[Presseschau] „Wirtschaftsweise“: Kann es nur den einen „richtigen Standpunkt“ in der Ökonomie geben?

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 5.3.2021 – wir danken!

Endlich Schluss mit diesem Märchen von „den“ Wirtschaftsweisen, die immer recht haben müssen, wie es mit der ökonomischen Lage bei uns so aussieht Dankenswerterweise stellt Thomas Fricke es in seiner Spiegel-Kolumne klar, endlich Schluss mit dem Märchen von den Wirtschaftsweisen – so als ob es nur eine einzige Wahrheit in der Ökonomie gäbe. (https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/lars-feld-vor-abtritt-schluss-mit-dem-maerchen-von-den-wirtschaftsweisen-kolumne-a-66afcbf5-4dea-4634-a45a-76237ad16748 externer Link)

Dabei braucht es jetzt durchaus neue Antworten, bei denen auch die sozialen Folgen offengelegt werden müssen!

Die „Plurale Ökonomik“ als Erkenntnisfortschritt. Mal schauen, ob diese wegweisende Erkenntnis zum Streit um den richtigen Weg – auch in der Ökonomie – sich doch langsam durchsetzen kann. Dabei hat sich das „Netzwerk Plurale Ökonomik“ schon dieser Aufgabe gestellt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Netzwerk_Plurale_%C3%96konomik externer Link)

Das bisher verschleierte Problem, wem in unserer Gesellschaft diese ökonomischen Analysen mehr nützen oder schaden, wird somit offengelegt, weil der 1982 mit dem Lambsdorff-Papier begonnene Wende des wirtschaftspolitischen Denkens. (siehe dazu Christoph Butterwegge – 25 Jahre „Lambsdorff-Papier“ (https://www.nachdenkseiten.de/?p=2625 externer Link)

Zu dieser Wende kam es, nachdem der vorher dominante Keynesianismus zum „Trivial“-Keynesianismus degeneriert war. (Vgl. dazu Stephan Schulmeister – Gegenaufklärung und Selbstentfremdung im Namen der Freiheit: https://awblog.at/gegen-aufklaerung-und-selbst-entfremdung-im-namen-der-freiheit/ externer Link)

Mit ihren neoliberalen Hartz- und Finanzmarktreformen komplettierte ausgerechnet die SPD in der rot-grünen Regierung diese neoliberale Wende. Christoph Butterwegge hat die Agenda 2010 noch einmal ausführlich nachgezeichnet. (https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Analysen/Analysen_Agenda.pdf externer Link pdf)

Dabei wird meist vernachlässigt, dass die Liberalisierung des Arbeitsmaktes durch Hartz auch noch „durch die Entfesselung der Finanzmärkte“ flankiert wurde und so auch die Finanzkrise 2008 erst so richtig möglich gemacht wurde. (https://www.nachdenkseiten.de/?p=3692 externer Link)

Eine Neuorientierung wurde also mit der weiteren Krise immer notwendiger. (https://www.moment.at/story/stephan-schulmeister-diese-krise-ist-das-ende-des-neoliberalismus externer Link)

So kam jetzt der Neoliberalismus als strikte Wirtschafts-Maxime immer weiter ins „Schwimmen“ – und ein Ende ist nicht absehbar, während ideologische Klarheit und  Einheitlichkeit immer mehr vorgetäuscht wurde.

Nun wird die Auseinandersetzung darüber richtig beginnen, wenn der Finanzminister als dafür zuständige Instanz am Beispiel des Sachverständigenrates Wirtschaft mit der Ablehnung des Wirtschaftsweisen Lars Feld (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/laschet-scholz-ist-ein-apparatschik-der-spd-17213036.html externer Link) diese radikale Wende zum Neoliberalismus von 2003 (http://www.portal-sozialpolitik.de/index.php?page=agenda-2010 externer Link) vielleicht doch wieder „einzurenken“ gedenkt. (https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/704/ externer Link)

Aber nun steckt die SPD mit dieser – m.E. notwendigen – Beendigung dieser rein neoliberalen „Epoche“ in der „Großen Koalition“ fest – die jedoch wohl bis zur Bundestagswahl halten muss. (https://www.deutschlandfunk.de/wirtschafts-presseschau.2863.de.html externer Link)

Deshalb wird es der auch politischen Auseinandersetzung geschuldet sein, dass es einen Nachfolger für den neoliberalen Ökonomen Lars Feld als Vorsitzenden zunächst einfach nicht geben können. (https://www.t-online.de/finanzen/news/unternehmen-verbraucher/id_89524062/der-abgang-von-lars-feld-laeutet-eine-neue-oekonomen-aera-ein.html externer Link)

