Lieferando: Neue Belege für Fahrer-Überwachung

Dossier

Arbeitnehmerdatenschutz. Illustration von Tetiana Sarazhynska für das LabourNet Germany - wir danken!„Lieferando, Marktführer bei Essenslieferungen, speichert detaillierte Tracking-Daten seiner Fahrer – teils jahrelang. Das ergeben BR-Recherchen. (…) In einigen dem BR vorliegenden Fällen wurden so für vollbeschäftigte Rider in einem Jahr mehr als 100.000 Datenpunkte erfasst. Teils reichen sie bis ins Jahr 2018 zurück. Eine so umfassende und dauerhafte Speicherung von Daten halten Experten für unzulässig. (…)  Kritisch äußert sich auch Semih Yalcin, Vorsitzender des Lieferando-Gesamtbetriebsrates für Deutschland. „Aus unserer Sicht liegt hier totale Überwachung vor. Wir halten es für völlig unverhältnismäßig“, so Yalcin im Interview mit dem BR. Nach Angaben des Betriebsrates würden die angestellten Rider nur unzureichend über die Funktionsweisen der App aufgeklärt. Der Betriebsrat erarbeite aktuell Verbesserungsvorschläge für die App…“  Bericht von Rebecca Ciesielski und Sammy Khamis vom 21. Mai 2021 bei BR24 externer Link – siehe mehr daraus und dazu:

  • Lieferando setzt GPS und Google-Maps-Navigation zur Kontrolle ein – „KI bei Lieferando? Nein! Nur eine dumme, gesetzeswidrige Organisation!“ (LiefernAmLimit) New
    • Bringdienste Lieferando und Wolt: Moderne Technik, moderne Sklaven?
      Das Geschäft mit Essenslieferungen boomt, doch der Markt ist umkämpft. Vollbild-Recherchen zeigen: Lieferando überwacht offenbar automatisiert seine Mitarbeiter, Konkurrent Wolt setzt auf dubiose Subunternehmer.
      Wenn Felix über seine Zeit bei Lieferando berichtet, scheint es ihm noch immer etwas unangenehm. Er fühle sich damit „nicht mehr gut“, die Arbeit habe sich „menschlich nicht mehr richtig angefühlt“. Doch jetzt will Felix über seine Erfahrungen bei Lieferando sprechen externer Link . Über das, was beim Marktführer der deutschen Essenslieferdienste hinter den Kulissen passiere.  Felix heißt eigentlich anders. Er will unerkannt bleiben, um offen sprechen zu können. Bis vor kurzem hat er in der Lieferando-Zentrale in Berlin im Team der so genannten Agenten gearbeitet. Seine Aufgabe war es, Fahrer während ihrer Schicht zu betreuen. Oder wie er heute sagt, „zu überwachen“.
      Automatisierte Leistungskontrolle?
      Denn das Team der Agenten sehe nicht nur den genauen Standort der Kuriere. Die Mitarbeiter würden zudem über ein automatisiertes System über Auffälligkeiten im Lieferbetrieb informiert. „Alles, was nicht richtig läuft, wird automatisiert dargestellt“, sagt Felix. Überschreiten Kuriere zum Beispiel eine vorgegebene Zeit für eine bestimmte Lieferstrecke, erscheint dies nach Angaben des Insiders automatisiert auf dem Bildschirm der Agenten. In Fällen wie diesen habe Felix die Fahrer über ein Chatsystem anschreiben und fragen sollen, was der Grund für die Verzögerung sei. „Es ist eine Überwachung, um die Leistung zu überwachen, um die Performance stetig oben zu halten“, so die Einschätzung des ehemaligen Lieferando-Mitarbeiters. Die Richtwerte des Systems, das Agenten über Auffälligkeiten informiere, seien zwar nicht immer so streng. Dennoch bewertet er die Praxis im Nachhinein als einen „zu starken Eingriff“: „Man kann grundsätzlich sagen, dass es möglich ist, jedem Fahrer im Nacken zu sitzen, der nicht das macht, was die Firma möchte.“…“ Beitrag von Philipp Reichert, SWR, vom 31.10.2023 in tagesschau.de externer Link, siehe dazu:
    • Liefer-Sklaven: Inside Wolt & Lieferando
      Ständige Angst, keine Lohnzahlungen, dubiose Subunternehmer, Dauerüberwachung per App: Insider von Wolt und Lieferando erheben schwere Vorwürfe gegen die Lieferdienste. VOLLBILD blickt hinter die Kulissen der beliebten Lieferdienste.“ Video des Beitrags in der SWR-Sendung VOLLBILD vom 31.10.2023 externer Link (Video verfügbar bis 31.10.2028) und die Vertextung:

