Kein Staatsauftrag an Lohndrücker! Unternehmen, die Arbeitnehmerrechte missachten, dürfen nicht belohnt werden
„Ob es um den Bau einer neuen Brücke, neue Computer für Bürgerämter oder um die Reinigung der örtlichen Schule geht – mit öffentlichen Aufträgen lässt sich gutes Geld verdienen. Bund, Länder und Kommunen sind wichtige Kunden für private Unternehmen. Auf bis zu 500 Milliarden Euro wird das Auftragsvolumen geschätzt, das die öffentliche Hand jedes Jahr für den Einkauf von Gütern und Dienstleistungen ausgibt. (…) Unternehmen, die Arbeitnehmerrechte missachten, mit lukrativen Aufträgen zu belohnen, wäre grundfalsch. Das gilt für Zulieferer in Ländern des globalen Südens ebenso wie für hiesige Unternehmen. (…) Wenn Unternehmen aus Tarifverträgen flüchten, schadet dies nicht nur den Beschäftigten, es wird auch für den Staat teuer: Durch niedrigere Löhne und damit geringere Abgaben und Steuerzahlungen entgehen Fiskus und Sozialkassen rund 40 Milliarden Euro pro Jahr. Der Staat muss schon deshalb seine enorme Nachfragemacht künftig besser nutzen. Mit seinen Aufträgen sollte er die Unternehmen zugleich anreizen, sich nicht nur am kurzfristig höchsten Gewinn, sondern auch am langfristigen Nutzen für die Gesellschaft zu orientieren. Nur Unternehmen, die Tarifverträge anwenden, dürfen künftig öffentliche Aufträge bekommen. (…) Der EU-Gesetzgeber hat mit seinen Vergaberichtlinien und der reformierten Entsenderichtlinie die Bedingungen für Tariftreueregelungen in den vergangenen Jahren verbessert. Auch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt keine Bedenken mehr an einer unionsrechtlichen Zulässigkeit aufkommen. Für Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht bereits klargestellt, dass solche Regeln verfassungsgemäß sind. Weder für den Bund noch für zurückhaltende Bundesländer gibt es heute noch einen Grund, Tariftreue bei der Auftragsvergabe auf die lange Bank zu schieben…“ Artikel von Stefan Körzell vom 12. Februar 2021 in neues Deutschland online