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Argentinien: Lehrkräfte in Buenos Aires streiken gegen Präsenzunterricht und Arbeitsbedingungen

Dossier

Argentinien: Lehrkräfte in Buenos Aires streiken gegen Präsenzunterricht im April 2021„Lehrer:innen in Argentiniens Hauptstadt setzen ihren am Montag begonnen Streik fort. Sie protestieren gegen eine Anordnung des Bürgermeisters Horacio Rodríguez Larreta, den Präsenzunterricht mitten in der bisher schlimmsten Phase der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Der Beschluss wurde entgegen Bestimmungen eines Notfalldekrets der nationalen Regierung getroffen, welches die zweiwöchige Rückkehr zum Digitalunterricht im Großraum Buenos Aires verordnete. (…) Am vergangenen Sonntagabend, nachdem der Bürgermeister seine Entscheidung verkündete, die Schulen geöffnet zu lassen, rief die Union der Bildungsabeiter:innen externer Link (Unión de Trabajadores de la Educación, UTE) unter dem Motto „Gesundheit und Leben haben Priorität“ zum Streik auf. Gestützt von mehreren anderen Gewerkschaften des Bildungsbereichs beschuldigen sie Larreta, sich nicht um die Gesundheit der Arbeiter:innen, Schüler:innen und Familien zu sorgen, obwohl sich Tausende von ihnen seit der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts Mitte Februar mit dem Coronavirus infiziert hätten…“ Beitrag von Hannah Dora vom 24. April 2021 bei amerika21 externer Link, siehe dazu:

  • Lehrkräfte in Buenos Aires streiken gegen den Neoliberalismus New
    Die neoliberale Regierung von Buenos Aires hat die Pandemie genutzt, um den Lehrern der Grund- und Sekundarschulen der Stadt Sparmaßnahmen aufzuerlegen. Die argentinischen Lehrkräfte wehren sich mit einer Kampagne von Streiks. Die Sekundarschullehrer an öffentlichen Schulen in Buenos Aires und die Gewerkschaften, die sie vertreten, befinden sich in einem Kampf mit der lokalen Regierung über Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsbedingungen. Die Mechanismen, die es den Lehrern in der Vergangenheit ermöglicht haben, von einem unsicheren zu einem sicheren Arbeitsplatz zu gelangen, brechen zusammen. Das Ministerium für Bildung und Innovation der Stadt versucht außerdem, das System zu „modernisieren“, das den Lehrern Verwaltungsarbeit zuweist. Zusammengenommen verschlechtern diese Entwicklungen die Bedingungen der Lehrkräfte, die durch die anhaltende Pandemie ohnehin schon schwierig sind.
    Das Ministerium macht sich die wachsende Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse in Argentinien zunutze, um die Arbeitsbedingungen der Lehrer zu verschlechtern. Ziel dieser Reformen ist es, durch die Verringerung des Verwaltungspersonals in den Schulen Geld für die Stadtverwaltung zu sparen. Was das Ministerium als Modernisierung bezeichnet, bedeutet in Wirklichkeit eine Erhöhung der Arbeitsbelastung der Lehrkräfte bei gleichzeitigem Abbau von Arbeitsplätzen und einer Verschlechterung der Sicherheit und der Arbeitsbedingungen derjenigen, die weiter beschäftigt sind.
    Zwei Gewerkschaften, die Lehrer in Argentinien organisieren, haben als Reaktion auf diese Änderungen eine Streikkampagne gestartet. Bei der ersten handelt es sich um die Gewerkschaft der Beschäftigten im Bildungswesen – Gewerkschaft der Beschäftigten im Bildungswesen der Argentinischen Republik (Unión de Trabajadores de la Educación-Confederación de Trabajadores de la Educación de la República Argentina, UTE-CTERA), die größte Gewerkschaft, die der argentinischen Arbeiterzentrale (Central de Trabajadores de la Argentina, CTA) angeschlossen ist. Ihre Führung steht auf der Seite der Bewegung, die von Nestor Kirchner, dem Mitte-Links-Populisten und Präsidenten Argentiniens, der das Land von 2003 bis 2007 regierte, inspiriert wurde. Die UTE-CTERA hat auch Mitgliedsgewerkschaften, die dem traditionellen Peronismus, der Kommunistischen Partei und anderen sozialistischen Strömungen nahestehen.
