Datenreport 2021 über ungleiche Lebensbedingungen und die Folgen von Corona: Armutsrisiken haben sich in Deutschland verfestigt
„Wer in Deutschland einmal unter die Armutsgrenze rutscht, bleibt immer öfter länger arm. So beträgt der Anteil dauerhaft von Armut bedrohter Menschen an allen Armen 44 Prozent – und ist damit mehr als doppelt so hoch wie noch 1998. Zudem droht die Corona-Pandemie die finanzielle Situation benachteiligter Gruppen zu verschärfen: Auch wenn höhere Einkommensgruppen im ersten Lockdown häufiger Einkommenseinbußen hatten, kämpften neben Selbstständigen besonders Menschen mit niedrigen Einkommen, Geringqualifizierte und Alleinerziehende mit finanziellen Schwierigkeiten. Die Ungleichheit der Einkommen schlägt sich auch in den Einstellungen der Bevölkerung nieder. Niedrige Einkommen werden überwiegend als ungerecht bewertet. Gleichzeitig hält nur knapp jede/r zweite Beschäftigte den eigenen Bruttolohn für gerecht. (…) Nach wie vor hängen in Deutschland Bildungschancen stark von der sozialen Herkunft ab. (…) In der Corona-Krise zeigt sich einmal mehr, dass auch materielle Voraussetzungen Bildungschancen beeinflussen. Augenfällig ist dies beim Zugang zu digitalen Unterrichtsformaten (…) Allerdings sind die sozialen Unterschiede bei der Nutzung von Homeoffice enorm. (…) Auch wenn Elternzeit für Väter heute recht verbreitet ist, werden noch immer 90 Prozent der Elternzeitmonate von Müttern genommen. Zudem arbeiten viele Mütter in Teilzeit. Diese Arbeitsteilung hat Auswirkungen auf die finanzielle und berufliche Situation von Müttern…“ WZB-Pressemitteilung vom 10. März 2021 zum Datenreport 2021, siehe diesen und erste Kommentare:
- Datenreport 2021. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland . (Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, März 2021, 532 Seiten) herausgegeben vom Statistisches Bundesamt (Destatis), dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Zusammenarbeit mit das Soziooekonomische Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
- Erst Corona, dann die Armut. Umfassende Sozialstudie weist auf schwerwiegende soziale Konsequenzen der Pandemie-Politik hin. „Datenreport 2021“ benennt Gewinner und Verlierer
„Die Corona-Pandemie wird sich nach Einschätzung von Sozialforschern und Statistikern auch in Deutschland negativ auf das Sozialgefüge auswirken und soziale Unterschiede vertiefen. Das geht aus einem gut 530 Seiten fassenden Bericht hervor, den mehrere Fachorganisationen heute online präsentierten. Demnach sind in Folge der staatlichen Eindämmungsmaßnahmen vor allem benachteiligte Bevölkerungsgruppen von einem weiteren und nachhaltigen sozialen Abstieg bedroht. Das betrifft das Einkommen ebenso wie die Zukunftschancen der jüngeren Generation. Der Datenreport 2021 hat zur Bewertung der Lage zunächst die Einkommensentwicklung und die Eigenbewertung der Lohn- und Sozialsituation erfasst. Demnach gab zwischen Ende März und Anfang Juli 2020 jeder fünfte Umfrageteilnehmer aus dem Niedriglohnsektor an, in finanzielle Schwierigkeiten gekommen zu sein; unter den an- und ungelernten Arbeiterinnen und Arbeitern waren es 17 Prozent. Die gleiche Angabe machten immerhin noch 14 Prozent der einfachen Angestellten…“ Artikel von Harald Neuber vom 10. März 2021 bei telepolis - Klassengesellschaften:“Die Risiken sind dramatisch ungleich verteilt“
„Corona trifft Arme härter als Reiche. Aber dazu gibt es in Deutschland keine Statistiken, in Großbritannien hingegen schon. Warum eigentlich? Ein Gespräch mit dem Soziologen Oliver Nachtwey…“ Interview von Alex Rühle vom 9. März 2021 in der Süddeutschen Zeitung online (im Abo) - Siehe ähnlich soeben: 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung: “Wer einmal arm ist, bleibt arm”