20 Jahre Zerstörung der gesetzlichen Rente

Broschüre "Altersarmut durch Rentenreform" von Tobias Weißert, herausgegeben vom Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne„… Bis Ende 2000 gab es für erwerbsgeminderte Angehörige der Gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von zwei Drittel der Vollrente stand denen zu, die ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben konnten, wenn eine Verweisung auf eine andere zumutbare Tätigkeit nicht mehr in Betracht kam. Mit dem (…) „Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit“ aus dem Jahre 2001 erfolgte eine großangelegte Enteignung der Versicherten. Die Begriffe Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit wurden gestrichen. Weggefallen ist auch der bisherige Berufsschutz. (…) Seit Jahren wird von den Sozialverbänden und Gewerkschaften eine gesetzliche Neuorientierung und Novellierung bei Erwerbsminderungsrenten vorgeschlagen. (…) Eine zentrale Forderung ist auch die Wiedereinführung der Berufsunfähigkeitsrente, wie sie vor 2001 bestanden hat, zumal die Streichung der Absicherung gegen Berufsunfähigkeit nach Auffassung von Wissenschaftlern ein Verfassungsbruch gewesen ist. Da die niedrige durchschnittliche Zahlbetrag der vollen Erwerbsminderungsrente auch mit der seit 2000 erfolgten Absenkung des Rentenniveaus zusammenhängt, muss diese Absenkung gestoppt und schrittweise rückgängig werden. Bis dahin sollte auch für Erwerbsgeminderte eine deutlich angehobene Mindestrente in Betracht gezogen werden. Dass diese Vorschläge nicht utopisch sind, zeigen die Verhältnisse in unserem Nachbarland Österreich. Dort liegt das Rentenniveau bei etwa 90 Prozent des durchschnittlichen jährlichen Nettoverdienstes…“ Beitrag von Klaus-Dieter Kolenda vom 15. Februar 2021 bei Telepolis externer Link, siehe dazu auch:

  • Die Zeitwende in der Rentenpolitik begann bereits 2001/2004 New
    „… Steigerungen der Militärausgaben und Kürzungen im Sozialhaushalt – sind das schon die Vorboten auf Hochrüstungs- und Kriegshaushalte? Einerseits kündigt der Kanzler in seiner „Zeitenwende“-Rede ein Rüstungssondervermögen von 100 Milliarden Euro und einen Wehretat von mehr als 2% des Bruttoinlandprodukts an. Andererseits sinkt der Sozialhaushalt im Haushaltsplan 2022 um 5 Mrd. Euro (-3%) gegenüber 2021. Das ist keine Einjahres-Fliege, sondern ist auf Dauer geplant. Allein in der Rentenversicherung werden die in 2018 beschlossenen Sonderzahlungen über jeweils 500 Mio. Euro von 2022 bis 2025 gestrichen. Zusammen mit anderen Kürzungsmaßnahmen im Rentenhaushalt spart der Bund bis 2026 über 6 Mrd. Euro ein. Die angekündigte nachträgliche Verbesserung bei den Erwerbsminderungsrenten für Bestandsrentner*innen sollen allein von den Beitragszahlern der Deutschen Rentenversicherung (DRV) getragen werden. Die letzte Tat: Rentner*innen bekommen die Energiekostenpauschale von 300€ nicht als Unterstützung. Ein treffendes Bild für die „Soziale Kälte“ der Bundesregierung. (…) Die zum 1. Juli 2022 angekündigten Rentenerhöhungen von 5,35% (West) bzw. 6,12% (Ost) werden in den meinungsbeherrschenden Medien als üppig und für die Beitragszahler untragbar kommentiert. Was tut es da zur Sache, dass die Inflation mittlerweile die 7%-Marke durchbricht und damit reale Rentensenkungen zu erwarten sind. Was den Journalist*innen immer noch nicht auffällt, sind die krassen Wechsel zwischen Jahren mit relativ hohen Rentensteigerungen und solchen mit Null- oder sehr mageren Erhöhungen. Allein die Aussicht auf Rentensteigerungen über 5 % im vergangenen Jahr, ließen Wirtschaftsvertreter und sogenannte Rentenexperten aufheulen und die Ampel-Koalitionäre handeln. (…) Bereits nach 15 Jahren wären die Löhne auch ohne Nachholfaktor den Renten um 12,5% davongeeilt. Mit dem wirksam gemachten Nachholfaktor werden es 14,6% sein. Die Abkopplung der Renten von der Lohnentwicklung wird noch einmal verstärkt, die Schere geht noch weiter auseinander. 2040 wird die Differenz dann schon über 20% betragen. (…) Die entstehende und immer größer werdende Versorgungslücke soll durch Privatvorsorge geschlossen werden. Nach dem krachenden Scheitern der Riester-Rente sollen nun Beitragsleistungen in risikobehafteten Pensionsfonds angespart werden. (…) Das Projekt Aktienrente ist ein hochriskantes Unterfangen. Die Aktienkurse sind von der realen Wirtschaftsentwicklung völlig abgekoppelt. Das zeigen die extremen Blasenbildungen an den Aktienmärkten in den letzten 25 Jahren, hier konkret am DAX-Index. (…) Die Ampelregierenden plus CDU/CSU in Deutschland bewerben ihre Aktien-Renten-Pläne mit den hohen Aktienkursen der letzten 10 Jahre. Eine Einschätzung der künftigen Entwicklung, wie sie Tangen für realistisch hält, ziehen sie gar nicht erst in Betracht. Dass Pensionsfonds auch völlig kollabieren können, wie in Deutschland im letzten Jahrhundert zweimal geschehen, scheint sie nicht zu interessieren…“ Beitrag von Reiner Heyse vom 6. April 2022 beim Seniorenaufstand externer Link

Siehe im LabourNet-Archiv Proteste gegen die Rentenreform 2000 und Nach Riester geht’s weiter – Rentenreform 2003/04

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186560
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