    Die zweite Gewerkschaft, die die Streiks anführt, ist die Asociación Docentes de Enseñanza Media y Superior (Asociación Docentes de Enseñanza Media y Superior, Ademys), eine Vereinigung von Lehrern der Sekundar- und Oberstufe. Die Gewerkschaft ist militanter und unabhängiger vom Peronismus und Kirchnerismus als die UTE-CTERA und organisiert Mittel- und Oberschullehrer in Buenos Aires. Ademys steht in Verbindung mit der Front der Arbeiterlinken (Frente de Izquierda y de los Trabajadores, FIT), einem Wahlbündnis, in dem vier trotzkistische Organisationen Argentiniens vertreten sind. Die FIT erhielt bei den argentinischen Wahlen vom 14. November 5,91 Prozent der Stimmen. Gemeinsam stellen sich die UTE-CTERA und Ademys gegen das Bildungsministerium von Buenos Aires, indem sie eine Welle von unbefristeten Streiks starten, die von Tausenden von Lehrern in der ganzen Stadt unterstützt werden…“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Artikel von Lisbeth Latham am 24.12.2021 im Jacobin externer Link
  • In Argentinien sind nach Aufnahme des Präsenzunterrichtes bereits 85 Lehrkräfte an Covid-19 gestorben – Aktionen gegen Präsenzunterricht gehen weiter
    Die Gewerkschaft SUTEF (Sindicato Unificado de Trabajadores de la Educación Fueguina) aus der Provinz Tierra del Fuego hat bei einer Erhebung auf der Grundlage von Informationen verschiedener Lehrer*innen-Gewerkschaften und lokaler Medien die Zahl von 85 an Covid-19 gestorbenen Lehrkräften seit der Rückkehr zum Präsenzunterricht ermittelt. „Wir wollen nicht zu einer weiteren Zahl in der Statistik werden, wir wollen nicht, dass vermeidbare Tode zur täglichen Normalität werden“, meint die Gewerkschaft. In der Stadt Buenos Aires streiken heute im Rahmen eines landesweiten Aktionstages die Lehrer*innen wieder, am Donnerstag sind Aktionen in den Schulen geplant, und am Freitag ein Autokorso der Lehrer*innen zur Stadtregierung. Obwohl sie als systemrelevant angesehen werden, erhalten die Arbeiter*innen im Bildungswesen nur geringe Löhne. In der Provinz La Rioja streiken Autoconvocados (Lehrer*innen, die sich selbst, unabhängig von einer Gewerkschaft, zum Streik aufgerufen haben) und die Lehrer*innen-Vereinigung AMP seit sechs Wochen, und sie fordern mit Straßenblockaden und Demonstrationen die Aufnahme von Lohnverhandlungen. In der Provinz Misiones protestieren Lehrer*innen mit einer Straßenblockade bei San Ignacio und einem 72-Stunden-Streik gegen die einseitige Absage des für heute geplanten Runden Tisches.