      • Lieferando-Mitarbeiter in der Berlin-Zentrale: „Ich fühle mich wie ein Roboter“
        Lieferando steht in der Kritik: Fahrer sollen überwacht werden. Ein Mitarbeiter in der Zentrale sagt: Das gilt auch für die Bürokollegen.Recherchen des SWR haben ergeben, dass Lieferando-Fahrer von Mitarbeitern aus der Zentrale überwacht werden. Dauern Zustellungen zu lange, gibt es Nachfragen. Und wie sieht es bei Mitarbeitern in der Zentrale aus? Dort soll es auch ein engmaschiges Überwachungssystem geben. Die Redaktion der Berliner Zeitung hat die Aussage eines Lieferando-Mitarbeiters protokolliert…“  Protokoll am 01.11.2023 in der Berliner Zeitung online externer Link
    • KI bei Lieferando? Nein! Nur eine dumme, gesetzeswidrige Organisation!“
      „So viele mutmaßliche Gesetzesverstöße bei #Lieferando und die Politik schaut (noch) zu: Unionbusting: Folgenlos. Verstoß gegen Fahrpersonalgesetz: BMAS stoppt Kommunikation, geht in Deckung. Freut euch auf neue Podcastfolge, wir arbeiten dran. #liefernamlimitTweet von LiefernAmLimit am 1. Nov. 2023 externer Link mit Video
  • BigBrotherAward 2022 in der Kategorie „Arbeitswelt“ geht an Lieferando für die unzulässige Totalkontrolle der Rider 
    Der BigBrotherAward 2022 in der Kategorie Arbeitswelt geht an Lieferando und den deutschen Betreiber dieses Angebots, die yd.yourdelivery GmbH. Lieferando erhält den BigBrotherAward 2022 für die unzulässige Totalkontrolle ihrer beschäftigten „Rider“. Diese erfolgt mit Hilfe der Scoober-App, die detailliert und sekundengenau eine Fülle von Verhaltensdaten erfasst. Hierzu gehört neben dem Zeitpunkt der Abholung im Restaurant und der Übergabe an Kunden auch alle 15 bis 20 Sekunden eine Standortbestimmung. Siehe die Laudatio von Prof. Dr. Peter Wedde auf der BBA-Seite externer Link mit umfangreichen Informationen zum Unternehmen und der eingesetzten Software

  • Weiter aus dem Bericht von Rebecca Ciesielski und Sammy Khamis vom 21. Mai 2021 bei BR24 externer Link: „(…) Welche Daten Lieferando tatsächlich benötigt, um Lieferungen reibungslos abzuwickeln, könnte in einem nächsten Schritt in den Niederlanden entschieden werden. Lieferando ist eine Tochter des Konzerns „Just Eat Takeaway“ mit Firmensitz in Amsterdam. Für eine Ahndung etwaiger Verstöße ist deshalb die niederländische Datenschutzbehörde DPA zuständig. An sie leitete der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Stefan Brink Mitte Mai seine Untersuchungen weiter. Sollten die Niederländer zu einer ähnlichen Einschätzung kommen wie er, droht Lieferando eine signifikante Strafzahlung…“

Siehe zum Thema im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=190209
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