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Lobbyisten im Kanzleramt: Gipfel der Frechheit – Autokonzerne bekommen erneut Förderung in Milliardenhöhe
„… Die Bundesregierung bezeichnet es als »Zukunftsfonds«, doch man könnte es auch »Finanzierung von Konzernbossen« nennen. Denn das, was am Mittwoch in der als »Autogipfel« bezeichneten Lobbyistenrunde im Kanzleramt beschlossen wurde, hat nichts mit neuen Aussichten zu tun. Es ist ein Steckenbleiben in der Vergangenheit. Wieder einmal – das hat in der BRD Tradition – soll der Staat die Autobranche fördern. (…) Konkretes Ziel der Regierung ist, mehr Elektroautos auf die Straßen zu bringen, indem vor allem das Ladenetz ausgebaut wird und sogenannte Kaufanreize gesetzt werden. Warum die Unternehmen das nicht selber zahlen können, sagte Scholz nicht. Dabei ist die Frage berechtigt, schließlich profitierten die Autokonzerne jüngst so sehr vom Kurzarbeitergeld, dass sie – mitten in der Pandemie – Milliarden an Aktionäre auszahlten. Um genau zu sein: Bei VW waren es 2,4 Milliarden Euro, bei Daimler 1,4 und bei BMW 1,2…“ Artikel von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 19. August 2021 mit ersten Reaktionen. Siehe weitere Artikel/Kommentare:
- Autoindustrie: Merkels Abschiedsgeschenk – Trotz üppiger Dividenden gibt es weitere Subventionen und dann auch noch für Sackgassentechnologie
„Die Bundesregierung hat sich mal wieder mit den Vertretern der großen Autokonzerne an einen Tisch gesetzt und Geschenke verteilt. Eine Milliarde Euro wird der Bund bis 2025 in einen „Zukunftsfonds“ der Industrie einzahlen, wie unter anderem die Nachrichtenagenturen berichten. Aus diesem Fonds können sich dann VW, Daimler, BMW und ihre Zulieferer bedienen, um Elektroantriebe und Brennstoffzellen zu entwickeln, digitale Lösungen auszutüfteln und ihre Beschäftigten umzuschulen. Der Vorgang ist in auf mehrfache Weise bemerkenswert. Zum einen, weil die deutsche Industrie offensichtlich einfach nicht von ihren Irrwegen lassen kann. Nach dem in den letzten 20 Jahren ihre Ingenieure vor allem damit beschäftigt waren, den Dieselbetrug auszuknobeln, wird nun einmal mehr die Idee des Brennstoffzellen-Autos aus der Mottenkiste gekramt, wofür CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sich kürzlich von Elon Musk auslachen lassen musste. (…) Wasserstoff hat gegenüber der direkten Verwendung von elektrischem Strom als Antriebsenergie den wesentlichen Nachteil, dass bei der Elektrolyse sehr viel Energie verloren geht. Wenn immer möglich sollte der für die Elektrolyse eingesetzte Strom daher lieber direkt für den Antrieb von Bussen, Bahnen oder auch Pkw verwendet werden. Für den massenhaften Einsatz in Pkw ist Wasserstoff einfach zu kostbar und sollte für Schiffe und größere Flugzeuge reserviert bleiben, für Anwendungen also, für die ein Batteriebetrieb kaum denkbar ist. VW-Chef Herbert Diess geht davon aus, dass Wasserstoff als Antriebsenergie dreimal so teuer wie Strom sein wird. (…) Das neue Milliardengeschenk für die Automobilbranche ist aber noch aus anderen Gründen bemerkenswert. Erst im letzten Jahr hatten sie aufgrund der Coronakrise erhebliche Subventionen erhalten – unter anderem in Form von Kaufzuschüssen und von Kurzarbeitergeld – sodass ihnen ermöglichte, ihre Belegschaft flexibler einzusetzen. Die Zuschüsse gab es, obwohl im