    „Für diese vermeidbaren Tode machen wir den Staat verantwortlich, der uns Beschäftigte im Bildungswesen priorisieren und schützen müsste“, sagt SUTEF. „Die haltlosen Behauptungen, dass die Schulen von der Hygiene her sichere Orte seien, hat nichts mit der Realität zu tun. Die Wissenschaftszeitschrift The Lancet informierte am 10.3.2021, dass ‚die Argumente, dass die Schulen nicht zur Ansteckung beitrügen und das Infektionsrisiko für Kinder sehr gering sei, dazu geführt haben, dass auf Schutzmaßnahmen in den Schulen wenig Wert gelegt wurde‘ und wies darauf hin, ‚dass der Präsenzunterricht ohne zusätzliche Maßnahmen nachweislich die Infektionen vermehrt, und zwar jetzt mit ansteckenderen und gefährlicheren Varianten, was zu weiteren Schulschließungen und Krankheitsausfällen führen würde‘. Wir sind täglich damit konfrontiert, dass die Mittel fehlen, die Hygienekonzepte umzusetzen, und um in die Schulen zu kommen sind Tausende mit den öffentlichen Transportmitteln unterwegs.“
    In Buenos Aires und in Mendoza weigern sich die Stadtregierung bzw. der Gouverneur, das Präsidentendekret zur Einstellung des Präsenzunterrichts umzusetzen. Arbeiter*innen, die den Dienst verweigern, müssen mit Lohnabzügen rechnen. In den Provinzen Tucumán, Jujuy und Tierra del Fuego ist die Entscheidung den Gouverneuren überlassen, die den Präsenzunterricht weiter laufen lassen. „Für einen sicheren Präsenzunterricht in den Schulen brauchen wir Investitionen in Infrastruktur, Konnektivität und Technologie; die Mittel für die Umsetzung der Hygienekonzepte müssen zur Verfügung gestellt werden; das Impfprogramm muss vorwärts gehen, um das Leben der Arbeiter*innen, der Schüler*innen und ihrer Familien zu schützen. Trotz der hohen Inzidenzzahlen in unserer Provinz hat die Ministerin keinerlei Maßnahmen getroffen.“
    Landesweiter Streik und Aktionstag der Lehrer*innen am 12.5.: In Buenos Aires beschloss eine virtuelle Versammlung der Lehrer*innen, Druck auf die Stadtregierung zu machen für die sofortige Einstellung des Präsenzunterrichtes und die Bereitstellung von Konnektivität für Schüler*innen und Lehrer*innen, für die Impfung der gesamten Bevölkerung, gegen die Lohnabzüge und gegen ein geplantes Infektionsschutzgesetz, das nur die Interessen der Unternehmen berücksichtigt. Zum Streik aufgerufen wurde in der Stadt Buenos Aires, in verschiedenen Orten im Großraum Buenos Aires, in La Plata, Santa Cruz, Formosa, Mendoza und Tierra del Fuego.
    In La Rioja wurde der Präsenzunterricht im März (nach den Sommerferien) wieder aufgenommen, aber nach steigenden Infektionszahlen im April wieder eingestellt, um dann in einigen Teilen der Provinz erneut aufgenommen zu werden, und zwar ausgerechnet in einem Departement, in dem gerade drei neue Varianten des Virus entdeckt worden waren. Die Löhne der Lehrkräfte in La Rioja gehören zu den niedrigsten im ganzen Land. Die Lehrer*innen streiken seit sechs Wochen selbstorganisiert für die Wiederaufnahme der Lohnverhandlungen, die eigentlich schon im Oktober 2020 hätten stattfinden sollen. Ein ausgebildeter Lehrer mit zehn Jahren Berufserfahrung verdient in la Rioja 28.266 Pesos – etwa 250 Euro und nur knapp die Hälfte des Basiswarenkorbs für eine Familie.
    In Misiones organisieren die in der „Frente de los Trabajadores de la Educación en Lucha“ (Kampffront der Bildungsarbeiter) zusammengeschlossenen Lehrer*innen den 72-stündigen Streik und Blockaden. Sie hatten bereits am 3. und 4. Mai gestreikt und die Grenze nach Brasilien bei Alba Posse blockiert. Nach weiteren Streiks ab dem 10. Mai wurde ihnen ein Treffen mit Regierungsvertretern am 12. Mai zugesagt. Nach der Absage streiken sie nun wieder. „Wir kämpfen seit drei Monaten um Verhandlungen wegen verschiedener Forderungen, auch zum Lohn. Der Abschluss liegt unterhalb der Inflation. Wir müssen auch über die Infrastruktur und unsere Arbeitsbedingungen in der Pandemie reden. Wir wollen über die Einführung von Pförtnern und Köchinnen reden, und dass sie Festeinstellungen bekommen. Die Regierung hat versucht, uns mit heftigen Lohnabzügen zu disziplinieren. Wir fordern die Nachzahlung“, sagt Jorge Romero, ein Lehrer aus Misiones.
    Der Artikel endet mit den 85 Namen der an Covid-19 verstorbenen Lehrer*innen.
    Zusammengefasste Übersetzung des Artikels „Ya fallecieron 85 docentes y auxiliares por Covid-19 en todo el país en medio de la presencialidad“ vom 12.5.2021 bei ANRed externer Link (mit Fotos) durch Alix Arnold – wir danken!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=189301
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