands, setzt ihren Angriffskrieg gegen kurdische Gebiete in Nordsyrien fort und hält an der Besatzung größerer Regionen des Landes fest 
    Die Türkei, ein enger Verbündeter Deutschlands, verstärkt im Windschatten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ihre militärischen Angriffe auf ihr Nachbarland Syrien. In den vergangenen Tagen wurden erneut türkischer Artilleriebeschuss und Drohnenangriffe auf die kurdischen Gebiete Nordsyriens gemeldet; dabei wurden zahlreiche Zivilisten verletzt. Wenige Wochen zuvor war es zu einem Großangriff der türkischen Luftwaffe gekommen: Ankara ließ die nordostsyrische Region Hasakah bombardieren, nachdem es dort kurdischen Kämpfern gelungen war, einen Gefängnisaufstand des Islamischen Staates (IS) niederzuschlagen. Die Türkei hält seit Jahren mehrere Regionen Nordsyriens besetzt, errichtet dort türkische Infrastruktur und bindet die Gebiete an ihr Verwaltungssystem an, während die ursprünglich ansässigen syrischen Kurden in wiederkehrenden ethnischen Säuberungen vertrieben werden. Deutschland, traditionell ein bedeutender Waffenlieferant der Türkei, und die NATO, deren zweitgrößte Streitkräfte Ankara stellt, tolerieren die türkische Invasion in Nordsyrien und begünstigen sie zeitweise sogar. Mit der Türkei nutzt ein enger Verbündeter Berlins den Krieg in der Ukraine, um in dessen Windschatten seine Angriffe auf die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete in Nordsyrien auszuweiten. Berichten zufolge werden die kurdischen Autonomiegebiete in der Region, in der die Türkei bereits seit Jahren größere Territorien besetzt hält, willkürlich mit Artillerie beschossen und von den türkischen Streitkräften aus der Luft attackiert. (…) Eine herausragende Rolle bei der Tolerierung und Unterstützung der diversen türkischen Angriffskriege gegen die kurdischen Gebiete in Nordsyrien hat die Bundesregierung gespielt. (…) Die NATO, die derzeit die Invasion Russlands in die Ukraine aufs Schärfste verurteilt, hat hingegen die Invasion der Türkei nach Afrin von Anfang an offen unterstützt…“ Bericht vom 04.3.2022 von und bei German-Foreign-Policy externer Link
  • Türkische Drohnenangriffe in Nordsyrien: Gebeugtes Völkerrecht [durch Nato-Mitglied – nun im Schatten des Ukraine-Krieges] 
    Erneut hat die Türkei den Norden Syriens mit einer Drohne angegriffen – und erneut hat sie damit bewiesen, dass sie auf das Völkerrecht pfeift. Bombardiert wurde ein Kleinbus auf der Straße zwischen den Städten Qamischli und Amude im Nordosten des Landes. Vier Personen wurden verletzt, berichtete die kurdische Nachrichtenagentur ANF. Ein Angriff mit Waffen auf einen anderen Staat ist und bleibt eine nach internationalem Recht illegitime Handlung. Sicher war der türkischen Regierung bewusst, dass in diesem Moment alle Welt in die Ukraine schaut – und nicht nach Syrien. In der syrischen Grenzregion schaltet und waltet die Regierung in Ankara seit langem nach Gutdünken, greift, kraft ihrer militärischen Fähigkeiten, die kurdische Autonomieregion im Nordosten regelmäßig an. Es war bereits der dritte Drohnenangriff der Türkei auf Fahrzeuge in der Nähe von Amude in diesem Monat. (…) Und als Mitglied der Nato hat sich die Türkei selbst einen Freifahrtschein ausgestellt, militärisch in Syrien einzugreifen, wann sie es für erforderlich hält. Da niemand »Halt!« ruft und die Türkei in die völkerrechtlichen Schranken weist, schert diese sich einen Dreck um die Opfer oder das Recht. Von den Nato-Verbündeten sind allenfalls schwache Einwände zu hören, Folgen haben die völkerrechtswidrigen Drohnenangriffe für die Türkei nicht.
    Das Schweigen gegenüber den Militäraktionen der Türkei gibt denen Munition an die Hand, die heute den russischen Angriff auf die Ukraine kleinreden oder gar legitimieren. Bei Berücksichtigung aller Unterschiede der Ereignisse bleibt festzuhalten: Doppelte Standards in den internationalen Beziehungen unterminieren die Wirkmächtigkeit verbindlicher Regeln und bergen die Gefahr, dass auch andere diese Regeln großzügig nach eigener Lesart auslegen.“ Artikel von Cyrus Salimi-Asl vom 25.02.2022 im ND online externer Link
  • Der IS war nie weg. Die versuchte Befreiung tausender IS-Kämpfer in Hasakeh kommt nicht überraschend. Was Bundesregierung und internationale Gemeinschaft jetzt tun müssen 
    In der Nacht vom 19. auf den 20. Januar startete die radikalislamische Terrororganisation Islamischer Staat (IS) den Versuch, tausende ihrer Kämpfer zu befreien. Das Sina- (auch Gweran genannte) Gefängnis in Hasakeh ist das größte dieser Art in Nordostsyrien. Bis zu 5000 IS-Kämpfer sind hier seit fast drei Jahren in einer alten Schule untergebracht, die zu einem behelfsmäßigen Gefängnis umgebaut wurde. Unter ihnen befinden sich auch 700 Kinder, Waisen und Minderjährige, die unter dem IS groß wurden. Seit Monaten unterstützt medico gemeinsam mit der Schweizer Menschenrechtsorganisation Fight for Humanity lokale Organisationen bei dem Versuch, die Unterbringungssituation dieser Kinder zu verbessern und eine Perspektive für ein Leben ohne den IS zu entwickeln. Zum aktuellen Zeitpunkt wissen wir nicht, wie es den Kindern geht.