Dabei sortieren sich die politischen Lager mit Blick auf ihre Wirtschaftsideologie eben wieder neu. Denn hatte in der CDU nicht gerade der strikte Anhänger des Marktliberalismus als Kanzlerkandidat, der Friedrich Merz, die Abstimmung verloren? Aber seine Anhänger sind in der CDU durchaus noch da – also will bzw. muss Armin Laschet sie befrieden, indem er den Vorsitzenden des Sachverständigenrates Wirtschaft, Lars Feld, heftig unterstützt – wie es mit einem enorm aggressiven Einsatz (Scholz ist ein „Apparatschik der SPD“ – und Laschet bezichtigt ihn auch noch „der Arroganz und Ignoranz“) heutzutage nicht einmal CSU-Generalsekretäre täten – bei einem immer noch Koalitionspartner, erklärt Robert Rossmann in der SZ sein Unverständnis über die Heftigkeit dieser Auseinandersetzung. (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/lars-feld-keine-weitere-amtszeit-101.html externer Link)

Aber Laschet hat immerhin die Aufgabe die Merz-Anhänger für sich bei der Stange zu halten – ohne dass das die dahinter stehenden Interessen erklärt.

Wie kann die Perspektive für eine konstruktivere Gegenposition entwickelt werden?

Beginnen wir mit Fragen an den Wirtschaftsweisen Achim Truger (https://www.jungundnaiv.de/2020/06/28/der-wirtschaftsweise-achim-truger-folge-464/ externer Link).

Jetzt brauchen wir also die sachlichen Stimmen, die diesen Schlagabtausch inhaltlich doch noch immer weiter „grundieren“ – und doch der sozialen Realität den Vorrang geben vor falschen Statistiken, wie Ulrike Herrmann es schon lange dargestellt hatte. (https://gegenblende.dgb.de/artikel/++co++dbb4c586-ed6e-11e8-833b-52540088cada externer Link)

Aber leider kamen die Minderheitsmeinungen des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger eben meist überhaupt nicht an die Öffentlichkeit. (https://oxiblog.de/sachverstaendigenrat-wirtschaftsweise-medien-wirtschaftspolitik-pluralismus/ externer Link)

Dabei ist ganze Entwicklung dieser Minderheitsmeinungen des Wirtschaftswissenschaftlers Peter Bofinger eine wunderbare Einführung in die Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik – nebst ihrem teilweise Scheitern nebst seinen Lernprozessen – oder wie Peter Bofinger das auch formulierte, dass sich der „Sachverständigenrat Wirtschaft“ sehr viel auf ihn zu bewegte. Gerade diese „andere Meinung“ brachte also Bewegung in eine allzu starre Wirtschaftsideologie! (https://www.wiwi.uni-wuerzburg.de/lehrstuhl/vwl1/team/prof-dr-bofinger/sachverstaendigenrat/minderheitsvoten/ externer Link)

Ohne diese „Lernprozesse auch klar zu berücksichtigen, wird immer eine Einheitlichkeit der Ökonomie mit einer „Gewissheit“ des ökonomischen Wissens weiter vorgetäuscht, die der darauf angewiesenen Öffentlichkeit bei der Bewältigung der Probleme wie jetzt gerade der Staatsschulden z.B. mit einer „schwarzen Null“ als Erbe der „schwäbischen Hausfrau“ der Kanzlerin Merkel (https://www.nachdenkseiten.de/?p=17581 externer Link) eine für alle gute und gemeinsame ökonomische Realität nur „vorgaukelt“.

Der Ökonom Peter Bofinger kämpft darum daraus eine sinnvolle Perspektive mit einer „grünen Null“ zu machen. (https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/466/wider-das-schlichte-denken-6551.html externer Link)

Dabei konnte man auch schon im Kanzleramt selbst klarer rechnen, was Rudolf Hickel veranlasste, den Tabu-Bruch im Kanzleramt jetzt aufzunehmen – und konsequent darüber hinaus zu gehen. (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/tabubruch-aus-dem-kanzleramt-aufgreifen-von-der-infizierten-schuldenbremse-zurueck-zu-goldenen-regel.de externer Link)

Und bei der GEW greift Hickel in dieser Frage jetzt auch noch einmal frontal auf: Die Schuldenbremse ist eine Todsünde (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/zur-kritik-der-schuldenbremse.de externer Link)

Aber Achim Truger, der neue „Wirtschaftsweise“ und Nachfolger von Peter Bofinger kann wenigstens schon vermelden „Die schwarze Null ist abgeräumt“. (https://www.youtube.com/watch?v=WDspnnzcEuw externer Link)

Gerade deshalb fordert der Wirtschaftsweise Truger auch Reformen für die Schuldenbremse. (https://www.dgb.de/++co++e95074c0-729f-11eb-9540-001a4a160123 externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=187430
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