Frühjahr 2020 reichlich Dividende geflossen war und sie müssen auch nicht zurückgezahlt werden. (…) Das Geld fließt wohlgemerkt an florierende Unternehmen, die in den vergangenen Jahrzehnten vor allem durch die Umgehung ohnehin zu hoher Grenzwerte für Schadstoffe geglänzt und damit die Verkäufer betrogen haben. Passend zu so viel Großzügigkeit der scheidenden Bundesregierung, zeigt sich das Bundesverkehrsministerium äußerst kreativ, wenn Umweltschützer oder Transparency Deutschland nach dem Informationsfreiheitsgesetz Einblick in die Akten rund um den Dieselskandal verlangen. 5,8 Millionen Euro Anwaltshonorare hat das Ministerium nach Auskunft der Süddeutschen Zeitung in den letzten Jahren gezahlt, um Fragen nach Akteneinsicht abzuwehren. Geschäftsinteressen von VW oder auch „nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen“ wurden als Ausreden ins Feld geführt, um Auskünfte zu verweigern.“ Beitrag von Wolfgang Pomrehn vom 21. August 2021 bei Telepolis - Von wegen Klimaschutz: Die Bundesregierung macht eine Milliarde Euro für die Autoindustrie locker
„Der sechste Autogipfel endet mit einem milliardenschweren Zukunftsfond, der die Automobilindustrie transformieren soll – insbesondere im Bereich der Digitalisierung. Klimaschützer:innen kritisieren diese Investition und fordern den Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs…“ Artikel von Rahel Lang vom 19.08.2021 bei Netzpolitik - Merkels milliardenschweres Abschiedsgeschenk – Beim letzten Autogipfel der Bundeskanzlerin ist die Stimmung außerordentlich gut – vor allem, weil die Regierung massive Hilfen für die Industrie freigibt.
„Die Bildschirme der Teilnehmer im ganzen Land waren ziemlich voll, beim Autogipfel an diesem Mittwoch. (…) Denn die schon länger signalisierte zusätzliche Milliarden-Förderung für den Wandel der Autobranche hin zu saubereren Antrieben steht. Der „Zukunftsfonds“ mit einem Volumen von einer Milliarde Euro bis 2025 sei jetzt startklar, sagte Finanzminister Scholz (SPD) nach dem Videomeeting. (…) Die Einrichtung des Fonds war eigentlich bereits bei einem vorangegangenen Autogipfel im November grundsätzlich beschlossen worden. Doch weil die Verteilung der Gelder unklar war, konnten die Mittel nicht fließen. Der Fonds soll dem Strukturwandel dienen und etwas Regionen beim Umbau helfen, deren Unternehmen stark unter dem Wandel leiden. Laut Finanzministerium wurde nun auf Basis eines Expertenberichts die konkrete Ausgestaltung geklärt. Demnach sollen mehr als 300 Millionen Euro in regionale Kooperationen für Beschäftigte und Unternehmen fließen. Je ein weiteres Drittel der Milliarde soll Unternehmen bei der Digitalisierung und bei Umstellungen der Produktion für neue Antriebstechnologien wie Elektromobilität helfen. (…) Nach Angaben von Teilnehmern forderte die Industrie von der Bundesregierung Unterstützung bei der Abwehr noch strengerer Klima-Vorgaben aus Brüssel. Mit der Wahl dürfe in Berlin kein langes Machtvakuum entstehen, hieß es. Nach dem Treffen sprach sich VDA-Präsidentin Hildegard Müller gegen eine zu starke Verschärfung der Flottengrenzwerte durch die EU-Kommission aus… „ Artikel von Markus Balser vom 18. August 2021 in der Süddeutschen Zeitung online - Siehe zum Hintergrund auch unser Dossier: [Erklärung] “Die Autoindustrie vor und nach „Corona“: Konversion statt Rezepte von gestern!”