    Seit Beginn des Angriffs finden Kämpfe zwischen den Sicherheitskräften der Selbstverwaltung, die aus der Luft durch die Anti-IS-Koalition unterstützt werden, und dem IS statt. Bis heute wurden mindestens 40 Angreifer und aufständische Insassen getötet, außerdem 20 Sicherheitskräfte und mehrere Zivilist:innen. Ein Massenausbruch ist bisher nicht gelungen, aber die Insassen haben die Kontrolle über das Gefängnis übernommen. Insassen, die sich ergeben wollen, werden exekutiert. (…)
    Die Selbstverwaltung benötigt internationale Unterstützung im Umgang mit syrischen und irakischen Kämpfern – sei es durch ein internationales Tribunal oder den Aufbau des Rechtssystems der Selbstverwaltung. Um dies völkerrechtlich abzusichern, ist eine offizielle Anerkennung der Selbstverwaltung als staatliche Entität unabdingbar. All dies kann die Bundesregierung, die für eine menschenrechtsbasierte Außenpolitik stehen möchte, anstoßen. Bislang hat sie es leider nur geschafft, das noch in der Opposition von den Grünen kritisierte Irak-Mandat der Bundeswehr zu verlängern, das auch den Einsatz von Tank- und Aufklärungsflugzeugen in Syrien beinhaltet.
    Ein Hauptargument von Außenministerin Baerbock für die Verlängerung war das Wiedererstarken des IS in der Region. Der Kompromiss, den Einsatz auf den Irak zu beschränken und in Syrien keine Einsätze mehr zu fliegen, scheint aus heutiger Perspektive noch absurder. So sehen keine ernst gemeinten Versuche aus, die Region zu stabilisieren. Anstatt über Bundeswehreinsätze zu streiten, bedarf es der sofortigen Umsetzung der oben aufgezählten Maßnahmen. Sollte es nicht gelingen, den Vormarsch des IS zu stoppen und den Radikalisierungsprozessen in den Flüchtlingslagern und Gefängnissen entgegenzuwirken, steht eine erneute kriegerische Eskalation in einer Region bevor, in der schon jetzt ein Großteil der Bevölkerung mit den Folgen der jahrelangen IS-Terrorherrschaft zu kämpfen hat.“ Artikel von Anita Starosta am 22. Januar 2022 bei medico externer Link
  • Efrîn: kurdischer Dachverband KON-MED fordert Ende der Besatzung und Stopp aller Waffenlieferungen an die Türkei! 
    Am 20.01.2018 begann der Angriff auf Afrin in Nordsyrien. Auch nach der Belagerung hält der türkische Staatsterror bis heute an. Dabei arbeitet die Türkei eng mit dschihadistischen Söldnern zusammen. Ein großer Teil der kurdischen Bewohner floh vor den Angreifern oder wurde vertrieben. Die Türkei hat ihre eigene Verwaltung eingesetzt und das Gebiet aktiv türkisiert. Das Verbot der kurdischen Sprache, Entführungen und extralegale Exekutionen sind hierzu eingesetzte Methoden. (…) Zu den zahlreichen und gut dokumentierten Verbrechen durch die türkische Armee und ihre Söldner, ob während oder nach dem Einmarsch, schweigen NATO, UN, EU, Den Haag, sowie die alte und die neue Bundesregierung. Die Kurd*innen werden von der Welt im Stich gelassen, kurz nachdem sie den IS unter dem Beifall der Weltgemeinschaft besiegt haben. Währenddessen gehen die Waffenlieferungen Deutschlands an die Türkei weiter. Afrin wurde nicht mit irgendwelchen Waffen belagert, sondern auch mit Panzern aus deutscher Produktion. Wir fordern von der Bundesregierung, das Schweigen zu völkerrechtswidrigen Angriffen und Kriegsverbrechen der Türkei zu beenden! Wir fordern eine lückenlose Aufarbeitung! Wir fordern einen sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an die Türkei!Meldung vom 20. Januar 2022 bei Civaka Azad externer Link
  • Rojava: Im Ungewissen – In Nordostsyrien droht eine erneute Eskalation 
    „Es ist schon traurige Routine. In regelmäßigen Abständen fragen wir bei unseren Partnerorganisationen in Nordostsyrien (kurdisch: Rojava) nach, ob sich die Kriegsdrohungen Erdogans bald bewahrheiten werden. Auch die Antworten der Kolleg:innen des Kurdischen Roten Halbmonds, der vor Ort unerlässliche Nothilfe- und Gesundheitsarbeit leistet, ähneln sich: Sie seien auf den Ernstfall vorbereitet. Sollte das türkische Militär in der Grenzregion angreifen, können sie evakuieren und die Notversorgungen organisieren. Aktuell ist wieder wahrscheinlicher geworden, dass der Ernstfall bald eintritt. Denn in der Türkei ist ein altbekannter Reflex am Werk: Läuft es für das AKP-Regime innenpolitisch nicht gut, wird die nationale Einheit über die außenpolitische Agenda beschworen. So auch jetzt. Im Land spitzt sich die Wirtschaftskrise zu. Es kursieren Gerüchte über eine schwere Krankheit Erdogans und in der Bevölkerung schwindet die Akzeptanz der türkischen Flüchtlingspolitik. Und über all dem schwebt die Sorge, die Regierungspartei könne bei den nicht mehr allzu fernen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen massiv Stimmen verlieren. Es passt also ins gewohnte Schema, dass das Parlament das Mandat für Auslandseinsätze der türkischen Armee im Irak, wo die Armee Stellungen der kurdischen Guerilla beschießt, und in Syrien – gegen die Stimmen der Opposition – um zwei Jahre verlängert hat. Gleichzeitig hat der Außenminister die Kriegsandrohungen Erdogans bekräftigt und lässt verlauten, in Syrien gehe es ihnen vor allem um die Regionen westlich des Euphrats. Dies bedeutet, dass Tel Rifat eingenommen werden soll. Für die dort in dem Flüchtlingslager Sheba lebenden knapp 100.000 Kurd:innen aus Afrin ist das eine Drohung. Aber auch die symbolträchtige Stadt Kobanê könnte von den aktuellen Plänen betroffen sein. Sie liegt genau in dem Grenzstück zwischen Gebieten, die ohnehin schon von türkischen Milizen kontrolliert werden. Doch auch an anderen Grenzorten kommt es bereits zu Kriegshandlungen. Am 9. November etwa traf eine türkische Drohne ein ziviles Fahrzeug in der Grenzstadt Qamişlo und tötete die drei Insassen. Für die Bevölkerung beginnt damit wieder eine Zeit der steten Angst und Ungewissheit vor dem, was kommen kann…“ Beitrag von Anita Starosta aus dem medico-Rundschreiben 4/2021 externer Link
  • Drohnen über Rojava. Türkei eskaliert Angriffe auf Kurden in Nordsyrien. Auch Nordirak wird weiter bombardiert 
    Während die internationale Aufmerksamkeit auf Afghanistan gerichtet ist, intensiviert die Türkei ihre Angriffe in Nordsyrien und dem Nordirak. Am Dienstag morgen bombardierte die türkische Luftwaffe das in der Provinz Sulaymania 200 Kilometer tief im Landesinneren der Kurdistan-Region des Irak gelegene Asos-Gebirge. Der Angriff mit mehr als 20 Flugzeugen habe der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, einen »schweren Schlag« versetzt, behauptete das türkische Verteidigungsministerium. Der Bürgermeister der Gemeinde Pendschwin, Zana Rahman, widersprach dieser Darstellung gegenüber dem kurdischen Sender Rudaw. Es habe sich um einen Drohnenangriff auf landwirtschaftlich genutztes Gebiet gehandelt, bei dem kein großer Schaden entstanden sei. Dutzende Zivilisten wurden dagegen innerhalb einer Woche bei Drohnen- und Artillerieangriffen auf Dörfer im mehrheitlich von Kurden bewohnten Rojava, der Autonomieregion von Nord- und Ostsyrien, verwundet und mehrere Angehörige der Verteidigungskräfte getötet…“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 25.08.2021 externer Link
  • Beenden was ISIS begonnen hat? Über die Angriffe der Türkei auf die jesidische Bevölkerung im Irak
    Während die Türkei die jesidische Bevölkerung in Sindschar bombardiert, ist es unsere Pflicht, in Solidarität gegen die türkische Aggression und zur Unterstützung des Strebens der jesidischen Bevölkerung nach lokaler Autonomie zu mobilisieren…“ Beitrag vom 21. August 2021 bei SchwarzerPfeil externer Link
  • Acht Tote bei Bombardierung von Krankenhaus in Şengal
    Bei der Bombardierung des Krankenhauses in Şengal sind vier YBŞ-Kämpfer und vier Mitarbeiter:innen ums Leben gekommen. Der Autonomierat Şengal geht davon aus, dass der Angriff mit internationaler und regionaler Zustimmung erfolgt ist…“Meldung vom 18.8.2021 bei ANF-News externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=192887
nach oben